EU-Kommission setzt kartellrechtliche Untersuchung gegen Google fort

Die EU-Kommission (nicht im Bild) wirft Google vor, Wettbewerber systematisch benachteiligt zu haben. CC-BY Simon & His Camera

Die Europäische Kommission wirft Google vor, seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und systematisch Wettbewerber benachteiligt zu haben. Die EU-Behörde hat dem Suchmaschinenbetreiber eine Liste an Beschwerdepunkten übermittelt und verschärft damit die Gangart in dem seit 2010 laufenden Verfahren, das letzten Endes eine Milliardenstrafe sowie Auflagen für das Geschäftsmodell des US-Unternehmens im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zur Folge haben könnte.

Laut Kommission bevorzugt Google auf seinen Suchergebnisseiten den eigenen Preisvergleichsdienst „Google Shopping“, indem es dessen Ergebnisse in der Trefferliste besonders prominent und unabhängig von der Relevanz präsentiert. Diese systematische Begünstigung hätte dem Dienst auf Kosten der Konkurrenz höhere Zuwachszahlen beschert, dadurch Mitbewerber benachteiligt, Innovation verhindert und schließlich Verbrauchern geschadet. Google hat nun zehn Wochen Zeit, um auf die Vorwürfe einzugehen und gegebenenfalls eine mündliche Anhörung beantragen.

Zugleich hat die Kommission ein weiteres förmliches Verfahren gegen Google eingeleitet, das sich dem mobilen Betriebssystem Android widmet. Zwar handelt es sich um ein quelloffenes System, Endgerätehersteller müssen jedoch Vereinbarungen mit Google eingehen, um googleeigene Anwendungen und Dienste darauf installieren zu dürfen. Die Kommission will nun untersuchen, ob diese Verknüpfung „illegal die Entwicklung und den Marktzugang konkurrierender mobiler Anwendungen oder Dienste behindert hat“. Das betrifft auch veränderte Android-Versionen, sogenannte Forks.

Beide Verfahren werden sich noch jahrelang hinziehen, eine zwingende Frist bei kartellrechtlichen Untersuchungen ist nicht vorgesehen. Derzeit liegt der Marktanteil Googles im Suchmaschinengeschäft im EWR bei etwa 90 %, während Android den Mobilfunkmarkt mit knapp 70 % dominiert.

Google hat mittlerweile einen Blog-Eintrag veröffentlicht, der eine Behinderung der Konkurrenz abstreitet. Das Unternehmen verweist darin unter anderem auf Amazon oder eBay und ist der Ansicht, weit hinter den Marktführern zu liegen und somit niemanden behindert zu haben.

Der europäischer Verbraucherverband BEUC hingegen begrüßt die Entscheidung der Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager, die Untersuchung fortzusetzen. Unter ihrem Vorgänger Joaquín Almunia kam es beinahe zur Einstellung des Verfahrens, weil dem damaligen Kommissar von Google angebotene Zugeständnisse akzeptabel schienen. Almunia konnte sich jedoch gegen den Widerstand nicht durchsetzen, der ihm aus den Reihen der Kommission, des EU-Parlaments und von Verbraucherschützern entgegenschlug. BEUC betont, die Kommission müsse sicherstellen, dass europäische Konsumenten „faire und neutrale“ Suchergebnisse zu Gesicht bekommen. Das betreffe nicht nur den Preisvergleich, sondern sämtliche andere Dienste Googles, die alle den gleichen Standards folgen müssten.

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12 Ergänzungen

  1. Ich verstehe nicht, wo das Problem bei der Sache ist. Was erwarten die denn von Google? Selbst wenn Google Maps, Gmail, Docs… nicht eh schon das beste kostenlose Angebot am Markt wären. Wieso sollte Google die eigenen Angebote nicht bevorzugen? Verbietet die EU-Kommission als nächstes Mercedes, seinen Kunden einen Besuch bei der Mercedes-Werkstatt nahe zu legen und stattdessen auf andere Wettbewerber zu verweisen? Hindert mich doch niemand daran nach „Bing “ zu googlen und dann die zu benutzen. Will nur niemand, aber nicht weil man daran gehindert würde. Alles in allem eine Profilierungs-Show für Politiker die außer „Google ist böse “ nichts zur Netzpolitik beitragen können.

    1. Das Problem dabei ist, dass Google, zumindest nach Ansicht der Kommission, seinen Preisvergleichsdienst prominenter platzieren soll als möglicherweise billigere oder bessere Angebote der Konkurrenz. Davon bekommen aber viele Nutzer oft nichts mit, wenn sie nur die ersten paar Links anklicken. Und bei einem Marktanteil von 90 % gelten nunmal andere Spielregeln, deswegen hinkt die Mercedes-Analogie. Die Android-Geschichte könnte auch übel werden: Wer weiß schon, was Google in die Verträge reinschreibt, um Hersteller davon abzuhalten, zusätzlich zu Google-Apps Alternativen zu installieren, die dazu in Konkurrenz stehen? Untersuchenswert ist das alles auf jeden Fall, mit wiederholtem Verweis auf die Marktdominanz Googles.

    2. Bei Microsoft und dem Internet Explorer gab es auch ein kartellrechtliches Verfahren der EU. Und es herrscht denke ich Einigkeit, dass dies der Entwicklung veritablen Wettbewerbs und grade neuen Playern wie Google sehr gut getan hat. Monopole sind nicht gut für den Verbraucher, deswegen muss die EU einschreiten.

  2. Es versuche jemand einmal, eine kommerzielle Website, die relevant auf Werbung angewiesen ist, ohne Google aufzusetzen! Es geht nicht.
    Schöne „Freiheit“, schönes „Do no evil!“ ….. das Internet war einmal frei.
    Das Schlimmste daran: Gerade auch Nachrichtenseiten benötigen Googles Onlinewerbung, ansonsten: pleite.
    Heißt das, dass die schon zögerlich sind Google-kritisch zu schreiben!? Dass unsere Meinungs- und Pressefreiheit, unsere „4. Gewalt“ bereits in den Händen eines US-Konzerns liegt?
    Meine Sorge: Wer Google als Journalist „unziemlich“* ärgert, riskiert, dass er geschasst wird. Wer versteckte Werbung für Google macht, springt auf der Karriereleiter als wäre er Mitglied der „Atlantik-Brücke“.

    *Was unziemlich ist, das entscheidet der Chefredakteur im Auftrag der Kapitaleigner des „Presseorgans“.

  3. Ich sehe das wie mein Vorredner. Das ganze Thema Google ist als netzpolitisches Thema hier leider völlig unterrepräsentiert. Es ist für jeden Menschen mindestens genauso wichtig wie staatliche Fehlregulierung. Was das Ding aber viel gefährlicher macht, ist das völlige Fehlen jeglicher rechtlichen Mittel gegen Fehlverhalten von Google, allein mangels Sitz in Deutschland. Der Staat kann einen zwar vielleicht auch illegal überwachen, aber sobald er tatsächlich konkret gegen irgendjemand aktiv wird, sind seine Willkürmöglichkeit begrenzt. Google hingegen manipuliert an allen Ecken und Ende, kann den Markt und die Meinung beeinflussen und tut es offensichtlich auch. Der immer wieder gern in anderem Zusammenhang genannte Chilling-Effekt ist hier heute bereits viel ausgeprägter als z.B. bei VDS etc. Kritische Berichte kann man an der Hand abzählen und das wird mit der Zeit nicht besser. Für Google ist es auch ein leichtes, diese Berichte verschwinden zu lassen. Denn nur Google bestimmt, was überhaupt gefunden wird. Keine guten Aussichten, wenn nicht bald wirksam dagegengesteuert wird.

    1. Wir halten ja eine gute Datenschutzreform für viel effektiver um Google zu regulieren als solche Kartellrechtlichen Untersuchungen. Nur blockiert gerade unsere Bundesregierung die Datenschutzreform und verhindert, dass Google effektiv reguliert werden kann.

      1. Datenschutz ist aber nur ein Aspekt. Die Meinungsfreiheit bzw. den praktischen Zugang dazu bewerte ich persönlich aber höher. Durch Manipulation der Suchergebnisse kann Google schon heute die Meinung steuern und die Suchergebnisse sind heute bereits manipuliert – mit welcher Intention weiß nur Google und wird es für sich behalten. Die wirtschaftlichen Aspekte kommen noch dazu. Monopole wirken sich früher oder später negativ aus, mit und ohne Datenschutz.

      2. Vielleicht noch ergänzend: Ein Monopol für z.B. Glühbirnen ließe sich besser ertragen als ein Monopol im Netz. Nur letzteres hat das Potential sich in nicht allzu ferner Zukunft durch absolut jeden Lebensbereich zu ziehen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.