Emotionale Debatte im Bundestag zur Vorratsdatenspeicherung

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Heute fand im Bundestag fast eine Aktuelle Stunde zum Thema Vorratsdatenspeicherung statt. Aktuell ist die Stunde, die von den Grünen beantragt wurde, allemal. Denn in letzter Zeit häuften sich die Schreie nach der Wiedereinführung der anlasslosen Datenspeicherung aus Reihen deutscher Politiker, zuletzt prominent und mit bemerkenswerter Dehnbereitschaft für die Tatsachen von Seiten des Vizekanzlers und Wirtschaftministers Sigmar Gabriel. Die Debatte verlief emotional aufgeladen und mit vielen Zwischenrufen, Empörung und Zustimmung.

Die Argumente der insgesamt 12 Redner wiederholten sich im Wesentlichen immer wieder und es war interessant anzusehen, wie ein und derselbe Sachverhalt teilweise sowohl pro als auch contra VDS benutzt und hin- und herinterpretiert wurde.

Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof

Beide Seiten beriefen sich immer wieder auf die Urteile es BVerfG und des EuGH, die die deutsche Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung beziehungsweise im April 2014 die komplette Europäische Richtlinie gekippt haben. Doch beide Seiten sahen sich in den Urteilen bestätigt. Die VDS-Gegner beriefen sich darauf, dass durch die sehr deutlichen Urteile klar sei, dass eine verfassungskonforme VDS nicht ohne Weiteres möglich sei. Und die Befürworter, hier Tim Ostermann von CDU/CSU:

Dankenswerterweise hat das Gericht Leitplanken für eine Verfassungskonforme Ausgestaltung mitgeliefert.

Und da sieht man auch, was passieren wird. Die VDS-Fetischisten werden versuchen, jedes mögliche Luftloch in den Urteilen mit Überwachungsbefugnissen zu füllen. Aber dabei ignorieren sie vollständig, dass die Richter mit ihrem jeweiligen Urteilstexten keine Denksportaufgabe gestellt haben, wie man das Urteil am Besten unterwandern könnte. Und deshalb können wir uns auch jetzt schon vorstellen, was passiert, wenn die Befürworter aus CDU/CSU und SPD es wirklich zu einer neuen VDS bringen sollten: Es wird eine neue Klage geben. So sagte Katrin Göring-Eckardt von den Grünen treffend:

Eine Klage wird genauso schnell sein wie ihr Gesetz.

Petra Pau nannte diejenigen, die gegen besseres Wissen immer wieder mit VDS-Neuanläufen daherkommen „Wiederholungstäter“.

Anlassloser Generalverdacht und Metadaten

An mehreren Stellen verglichen Vertreter der CDU/CSU, wie Thomas Strobl, die VDS mit anderen Überwachungsmaßnahmen. So etwa mit der Telekommunikationsüberwachung. Die fände ja auch keiner schlimm, so seine Argumentation. Und dabei sei das doch viel invasiver als eine Speicherung von „nur“ Verbindungsdaten.

Hier von Totalüberwachung zu reden, ist wirklich perfide und spielt mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger. […] Wenn man Telefonüberwachung mit Richtervorbehalt möchte, aber keine Speicherung von Verbindungsdaten, fehlt dem jede Logik.

Und hier verstecken sich gleich zwei Fehler und Kurzsichtigkeiten. Eine Telekommunikationsüberwachung einer konkreten Einzelperson ist nicht anlasslos, nicht auf Vorrat. Sie braucht einen Anfangsverdacht und einen richterlichen Beschluss. Und die Mär von den harmlosen Metadaten wurde mittlerweile so oft widerlegt, dass man sich fragt, ob diejenigen, die diese schlichte Lüge immer noch als Argument benutzen, überhaupt noch lernfähig sind. Und auch das Gerede von „Das ist ja nur das, was früher auf der Rechnung stand“ ist mehr als peinlich, wenn man sich vor Augen führt, was die zusätzlichen IP-Adress- und Geodaten an Aufschlüssen über das persönliche Verhalten zulassen.

Freiheit versus Sicherheit

Zu den klassischen Bingo-Begriffen in der VDS-Debatte zählen zweifelsohne „Freiheit“ und „Sicherheit“. Die einen, wie Lars Klingbeil von der SPD, freuen sich, dass so leidenschaftlich über Grundrechte diskutiert wird und meinen, man müsse dadurch eine Balance zwischen den beiden Werten finden. Frank Tempel von den Linken gibt zu bedenken, man müsse dreimal überlegen, wenn man in Freiheitsrechte eingreift und Göring-Eckardt warf ein, dass man die Freiheit verteidigen müsse, „sonst haben doch die gewonnen, die uns Angst machen wollen“.

SPD-Abgeordnete Christina Kampmann räumt ein, dass es spätestens seit den Attentaten zu Beginn diesen Jahres klar war, dass die VDS-Debatte wieder eröffnet ist und die Politik eine klare Verantwortung hat, um die Menschen zu schützen. Doch sie erkennt auch, dass die VDS nicht unbedingt für diese Sicherheit garantieren kann. Denn ihr Nutzen ist alles andere als bewiesen. Und „diesem zweifelhaften Nutzen steht der Eingriff in verfassungsmäßig garantierte Rechte gegenüber.“

Effektivität der VDS als Ermittlungsinstrument

Dass die vermeintliche Sicherheit, auf die VDS-Befürworter sich immer wieder berufen, nicht besonders stichfest ist, ist auch ein gern ignoriertes Faktum. Denn, so von vielen vorgebracht, hat bei vielen terroristischen Anschlägen und Co. die VDS gar keinen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung geleistet. In den meisten Fällen waren die Täter auch aus anderen Zusammenhängen bekannt, durch VDS wird der Haufen an potentiell Verdächtigen schlichtweg nur vergrößert. Und fest steht: Schon jetzt lassen sich die Datenberge, die den Ermittlern zur Verfügung stehen, kaum mehr bewältigen.

Christian Flisek bringt zusätzlich ein, dass der Nutzen einer „grundrechtskonformen“ VDS, deren Formulierung er für die Quadratur des Kreises hält, noch viel zweifelhafter wäre. Denn es stünden weniger Daten zur Verfügung als bei den bisherigen Umsetzungsversuchen.

In die rhetorischen Nesseln zum Thema Notwendigkeit der VDS setzt sich Elisabeth Winkelmeier-Becker von der CDU/CSU. Sie bringt Beispiele aus dem täglichen Leben, bei denen Menschen zu Schaden gekommen sind, weil es keine VDS gab. Denn:

Auch ihnen ist die Internetkriminalität viel viel näher, als sie vielleicht denken.

Ihre Beispiele sind nicht Terror und Totschlag, sondern: Urheberrechtsverstöße, Betrug und Enkeltrick.

Das sind sie also, die Straftaten, gegen die die Datenspeicherung helfen soll. Vielleicht hat Winkelmeier-Becker nicht nachgedacht, als sie die Vergleiche anbrachte, aber sie zeigt deutlich, in welche Richtung es gehen kann. Wenn ein Ermittlungsinstrument einmal da ist, wird es benutzt. Ob es dann um den kleinen Hanfzüchter von nebenan oder einen Kinderporno-Ring oder Terroristen geht, wird gern unter den Tisch fallen gelassen. Verhältnismäßigkeit? Vergessen.

Vor wem schützen wir uns eigentlich?

Beim Thema Freiheit und Sicherheit fiel es auch immer wieder auf, dass es zwischen den Rednern große Unterschiede gab, gegenüber wem das höhere Schutzbedürfnis gesehen wurde: Terroristen, Extremisten und Co. oder dem Überwachungsstaat? Petra Pau von den Linken:

Aber Hauptattacken gegen Bürger- und Freiheitsrechte kommen nicht von Extremisten, sondern von denen, die vorher auf die Verfassung vereidigt wurden.

Diametral dagegen Thomas Strobl von der CDU/CSU …

Es sind doch nicht Polizisten und Sicherheitsbehörden, die unsere Freiheit bedrohen, sondern Terroristen, Kinderpornographie […]

… und sein Parteikollege Volker Ullrich:

Freiheit ist ein zerbrechliches Gut. Sie wird durch Terroristen und Extremisten bedroht.

Und manche, wie Katja Keul von den Grünen, geben zu Bedenken, dass das Sicherheitsniveau, vor allem in Deutschland, bereits jetzt unwahrscheinlich hoch sei. Ein Schüren von Ängsten ist in solchen Umständen nahezu absurd und sie merkt an, dass man sich fragen muss, „wie man in Deutschland in den letzten Jahren ohne VDS überhaupt leben konnte“, wenn man der Union zuhört. Sie resümiert:

Ein funktionierender Rechtsstaat ist allemal besser als eine falsche Illusion von Sicherheit.

Fazit

Neue Argumente gab es nicht, das war auch nicht zu erwarten. Was interessant zu beobachten war, ist jedoch, wie insbesondere in der SPD die Meinungen auseinandergehen. Manche Parteikollegen, wie Christian Flisek und Christina Kampmann, positionieren sich recht deutlich gegen eine VDS, andere versuchen sich argumentativ aus einer VDS-Ablehnung herauszurudern. So Lars Klingbeil, wenn er davon redet, dass man „besonnen und konstruktiv in die nationale Debatte einsteigen“ müsse und auffallend häufig wiederholt, wie sehr er sich auf die Diskussion der nächsten Monate freue.

Das gibt einen Vorgeschmack darauf, was zu erwarten ist: Spannend wird es bei der SPD, dort dürften die Wackelkandidaten in puncto VDS sitzen und es bleibt zu hoffen, dass nicht alle davon rückgratlos auf den VDS-Zug aufspringen und so lange Worte verdrehen, bis sie schließlich – bis zur nächsten Klage – da ist. Denn mit einem Statement von Göring-Eckardt lässt sich schließen:

Was soll jetzt an der Vorratsdatenspeicherung plötzlich gut sein, was gestern noch schlecht war.

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16 Ergänzungen

  1. Terroristen und Extremisten?
    Also Politiker, allen voran von der CDU und SPD, Polizisten, Geheimdienste, BND, GCHQ, NSA, Verfassungsschutz…
    Richtig.
    Aus diesem Grund: Keine VDS!

    Irgendwie mag ich Frau Pau von der Linken. Aber auch die hat Probleme und hatte vor Kurzem einen Naziaufmarsch vor ihrer Wohnung. Allerdings wurde sie nicht vor einem gigantischen Polizeiaufmarsch beschützt…

  2. In Deutschland hat das Sammeln von Daten auf Vorrat große Tradition. Nicht nur Horst Herold, SPD, wollte in den 1970ern für seine „Sozialhygiene“ und Rasterfahndung viele Daten auf Vorrat erheben. Das ging so doll, dass mit Kontakten und Kontakten der Terroristen ruckzuck 1/3 der Bevölkerung im Rechner erfasst war, was die damalige BS-2000-Anlage aber überforderte. Nur ein einziges Mal führte den Datenexzess zu einer Verhaftung. Ansonsten konnte die RAF ungestört durch das BKA vor sich hin morden. In dieser Tradition steht auch Ziercke, SPD, bei der NSU, die er auch vom BKA ungestört 10 Jahre vor sich hin morden ließ. Er nannte das Versagen und das hatte keine Folgen für ihn. Er beschäftigte sich lieber mit Kinderpornografie, die er zum Beispiel mit Flintenuschi vor Journalisten vorführte, um Werbung für das entartete Zugangserschwerungsgesetz (Totalüberwachung aller Webzugriffe aller Bürger mit geheimen Listen, die nicht mal ein Richter zu sehen bekommen sollte) zu machen. Tauss hatte mit Ziercke wegen Kinderpornos immer Stress, weil Ziercke seine Behauptung, dass es Milliardenmärkte gäbe, nicht belegen wollte. Als Tauss dann gegen die Verschärfung des BKA-Gesetzes stimmte, liess Ziercke ihn über Kinderpornos stolpern. Die Behauptung von Ziercke und Flintenuschi, dass die Ausländer sich weigerten, Kinderpornodreck zu löschen, erwies sich als unwahr. Der Dreck konnte dann gelöscht werden, statt ihn im Internet zu lassen und durch rote Vorhänge für den Klerus leicht auffindbar zu machen, wie man es ursprünglich vorsah.

    Als Edathy dann im NSU-Ausschuss frech wurde und Ziercke kompromittierte wegen seines Versagens, griff man auf ein Jahr alte Vorratsdaten aus Kanada zurück, aus Bildern nackter Knaben wurde Kinderpornografie (was kein Richter bestätigte), Edathy wurde vernichtet und die SPD zeigte in zahlreichen Gesprächen mit BKA, Innenministerium, dass Rechtsstaat nicht unbedingt ihre Sache ist. Der Innenminister stürzte, ob der SPD-Tuschelei, und in Niedersachsen wartet man, dass ein Staatsanwalt gesundet und verhandlungsfähig wird, weil man gerne vor Gericht klären wollte, warum er auf Vorrat Daten aus Ermittlungsverfahren (Wulff und Edathy) an die Presse gab, damit die Menschen erledigt sind, wenn ein Richter keine strafbare Handlung erkennen sollte.

    Die größten Freunde der Vorratsdaten aber waren die Nazis (sorry, dass ich die Nazikeule so früh schwinge :-) Die begannen 1935 auf Vorrat Judenkarteien zu errichten. Länder, die wie Belgien keine Religionszugehörigkeit in den Melderegistern auf Vorrat hielten, wurden gezwungen, die Juden auf Vorrat zu erfassen:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Judenkartei
    Wie die Geschichte mit 6 Mio Toten im Holocaust endete, wird eigentlich in der Schule erzählt. Aber die Gier nach Daten auf Vorrat ist bei halluzinierenden und lügenden Politikern offenbar größer. Gabriel wurde auch als Nachrichtenempfänger aus den Datenlecks der Staatsanwaltschaft bei Edathy genannt. Und nun will er mehr Daten über seine Bürger auf Vorrat. Altes SPD-Noseke-Motiv: „Einer muss den Bluthund machen“ und 1919 floss dann planmäßig auf Berlins Straßen ob des SPD-Innenministers Blut bis hin zu Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

    Aus der Hetzzeit gegen Traube, dem angeblichen Atomtechnikverräter, ist mir noch erinnerlich der Fall der Rasterfahndung, in der man auf Vorrat gesammelte Daten von EVUs (wo nicht der Mieter den Strom bezahlte) mit Ostberlin-Besuchen abglich. Da gab es einen Fall, wo ein verheirateter Mann aus Hamburg seiner Frau bei der Aufforderung von der Kripo zum Verhör zu erscheinen gestehen musste, dass er ein Freundin in Ost-Berlin (wie Udo Lindenberg) hatte.

    Aber wie heisst es bei unseren Rechtsextremisten immer: Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten. Gott, bin ich beruhigt!

  3. @all

    Harte Fragen, die Ihr alle jetzt den Bundestagsabgeordneten von CDU, CSU und SPD stellen müsst:

    Herr Abgeordneter/Frau Abgeordnete, wenn es die Vorratsdatenspeicherung gibt:
    – Wie kann ich als Wähler vertraulich mit Ihnen als Abgeordnete/r kommunizieren, um mit Ihnen meine Probleme und Anliegen zu besprechen?
    – Wie kann ich mit meinem Arzt oder Psychotherapeuten kommunizieren, um meine privaten und gesundheitlichen Probleme zu besprechen?
    – Wie kann ich mit meinem Pfarrer kommunizieren, um meine privaten Probleme zu besprechen?
    – Wie kann ich mit meinem Anwalt kommunizieren, um meine rechtlichen Probleme zu besprechen?
    – Wie kann ich mit meinem Steuerberater kommunizieren, um meine steuerlichen Fragen zu besprechen?
    – Wie kann mein Nachbar mit der Drogen- und Suizidberatungsstelle kommunizieren, um Probleme zu Drogen und Suizidgedanken zu besprechen?
    – Wie kann meine Nachbarin, die von ihrem Bekannten vergewaltigt wurde, mit der Schwangerschaftsberatung kommunizieren, um eine Abtreibung zu besprechen?
    – Wie kann mein Bekannter mit Journalisten kommunizieren, um Fälle von Korruption bei seinem Arbeitgeber öffentlich zu machen?
    – Wie kann meine Bekannte, die sich ehrenamtlich für Umweltschutz engagiert, mit ihren Freunden kommunizieren, um ehrenamtliches Umweltschutzengagement zu organisieren?
    – Wie verhindern Sie, dass Kriminelle die Vorratsdaten für Identitätsdiebstahl, Stalking, Erpressung und Datenhandel missbrauchen?
    – Wie verhindern Sie, dass die Telekommunikations- und Internetanbieter die Vorratsdaten für Werbezwecke und aus Profitinteresse verkaufen?

    1. Ich sag es ungern, aber die Antworten auf alle diese Fragen, bis auf die letzten beiden kann ich dir jetzt schon geben, die wird da lauten:
      „- Das ist alles kein Problem, gespeichert werden „nur“ Verbindungsdaten, der Inhalt wird also nicht erfasst und ist damit weiterhin geschützt. Außerdem haben ja „nur“ ermittelnde Behörden bei „schwersten Straftaten“ [Anm.: übrigens auch so ein toller Modebegriff ohne genaue Definition] mit Richtervorbehalt im Zweifelsfalle Zugriff auf diese Daten.“

      Eventuell kommt dann noch eine Floskel wie „Anwälte, Ärzte, Journalisten könnten ganz ausgenommen werden“, wobei mir bisher keiner erklären wollte oder konnte, wie man die Gruppen a) 100% definiert und b) das dann sauber technisch umsetzt.

      1. @Arestris

        Oh, das ist spannend. Machen wir ein kleines Rollenspiel. Du bist Pro-VDS-Politker. Und ich stelle naive Fragen. Los geht’s.

        – „gespeichert werden nur Verbindungsdaten, der Inhalt wird also nicht erfasst und ist damit weiterhin geschützt“:
        Wenn die vergewaltigte Bekannte erst ihre Schwester, dann ihre Frauenärztin, dann die Abtreibungsberatung, dann eine Klinik, dann nochmal ihren Frauenärztin anruft, welcher Inhalt bleibt noch übrig, der geschützt wäre?
        – „haben ja nur ermittelnde Behörden“:
        Du meinst die selben Behörden, die 10 Jahre lang rechtsextreme Serienmörder aktiv unterstützt oder mindestens passiv geduldet haben und anschließend die belastenden Akten über das eigene Gebaren geschreddert haben?
        – „bei schwersten Straftaten”:
        Was sind schwerste Straftaten? Wenn ein Beamter die Korruption seines Vorgesetzten samt Beweismaterial an einen Journalisten kommuniziert?
        – „mit Richtervorbehalt“:
        Du meinst den Richtervorbehalt, wo der Richter schneller in den Feierabend kommt, wenn er serienmäßig Blankoschecks ausstellt?
        – “Anwälte, Ärzte, Journalisten könnten ganz ausgenommen werden”:
        Du meinst, das ist technisch möglich?
        Woher weiß das Telefon/der Computer, dass man ein Berufsgeheimnisträger ist?
        Gibt es dafür Register, auf die die Telekommunikations- und Internetanbieter zugreifen?
        Wer ist Journalist? Auch ein Blogger wie Herr Beckedahl?
        UND: Was nützt es dem psychisch Kranken, wenn beim Arzt/Psychotherapeuten nichts gespeichert wird (was technisch nicht machbar ist), aber beim psychisch Kranken?
        Wem wird durch Stigmatisierung und Diskriminierung mehr geschadet?
        Dem Mediziner, von dem bekannt wird, dass er psychisch Kranke behandelt?
        Oder dem psychisch Kranken, dessen Arbeitgeber/soziales Umfeld erfährt, dass er psychisch krank ist?

        Pro-Tip @Arestris:
        Fatalismus und Resignation sind schlechte Ratgeber. Wenn Du nur siehst, was nicht geht bzw. möglich ist und deshalb gar nicht erst anfängst, für Deine Rechte und Freiheiten zu kämpfen, dann hast Du schon verloren. Du musst Dein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Du bist nicht allein. Du musst nur anfangen. Oder willst Du Dir am Ende Deines Lebens auf die Schulter klopfen nach dem Motto „Seht her, was ich in meinem Leben geleistet habe, ich habe erst gar nicht angefangen, für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat zu kämpfen!“

      2. @Act Now:
        Ich stimme dir größtenteils zu. Worauf ich mit meiner Antwort hinaus wollte war einfach, mit deinen Initialen Fragen kommst du nicht weit, die gingen nicht weit genug, wenn musst du von vornherein Fragen wie in deiner Erwiderung bringen, Fragen die so spezifisch sind, dass man sie nicht mit der Standardantwort abfertigen kann.
        Aber ich bin ehrlich, ich befürchte das man in 90% der Fälle über eine Bürohilfskraft eine Standardantwort der Form „Vielen Dank für ihre Mail, bitte haben sie Verständnis, dass wir nicht jede Mail detailliert beantworten“ bekommt und deine Nachricht danach ganz schnell Richtung Dev->NULL verschwindet.

        Was Fatalismus und Resignation angeht: Das ist bei mir so ne Sache. 2009 war ich mal richtig dabei, stand für eine Partei (die sich in den letzten Jahren leider, leider völlig selbst zerlegt hat) auf der Straße, obwohl sowas absolut nicht mein Ding ist, insofern kann man mir NICHT vorwerfen, ich hätte garnicht erst angefangen.
        Aber über die Jahre ist das tatsächlich irgendwie einer Resignation gewischen, vielmehr als meine Wählerpflicht wahr zu nehmen (und mich alle 100 Jahre mal irgendwo am Klicktivismus zu beteiligen, obwohl ich nicht glaub, dass der funktioniert) tue ich heute tatsächlich nicht mehr. Und selbst da frage ich mich immer öfter, was soll ich da machen … Aussichtsreiche Parteien haben sich selber zerlegt, gewisse Alternativen sind leider keine und nur wählbar für Leute, die lieber gerne Andere (Minderheiten) für ihre Probleme verantwortlich machen, die Konservativen wählt man ja „aus Prinzip“ nicht (und in der Tat sind zumindest einige davon undiskutabel, ewrig Gestrige und Umkipper).

        Aber ja, natürlich hast du Recht, in dem Moment wo man aufgibt, gewinnt die andere Seite.

  4. Ich hab die Debatte eher zufällig auch live mitverfolgt und den Eindruck gewonnen, dass man zur Vorratsdatenspeicherung ja stehen kann, wie man will, aber das Eintreten der CDU/CSU für die Vorratsdatenspeicherung, scheint jener tatsächlich einen Bärendienst zu erweisen. Manch Sachverstand lässt dort leider darauf schließen, dass die Abgeordneten tatsächlich selbst glauben, was sie dort als Argumente anbringen. Defacto wäre uns allen mit einer deutlich besseren personellen und finanziellen Ausstattung von Polizei und anderen Sicherheitsbehörden weit besser gedient, um erst einmal den existierenden Rechts- und Sicherheitsrahmen ausschöpfen zu können. Ohne diese Grundlage würde selbst die Einführung der Vorratsdatenspeicherung keinerlei Effekte haben.

  5. Man beachte die Aufmerksamkeitsverzerrung beim Publikum.

    Eine geballte Ladung CDU/CSU-Propaganda im Bundestag erntet kaum Widerspruch und Gegenwind bei der Leserschaft, aber eine Posse um einen Stinkefinger und eine Videomanipulation führt zu über 60 Kommentaren.

    Leute, wenn Ihr nicht endlich anfangt, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden und Eure Zeit und Nerven für die Dinge aufzuwenden, auf die es wirklich ankommt, dann wird der Widerstand gegen die Totalüberwachung niemals eine kritische Durchschlagskraft erreichen.

    Klingt deprimierend, ist aber so.

  6. die einzigen, welche die sicherheit/freiheit bedrohen ist die regierung.
    unsere freiheit und sicherheit ist doch ok, gewesen. wo war das problem? und wo soll es denn heute sein?

  7. CDU und CSU haben recht, wir brauchen dringend ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung … und zwar ein Gesetz, das Vorratsdatenspeicherung verbietet.

  8. „Ihre Beispiele sind nicht Terror und Totschlag, sondern: Urheberrechtsverstöße, Betrug und Enkeltrick.“ Da hat die gute Frau jetzt mal aus Versehen die Wahrheit gesagt, und schon wird sie dafür kritisiert … also wirklich.

  9. Welch unfreiwillige Wahrheit aus dem Propagandamunde von Überwachungsextremisten :
    „wirklich perfide“ im unmittelbaren Zusammenhang von “ mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger [spielen]“!
    Das sollte man sich unbedingt merken und diesen Überwachungsfanatikern bei der nächsten Gelegenheit, die sicher nicht lange auf sich warten lässt, unter die Nase reiben! Eigentlich müsste das Gabriel für sein komplett verfehltes „Breivik“-Pseudoargument nachgetragen werden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.