Bundesregierung beschließt IT-Konsolidierung der Bundesverwaltung und will „Bundes-Cloud“ (Update)

Die Bundesregierung setzt große Hoffnungen in die Bundes-Cloud. CC BY 2.0, via flickr/Prashanth dotcompals

Die Bundesregierung will die IT-Landschaft der Bundesverwaltung neu organisieren und hat heute ein entsprechendes Konsolidierungs-Konzept beschlossen. Das ambitionierte Projekt soll die Anzahl der Standorte auf wenige reduzieren, IT-Anwendungen und Dienste zentral an einer Stelle entwickeln und zudem eine „Bundes-Cloud“ aufbauen. Auch die IT-Beschaffung soll in wenigen Stellen der Bundesverwaltung zusammengeführt werden.

Als Grundlage dient ein vom Bundesinnenminister Thomas de Maizière vorgelegter Entwurf, die Projektleitung liegt bei der Bundesbeauftragten für IT im Bundesministerium des Innern (BMI) Cornelia Rogall-Grothe. Das BMI ist auch für die Finanzierung verantwortlich, wobei zur Zeit noch nicht bekannt ist, wie hoch der Finanzierungsbedarf ausfallen wird.

Zunächst werden bis zum 1. Januar 2016 die IT-Dienstleistungszentren der Ministerien für Finanz-, Innen- sowie Verkehr und digitale Infrastruktur zusammengelegt. Dieses Bundesrechenzentrum wird dem Finanzministerium unterstehen. Die genaue Rechtsform des Zentrums ist ebenfalls noch nicht abgeklärt und soll in einem zweiten Schritt erfolgen. So soll bis 2022 etappenweise die gesamte IT-Infrastruktur der Bundesverwaltung zusammengeführt werden, die sich im Moment noch auf über 1.300 Rechenzentren und Serverräume verteilt. Den Betrieb sollen ein bis zwei Dienstleister übernehmen.

Mehrfachentwicklungen sollen dann ebenfalls der Vergangenheit angehören, indem ressortübergreifend benötigte IT-Anwendungen an einer Stelle entwickelt und verwaltet werden. Noch in diesem Jahr beginnt die Arbeit an einer gemeinsamen elektronischen Akte, einer Archivierungs- und Kollaborationsplattform sowie einem konsolidierten Personalverwaltungssystem.

Parallel dazu soll eine Bundes-Cloud aufgebaut werden. Welche Funktion genau diese einnehmen soll bleibt zunächst unklar, ebenso, ob sie von Grund auf neu entwickelt wird und von wem – eine entsprechende Anfrage hat uns das BMI bislang noch nicht beantwortet. In seiner gestrigen Rede auf dem deutschen IT-Sicherheitskongress ging de Maizière nur am Rande darauf ein:

Wir werden eine eigene Bundescloud aufbauen, um Leistungsfähigkeit, Flexibilität, Sicherheit und Datenschutz der IT der Bundesverwaltung nachhaltig zu verbessern und ein nationales Vorbild zu schaffen. So reagieren wir auf den Trend, dass immer mehr IT-Firmen ihre Geschäftsmodelle in Richtung Cloud-Computing anpassen und Daten größtenteils nur noch im Internet außerhalb unserer Netze, auch außerhalb unseres Landes für Dienste des Bundes verarbeitet und gespeichert werden. Dem wollen wir mit einer Bundescloud entgegenwirken.

Bleibt noch die Frage, wie viel das alles kosten soll und wie hoch das Einsparungspotenzial eingeschätzt wird. Die Pressemitteilung schweigt sich dazu aus. Sobald wir Antworten auf unsere Fragen aus der Pressestelle des BMI erhalten, werden wir die Meldung aktualisieren.

Update: Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums beziffert uns gegenüber den Kostenaufwand des Projekts „IT-Konsolidierung Bund“ nach vorliegender Schätzung auf einen Betrag im „mittleren dreistelligen Millionenbereich.“

Mit der Konzeption der Bundes-Cloud wird erst im Sommer 2015 begonnen, deshalb könne man zur Zeit auch noch keine Aussagen zur technischen Architektur treffen. Das Grobkonzept zur IT-Konsolidierung sieht vor, dass die Konzeptionsphase für die Bundes-Cloud Ende 2016 abgeschlossen sein soll. In Betrieb soll die Bundes-Cloud Ende 2018 mit ersten Nutzungsszenarien wie Office-Anwendungen gehen. Sie soll stufenweise aufgebaut werden und „perspektivisch viele mögliche Einsatzszenarien des Cloud Computings abdecken.“

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist aktiv in das Projekt eingebunden und erarbeitet etwa Sicherheitsanforderungen an das Cloud-Computing. Zudem soll die Behörde an der Sicherheitsgestaltung des Bundesrechenzentrums mitwirken.

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9 Ergänzungen

  1. Bei der heute grassierenden digitalen Sorglosigkeit kann man nur hoffen, dass man in Zukunft möglichst wenig mit dem deutschen Staat zu tun hat. Auf freischwebende Bürgerdatenansammlungen passt doch deren Dienstleister nie und nimmer gut auf.

  2. Na, denn weis man ja auch, warum es die Tahe einen schweren Hackerangriff gab.

    Dieser Staat ist kaputt.

  3. Genau, alles schön an einem Platz, inkl. VDS Daten aller Bürger. Werden nach Zeitablau beim Provider gelöscht aber nicht bei Ministerium. Damit Überprüfung entzogen-alles geheim.

    2016 Geheime Republik Deutschland oder wie war der internationale Kürzel für Deutschland?

  4. Finde ich gut.
    Macht das Hacken einfacher (nur noch ein System) und den Effekt deutlich größer.

  5. Mhm. Muss meinen Vorrednern leider folgen. Mich macht das sehr nachdenklich. Indem man den industriealisierten Cloud-Schnick-Schnack mit macht und erst mal hunderte Millionen einsetzt, wird man 10 Jahre nach allen Anderen zur Erkenntnis kommen, dass einen Staat zu organisieren bedeutet, Stabilität und Sicherheit zu festigen. Genau der hier dargestellte Ansatz widerspricht aus fachlicher Seite dem komplett. Wollen hoffen, dass das BSI wenigstens rechtzeitig Vernunft in die Sache bringt. Es ist ja unser Geld, dass offenbar hiermit in Staatsunsicherheit investiert werden soll. Aber wenn selbst der NSA-UA-Aufklärer Nr. 1, Herr Sennsberg ein Datenhortinganhänger ist (Vorratsdatenspeicherung), ist wenig Hoffnung!

    1. Naja. Doch was Positives: Die Idee, die personellen Kompetenzen zu bündeln, ist tatsächlich lobenswert. Ein Gedankenschritt weiter verblasst aber auch das sofort wieder: Wenn dann gleich das Wort Einsparung auftaucht, ist wohl eher gemeint: Zusammenschrumpfen anstatt Intelligenz bündeln.

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