Abschaffung der Anonymität im Netz: Eine Bedrohung der Demokratie

Der Berliner Strafrichter und netzpolitik.org-Autor Ulf Buermeyer kommentiert bei Heise Online die Diskussion um die Abschaffung der Anonymität im Netz. So forderte jüngst der Jura-Professor Gerald Spindler auf einer Konferenz zu Urheberrechten in Berlin, dass die „heilige Kuh“ der Anonymität im Internet geschlachtet werden müsse, um Urheberrechtsverletzungen ahnden zu können. Buermeyer erläutert in seinem Beitrag, welche Folgen eine Abschaffung der anonymen Internetnutzung für den demokratischen Diskurs hätte und räumt auch mit der unsäglichen Phrase vom Internet als „rechtsfreien Raum“ auf.

Was für eine Demonstration gilt, das trifft nicht minder auf eine politische Diskussion in einem Blog zu: Wer damit rechnen muss, für seine Meinung zur Rechenschaft gezogen zu werden, der wird sich weniger frei äußern als wenn er dies anonym tun kann. Wer der Möglichkeit zur anonymen Diskussion – und damit zugleich der anonymen Kritik an einer demokratisch verantwortlichen Regierung – den Krieg erklärt, sei es bei einer Demonstration oder im Internet, dem wohl schon heute wichtigsten Raum für politische Diskussionen, der legt die Axt an die Kultur des demokratischen Diskurses.

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9 Ergänzungen

  1. Respekt Herr Buermeyer. In nur 2 Sätzen und 27 Wörtern schaffen Sie es, Illegales Streming mir Geo Blocking zu relativieren. Beachtlich. Zur Info. Und auch sonst so. Anoymitätsentzug wg den extremistischen Urhebern? Ah… also… schon mal auch in Ihren Heise Bubble Universum davon gehört, dass Kulturschaffende in jeder Diktatut der vergangenen 5000 Jahre stets die Speerspitze für Freiheit und Bürgerrechte waren, und nicht etwa Heise Online, Google, Facebook und Amazon. Sie merken nicht an, dass ggf, dass die breite Bevölkerungsmehrheit es satt hat, dass das Internet zur Hetz und Propaganga Spielfläche von Nazis , Terroristen und unappetitlichen Spinnern verkommt, die Sie persönlich schützen wollen ? Und dabfür einen lächerlichen Sidekick auf Kulturschaffende in Kauf nehmen ? Oder als Marktplatz für KLeinkrimenelle aus der Pornobranche, deren assoziales Geschäftmodell Sie so nebenbei mit Abwägen von europäischen Wirtschaftinteressen gleichsetzen? Peinlich.

    1. Nennen Sie mir bitte Ihren Klarnamen, Ihre Adresse, Ihren Arbeitgeber und Ihren Kontostand. Ich möchte lediglich im Fall der Fälle gegen Sie rechtlich und öffentlichkeitswirksam vorgehen. Auch Sie haben Fehler und Schwächen, die ich bei Bedarf gegen Sie verwenden will.

      PS: Warum gibt es beim Klarnamen-Facebook eigentlich so viel Hass, Hetze, Beleidigungen, Mobbing und Verleumdungen?
      Ach und nochwas, wie kann sich ein Vergewaltigungsopfer in einem Internet-Forum mit Leidensgenossen austauschen, wenn dies nur mit Klarnamen erlaubt ist?
      Und wie kann ein Beamter einer Behörde Korruptionsfälle an einen Journalisten melden, wenn dies nur mit Klarnamen möglich ist?
      Und was passiert, wenn Hacker mit Ihrer Klarnamen-Identität Nazi-Propaganda, Hetze und Beleidigungen posten? Werden Ihnen Ihr Arbeitgeber und die Strafverfolgungsbehörden glauben, dass das gar nicht Sie selbst waren, sondern Hacker? Wem wird man mehr Glauben schenken, Ihrem Wort oder den Server-Logs?

    2. Nach meinen Wissen kann eine Person im Moment in den meisten Fällen etwas gegen Hetze, Beleidigung und Drohung tun und zwar diese Personen anzeigen. (Ausnahmen durch Proxys, bzw. andere Methoden zur Verschleierung der IP)
      Die Polizei bittet (besser gesagt stellt eine Anfrage) an die Plattform auf die Herausgabe der IP und ggf. der Personalien.
      Mit der IP kann die Polizei dann zum ISP(Internet Service Provider [z.B. Telekom]) gehen und dort nachfragen, wer diese IP zu diesen Zeitpunkt besaß.
      [Bitte korregieren, wenn ich falsch liege!!!]

      Bei Propaganga hilft nur wegsehen und andere Personen davor warnen, dabei kommt es aber drauf an, was die Person persönlich als Propaganga ansieht. Zum Beispiel sehen ja einige Personen bestimmte Medien als Propaganga an, da diese nicht ausgewogen berichten.

      Terroristen müssen nicht über das Internet kommunizieren. Siehe die Person, die vor den Pariser Anschlägen geschnappt wurde und auf den Weg nach Paris war (Kommunikation: über Telefon und SMS). Dass diese auch über das Internet kommunizieren ist auch gut möglich, dies ist dabei aber kein Argument gegen die Anonymität, sondern wohl ehr gegen Verschlüsselung.

      Bei „Spielfläche von Nazis“ und bei „unappetitlichen Spinnern“ ist es mir etwas zu schwammig formuliert, was machen diese Personen denn, was ihre zuvor genannten Punkte nicht beinhalten?

      Wenn ich einen Ihrer Punkte zu sehr relativiert habe, oder vergessen habe bitte ich Sie sich dadrauf zu antworten. (Dies expliziert nicht, dass sie nicht auch „einfach so“ auf dies antworten können)

      1. Wie schützen wir Atomkraftwerke, Chemiefabriken sowie Infusions- und Beatmungsgeräte in Krankenhäusern, wenn es keine sichere Verschlüsselung gibt? Wollen Sie es Kriminellen noch einfacher machen, Ihr Online-Banking zu kapern?

        Wie können Minderheiten, Randgruppen und andere unterprivilegierte und verwundbare Personen(gruppen) am demokratischen Diskurs teilnehmen, wenn es keine anonyme Meinungsäußerung gibt? Wird ein Opfer von häuslicher Gewalt über ihren Peiniger und ihr Leid öffentlich unter Klarnamen sprechen, wenn das dann für alle Zeiten für alle Welt bei Google steht?

        Was machen Kriminelle und Terroristen, wenn Verschlüsselung und Anonymisierung verboten sind? Nutzen die Bad Guys dann nicht einfach Ihre Identität, um unter Ihrem Namen die kriminellen und terroristischen Aktivitäten fortzusetzen? Werden sich Bad Guys nicht einfach persönlich treffen (wie die jüngsten Terroristen) oder unverschlüsselt mit Codewörtern kommunizieren (wie die jüngsten Terroristen)?

        Haben Kriminelle und Terroristen nicht ohnehin schon zahllose Optionen für ihre Taten? Wenn wir die legalen Optionen Verschlüsselung und Anonymisierung verbieten, gefährden wir dann nicht unzählige Menschenleben in aller Welt? Was macht dann eine iranische Frauenrechtsaktivistin? Was macht dann ein chinesischer Demokratieverfechter? Was macht dann ein Schwulenaktivist in Russland oder Saudi-Arabien? Was macht dann ein Nazi-Aussteiger in Deutschland? Was macht dann ein Whistleblower in Deutschland, der Belege über Kindesmissbrauch in der Katholischen Kirche oder über Korruption bei Behörden an investigative Journalisten weitergibt?

        Reicht es nicht aus, strafrechtlich relevante Äußerungen im Internet zu löschen und mit einer Gegendarstellung (ggf. sogar der Opfer) zu versehen? Würde es nicht ausreichen, wenn wir mit mehr Bildung und sozialer Sicherheit die Menschen zu bringen, nicht mehr jede Lüge und Hetze im Internet ernst zu nehmen und sich auch selbst zu benehmen?

        Fazit: Wer die Kollateralschäden nicht einplant, führt am Ende ewige Kriege gegen XYZ (den Terrorismus, die Drogen, das Verbrechen, die Propaganda, den Extremismus) ohne die Probleme zu lösen, sondern die Probleme zu verstärken und gleichzeitig neue Probleme zu erschaffen.
        Gab es den IS schon, als der irakische Diktator Saddam Hussein noch nicht von den USA gestürzt wurde?
        Gab es schon so viel Identitätsdiebstahl und so viele Datenlecks im Internet, als noch die Datensammelwut alles über jeden speichern wollte?

      2. Korrektur:

        Gab es schon so viel Identitätsdiebstahl und so viele Datenlecks im Internet, als die Datensammelwut NOCH NICHT alles über jeden speichern wollte?


  2. Wer damit rechnen muss, für seine Meinung zur Rechenschaft gezogen zu werden


    Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

    1. Was passiert wohl, wenn sich ein Mitarbeiter einer Großbank öffentlich im Internet unter Klarnamen kritisch zu Auswüchsen des Kapitalismus äußert? Wie lange wird dieser Bankmitarbeiter noch dort arbeiten bzw. wird er nochmal befördert oder ist die Karriere am Ende?
      Werden Sie steigende Wohnungsmieten öffentlich unter Klarnamen kritisieren, wenn Sie wissen, dass Sie dann vom LKA Berlin als linksextremistisch eingestuft werden? Wie lange wird wohl ein Lehrer noch in Berliner Klassenzimmern stehen, wenn er aufgrund seiner kritischen Meinung zu steigenden Mieten als Linksextremist gilt?

      Was ist wertvoller in einer funktionierenden Demokratie: Beleidigungen eliminieren oder Regierungs- und Systemkritik ermöglichen?

      PS: Wie oft wurden wir auf dem Schulhof wüst beschimpft (von bekannten, nicht-anonymen Mitschülern)? Haben jemals so empfindlich darauf reagiert, dass wir nach Strafverfolgung unserer Mitschüler gerufen haben? Haben wir jemals so empfindlich reagiert, dass wir die akustische Überwachung von Schulhof und Klassenzimmern zwecks Beweissicherung von mündlichen Beleidigungen gefordert haben?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.