Abmahnung für Facebook-Share-Button ist Anwalt-Bullshit-PR

Gestern waren viele in Panik, weil diverse Medien die „erste Abmahnung“ für einen über Facebook geteilten Link verkündeten. Wir haben darüber nicht berichtet. Die Gründe waren vor allem, dass es sich hierbei nur um eine Abmahnung handelte und es keinen Gerichtsbeschluss gibt. Natürlich kann eine Abmahnung dazu führen, aber die Rechtslage ist aktuell nicht selbstverständlich. Auch wenn fleißige CDU-Politiker das ändern wollen. Und uns kam einiges an den Meldungen auch komisch vor, wir hatten nur anderes zu tun um das Bauchgefühl zu recherchieren.

Stefan Niggemeier hat sich die Quelle genauer angeschaut. Und dokumentiert, wie zahlreiche Medien auf Bullshit-PR der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke aufgesprungen sind: Die „erste Abmahnung für einen Facebook-Share-Button“ — ein Meilenstein der Anwalts-PR.

Die behauptet forsch, es handele sich um die erste Abmahnung dieser Art, und sagt voraus, dass es noch viele weitere geben werde. Es bestehe eine „erhöhte Abmahngefahr“ sowohl für Leser, die den Facebook-„Share“-Button drücken, als auch für Seitenbetreiber und Blogger, die einen solchen Button anbieten. Denn Nutzer, die — wie die Fahrschulfrau — für ein urheberrechtswidriges Verbreiten von Inhalten in sozialen Medien abgemahnt wurden, könnten die wiederum in Regress nehmen. Mit anderen Worten: Wir alle stehen mal wieder mit einem Bein im Gefängnis, und das einzig Gute in dem ganzen Urheberrechtselend ist, dass es kompetente Anwälte wie Christian Solmecke gibt, die uns vor der „heran rollenden Abmahnwelle“ warnen und nicht zögern, sogar ein „eiliges Video“ zur Warnung zu veröffentlichen.

Mit anderen Worten: Da ist nicht viel dran. Aber das könnte sich ändern.

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22 Ergänzungen

  1. Also ehrlich Markus, es ist schon frech, das als Bullshit-PR zu bezeichnen… Wenn du dir beide Artikel, den von Niggemeier und den von Solmecke, durchgelesen hättest, wüsstest du, dass Solmeckes Text korrekt ist und die Medien ihn verdreht/aufgebauscht. Also aus ner Abmahnung ein „Urteil“ gemacht usw. was alles nicht stimmt. Es war also korrekte PR, aber Bullshit-Journalismus.

    1. nein das ist keine korrekte PR! Das ist Panikmache und der Versuch eine alltägliche Handlung als potentiell kriminell darzustellen. Einzige Zielrichtung mehr Konfliktpotential schaffen. Den nur wenn Zwei sich streiten freut sich der Anwalt.

      1. Also ehrlich. Hast du Solmeckes Text wirklich gelesen? Er geht hier nicht um was kriminelles, das schreibt er nirgends, sondern er warnt zu RECHT vor einem Abmahnrisiko das ist faktisch begründet. Nämlich durch die Rechtslage, die er korrekt einschätzt, und mit diesem einen Fall.

      2. Ja, das Risiko von einer unberechtigten Abmahnung erpresst zu werden ist mal wieder hoch. Leider erfüllt das Versenden von unberechtigten Abmahnungen den Tatbestand der Nötigung.
        Da hilft nur noch Abhauen nach Südamerika, wie beim „Redtube-Abmahner“ letztens.

      3. Was hilft wäre die Einrichtung eines Rechtshilfefonds um solche Fälle tatsächlich mal bis zu höchsten Instanz durchklagen zu lassen um echte Präzedenzfälle zu mit wirklicher Expertise zu schaffen, gegenwärtig wird doch nur Unsicherheit gestreut von der natürlich spezialisierte Anwälte profitieren, da das Risiko durch Prozesskosten um Größenordnungen über den kalkulierbaren Kosten einer Begleichung einer nicht zwingend berechtigten außergerichtlichen Abmahnung steht.

        Seltsamerweise wird ja höchst selten Facebook, die Bild oder sonstwer in dieser Größenordnung verklagt, denn die könnten sich ja so einen Prozess tatsächlich leisten.

        Vergl. Impressumspflicht auf Social-Media-Seiten, da findet man auch nur Anwalts-Blogs die nur so vor Eigenwerbung strotzen während gleichzeitig vor einer unabsehbaren Abmahngefahr gewarnt wird.

  2. Ich dachte eigentlich, die „Erste Abmahngebuehr“, also die fuer den Anwalt, waere
    vor einiger Zeit gesetzlich auf ca 124 Euro begrenzt worden. Wie kommen die auf ueber 800 Euro
    In dem Punkt. Koennte ja verkehrt sein, diese Hoehe, aber warum wurde das dann nun
    bei den Warnartikeln nun nicht mit erwaehnt?
    Es wurde zwar erwaehnt, dass das andere, also die 200 Euro zuviel waeren
    vermutlich, aber eben nicht, dass das andere zuviel waere.
    Oder ist das, weil die es hier die Geschaeftssite einer Fahrschule war, also
    eine gewerbliche Praesenz? Dann haette man aber dabei schreiben koennen,
    dass es das war und nicht nur „Die Site einer Fahrschulbetreiberin“. Das kann ja auch
    deren „private“ FB Site sein.

  3. Das sehen wir genauso –
    Wie immer in solchen Fällen, werden auch schon direkt die ersten Abmahnwellen prognostiziert. Bevor ihr jetzt alle in Panik geratet und eure gesamte Facebook Chronik killt – ruhig Blut!

    Die Wahrscheinlichkeit, eine Abmahnung wegen des Teilens eines Vorschaubildes auf Facebook zu erhalten ist wesentlich geringer als ein Sechser im Lotto. Täglich werden mehrere Millionen Beiträge auf Facebook geteilt und bisher sind seit 2012 insgesamt nur eine Handvoll Abmahnungen ausgesprochen worden.

    Es handelt sich weder um ein neues Gesetz noch um ein Urteil, sondern nur um eine einfache Abmahnung, deren genauer Inhalt nicht bekannt ist und deren Rechtmäßigkeit noch nicht einmal gerichtlich überprüft ist.

    Mal wieder nur ein Sturm im Wasserglas…

  4. Manu, gut und schoen ist ja, vor was zu warnen. Aber wenn das dann in anderen Artikeln noch mit
    Saetzen wie sinngemaess „falls der Fall weiter bekannt wird, befürchte ich Nachahmungen, eine Welle“, dann
    koennte man doch drauf kommen, dass ein Verbreiten der Meldung ueber diesen Fall, der noch
    gar keiner vor Gericht ist, genau dazu dient, den Fall bekannt zu machen. Und das wieder bedeutet,
    die Wahrscheinlichkeit dass nun andere auch abmahnen, erhoeht sich durch die Verbreitung der
    Warnung davor

  5. Klaus, häng ihn doch nicht an seiner Einschätzung einer „Welle“ auf. Die Verbreitung der Warnung dient dazu einfach ein Bewusstsein zu schaffen, dass das Urheberrecht wiedermal nicht der digitalen Praxis entspricht.

    Die monierte Panik wird nicht unbedingt von Solmecke, sondern von den Medien gemacht, die seine Meldung teils falsch weil überzogen widergeben. Und Markus macht hier denselben Fehler mit Niggemeiers Meldung, weil er sich nicht die Mühe macht, sich mit der Sache zu befassen und einfach unreflektiert seine Darstellung übernimmt. Und das bezeichnet er noch dreist als Bullshit-PR. Dabei ist das, was er hier macht, Bullshit-Journalismus. Da bin ich von Netzpolitik eigentlich anderes gewohnt….

    1. Sorry, aber wenn in der PM in der ersten Zeile bereits das steht, nenne ich das Anwalt-Bullshit-PR:

      Auf Blogbetreiber, Online-Medien und Internetnutzer könnte eine neue Abmahnwelle heran rollen.

      Dass diverse Medien sofort mit Unkenntnis draufspringen, dürfte auch der PM und der diffusen Rechtslage geschuldet sein. Und natürlich kann man das auch Bullshit-Jorunalismus nennen.

  6. Lieber Kollege Tobias Röttger, wenn Sie mir hier Panikmache vorwerfen, wie erklären Sie dann Ihre eigenen Aussagen in Ihrem YouTube Video zu diesem Thema?

    https://youtu.be/HvA4JNOft8U?t=1m47s

    Lieber Markus Beckedahl, Sie beziehen sich hier offenbar noch auf eine veraltete Version des Kommentars von Stefan Niggemeier. Mittlerweile musste der ursprünglich Text zweimal wegen nicht korrekter Recherche seitens des Herrn Niggemeier korrigiert werden. Mich würde auch interessieren, wie Sie Ihre vermeintliche Entwarnung „alles Bullshit“ meiner abgemahnten Fahrschulinhaberin erklären? Ich finde es gefährlich, dieses Thema nicht auf dem Schirm zu haben und frage mich gerade, ob Netzpolitik.org eigentlich für sämtliche Bilder auch Social Media Lizenzen besitzt, um den Lesern überhaupt den Facebook Teilen Button anbieten zu können? Ach richtig, es kann ja nichts passieren – alles nur Bullshit…

    1. Die Gefahr eine unberechtigte oder berechtigte Abmahnung zu bekommen, besteht immer. Wie kommen Sie darauf, diese eine Abmahnung sei die erste oder wäre der Beginn einer Abmahnwelle?

    2. Ich habe gerade nochmal bei Stefan Niggemeier nachgeschaut und der von ihm zitierte Absatz ist gleichgeblieben. Möglicherweise hab ich mich am Anfang des Artikels nicht deutlich ausgedrückt. Mir ging es gestern auf die Nerven, dass überall von neuen Abmahnwellen zu lesen war und uns zahlreiche Mails erreichten. Wenn das alles auf Basis dieser PM basiert, dann ist das für mich Bullshit-PR.

  7. Dieser Artikel ist üblicher Netzpolitik-Bullshit-PR. Gut recherchiert wie immer, reißerisch betitelt, alles wie gehabt. Würdet ihr euch beim Verfassen und Betiteln eigenen Artikel selbst öfter das durch den Kopf gehen lassen, was ihr hier unberechtigt anderen vorwerft, erschiene das Abendland nur halb so bedroht. Jeder findet den Terror den es zu bekämpfen gilt – ihr habt den Überwachungsterror für euch entdeckt, der all eure Mittel heiligt.

  8. Ich halte es für kontraproduktiv, wenn wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen in der Bewertung dieses Vorfalls. Das Problem ist doch nicht die Wortwahl in der Berichterstattung. Das Problem ist die Rechtslage, die unseriösen Kanzleien massenhaft Geschäftsmöglichkeiten bietet. Schuld ist hier zum einen unser lobbyverseuchtes und bürgerfeindliches Urheberrecht und eine Wildwest-Rechtsprechung, die ihre Anfänge bei speziellen Richtern in Hamburg und Berlin hatte. Wir sollten gemeinsam für eine Reform des UrhR, sowie für ein gesetzliches Verbot des fliegenden Internetgerichststandes.

    Die spezielle und allgemeine Gefährdung bei Abmahnungen, die von „erfahrenen Abmahnkanzleien“ kommen, ist sehr wohl äußerst hoch.
    Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Anwälte mit den entsprechenden Richtern der Presse- und Urheberrechtskammern in Berlin und Hamburg wahrscheinlich schon enge Freundschaften geschlossen haben, weil sie sich so extrem häufig sehen. Diesen Eindruck bekommt man bei mündlichen Verhandlungen in denen die Richter praktisch als Prozessvertreter der Verfügungskläger auftreten. (Befangenheit ist trotzdem schwierig konkret nachzuweisen…). Anders ist es auch nicht zu erklären, dass solche Kanzleien praktisch nie bei EV-Verfahren verlieren. Schutzschriften nützen da auch nix. Berufung und im Zweifel Revision (LG-Rechtssprechung geht nicht spurlos an den OLGs vorbei) ist die einzige aber höchst kostspielige Methode zu seinem Recht zu gelangen. Ein faires Verfahren kriegt man meist leider erst vor dem BGH. Was natürlich viele aus finanziellen Gründen nicht tun, so dass die rechtsbeugerische Rechtsprechung unwidersprochen im und dauerhaft in der juristischen Fachwelt stehen bleibt.

  9. Ganz unbegründet ist RA Solmeckes Warnung nicht.
    Seine Kollegen welche mit Abmahnungen Geld verdienen haben ein Riesenproblem damit, das kaum noch jemand Torrents ohne VPN nutzt oder das lieber gleich OCH‘s genommen werden.
    Das gipfelt darin das Herr Frommer rumjammert, das eine Generation Kostenlos heranwächst und nicht mehr zu sanktionieren ist.
    Die suchen jetzt krampfhaft nach neuen Möglichkeiten um ihr Geschäftskonzept weiter betreiben zu können. Sollte also die Möglichkeit Nutzer von sozialen Medien abmahnen zu können erfolgsversprechend sein, werden die das bis zur Neige, sprich bis sie gestoppt werden, nutzen.
    Die öffentliche Meinung interessiert die da nicht und wird gekontert mit, das Internet darf kein rechtsfreier Raum werden :grins.

  10. a, das Risiko von einer unberechtigten Abmahnung erpresst zu werden ist mal wieder hoch. Leider erfüllt das Versenden von unberechtigten Abmahnungen den Tatbestand der Nötigung.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.