Wie hältst du’s mit der Freien Software – Wahlprüfsteine zur OB-Wahl in München

limuxMünchen ist durch das Projekt LiMux, die schrittweise Umstellung der Verwaltung auf Freie Software, zu einer Vorbild- und Modellstadt geworden. Das Projekt war eigentlich Ende letzten Jahres erfolgreich abgeschlossen, Mitte Februar hatte sich überraschenderweise jedoch gerade die grüne Kandidatin Sabine Nallinger für die anstehende Oberbürgermeisterwahl kritisch zur Migration auf Linux und Co. geäußert.

Die Wahl am 16. März, dem kommenden Sonntag, nahm auch die Free Software Foundation Europe mit dem Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur München zum Anlass Freie-Software-Wahlprüfsteine zu erstellen und bei den anderen Kandidaten nachzuhaken.

Die Ergebnisse wurden heute veröffentlicht. Es ging um Freie Software, Offene Standards, das LiMux-Projekt im Speziellen und sichere Kommunikation im Allgemeinen. Schön ist: Im Großen und Ganzen finden alle, die sich eine Einschätzung des Projekts zutrauen, dass LiMux eine gute Entscheidung war – außer der CSU. Das scheint jedoch mehr auf Unkenntnis denn auf Tatsachen zu beruhen, denn der Kandidat Josef Schmid hat wohl Freie Software mit Freeware verwechselt:

[E]s muss auch hervorgehoben werden, dass notwendige Umprogrammierungen dem Hauptmerkmal der Freien Software Rechnung tragen müssen. Sie dürfen nichts kosten.

Für alle anderen ist Abkehr von proprietären Angeboten neben der rein ökonomischen Kostenfrage zu einem selbstverständlichen Kriterium geworden. Dennoch: Es besteht weiter Handlungsbedarf. Wie die grüne Kandidatin Nallinger bereits zuvor kritisierte, bestehen noch Probleme in der IT-Verwaltung. Mitarbeiter seien überfordert, was zu guten Teilen daran liegen dürfte, das jede Systemumstellung ein ausführliches Umlernen und Eingewöhnen erfordert. Nallinger sagte dazu:

Wir haben anfangs den Aufwand unterschätzt. Das hat aber auch damit zu tun, dass wir keinen Überblick hatten, wie heterogen und vielfältig die Software-Landschaft der Münchner Stadtverwaltung war.

Auch die überwiegende Übereinstimmung der Befragten, dass vertrauliche Mail-Kommunikation noch zu komplex ist, um sie flächendeckend durchzusetzen, zeigt, dass es an kompetenter Umsetzung und Nutzerunterstützung fehlt. Das hatten wir auch vor Kurzem in unserem Bericht zur gesicherten elektronischen Kommunikation mit Abgeordneten festgestellt. Selbst der Kandidat der Piraten in München muss zugeben, dass es bei der eigenen Partei-Infrastruktur hapert:

Ich selbst habe keinen PGP-Schlüssel unser Kreisverband leider bis jetzt auch nicht. Die Landeshauptstadt sollte diese Möglichkeit der Kommunikation für seine Bürger und Bürgerinnen schaffen. Übrigens unser Kreisverband auch. Ich selbst werde mich hier auch in die Pflicht nehmen.

Zum Glück erkennen die meisten Kandidaten, dass die Lösung der noch vorherrschenden Probleme kein Rückgang zu proprietären Angeboten ist, sondern eine Aufarbeitung der aktuellen Problempunkte und eine umfassende Aufklärung und Schulung. Brigitte Wolf von Die Linke will diese für alle Beschäftigten obligatorisch machen. Dieter Reiter von der SPD setzt bei der vertraulichen Kommunikation noch auf Post und persönliches Gespräch, solangedie Technik noch nicht nutzerfreundlich genug ist.

Für die Münchnerinnen und Münchner in unserer Leserschaft stellen die Wahlprüfsteine vielleicht einen Anhaltspunkt zur Wahlentscheidung bei. Aber auch für alle anderen können die Fragen Hinweise sein, wie man seinen Abgeordneten auf den Zahn fühlen könnte. Sei es bei Bürgermeister-, Stadtrats-, Landrats-, Bundestags- oder – zu aktuellem Anlass Ende Mai – Europawahlen.

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3 Ergänzungen

  1. Mich interessiert ob Abdachlöse Münchener dürfen wählen, ob die als Bürger gilt. Was ist wichtigste Für OB. Bürger diskutieren nicht, und können nichts Fragen.

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