Überwachung und das Recht auf Anonymität im Internet: Anmerkungen zur Lateinstunde mit Thomas de Maizière

Sigmar Gabriel und Thomas de Maizière sind sich einig: das Internet muss überwacht werden und Anonymität im Internet soll es nicht geben. Das ist der Tenor ihrer Aussagen auf der Bundespressekonferenz zur Digitalen Agenda (Video). Mit dieser Position setzen sich beide über Versprechungen der Digitalen Agenda bezüglich Anonymität hinweg. Sie missachten außerdem rechtliche Vorschriften zum Recht auf Anonymität im Telemediengesetz und in der Verfassung.

 

Überwachung und Anonymität in der Digitalen Agenda

Die Digitale Agenda schweigt, wenn es zum Thema Überwachung bzw. Schutz vor Überwachung kommt. Gabriel erklärt auf der Bundespressekonferenz zur Vorstellung der Digitalen Agenda, dass Überwachung nicht zum Aufgabenbereich der Digitalen Agenda gehöre. Thomas de Maizière erklärt uns das noch prägnanter: „Den Begriff Überwachung finden Sie hier nicht, weil wir ihn ja auch gar nicht verwenden.“ Das macht natürlich Sinn. Außerdem gibt uns de Maizière Lateinnachhilfe zum Thema Überwachung: „Also müssen wir mal mit diesen mystischen Begriffen aufhören. Überwachung heißt auf Lateinisch Supervision. Das ist ein ehrenhafter Beruf.“ Die Stasi wird sich über diese nachträgliche Rehabilitation freuen.

In der Digitalen Agenda finden wir zwar nichts zu Überwachung im Internet aber Versprechungen zu Anonymität im Internet, dem besten Schutz vor Überwachung. Laut Digitaler Agenda soll Anonymität ausgebaut werden: „Wir fördern Geschäftsmodelle, die Anonymisierungs- und Pseudonymisierungsmaßnahmen verwenden.“ Das klingt vielversprechend. Jedoch finden sich in der Digitalen Agenda auch Ausführungen dazu, dass anonyme Kriminalität verhindert werden muss: „Wir werden die Verbreitung und Verfügbarkeit von mobilem Internet über WLAN verbessern. Dabei werden wir darauf achten, dass die IT-Sicherheit gewahrt bleibt und keine neuen Einfallstore für anonyme Kriminalität entstehen.“ Wie passt das zusammen? Anonymität ja und nein?

 

Streifenpolizisten im Internet

Die Frage nach diesem Anonymitäts Paradox in der Digitalen Agenda stellten wir auf der Bundespressekonferenz. Sowohl de Maizière als auch Gabriel machten klar, dass Anonymität keine Rolle spielt im Gegensatz zur staatlichen Kriminalitätsbekämpfung.

De Maizière: „Auch ein Streifenpolizist überwacht den Straßenverkehr. […] Das heißt, genauso wie ein Telefon, ein Brief, eine Wohnung unter rechtsstaatlichen Voraussetzungen Gegenstand eines rechtsstaatlichen Eingriffs sein kann, muss das auch im Internet gelten. Und ich kann kein Privileg der Netzcommunity erkennen, in dem Bereich zu sagen: „Das darf nicht sein.“

Gabriel: „Wir sagen, dass der Staat die Möglichkeit haben muss, Strafverfolgung durchzuführen, auch im Internet. Und ich sage, es ist besser, das Monopol beim Staat unter der gesetzlichen, sozusagen, Legitimation zu machen, als es zu privatisieren, wie das derzeit Google vormacht. Das ist unsere Antwort.“

Der Vergleich digitale Welt – analoge Welt hinkt. Anonymität in der analogen Welt ist viel eher möglich und selbstverständlich als in der digitalen Welt. Wer muss beim Kauf eines Kinotickets an der Kinokasse den Namen und Wohnort angeben? Nehmen wir die Streifenpolizisten Metapher: Was de Maizière und Gabriel fordern für das Internet lässt sich folgendermaßen in die analoge Welt übertragen: alle Verkehrsteilnehmer*innen müssen ein Schild oder einen Aufkleber haben, auf dem sämtliche private Informationen sichtbar für den Streifenpolizisten sind: Name, Geburtsort, Passnummer, Wohnort. Als Präventivmaßnahme, falls es zu Verkehrsverstößen kommt. Unvorstellbar in der analogen Welt, aber in der digitalen Welt soll das der Standard sein, weil es doch keine „Privilegien für die Netzcommunity“ geben kann?

 

Anonymität nach dem Telemediengesetz

Die Position der beiden Minister steht zunächst im Widerspruch mit dem Versprechen der Digitalen Agenda, Geschäftsmodelle zu unterstützen, die Anonymität im Internet ermöglichen. Aber auch unter rechtlichen Gesichtspunkten ist die Position der beiden Minister bedenklich. Im Telemediengesetz ist Anonymität vorgeschrieben:

§ 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG):

Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.

In einem Urteil von 2011 hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm auf genau diesen § 13 Abs. 6 TMG gestützt und die Anonymität im Internet gestärkt. Ein Arzt, der schlecht bewertet wurde auf einer Internetplattform wollte die Identität der Person, die ihn bewertet hatte, herausfinden, um gegen sie rechtlich vorzugehen. Das OLG Hamm urteilte, dass der Arzt kein Anspruch auf Auskunft über die Identität des Nutzers hatte. Ein Anspruch auf Auskunft nach der Identität bestehe nicht, weil der Anbieter nach § 13 Abs. 6 TMG Dienste auch anonym zur Verfügung stellen muss. Anders ausgedrückt, eine Auskunft über Daten kann es nicht geben, wenn die Daten gar nicht existieren sollen aus Gründen der Anonymität.

Nicht nur das OLG Hamm hat sich für Anonymität im Internet ausgesprochen, sondern bereits im Jahre 2009 der Bundesgerichtshof (BGH). Er befasste sich mit der Klage einer Lehrerin gegen spickmich.de, die auf der Plattform anonym bewertet wurde. Der BGH machte sich in seinem Urteil stark für die anonyme Nutzung des Internets:

„Die anonyme Nutzung ist dem Internet immanent. Dementsprechende Regelungen zum Schutz der Nutzerdaten gegenüber dem Diensteanbieter finden sich in den §§ 12 ff. TMG […]. Eine Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugeordnet werden können, ist mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar. Die Verpflichtung, sich namentlich zu einer bestimmten Meinung zu bekennen, würde […] die Gefahr begründen, dass der Einzelne aus Furcht vor Repressalien oder sonstigen negativen Auswirkungen sich dahingehend entscheidet, seine Meinung nicht zu äußern. Dieser Gefahr der Selbstzensur soll durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entgegen gewirkt werden.“

Anonymität im Internet als Grundrecht

Das Recht auf Anonymität im Internet steht nicht explizit in der Verfassung und ist als eigenständiges Grundrecht noch nicht anerkannt worden vom Bundesverfassungsgericht. Aber Anonymität im Internet fällt in den Bereich von zumindest zwei anerkannten Grundrechten. Erstens ist Anonymität im Internet von zentraler Wichtigkeit für das Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Das hat der BGH in seinem spickmich.de Urteil von 2009 deutlich gemacht. Zur Meinungsfreiheit gehört die Freiheit der Meinungsäußerung, die beeinträchtigt wird, wenn man Repressalien fürchtet aufgrund dessen was man gesagt hat. Deswegen kann das Recht auf Anonymität als Bestandteil des Grundrechts auf Meinungsfreiheit verstanden werden.

Zweitens, ist das Recht auf Anonymität auch im Bereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, welches aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet wird. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung besagt, dass ich entscheiden darf, welche Informationen über mich bekannt sind. Wenn ich entscheiden darf, welche Informationen über mich bekannt sein dürfen, dann muss ich auch das Recht haben zu sagen, dass keine Informationen über mich bekannt sein sollen.

Altgriechisch Nachhilfe

Wenn Überwachung im Lateinischen Supervision heißt und (deswegen) auch viel weniger schlimm ist, dann müssen wir anmerken, dass Anonymität vom Altgriechischen kommt (ἀνώνυμος anónymos ,ohne Namen‘) und (deswegen) noch viel wichtiger ist. Vielleicht überzeugt das, wenn grundrechtliche und rechtliche Erwägungen anscheinend keine Rolle mehr spielen.

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19 Ergänzungen

  1. „Überwachung heißt auf Lateinisch Supervision. Das ist ein ehrenhafter Beruf.“

    Schön, Herr de Maiziere, aber das haben Sie sich wohl aus dem Arsch gezogen.
    Supervision heißt auf Lateinisch: nichts.
    Sie könnten u. U. pervidere meinen. Das heißt wahlweise überblicken, mustern, erforschen, genau (nach)sehen, genau erkennen, unterscheiden.
    Wie man auf Basis der reinen Etymologie generell auf ehrenwertes oder unehrenwertes Verhalten schließen können soll, bleibt ohnehin Ihr Geheimnis.
    Davon abgesehen sind Wortursprungsargumentationen oft die schwächsten Einstiege in mittelmäßige Proseminarhausarbeiten. Lassen Sie es lieber bleiben.

    Da wir aber schon dabei sind, nehmen wir doch das korrekte lateinische Wort für überwachen: custodire.
    Das kennen Sie vielleicht aus dem schönen Sinnspruch „Quis custodiet ipsos custodes?“, Wer überwacht die Überwacher.

    1. Dem kann ich voll und ganz zustimmen, „supervision“ existiert im Lateinischen nicht – jedenfalls nicht im klassischen Latein. Gewisse Quellen sagen zwar, es käme im Mittellateinischen vor, dort aber ohnehin in der morphologisch logischeren Form von „supervisio“ (man beachte das fehlende N).

      Etymologie beiseite: Mir ist es ebenso absolut schleierhaft, wie Herr De Maizière mit diesem vermeintlich historischen Verweis argumentativ punkten wollte.

    2. Warum beschweren Sie sich hier über unseren Politdarsteller Herrn de Maiziere ?
      Bringt das was? Liest er das?
      Wenn ihm JEDER eine E-Mail schreibt, dann merkt er es !!!!

  2. Also man mag die Vergleiche der Politiker durchaus kritisieren, aber dann sollte man es selbst in einem Artikel (bei dem man mehr Zeit zum überlegen hat, als bei einem Interview oder einer Pressekonferenz) wenigstens selbst besser machen. Klar hinkt der Vergleich etwas, aber recht hat er trotzdem im Prinzip. Es kann ja nicht sein dass die Polizei einen Kommunikationskanal eher durchforsten darf als einen anderen, nur weil er ein bisschen anders ist…

    Und deine Vergleiche hinten auch. Natürlich stehen auf Autos keine Namen und Geburtstage, denn dafür gibt es Autokennzeichen, mit denen die Polizei innerhalb von Sekunden den Halter ermitteln kann. Und ja, das ist eine präventive Maßnahme, damit gewisse Dinge verhindert werden können oder zumindest im Nachhinein schneller ermittelt werden kann.

    Und ja, an der kinokasse fragt keiner mach dem Namen, denn hier zahlst du auch direkt bar oder mit Karte. Das Interesse an deinem Namen ist also sehr gering. Daher solltest du online wo möglich auch keine persönliche Daten einkaufen oder Dienstleistungen nutzen können. Solche Geschäftsmodelle will man fördern und das ist auch gut so. Anonym bei einer Geschäfttarnsaktion heißt aber nicht, dass Anonymität auch gegenüber staatlichen stellen sein muss. Die handeln ja nicht mit unseren Daten und ein gewisses Grundvertrauen der Polizei gegenüber sollte man schon haben – sonst kann man sich gleich in ein Erdloch verkriechen mit Aluminiummütze auf dem Kopf.

    Das Verständnisproblem in diesem Artikel ist das gleiche wie bei der öffentlichen Debatte über Datenschutz und NSA Skandal. Augenscheinlich haben dir beiden Sachen miteinander zu tun, denn da werden ja Daten abgesaugt. Aber rechtlich gibt es keinen Zusammenhang. Ausländische oder inländische staatliche stellen, die geheimdienstlich oder in der Strafrechtsverfolgung arbeiten, haben nichts mit dem Datenschutzrecht zu tun, das sich an Unternehmen richtet. Mit der Aussage „Anonymität und Nutzung von Pseudonymen fördern“ sind Unternehmen angesprochen. Sprich, auf der Kinowebseite musst du nur die Daten eingeben, die tatsächlich für den online Kauf eines Tickets nötig sind. Das bedeutet aber nicht, dass man jetzt einen Freifahrschein für anonyme Aktivitäten im Internet ausstellen will. Entgegen dem Tenor dieses Artikels (der auf dem oben erklärten Missverständnis beruht) geht Anonymität ja und nein, zumindest vom Grundsatz her. Wie das dann in der Praxis aussieht, ist natürlich eine andere Frage.

    Um dein Beispiel nochmal weiterzuspinnen: du solltest online anonym deine kinokarte kaufen können, dem Anbieter gehen deine persönlichen Daten nichts an, solange du zahlst. Wenn aber die Polizei später einem Kreditkartenmissbrauch nachgehen will, sollte sie durchaus Zugriff auf die IP Adresse haben, damit ermittelt werden kann. Sonst wäre hier suspekten Gestalten ja Tür und Tor geöffnet…

      1. Typisch… einfach mal aufhören zu lesen, wenn man etwas nicht versteht. Was gemeint war: die Polizei verkauft keine Daten. Wieso auch. Während Unternehmen, insbesondere natürlich im Internet, das oft als Kerngeschäft haben. War auch nur als technische Erläuterung des Rechtsrahmens gedacht. Aber, einfach mal kurz doof kommentieren. Kann ja nicht schaden…

    1. Grundvertrauen. Gegenüber der Polizei.

      Wieso sollte man denen Vertrauen entgegen bringen? Womit haben die das verdient.

      _EIGENTLICH_ tm
      beruht unser (Rechts- und) Gesellschaftssystem darauf, dass man solche Leute (Polizisten und andere mit Macht) kontrolliert. Vertrauen wäre gar nicht nötig, würde das System funktionieren, wie es soll.

    2. Ich stimme dir teilweise zu, und möchte auch dem widersprchen was z.B. Herr Beckedahl in der Pressekonferenz gesagt hat: Ein „Ja und nein“ bzgl Anonymität ist sehr wohl möglich! Als Beispiel sei hier das Prinzip des DC-Netzes genannt, was u.a. Senderanonymität bereitstellt, den Sender aber deanonymisieren kann, wenn alle anderen Teilnehmer mitspielen. (Klar wie man dass dann genau umsetzt muss man sehen).

      „Das Verständnisproblem in diesem Artikel ist das gleiche wie bei der öffentlichen Debatte über Datenschutz und NSA Skandal“
      Datenschutz umfasst auch das Recht auf informationelle Selbstbstimmung, von daher hat Datenschutz sehr wohl etwas auch mit dem NSA-Skandal zu tun.

      Auch wenn der Vergleich mit dem Verkehrspolizisten nicht perfekt ist, im Prinzip stimmt die Aussage „Anonymität in der analogen Welt ist viel eher möglich und selbstverständlich als in der digitalen Welt.“ aber dennoch! Oder bestreitest du das?

      „Wenn aber die Polizei später einem Kreditkartenmissbrauch nachgehen will, sollte sie durchaus Zugriff auf die IP Adresse haben, damit ermittelt werden kann.“
      Das stimmt, liegt aber kein Vergehen vor, sollte man auch vor dem Staat anonym sein. Erst ein Gericht sollte auf Ersuchen z.b. der Polizei eine Deanonymisierung veranlassen können.

    3. Gerade auch (aber nicht nur) was das Internet betrifft, haben Geheimdienste und staatliche Stellen sämtliches Vertrauen eingebüßt. Spätestens seit Snowden wissen wir, dass Leute auf NoFlight- oder Terrorlisten gesetzt wurden, weil deren Meinung politisch nicht opportun war. Und was in Thüringen beim Verfassungsschutz abgeht, davon fangen wir gar nicht erst an.

      Jeder, der Macht hat, wird sie früher oder später Missbrauchen. Das einzige was hilft, ist Transparenz und ständige Überwachung des Staates durch seine Bestandteile, also uns alle.
      Wenn sich der Staat jetzt anmaßt, das Netz überwachen zu wollen, so darf man ihm unterstellen, dass er das tut, um seine eigenen Interessen (die es ja eigentlich nicht geben sollte) durchzusetzen.

      Glücklicherweise ist das im Internet nichts anderes als der Versuch, das sinkende Schiff mit Teelöffeln leerzuschöpfen. Wird nicht klappen, Code is Law und Algorithmen sind schneller. Chinesische Zensur will keiner, deswegen Schachmatt. Das einzige was sie versuchen können, ist, Wähler zu gewinnen, die ihnen die Rente garantieren. Dafür brauchen sie taugliche Propaganda („Wording“), und deswegen kommen so Pläne raus wie dieser hier.

  3. „Das Recht auf Anonymität im Internet steht nicht explizit in der Verfassung“
    Natürlich steht das explizit in der Verfassung. Artikel 10.
    (1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

    „Aber Anonymität im Internet fällt in den Bereich von zumindest zwei anerkannten Grundrechten.“
    Drei Grundrechte: Artikel 2, Artikel 5, und Artikel 10

    1. Danke fürs Hinschreiben, kann man heutzutage nicht oft genug betonen, dass die sich schon Gedanken gemacht haben damals in Herrenchiemsee

  4. 1. Gabriel und De Maizière sind prominente Politiker. Sie übertragen ihre Lebenswirklichkeit, die nicht existente Anonymität, sowohl auf die analoge wie auch die digitale Welt. Sie kennen Anonymität im analogen Leben nicht. Überall wo sie hingehen, erkennt man sie und weiß ihre Namen. Den meisten Bürgern geht es anders. Vor allem in größeren Städten wird man nicht überall auf der Straße oder im Laden mit Namen erkannt. Anonymität im Alltag ist für die meisten Menschen normal.

    2. Gabriel und De Maizière sind himmelschreiend geschichtsvergessen und kurzfristig denkend. Ohne den Schutz der Anonymität hätten unzählige Kämpfer für Freiheit und Demokratie in der deutschen Geschichte ihr Leben verloren. Ohne Anonymität würden heutzutage überall auf der Erde Menschen gefangen genommen, gefoltert und getötet werden. Wer also behauptet, Anonymität hätte keinen Wert für Freiheit und Demokratie, sondern würde ausschließlich Kriminellen nützen, der hat nichts aus der Menschheitsgeschichte gelernt.

    3. Gabriel und De Maizière verfolgen einen totalitären, autoritären und obrigskeitsstaatlichen Allmachtsanspruch des Staates. Der Staat muss alles über das Leben der Bürger wissen – immer und überall. Niemand soll das Recht auf ein anonymes, privates, unbehelligtes Leben haben. Niemand soll das Recht haben, vom Staat in Ruhe gelassen zu werden, solange man seine Steuern zahlt und keine Verbrechen begeht. Den Bürgern keinen privaten und anonymen Rückzugsraum für kreative Ideen und demokratisches politisches Engagement zu gewähren zu wollen, zeugt von einer zu tiefst anti-demokratischen und freiheitsfeindlichen Gesinnung dieser beiden Politiker.

    4. Gabriel und De Maizière glauben, dass unüberwachte Räume automatisch gefährlich und böse sind. Überwachung soll also Sicherheit schaffen. Überwachung kann aber soziale Probleme als Ursache für Kriminalität nicht beseitigen. Die meiste Kriminalität könnte mit einer anderen, besseren Sozial-, Bildungs- und Gesundheitspolitik erfolgreich bekämpft werden. Aber das kostet Zeit und auch kurzfristig etwas mehr Geld. Politiker wollen aber nicht langfristig und nachhaltig für das Allgmeinwohl handeln, sondern in der Regel nur die nächste Wahl gewinnen, um die eigenen Bezüge und Pensionsansprüche zu sichern.

    5. Selbst wenn das perfekte Verbrechen möglich wäre und man einen Mord ohne Aufdeckungsrisiko begehen könnte, würden es die meisten von uns trotzdem nicht machen. Gabriel und De Maizière fehlt somit etwas Entscheidenes, das die meisten Bürger besitzen: eine moralisch und ethisch gefestigte Grundhaltung, Rückgrat und ein positives Menschenbild. Bürger sind für diese Sorte Politiker nur Stimmvieh, Geldquelle und ein Sicherheitsrisiko. Wir sollten diese anti-demokratischen, freiheitsfeindlichen und visionslosen Schmarotzer zum Mond schießen.

    6. Gabriel und De Maizière versuchen einen kalten Putsch. Sie versuchen, eine verfassungsfeindliche Überwachungsideologie und einen fundamentalistischen Sicherheitsextremismus durchzusetzen. Die neue, digitale Welt bietet ihnen die Gelegenheit dafür. Im Internet gibt es keine jahrhunderte alte gelebte Praxis aus anonymen Bargeldzahlungen. Im Internet gibt es keine jahrhundertealte gelebte Praxis des anonymen Reisens und Bewegens auf Verkehrswegen aller Art. Im Internet gibt es vom Design her vor allem eins: die totale Nachvollziehbarkeit aller Aktivitäten. Gabriel und De Maizière wollen das Modell der totalen Überwachung aus dem Internet auch in die restliche analoge Welt übertragen.

    1. Gut gesagt.

      Bedauerlicherweise ist das dem Gros der Groko-Wähler wohl egal. Es schreit zum Himmel, das die ihre, und unsere, Chance zum Leben in einer relativ freien Gesellschaft feige wegwerfen, um sich stattdessen Sicherheit vor sich selbst verkaufen zu lassen.

  5. Was haben die immer mit ihrer bekackten IT-Sicherheit, wenn sie schon alles von prinzipiell anfälligen Computersystemen abhängig machen wollen, sollen die ihre lebenswichtigen Infrastruktursysteme doch redundant auslegen und die Angriffsfläche reduzieren, statt allen das Leben zur panoptischen, sicherheitsstaatlichen Hölle zu machen.

    Lieber mal in verifizierte, freie Software für wichtige Systeme investieren, ARSCHLÖCHER, als Stalins feuchte Träume an uns auszuleben. Sicher kratzen sich Gabriel und DeMaizière verwirrt an den hübschen Köpfen, wenn sie das hören. Den ersten Halbsatz, meine ich. Im Zweiten ist der aufgestaute netzpolitische Frust der, ach, letzten zwölf Minuten oder so mit mir durchgegangen.

    Auch interessant: „Geschäftsmodelle“ sollen gefördert werden. Entweder das ist denen reingerutscht, oder sie meinen Ano- oder Pseudonymität mit Anmeldung und Identitätsfeststellung von einem, ach, dafür nutzen wir doch den „sicheren DE-Mail Anbieter“, der selbstverständlich staatlichen Bedarfsträgern wie NSA, BKA, NSU äh V-Schmutz, BND, GEZ, Meldeämtern und all deren Premiumkunden, Ausländerämtern eine Abhörschnittstelle ermöglicht.

    Was haben die immer mit ihrer bekackten IT-Sicherheit, wenn sie schon alles von prinzipiell anfälligen Computersystemen abhängig machen wollen, sollen die ihre lebenswichtigen Infrastruktursysteme doch redundant auslegen und die Angriffsfläche reduzieren, statt allen das Leben zur panoptischen, sicherheitsstaatlichen Hölle zu machen.

    Lieber mal in verifizierte, freie Software für wichtige Systeme investieren, ARSCHLÖCHER, als Stalins feuchte Träume an uns auszuleben. Sicher kratzen sich Gabriel und DeMaizière verwirrt an den hübschen Köpfen, wenn sie das hören. Den ersten Halbsatz, meine ich. Im Zweiten ist der aufgestaute netzpolitische Frust der, ach, letzten zwölf Minuten oder so mit mir durchgegangen.

    Auch interessant: „Geschäftsmodelle“ mit Anonymität und Pseudonymität sollen gefördert werden. Entweder das ist denen reingerutscht, oder sie meinen Pseudo-Anonymität oder Pseudonymität mit Anmeldung und Identitätsfeststellung von einem, ach, dafür nutzen wir doch den „sicheren DE-Mail Anbieter“, der selbstverständlich staatlichen Bedarfsträgern wie NSA, V-Schmutz, BND, GEZ, Meldeämtern und all deren Kunden eine Abhörschnittstelle ermöglicht.

    „Anonyme Kriminalität“, was für ein Quatsch. Im Gegensatz etwa zu der sogenannten signierten Kriminalität, bei der die Tat mit einem Autogramm veredelt wird? Vielleicht meinen sie es diskriminierend. Vor Anonymen müssen anständige Leute Angst haben! Anständige Leute würden immer jedem ihren Namen und ihre Adresse sagen. Sonst könnten sie ja für Anonyme gehalten werden, und die wollen wir in unserem Meldewahn-Internet nicht.

    1. oh gott, zwei absätze zweimal, der rest eine wüste tirade. nächstes mal editiere ich, bevor es zu spät ist, versprochen.

      — und ohne anonymität wäre dieses unglück nun für immer mit meiner „einen identität“ (da sind zuckerberg und groko sich einig) verschweißt.

      1. auch die anmerkung voller stilfehler. natürlich nur für unsere freunde vom v-schutz, die hier mitlesen müssen. alle anderen bitte mein obiges geschnatter ignorieren.

  6. „…müssen einen Schild oder Aufkleber haben auf dem sämtliche private Informationen sichtbar für den Streifenpolizisten sind.“

    Das ist doch schon lange der Fall. Nennt sich Kennzeichen. Mit diesem kann der Polizist – wenn er denn möchte und etwas Zeit aufwendet – alle Angaben zum Halter herausbekommen, bis hin zu seiner Bankverbindung, seinem Freistellungsbetrag, die Zahl seiner Konten, Arbeitgeber, Geldquellen, Telefonnummer und darüber wiederum – wenn der Betreffende nicht vorsichtig war – komplette Bewegungsprofile.

  7. An einer Stelle habe ich Schwierigkeiten mit eurer Argumentation.

    Die Grundrechte wurden verfasst, als es ein Internet noch nicht gab und man sich so etwas auch nicht im leisesten vorstellte. Ich glaube, dass man dieses Grundrecht auf das Internet bezogen ganz neu denken muss. Ich befürchte allerdings, dass es die Quadratur des Kreises ist. Denn einerseits soll der Verfasser nanonym bleiben, andererseits benötige ich im Falle des Missbrauchs seine Daten und damit eine vorhergehende Speicherung.
    Der Vergleich von analoger und digitaler Welt ist in meinen Augen an mancher Stelle nicht stimmig: Die Veröffentlichung eines herabwürdigenden Artikels auf einer Website kann ich nicht qualitativ gleichsetzen kann mit einer Äußerung in einem Brief. Für mich hat es die gleiche Qualität wie eine Annonce in einer Zeitung aufgeben. Und hier kann ich ja durchaus wegen Rufschädigung verklagt werden oder?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.