Studie zeigt, wo die Stärken und Schwächen von Onlinepetitionen liegen

Das Institut für Internet und Gesellschaft hat gestern in Zusammenarbeit mit dem Hans-Bredow-Institut für Medienforschung eine Studie zur Nutzung der seit 2005 bestehenden Onlinepetitionsplattform des Deutschen Bundestags veröffentlicht. Die Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass diejenigen, die sich an Online-Petitionen beteiligen oder diese selbst initiieren, primär männlich und jüngeren Alters sind sowie über einen höheren Bildungsabschluss verfügen. Intuitiverweise sind die Nutzer außerdem überdurchschnittlich politisch aktiv, überraschenderweise aber gleichzeitig auch skeptisch gegenüber „der Politik“.

epetitionAuch wenn der Beteiligungsaufwand bei Onlinepetitionen beinahe nur noch aus einem Mausklick besteht, hat man es nicht geschafft auch eher politikferne Bürger anzusprechen. Dadurch bleibt auch die Zahl der Beteiligten bei einem Großteil der Petitionen verhältnismäßig klein. Groß wurden lediglich wenige wie auch das nebenstehende Diagramm aus der Studie zeigt. So beispielsweise die „Zensursula“-Petition gegen das von Ursula von der Leyen geplante Zugangserschwerungsgesetz mit über 134 000 Mitunterzeichnern. Noch größer, jedoch nach dem Untersuchungszeitraum bis Anfang 2013 wurde die Petition gegen die immer teurer werdenden Berufshaftpflichtversicherungen für Hebammen. 75% aller Onlinebegehren konnten hingegen gerade einmal bis zu 766 Unterschriften zusammentragen. Damit wird das Quorum von 50 000 Unterzeichnern im ersten Monat nach der Veröffentlichung, das für einen Aufruf der Petition im Petitionsausschuss des Bundestags „im Regelfall“ besteht, nur selten erreicht. Die besten Chancen haben Petitionen mit Bezug zu Medienthemen – sie verzeichnen im Durchschnitt 118 Unterschriften pro Tag, weit mehr als die durchschnittlichen 33.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Onlinepetitionen es in ihrem beinahe 10-jährigen Bestehen noch nicht geschafft haben, zu signifikant mehr politischer Partizipation von politisch desinteressierten und inaktiven Bürgern zu führen. Es wäre jetzt wichtig, darüber nachzudenken, wie genau das verändert werden kann, damit eine größere Bandbreite von Menschen dazu motiviert wird, sich einzubringen. Wichtig wäre, den Petitionen mehr Gewicht zu geben, denn eine öffentliche Beratung „im Regelfall“ nach Erreichen des Quorums ist wenig motivierend, genausowenig wie zu hören, dass kaum Petitionen – auch die sogenannten erfolgreichen – direkte Veränderungen bewirkt haben.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

4 Ergänzungen

  1. „…dass kaum Petitionen direkte Veränderungen bewirkt haben.“

    Wie soll das auch möglich sein?
    Wir brauchen keine „besseren Petitionen“, sondern direkte Demokratie.

  2. Man sollte sich zusätzlich mal anschauen, wie erfolgversprechend eine Petition von Compact/Change oder dergleichen ist. Von denen liest man sehr viel mehr als von der Bundestagpetitionsplatform. Aber auch da bezweifel ich, dass ein Klick wirklich was dauerhaft verändert…

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.