Papst erkennt an, dass Social Media das Internet menschlicher macht

Heute hat der Papst eine Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel veröffentlicht. Der findet zwar erst sechs Wochen nach Ostern statt, aber heute ist Gedenktag von Franz v. Sales, dem Patron der Journalisten. Doch vorher noch zwei Fragen an euch:

  • Wer kannte den Welttag der sozialen Kommunikationsmittel?
  • Und wer wusste, dass dieser 1967 (!) von Papst Paul VI eingeführt wurde (damals noch als Welttag der Massenmedien)?

Nun, die Kirche überrascht immer wieder, wenn es um ihren Medienumgang geht, wie schon, als sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken zur digitalen Gesellschaft geäußert hat. Dass Papst Franziskus selbst die Medien nicht scheut, zeigt sich an seinem Twitteraccount. @Pontifex hat zusammen mit den Sprachvarianten Deutsch, Französisch, Spanisch, Arabisch, Italienisch, Portugiesisch, Polnisch und Latein über Weihnachten elf Millionen Follower überschritten.

Auch in seiner Botschaft erkennt man, dass er die Bedeutung des Internets erkennt:

In dieser Welt können die Medien dazu verhelfen, dass wir uns einander näher fühlen, dass wir ein neues Gefühl für die Einheit der Menschheitsfamilie entwickeln, das uns zur Solidarität und zum ernsthaften Einsatz für ein würdigeres Leben drängt. […] Die Medien können uns dabei behilflich sein, besonders heute, da die Kommunikationsnetze der Menschen unerhörte Entwicklungen erreicht haben. Besonders das Internet kann allen größere Möglichkeiten der Begegnung und der Solidarität untereinander bieten, und das ist gut, es ist ein Geschenk Gottes.

Gleichermaßen zeigt er die Gefahren auf, die von einem unbedachten Umgang mit den neuen Möglichkeiten ausgehen können. Die Geschwindigkeit der digitalen Welt könne die menschlichen Reflexions- und Urteilsfähigkeiten übersteigen, es sei leicht, die Orientierung zu verlieren und diejenigen auszuschließen, die keinen Zugang zu Internet und sozialen Netzwerken haben. Man müsse verhindern, dass Kommunikation nur zum Konsum veranlassen oder manipulieren wolle. Das Bewusstsein für den Menschen, der hinter der Kommunikation steckt, dürfe nicht verloren gehen:

Das digitale Netz kann ein an Menschlichkeit reicher Ort sein, nicht ein Netz aus Leitungen, sondern aus Menschen.

Die Botschaft ist sehr weitsichtig, auch wenn man den religiösen Bezug für sich selbst lieber außen vor lassen will, und zeugt von Unvoreingenommenheit ohne dabei naiv zu sein. Das Gleiche würde ich mir auch manchmal für unsere Politiker wünschen. Und man mag ihnen zurufen – wie es Papst Franziskus tut:

Habt keine Angst, Bürger der digitalen Umwelt zu werden.

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9 Ergänzungen

  1. Ich finde das ganz toll, dass sich die katholische Kirche mal *für* etwas ausspricht. Öffentlich und mit höchster Management-Attention.

    Franziskus hat die Kommunikationsmöglichkeiten für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft wohl richtig eingeschätzt. Das macht in sympathisch und lässt Hoffnungen aufkommen wie bei dem Reformer Johannes XXIII. Ein bisschen ist wie Weihnachten, wenn der Engel kommt: „Fürchtet Euch nicht!“

    Das mit dem Welttag wusste ich nicht, aber der Heilige Stuhl ist im Internet gut aufgestellt. Zur Hochzeit des Kinderschänderskandals konnte ich z.B. gut recherchieren, dass Ratzinger und Woytila zusammen das kanonische Recht für Kinderschänder einfache rgeamcht haben: diese werden seit den beiden nicht mehr exkommuniziert, die Verfahren nach Rom verschleppt und somit hat man sich kraftlos nicht gegen diesen organisierten Missbrauch gewehrt,. Ich habe mich deshalb damals nicht getraut, meine Kinder in katholischen Religionsunterricht zu schicken.

    Der Twitter-Account wurde schon von Ratzinger eingeführt. Da kommt aber nur Grütze, wie ich in Deutsch, Englisch und Latein sehe. Aber der Rest ist gut. Einige deutsche Bischöfe sind auch auf Twitter und Facebook.

    Schön zu sehen, dass sich die katholische Kriche wieder in die Gesellschaft zurückintegrieren will. Willkommen im Club!

  2. Also ich mag den … ich hab nur die Befürchtung, dass er bald mit einem Flugzeug abstürzt oder irgendwo selbstermordet in einer Tasche gefunden wird.

  3. Für Christen ist es nicht nur Grütze, was @pontifex twittert. Oder wohl eher twittern lässt. Es ist halt zielgruppengerecht. Und Franziskus schließt nahtlos an die letzten Botschaften seines Vorgängers zu den Welttagen der sozialen Kommunikationsmittel an, die alle in diese Richtung gingen. Übrigens steckt Paul Tighe hinter den römischen Aktivitäten, Sekretär des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel. Ein erstaunlicher Kopf. Seine Keynote bei der Catholic New Media Conference in Boston fand ich bemerkenswert. http://sqpn.com/2013/10/19/msgr-tighe-keynotes-kick-cnmc-boston/

  4. Menschlicher – in Form einer als „Social Media“ bezeichneten Menschenfarm eines Datenhändlers, mitgenutzt vom Überwachungsstaat? Ist das gut? Twitter, Google, Facebook u.A. *könnten* auch ohne diese Nachteile existieren … tun sie aber nicht.

    Der Papst hat diese Gefahren erkannt, aber hat er auch das Ausmaß erkannt? Diejenigen, die keine Konsequenzen ziehen und die unregulierten „Social Networks“ etc. weiternutzen, obwohl Privatsphäre dort ein Kampf gegen Windmühlen ist, keine Tracking-Blocker installieren, keine Google-Alternativen verwenden, haben es nicht erkannt oder haben aufgegeben. Das dürften mehr als 99% der Surfer sein.

    Man kann sehr gut auch ohne falsche „Social Networks“ leben, es ist sogar stressfreier. :) Und je mehr Menschen sich von diesem Fehlentwicklung lossagen, ihr Leben wieder in die eigene Hand nehmen, desto besser und leichter geht es.

    Sorry falls das alles polemisch klingt… aber ist es nicht einfach ehrlich? Man muss aufhören, sich die Tatsachen aus Bequemlichkeit schön zu reden und den ersten Schritt machen, und den Nächsten… effizient kommunizieren kann man auch so, wenn man es möchte.

    1. Nein, ehrlich ist es nicht. Es ist feige, wenn man anderen zum Abhauen rät, wenn der Staat als Geheimdienst übergriffig wird. Die Geheimdienste müssen zurückgedrängt werden, nicht die Nutzer. Wir hören auch nicht auf, öffentliche Straßen und Plätze zu nutzen, wenn sich dort Kriminelle rumtreiben, sondern wir organisieren einen Rechtsstaat, der die Verbrecher bekämpft und nicht die Bürger.

      1. Facebook ist nicht nur wegen der Geheimdienstschnüffelei eine Zumutung.

        Was als Racheprodukt eines Stalkers anfing, wandelte sich zur Menschenfarm. Nach und nach wurde den Leuten dort eingeredet, der Realname und das Überprüfen des Namens via Freundeskreis müsse sein (Anschwärzen wie bei der Stasi), das Durchwühlen von Emailaccounts/Adressbüchern sei normal, das Manipulieren von Nachrichtenstreams nicht relevant, dass man sich ständig orten lässt ist üblich, dass man ungefragt Informationen über Freunde herausgibt legal, Firmen dürfen ruhig Familienstammbaum oder andere Privatangelegenheiten erfahren… pardon? Wieso wird zur Normalität, was sich dieser Konzern erdreistet? Facebook hat durch diese widerstandslosen Manipulationen schon zu viel Schaden an der Gesellschaft angerichtet.

        Es ist daher nicht feige, jemandem dort zum Abhauen zu raten. Es ist feige, wenn man dort aus Bequemlichkeit bleibt. Alles, was man bei Facebook machen kann, geht auch woanders: Messages schreiben, Nachrichten lesen, Informationen einholen, an Foren teilnehmen. Oder man hätte Facebook ohne personenfeindliche Hintergedanken realisieren können.

        Die Meisten verwenden es neben Kommunikation im Email-, Chat- oder Forenstil sowieso nicht für Revolutionen, sondern zum Verteilen von Kettenbriefen, Witzchen und Essensfotos und um sich eben Details über das Privatleben entlocken zu lassen, die man freiwillig ursprünglich nicht rausgeben wollte.

      2. Was den überall gegenwärtigen Geheimdienstaspekt angeht, haben Sie natürlich Recht! ;) Doch es ist unter anderem auch der Verdienst von Facebook – durch das schrittweise gewinnorientierte Einschränken der Privatsphäre und Entziehen der Selbstbestimmungsmöglichkeiten – dass staatliche Überwachung bei uns eher toleriert wird.

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