Netzallianz träumt von der digitalen Dividende

Gestern hat sich erstmals die Netzallianz Digitales Deutschland im Verkehrsministerium getroffen. Eingeladen hatte Infrastrukturminister Alexander Dobrindt und es kamen die Verbände der Telekommunikationsindustrie und die großen Telekommunikationsunternehmen. Jetzt ist auch klar, wie der Breitbandausbau mit dem wenig anspruchsvollen Ziel von flächendeckenden 50 MBit/s im Jahre 2018 erreicht werden soll: Durch die erneute Versteigerung von GSM-Funkfrequenzen, die für 2016 zu erwarten sind. 1990 wurden die Funkfrequenzen für D-Netz und C-Netzs für 20 Jahre zugeteilt und im Jahre 2007 bis 2016 verlängert. Da gibts also wieder Geld, wenn auch frühestens 2016 und bis das ausgegeben wird, könnte 2018 wieder Vergangenheit sein. Aber es ist natürlich sinnvoll, das Geld nicht zur Stopfung des Haushaltes oder des Rentenlochs zu verwenden, sondern es quasi im Telekommunikationsökosystem zu halten, wenn es sonst schon keine Bereitschaft gibt, den Breitbandausbau zu fördern. Wir wünschen viel Erfolg.

Wieviel bei den Versteigerungen erlöst werden kann, ist natürlich unklar. Dobrindt scheint sich schon sicher, dass zusätzlich von den bereits vergebenen Funkfrequenzen auch das 700 MHZ-Band aus der sogenannten Digitalen Dividende 2 versteigert wird. Das sind die DVB-T-Frequenzen, die die Telekommunikationsunternehmen gerne zusätzlich haben wollen. Was natürlich bedeutet, dass man DVB-T aufgibt, wir alle unsere Sticks wegschmeißen müssen und vor allem viele Menschen ihren TV-Distributionskanal wechseln müssen. Das hat wieder soziale Aspekte, zusätzlich bewährt sich DVB-T auch noch als anonyme TV-Möglichkeit.

Die eigentliche Frage dabei ist aber eine andere: Wenn der Staat diese Frequenzen für einen endlichen Zeitraum an Telekommunikationsunternehmen versteigert, werden diese Frequenzen privatisiert. Wir haben aber gleichzeitig das Problem, dass die der Allgemeinheit frei zustehenden WLAN-Frequenzen 2,4 GHZ und 5 GHZ langsam voll werden. Hier bräuchten wir mehr gemeinfreies Spektrum. Das 700 MhZ-Band würde sich dafür gut anbieten. Wir sollten mehr Open Spectrum wagen.

Zum Thema Breitbandausbau hat auch der Deutschlandfunk diese Woche ein schönes Feature in der Sendung Hintergrund gehabt: Auf dem Land fehlt schnelles Internet. Hier ist die MP3.

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10 Ergänzungen

  1. Langsam wird es lächerlich. Auf dem 700-MHz-Band sind nicht nur DVB-T-Sender, dort tummeln sich auch alle, denen man bei der letzten „Digitalen Dividende“ das 800-MHz-Band weggeneommen hat: Veranstalter, Bühnentechnik, Film und Fernsehen verwenden dieses Frequeunzspektrum für drahtlose Mikrofon- und Monitor-Anlagen.

    Die letzte Zwangsenteignung hat unzähligen Firmen und Selbständige schon Milliarden Verluste gebracht, da sie ihre jeweils mehrere Tausend Euro teuren Anlagen nicht mehr nutzen können. Als Entschädigung gab es lediglich ein paar Hundert Euro.

    Wenn sich das jetzt nach so wenigen Jahren im 700-MHz-Band wiederholt, ist mit Milliarden-Entschädigungen zu rechnen. Das werden sich die Verantwortlichen hoffentlich noch einmal überlegen.

  2. Es geht einfach darum, das der privatwirtschaftliche Sektor den Finger auf alle Frequenzen haben will um zu auch zukünftig die Entscheidungsgewalt darauf auszuüben…:-(

  3. @Markus, liegen dir eigentlich irgendwelche technischen Erkenntnisse vor, dir mir nicht vorliegen, wenn du einfach mal die komplette Industrie
    mit dem wenig anspruchsvollen Ziel von flächendeckenden 50 MBit/s abqualifizierst?

    50Mbit in der Fläche ist wahnsinnig viel, insbesondere im Funk haben wir gar nicht so viele Lösungen die das dauerhaft liefern können. Eigentlich heisst das: GSM sofort durch LTE ersetzen.

    50Mbit in jedes Grundstück (also FTTH/B) liegt bei einem hohen zweistelligen Mrd Euro Betrag.

    1. Gebe zu dass ich über die Netzallianz kaum gelesen habe.
      Trotzdem ein paar Gedanken dazu:
      „flächendeckenden 50 MBit/s“

      Ich dachte, dass dabei der Funk ausgenommen ist und nur das Festnetz gemeint ist. Mit Funk für _jeden_ wäre es beachtlich, aber ich glaube es nicht.

      Je nach Betrachtung sind 50 MBit/s viel bzw. wenig.
      Es ist dabei wichtig was mann unter „flächendeckenden“ versteht.
      Wenn unter „flächendeckenden“ gemeint ist, dass es _überall_ Angeboten wird und es jeder (_gleichzeitig_ und _stabil_) nutzen kann, dann ist es beachtlich ja. Bei mir schwankt die Bandbreite ziemlich stark von 0-4%
      nach 100%, wobei der Zyklus Monate lang ist.

      Unter „flächendeckenden“ kann aber gemeint sein, dass es an _vielen_ Orten angeboten wird und es nicht jeder (_gleichzeitig_ und _stabil_) nutzen kann. Dass wäre nicht so beachtlich.

      Es stellt sich natürlich auch die Frage wieviel Upload mann bekommt bzw.
      wieviel zusätzliche Bandbreite für Upload kostet und möglich ist. Ich denke, dass dies auch ein sehr wichtiger Aspekt für die Netzqualität ist, gerade mit Blick auf Netzpolitik.

      Aber ich gebe dir Recht. Wenn über _mindestens_ 50 MBit/s stabil erreicht werden würde, wäre dass schon zeimlich sehenswert, auch wenn dass vielleicht auf dem ersten Blick nicht so ist.

      1. „Aber ich gebe dir Recht. Wenn über _mindestens_ 50 MBit/s stabil erreicht werden würde, wäre dass schon zeimlich sehenswert, auch wenn dass vielleicht auf dem ersten Blick nicht so ist.“

        Ups falsch geschrieben.

        Wenn [überall] _mindestens_ 50 MBit/s stabil erreicht werden würde, wäre dass zeimlich sehenswert, auch wenn dass vielleicht auf dem ersten Blick nicht so [wirkt].“

  4. tja in anderen Ländern haben sie noch nicht mal fließend Wasser aber dafür 50Mbit Up- und Download

  5. Der Artikel widerlegt, dass Traffic nichts kostet, was man bei früheren Artikeln bzw. in den Kommentaren, speziell zur Netzneutralität, immer wieder lesen konnte. Der kostet nicht nur Geld, sondern selbst andere Dienste leiden darunter. Bandbreite ist ein begrenzt verfügbares Gut.

    1. „dass Traffic nichts kostet“ dass hat niemand gesagt.
      Traffic an sich kostet je nach Situation unterschiedlich viel.
      Es kommt stark auf den Kontext an. Wenn man keine Leitung hat kostet der Traffic deutlich mehr als wenn man eine bereits hat, da die Leitung erst gebaut werden muss. Dass ist beim Ausbau der Falle.

      „, speziell zur Netzneutralität, immer wieder lesen konnte.“
      Im Kontext der Drossel Diskussion ist aber eine Leitung beim Kunden bereits vorhanden ist. Die (un)gedrosselte Datenrate steht dann im Vetrag.
      Die Drosselgegner argumentieren dann damit, dass ein Netz mit geringer Auslastung nicht deutlich billiger ist als das gleiche Netz mit voller Auslastung.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.