Justizministerium: Streams betrachten ist „keine Urheberrechtsverletzung“

Die hier und andernorts vertretene Rechtsmeinung, dass die Abmahnungen der Kanzlei U+C für das Betrachten von Porno-Streams nicht mit der herrschenden Rechtslage in Deutschland in Einklang zu bringen sind, wurde jetzt auch durch das Justizministerium in einer Antwort auf eine sogenannte „Kleine Anfrage“ von Abgeordneten der LINKEN bestätigt.

Während sich Spiegel Online noch damit brüstet, dass ihm die Antwort vorliegt, sie jedoch nicht verlinkt, haben die Kollegen von iRights.info das PDF zur Gänze online gestellt. Darin heißt es unter anderem:

Vor diesem Hintergrund hält die Bundesregierung das reine Betrachten eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung.

In der Folge verweist das Justizministerium aber noch darauf, dass bislang noch keine höchstrichterlichen Entscheidungen darüber vorliegen, „[o]b die Nutzung von Streaming-Angeboten eine Ver­vielfältigung darstellt, die Rechte von Urhebern oder Leistungsschutzberechtigten verletzt“ und verweist diesbezüglich auf den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Nur dieser könne die Frage letztgültig klären.

Die Stellungnahme des Justizministeriums ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Streaming-Nutzern wohl nicht so schnell eine weitere Massenabmahnwelle droht – nicht zuletzt auch deshalb, weil das Landgericht Köln, das die Herausgabe der IP-Adressen angeordnet hatte, inzwischen seine Entscheidung zu überdenken scheint.

 

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15 Ergänzungen

  1. Ooh, ich werde mir schon mal eine Wagenladung Mais bestellen. Denn in den nächsten Woche werde ich viel Popcorn brauchen. Das wird dem Abmahn-„Anwalt“ sowas von um die Ohren fliegen. Am Ende wird er fast nichts eigenommen haben und mit zahlreichen Anzeigen konfrontiert sein – richtig so!

  2. Eine Selbstverständlichkeit, dass die Ansicht eines frei ins Internet gestellten Inhalts nichts Illegales darstellen kann, sonst wären ja alle, die (Privat) Fernsehen schauen, auch Rechtsbrecher …

    Über den Anwalt, der die Abmahnungen verschickt hat, und den Richter, der die Herausgabe der IPs angeordnet hat, sagt man mal lieber nichts.

    Das ist so irre, dass man gar nicht weiß, was man dazu sagen soll.

    1. Dieser aktuelle Fall ist doch nur ein Beispiel für dieses kranke Geschäftsmodell von sogenannten Abmahnanwälten, das es in unserem Land nun schon seit langem gibt, ohne das unsere Politik endlich einmal dagegen vorgehen würde. Mich macht das nicht nur wütend, sondern auch sehr traurig, dass so etwas in Deutschand (dem oftmals so hochgelobten Land, in dem alles perfekt sei) überhaupt geben kann….

  3. Auch wenn ich der Antwort inhaltlich zustimme, frage ich mich vor dem Hintergrund der rechtsstaatlichen Maxime der Gewaltenteilung, welchen Wert eine Anfrage der Legislative an die Exikutive über deren Auffassung zu einem Thema der Judikativen hat.

    Wie das Ministerium schon schreibt: Erst eine höchstrichterliche Entscheidung schützt die Bürger wirksam vor den Streaming-Abmahnungen.

    1. der sinn der anfrage besteht darin, zu wissen was die bundesregierung denkt. und wenn sie findet, dass das betrachten von video-streams keine urheberrechtsverletzung darstellt, dann kann sie das auch gesetzlich festschreiben. das würde rechtssicherheit bringen. deswegen wird ja auch in frage 2 und 7 gefragt, ob die bundesregierung das gesetzlich festschreiben will. will sie nicht. das ist das problem.

  4. Wenn ich diesen Beitrag mit anderen Beiträgen zur Diskussion in Zusammenhang setze, dann muss ich davon ausgehen, dass dies nur für nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte gilt. Ist diese Annahme korrekt? Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Betrachten von Streams illegaler Angebote wie einst kino.to legal sein soll. Ich würde mir wünschen, dass der Text diesbezüglich ergänzt werden würde, denn ansonsten könnte das Missverständnis entstehen, dass von nun an jedes illegal im Internet per Streaming angebotene Video angesehen werden kann, inklusive topaktueller Fernsehserien und Kinofilme. Und das bezweifle ich.

    1. Nein, das gilt nicht nur abgesehen von „offensichtlich rechtswidrigen Inhalten.“ Dieser Begriff spielt nämlich nur bei  „Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch“ nach §53 UrhG eine Rolle, bei Streaming handelt es sich aber um „Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen“ im Sinne des §44a UrhG, wo ein solches Kriterium nicht vorkommt.

      Und das ist auch gut so, weil es bei Streamingangeboten sehr schwer einzuschätzen ist, ob es sich beim konkreten Stream um ein legal-werbefinanziertes oder ein illegales Angebot handelt – und wie verhält es sich beispielsweise mit YouTube in diesem Zusammenhang, wo ein enormer Anteil der Inhalte ohne Zustimmung der Rechteinhaber hochgeladen wurde? Wenn da Ausschnitte von öffentlich-rechtlichen Sendungen stehen, dann sind die auch „offensichtlich rechtswidrig“ dort verfügbar – aber deshalb eine Abmahnung an jene ermöglichen, die solche Videos nur ansehen? Das wäre Wahnsinn.

      1. eben, YT betreibt seit Jahren ein fragwürdiges Geschäftsmodell mit Abgriff astronomischer Gewinnsummen mit Verwertung der Arbeit anderer, und es ist ein Wahnsinn, dass dies jahrelang hingenommen wurde. Und hier, in der in Verantwortungnehmung der Portale, liegt auch der vernünftige Ansatz, denn in der Tat, kann nicht der Nutzer solch üblen Abmahnanwälten als leichteres Opfer zur Verfügung stehen, sondern die Profiteure des ganzen müssen belangt werden Die Portale müssen ERHEBLICH mehr Aufwand zu leisten, um Inhalte die Sie nicht verwerten dürfen, auszusortieren,, oder Lizenzverträge abzuschließen. Das dies Geld kostet, und die Gewinnabgriffe von astronomisch dann nur noch sehr gut sein werden kann man weiß Gott hinnehmen. Es ist auch im Zuge des NSA Skandals ist in hohen Maße der EU Komission zuzustimmen, und zunächst mal das Safe Harbour Abkommen zu kündigen. Dann sollte vor weiteren Abkommen gesichert werden, dass die kalifornischen Firmen sich an europäische Datenschutz und Wettbewerbsgesetzte halten. Das zieht zwar „nur“ für Firmen mit bekannter Firmenadresse, und nicht gegen irgend ein anonymes Assi Portal in Togo, aber zumindest ist das „legale“ handeln dann wieder im rechtlichen Rahmen unseres Kulturkreises. Gegenüber den Portalen mit „Nichtzustellbarer“ Adresse in TOGO etc., muss eben schlicht die Ausblidung und Internationale Koordination der Polizei verbessert werden.Auch hier , wie schon bei den immer zahlreicheren richterlichen Bewertungen der Rechtslage, ist zwar ein zeitlicher Verzug gegenüber des rasanten Wandels nicht zu vermeiden, aber auch das ist hinnehmbar. Hingegen das Ändern der Rechtslage, weil es der Profitgier einiger Konzerne aus Kalifornien im Weg steht, ist nicht hinnehmbar, da mag die “ Graswurzelbewegung“ noch so sehr das Netz als Ort der „Freiheit“ ausrufen, und dabei verschleiern , dass damit wohl der Freiheitsbegriff der Neoliberalen gemeint ist. Bei YT gehen neuerdings ja Verhandlungen mit der GEMA zügig voran, nachdem Mitbewerber die Situation zu nutzen wussten, und schlicht und schnell Verträge mit der GEMA abgeschlossen haben. Die sind wohl “ Nur“ mit einen sehr guten Gewinn zufrieden.Wären Gesetzte Hals über Kopf wg. den Getue einiger „Freiheitskämpfer“ tatsächlich geändert worden, dann hätten wir jetzt einen Monopolisten, anstatt einen gesunden Wettbewerb mit vielen neuen, tollen und guten Anbietern, die zumeist sogar aus der EU kommen.

      2. @ABA

        Wenn YT doch so astronomische (Belege?) Summen an Gewinn einfährt, könnten doch die Rechteinhaber die momentan die Infrastruktur von YT nutzen, doch ihr eigenes Ding aufziehen, wenn sie nicht ausgebeutet werden wollen?

  5. Ansich stellt das Betrachten von Firmenlogos und generell jedem Bildmaterial dann auch eine digitale Vervielfältigung dar. Also wenn der EuGH da nicht klug entscheidet, stehen wir vor einem Internet als reiner Text. Wie man es heute noch von einigen UNIX Seiten kennt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.