Informationsfreiheits-Ablehnung des Tages„Geheimdienste fallen gar nicht unter Informationsfreiheitsgesetz“

Der Bundesnachrichtendienst will uns nicht sagen, wie er zusammen mit der NSA massenhaft Glasfaser-Kabel abhört. Unsere Informationsfreiheits-Anfrage wurde abgelehnt, weil der Geheimdienst gar nicht darunter falle. Weitere Details zu dem Programm „RAMPART“ liefert das Buch „Der NSA-Komplex“.

Schon vor fünf Jahren waren „100 Millionen Internet-Verbindungen“ in einer Glasfaser. Folie: NSA.

Im Juni berichtete die dänische Tageszeitung Dagbladet Information über das Programm „RAMPART-A“, mit dem die NSA mehr als drei Terabit pro Sekunde von Glasfasern abschnorchelt. Und der Knaller: der deutsche Bundesnachrichtendienst macht mit!

Das wollten wir natürlich genauer wissen und haben eine Informationsfreiheits-Anfrage nach „allen Dokumente zu den Programmen RAMPART-A und WHARPDRIVE“ gestellt. Nach Fristüberschreitung und Verwechslung kam heute die Ablehnung:

Für den Bundesnachrichtendienst gilt die Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG. Nach dieser Vorschrift besteht gegenüber den Nachrichtendiensten des Bundes kein Anspruch auf Informationszugang.

Die Geheimdienste fallen gar nicht unter das Informationsfreiheitsgesetz. Na super. Weitere Hinweise nehmen wir wie immer gerne entgegen.

Dennoch haben wir seitdem ein paar weitere Informationen gefunden. Bereits im März schrieben Marcel Rosenbach und Holger Stark in ihrem Buch Der NSA-Komplex folgendes über die NSA-Abteilung „Special Sources Operations“ (SSO):

Die Arbeit der Abteilung besteht hauptsächlich darin, den weltweiten Datenfluss über kommerzielle Kanäle anzuzapfen. Dafür betreibt sie spezielle Programme, die Codenamen tragen und meistens auf einzelne Länder ausgerichtet sind. „Rampart-X“ ist beispielsweise das Programm, mit dem Informationen aus Afghanistan gesammelt werden. Mit dem 2009 gestarteten Programm „Mystic“ attackieren die SSO-Leute mehrere Handynetzwerke. Bei einer anderen Operation, die den Decknamen „Orangecrush“ trägt, fängt SSO gemeinsam mit dem polnischen Geheimdienst und einem amerikanischen Hightech-Konzern Metadaten wie auch Inhalte ab, die vornehmlich durch Kabel in Europa fließen, aber auch den Nahen Osten und Afghanistan betreffen. Hinter dem Namen „Basecoat“ verbirgt sich die Überwachung des Handynetzes auf den Bahamas, die im März 2013 wieder aufgenommen wurde, nachdem es zuvor technische Schwierigkeiten gegeben hatte, weil die dortigen Provider auf die schnellere LTE-Datenübertragung umgestiegen waren. Als „Eveningeagel“ bezeichnet die NSA den Zugriff auf das mexikanische Handynetz. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Schon in den achtziger Jahren, als der Datenverkehr digital zu werden begann, beschloss die NSA die ersten Programme dieser Art. 1986 startete „Rampart-M“, mit dem die NSA Daten über Terroristen und Waffenhändler sowie den Irak sammelte; das „M“ steht für „maritim“ und bezeichnet ein Glasfaserkabel, das durch eines der Weltmeere verläuft. 1991 folgte „Rampart-T“, wobei das „T“ für „terrestrisch“ steht, also ein Kabel bezeichnet, das in der Erde verlegt ist. Das Programm sollte „Zugang zur Kommunikation der Führungsebene oder ihres direkten Umfelds“ schaffen und etwa Staats- und Regierungschefs ausspionieren. Ergebnisse aus dieser Spähaktion werden dem US-Präsidenten und seinem Nationalen Sicherheitsberater vorgelegt. 1992 schuf die NSA mit „Rampart-A“ ein Programm, das gemeinsam mit Geheimdiensten anderer Länder, darunter dem BND, betrieben wird und bei dem es zumeist um Glasfaserzugänge in Regionen geht, in denen der Einfluss der USA begrenzt ist. Derzeit sind fünf ausländische Dienste kontinuierlich Teil des Programms, bei zwei weiteren testet die NSA die Zusammenarbeit. „Rampart-A“ soll vor allem Russland, den Nahen Osten und Nordafrika abdecken und liefert bislang rund 5000 relevante Meldungen pro Jahr.

2 Ergänzungen

  1. Hier noch die entsprechenden Gesetze:
    IFG §3: Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, […] 8. gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen.

    SÜG $3: Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen ist für Personen durchzuführen, […] 3. die bei einem Nachrichtendienst des Bundes oder einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle des Bundes tätig werden sollen, die nach Feststellung der Bundesregierung gemäß § 34 Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wahrnimmt, […] soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach § 8 oder § 9 für ausreichend hält.

    Also sind alle Behörden und Dienste ausgenommen, deren Personal mit Geheimvermerk versehene Dokumente bearbeitet? Hört sich sehr nach Pauschalbegründung an, die man verfassungsrechtl. Überprüfen könnte.

    1. Nein, nicht ausgenommen nach § 3 Nr. 8 IFG sind Stellen, die weder Nachrichtendienst sind, noch bei Sicherheitsüberprüfungen von Personal eines Nachrichtendienstes des Bundes oder einer Stelle nach § 34 SÜG mitwirken. Letztere sind außerdem nicht pauschal ausgenomen, sondern eben nur soweit es ihre Aufgaben nach SÜG betrifft. Der § 3 Nr. 8 IFG soll allein die Tätigkeit und das Personal der Nachrichtendienste sowie das Personal von Stellen nach § 34 SÜG der Aufdeckung per IFG entziehen.

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