Human Rights Watch: US-Überwachung gefährdet Journalismus und Pressefreiheit

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In einer Demokratie sind Journalismus und Gerichte nicht wegzudenken. Ohne eine unabhängige Rechtsprechung oder die Kontrolle der Politik und Information der Gesellschaft durch die vierte Macht, die Medienmacht, ist die gesamte Staatsform gefährdet, die auf Legitimierung durch das Volk und Transparenz der Politik aufbaut. Was passiert, wenn diese Kräfte an der Ausübung gehindert werden?

Human Rights Watch analysiert in ihrem neuen Bericht von diesem Montag den Schaden, den die umfassende weltweite Überwachung durch die NSA Journalismus und Rechtspraxis zufügt. Beide Berufe beruhen als integraler Bestandteil der Demokratie auf besonderem rechtlichen Schutz ihrer Kommunikation. Für die Studie wurden Journalisten und Anwälte befragt, wie sich ihr berufliches Verhalten im Licht der Überwachungsvorfälle verändert hat.

Wie dieser Bericht dokumentiert, schädigen US-Überwachungsprogramme auch einige der angeblich wichtigsten Werte der Vereinigten Staaten. Diese schließen Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit und das Recht auf Rechtsbeistand ein, die alle sowohl von den internationalen Menschenrechten als auch der amerikanischen Verfassung geschützt werden.

Einfluss auf Journalisten

  • Beschränkter Informationsfluss zwischen Regierungsbeamten und Presse bis hin zum Verlust von Quellen: Angst vor Überwachung und fehlender Anonymität lässt Beamte sogar bezüglich nicht klassifiziert Information oder gar Meinungen zurückhaltend werden
  • Zunehmende Verschlüsselungs- und Anonymisierungspraxis: Um Quellen zu schützen und ihrer Arbeit nachzugehen verhalten sich Journalisten immer häufiger, als wären sie Spione – und können leichter in den Verdacht geraten, welche zu sein. Ein bekannter Journalist fasst zusammen:

Ich will nicht dass die Regierung mich zwingt, mich wie ein Spion zu verhalten. Ich bin kein Spion, ich bin ein Journalist.

  • Aus der angespannten Lage folgt langsamere, erschwerte Akquirierung von Informationen und damit weniger veröffentlichte Geschichten – also insgesamt eine Schwächung der demokratischen Aufgabe der Medien, dem demokratischen Diskurs und öffentlicher Verantwortlichkeitsmechanismen.

Einfluss auf Anwälte

  • Anwälte müssen vertrauliche Informationen mit ihren Kunden austauschen können, aber in vielen brisanten Fällen, die beispielsweise die Regierung betreffen, müssen sie sich auf Überwachung einstellen und können keine hundertprozentige Vertraulichkeit garantieren.
  • Sie werden ebenfalls durch die Umstände dazu gebracht, sich in ihrer Kommunikation wie Kriminelle zu verhalten
  • Recht auf Rechtbeistand wird untergraben

Der Bericht fordert dringende Reformen der Überwachungsprogramme, die sich jenseits vom Notwendigen befinden, ja überproportional und unangemessen sind. Journalisten werden auf Schritt und Tritt überwacht, mutmaßliche Whistleblower gnadenlos verfolgt. Aber wird die amerikanische Regierung sich tatsächlich Grenzen setzen, damit der investigative Journalismus wieder mehr über Fehltritte, politische Interna und Machtmissbrauch berichten kann? Es ist ihre Aufgabe als demokratisch gewählte Vertretung eines Volkes. Das sollte genug Motivation sein.

Passend dazu veröffentlichte Human Rights Watch ein kurzes Video, was knapp die Probleme der Journalisten mit der Überwachung zusammenfasst. Ein befragter Journalist meint gleich zu Beginn:

Eine Quelle zu schützen ist für mich von größter Bedeutung. Wenn ich eine Geschichte nicht berichten kann, ohne die Quelle schützen zu können, dann werde ich die Geschichte nicht veröffentlichen. – Jonathan A. Landay

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11 Ergänzungen

  1. das wär den kollegen von humans right watch mal besser vor 10 jahren bewusst geworden. jetzt, wo das kind sooo obvious in den brunnen gefallen ist, ist die erkenntnis nichts oder kaum etwas wert.
    wer nicht mit scheuklappen durch die welt läuft weiß das die usa seit langem keine demokratie mehr sind.

  2. Immer dieses selbsternannte „vierte-Gewalt-Getue“. So wichtig seid ihr nicht… Nicht ohne Grund spricht man bei der Gewaltenteilung von DREI Gewalten. Und wie ach-so-toll ich immer über die neuesten investigativen Themen informiert werde sehe ich bei den Themen Ukraine-& Nahost-Krise. Oder bei der Wulff-„Affäre“, oder, oder, oder.
    Nur mal so am Rande: Journalsiten bekommen mit Ihrem Presseausweis sehr oft Rabatte, nach dem Motto: Sie sind Journalist und wollen einen BMW kaufen? Da haben wir was ganz besonderes (Und sie hoffentlich nen netten Artikel, oder ihr Kollege). Das gleiche gilt für Versicherungen, Sehhilfen, etc. etc. etc. Man stelle sich mal vor, ein Richter würde in der Urteilsfindung danach gehen, wieviel Rabatt er bei Händler XYZ bekommt.
    Kehrt erstmal vor der eigenen Haustüre

    1. ich denke die presse hat die bezeichnung „4te gewalt“ zu recht, da die wähler ihr stimme der partei/person geben, die nach ihrer wahrnehmung geeignet erscheint. die meinungsbildung der wähler ergibt sich fast ausschließlich aus pressearbeit.

      d.h. wenn Springer wollte das die Piraten bei der nächsten Bundestagswahl 15% knacken, dann wäre das durchaus möglich.

      1. Im Gegensatz zu allen anderen drei Gewalten hat die Presse aber auch ein wirtschaftliches Interesse und das verleugnen Journalisten allzu gern (auch vor sich selbst).

  3. Trotzdem eine Gute Zusammenfassung,warum die massive Überwachung uns allen schadet auch wenn wir „nichts zu verbergen haben“.

    1. Auch diese Homepage gehört zur vierten Gewalt. Natürlich ist die Öffentlichkeit ein wichtiger korregierender Machtfaktor. Falls mir wer einen totalitären Staat mit einer freien Presse nennen kann, nehme ich alles zurück!

  4. Wer heute immer noch nicht erkennt, dass die freie Meinungsäußerung und eine wirklich freie Presse unabdinbare, wesentliche Bestandteile der Demokratie sind, der muss sich nicht wundern, wenn er verführt und verschaukelt wird. Als ob Regierung und Abgeordnete „nur“ um das Wohl der Bürger besorgt wären. Wie sehr, das sieht man schon an dem kleinen Indiz der Politiker-„Nebeneinkünfte“. Im „Netz“ stehlt viel Mist, Manipulation, daher ist eine freie Presse umso notwendiger, aber man muss nur schauen, von wem die Schritt für Schritt aufgekauft worden ist und wer bestimmen darf, was veröffentlich wird! Der investigative Journalismus ist notwendig als Korrektiv. Fällt er weg, und das tut er langsam, so wird die „Demokratie“ vollkommen auf eine lächerliche Wahldemokratie à la Bananenstaat reduziert.
    Wer die Demokratie auf Wahlen beschränkt, beschränkt sich selbst – auch der unselige ud verheerende 3. Reich-Diktator wurde gewählt!!!

  5. Glaubt irgendwer das das in D anders ist? Seit der RAF dürfen bei Anwaltsgesprächen Beamte dabei sein sowie die Akten durchsuchen. Regelmäßig werden Redaktionen wegen Nichtigkeiten durchsucht, und wenn dann nach 20 Jahre da BVerfG „Nein, so nicht“ sagt interessiert das niemanden, weil es kein folgen gibt.

    Der Richtervorbehalt existiert eh nur auf dem Papiern, und Informaten haben hier selbst in Schwersten fällen von Illegalen Handel ihrer Behörden und Unternehmen keine Schutz.

    Wie war das mit dem Leutnant der sich in den 80er geweigert hat, einem Illegalen Befehl bei der Bundeswehr zu folgen und Demonstranten unter Feuer zu nehmen? Der hat in D kein Bein mehr auf die Erde bekommen, bei jeder Polizeikontrolle wird der gefilzt bis zum geht nicht mehr. Er selbst wohnt derweil in Frankreich weil es wohl Regelmäßig „Merkwürdigkeiten“ in der Wohnung in Deutschland gab.

    mfg

    Ralf

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