Günther Oettinger schlägt Leistungsschutzrecht auf EU-Ebene vor

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Unser neuer EU-Digitalkommissar Günther Oettinger hat mit dem Handelsblatt zu der geplanten EU-Urheberrechtsreform gesprochen. Dass diese kommt, ist nicht überraschend, denn sie wurde für diese Legislaturperiode angekündigt. Seit ACTA hatte sich die EU-Kommission wegen der nahenden Wahlen nicht mehr an das Thema getraut, jetzt gibt es zumindest vier Jahre Handlungsspielraum.

Im Hearing der Kommissare im EU-Parlament hatte Oettinger noch einen Zeitraum von drei Jahren Beschäftigung mit der Thematik und Vorbereitung eines Gesetzesvorschlages angekündigt, jetzt ist er verhalten optimistischer:

„Ich muss jetzt eine Balance finden zwischen den Interessen der Nutzer und der Eigentümer der intellektuellen und künstlerischen Werte im Internet. Das ist schwierig, dafür benötige ich noch das ganze nächste Jahr.“

Ansonsten deutete Oettinger ein europäisches Leistungsschutzrecht für Presseverleger an. Warum nicht den deutschen Rohrkrepierer einfach in die EU exportieren?

„Wenn Google intellektuelle Werte aus der EU bezieht und damit arbeitet, dann kann die EU diese Werte schützen und von Google eine Abgabe dafür verlangen.“

Ungeklärt ist bisher, ob Oettinger auf schwäbisch von „Werken“ oder tatsächlich von „Werten“ redete, oder ob hier ein Übersetzungsfehler beim Handelsblatt vorliegt.

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28 Ergänzungen

  1. Gute Idee! Nicht nur national zum Affen machen und blamieren, sondern direkt auf der internationalen Bühne! LSR hat in DE nicht funktioniert, es wird auch auf EU Ebene nicht funktionieren.

    1. Mein Bauchgefühl sagt, dass Werke richtiger wäre als Werte. Aber im Originalartikel steht die ganze Zeit Werte. Ich kann es mir nicht anders erklären. Oder er lernt halt noch.

      1. Er meint die „Werte“, die durch die „Wertschöpfung“ entstehen, wenn die Verlage die Mach-„Werke“ ihres „Qualitätsjournalismus“ ins Netz stellen ;-)

  2. Hätte man beim LSR nur mal vorher nach Brüssel geschaut: die belgischen Verleger hatten das gleiche im Prinzip auch schon probiert und am Ende ist „außer Spesen nix gewesen“. Lasst uns das doch auch gleich in allen EU Ländern wiederholen…

  3. a) Das LSR (oder etwas ähnliches) wird auf europäischer Ebene kommen.
    b) Das LSR wird auch auf europäischer Ebene nur einem Zweck dienen: Die Lage so zuzuspitzen, dass die Frage vor das Kartellamt kommt, das dann die Frage „Ist Google ein Monopol und missbraucht Google seine Marktmacht“ beantworten muss.

    Am Ende geht es eh nur um diese eine Frage. Bei Microsoft war es noch vergleichsweise einfach, das Monopol nachzuweisen und über den konkreten Fall „Verdrängung alternativer Browser durch den Internet Explorer“ den Missbrauch nachzuweisen. Bei Google hat die europäische Politik keinen Ansatzpunkt gefunden, also wird einer konstruiert …

    http://egghat.tumblr.com/post/101165525461/oettinger-will-lsr-auf-eu-ebene

  4. Unfassbar wie so inkompetente Leute in der Politik überhaupt in die Position kommen über soetwas zu entscheiden ?

    Denke, ohne die EU wären wir echt besser dran !

    1. Die Bundes- und Landespolitik ist anteiligt nicht mit kompetenteren Leuten gesegnet, oder hab ich da was nich gerallt?
      Ohne die EU käme Unfug halt nur aus Berlin. Jetzt kommt er aus Berlin und Brüssel.

  5. „Längst Geschichte schien jene „Pizza”-Affäre zu sein, die Oettinger in den 90er-Jahren bundesweit eine eher unerwünschte Bekanntheit beschert hatte. Mafia-Fahnder ermittelten damals gegen einen kalabresischen Wirt wegen des Verdachts der Geldwäsche und des Kokainhandels. Ein enger Freund Oettingers, der einige tausend Mark an die CDU gespendet hatte. Obwohl der Wirt 1999 in Italien freigesprochen wurde, steht sein Name in einem ganz und gar unpoetischen Schrifttum: im aktuellen, Ende 2008 verfassten Mafia-Bericht des deutschen Bundeskriminalamts (BKA) – als mutmaßliches Mitglied eines Clans der kalabresischen Mafia-Organisation Ndrangheta. Vor vier Jahren, so geht aus den vertraulichen Akten hervor, schauten Ermittler diskret zu, als der Gastronom sich nahe Stuttgart mit einem sizilianischen Mitglied der ehrenwerten Gesellschaft getroffen haben soll. „Vorbeugende Bekämpfung”, nennt dies ein hochrangiger Fahnder aus dem Bereich organisierte Kriminalität.
    Oettinger betont stets mit Nachdruck, dass er seit langem keinerlei Kontakt mehr zu dem kalabresischen Wirt habe. Fatal nur, dass einige gute Freunde des CDU-Politikers nach wie vor diese Beziehung lustig weiterpflegen, darunter ein EU-Abgeordneter seiner Partei. Auch bei Festen der Tübinger „Ulmia” greift man mitunter gerne auf die kulinarischen Dienste des Kalabresen zurück – ausgerechnet in Oettingers eigener Studentenverbindung, wo er seit Langem seine Geselligkeit so gerne ausgelassen pflegt, schon mal die erste Strophe des Deutschlandliedes mitschmetterte und wo man Jubilaren zuweilen eine Panzerfahrt schenkt.“

    http://zeitenspiegel.de/de/projekte/reportagen/unser-mann-in-bruessel/article/

    „In einer Wohlstandsgesellschaft gibt es weniger Dynamik als in den Aufbaujahren nach dem Krieg. Wir sind in der unglaublich schönen Lage, nur von Freunden umgeben zu sein. Das Blöde ist, es kommt kein Krieg mehr.“

    http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnther_Oettinger#.C3.84u.C3.9Ferungen_zum_Thema_Krieg

    „Nach einem Bericht des Spiegels im November 2011 zeigen bis dahin unveröffentlichte Dokumente, dass die damalige Landesregierung schon 2009 mit höheren Kosten rechnete – Parlament und Öffentlichkeit aber nicht darüber informierte. Oettinger untersagte daraufhin weitere Berechnungen, da entsprechende Kosten in der Öffentlichkeit schwer kommunizierbar seien“

    http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnther_Oettinger#Rolle_bei_Stuttgart_21

    Glaubt jemand ernsthaft, dass sich Oettinger jemals für unsere Interessen einsetzen wird? *rofl*

    1. Oh, sag nichts gegen die Pizzeria (die an der schnurgeraden Straße in S-Weilimdorf)! Ich habe früher in fußläufiger Entfernung dazu gewohnt und daher öfter dort gespeist. Das Essen war gut und (da durch die anderen „Aktiviäten“ quersubventioniert) auch preiswert. Leider habe ich Herrn Ö. oder andere zwielichtige Gestalten dort nie angetroffen.

  6. Dem Oettinger traue ich auch noch Softwarepatente zu. Wer dumm genug ist, um zu leugnen, dass sein Vorbild als NS-Marineankläger ein vollstrecktes Todesurteil erwirkt hat… Gegen den wirkt ja der Stoiber geradezu intellektuell.

    Was ich mich wirklich frage: Wer hätte wohl den größeren Schaden, wenn Google seine Dienstleistungen innerhalb der EU komplett einstellen würde? Merken die Konservativen eigentlich, welches Rezessionsrisiko sie herbeireden?

  7. Wie wäre es denn mit einer Abgabe auf den Traffic im Internet, vielleicht als Größenordnung 0,50 € pro GB?

  8. Während andere Branchen jeden Tag aufs Neue um jeden Kunden kämpfen müssen, indem sie Angebote abgeben („Leute kauft!“) und Rechnungen schreiben (womit alle Forderungen abgegolten sind), scheinen hier einige mit politischer Hilfe das I-Net über Zwangsabgaben zur staatlich verordneten Wegelagerei ausbauen zu wollen.

    Vielleicht haben Bauingenieure, Architekten, Dachdecker, Fließenleger etc. aber einfach nur noch nicht das neue Geschäftsmodell gerafft und halten bei Monsieur Oettinger für Benutzung seiner Hütte ganzjährig die Hand auf.

  9. Das I-Net wird einen langsamen Tod sterben. Es hat viel von seinem anfänglich anarchistischen und revolutionären Geist verloren, seit es zunehmend für kommerzielle Interessen interessant geworden ist. Nun – in einer Phase des wirtschaftlichen und geopolitischen Abstiegs des Westens – folgt der politische Angriff, der nicht im Hauruckverfahren erfolgen wird (schließlich weiß die Politik um den Zorn der Nutzer), sondern im allmählichen Abkochen der Gemeinde. Das ist die Taktik “zwei Schritte vor, einen zurück“. Und am Ende sitzen wir in der Falle, weil wir eingekreist sind. Fast unbemerkt ist es geschehen. Doch nichts geschieht aus Zufall: die von Gewinn- und Machtinteressen korrumpierte Politik fürchtet nichts mehr als den aufgeklärten, sich selbst bildenden und unabhängigen Menschen. Den Skeptiker, der alles zerflückt, weil er viele Wahrheiten akzeptiert und analysiert. Das I-Net ist sein Werkzeug in der digitalen Welt. Wir hören viel Gefasel über demokratische Werte und Freiheiten, die in Gefahr seien. Bei all dem inhaltlosen Geschwafel sollten wir aber darauf achten, dass wir nicht plötzlich in der Diktatur aufwachen. Momentan gefallen mir einige Wege, die die Politik eingeschlagen hat, ganz und gar nicht. Mein 7. Sinn sagt mir, dass sich die Macht zu sehr auf supranationaler Ebene bündelt – unsichtbar, unkontrollierbar und unantastbar wird. Die EU ähnelt mir zu sehr einer UdSSR 2.0. Macht verzaubert. Vergessen wir nicht, dass dies immer so war und immer so sein wird. Die Grenzen zw. Demokraten und Diktatoren, zw. Linken und Rechten sind fließend. Dieses Schubladendenken sollten wir ablegen.

    1. Es gibt schon genug wenig kommerzielle Alternativen ;) Besser gesagt Alternativen, bei denen Geld nicht (so sehr) mitspielt.

  10. Ich finde es ja irgendwie auch komisch, dass die EU einerseits so emsig an Freihandelsabkommen wie TTIP bastelt und eine Stoiber-Kommision zum Bürokratie-Abbau einsetzt und andererseits dann wieder solche Vorschläge kommen. Das hat etwas von ‚mit den Händen etwas aufbauen und mit dem Hintern einreißen‘!

    Oder anders gesagt: würden sie gar nichts tun, wäre es auch nicht schlimmer.

  11. Wieso können die nicht erst mal bei den Grundlagen anfangen? Bevor sie darüber diskutieren welche Rechte wer am Internet hat sollten sie endlich mal das RECHT AUF INTERNET für alle durchsetzen! Seit 5 Jahren wird von Deutschland die Universaldienstrichtlinie der EU nicht umgesetzt. Bei uns gilt noch das Recht von 2002, wo ein Modem das Maß der Dinge war! Jedes Jahr wird mehr Papier zur digitalen Agenda erzeugt, das man alles getrost runterspülen kann! Denn es gibt keinen Rechtsanspruch auf Teilhabe!

    1. Teils, teils… Wenn ich auch grundsätzlich nicht abgeneigt bin, falschen Meinungen ein Recht auf Existenz einzuräumen, so preschen Sie mit Ihrem Beitrag doch arg zu weit vor! Man kann dieses schwierige Thema nicht auf eine populistische Formel herabbrechen, die hinwegtäuschen will über die große Verantwortung des Herrn Oettinger in dieser schwierigen Situation. Verständnis? Keineswegs. Bringen Sie sich in Deckung, wenn erneut die Keule der einfachen Lösung geschwungen wird! Mitleid? Keineswegs. Nein, Sie haben hier alles verspielt oder gar gewonnen. Ihr Beitrag war nicht gut, geschweige denn schlecht.

  12. Ich hab ja schon vorher konsequent alles an Werbung weggefegt, aber wenn dieser Oettinger meint das wäre schon das Ende der Fahnenstange, muss ich ihn leider enttäuschen.

  13. Am Ende wird man dann sehr erleichtert sein, dass sich nicht die Orban’schen Wertmaßstäbe EU-weit durchgesetzt haben. Das „Übrige“ muss man halt „in Gottes Namen“ in Kauf nehmen.
    (Nur ein mögliches Rezept auf der Politspeisekarte, Überschrift „Variationen vom Leistungsschutzrecht an Lobbysauce mit Klügelsalat“)

  14. Wenn ich den Namen Oettinger in Nachrichten oder bei politischen Diskussionen höre, dann ist es nicht gut für Deutschland. Er ist kein Politiker der es geschaft hat Niveu in der Politik zu erreichen. Also ab nach Brüssel. Ist leider nicht der einzige Kollege aus der dt. Politik. Lustik fand ich ja die Sache mit den fliegenden Teppich mit der fliegenden Bundeswehr. Ich sage nur, schlecht für unser Land, wegen solche Menschen.

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