EU: Parlament fordert Rat erneut auf, sich für Netzneutralität einzusetzen. Wo steht Kommission?

Save the Internet 2014-11-27 15-41-28Das EU-Parlament hat in einem nichtbindenden „Entschließungsantrag zur Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Binnenmarkt“ (2014/2973(RSP)) neben den gerade in den Medien hochgehypten Wünschen nach einer Google-Regulierung auch Wünsche zur Netzneutralität an die EU-Kommission artikuliert. Konkret geht es um diese beiden Punkte:

8. fordert den Rat eindringlich auf, rasche Fortschritte zu erzielen und Verhandlungen über den Vorschlag für eine Verordnung über Maßnahmen zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation und zur Verwirklichung des vernetzten Kontinents mit dem Parlament aufzunehmen, da dadurch konkret die Roaminggebühren innerhalb der EU abgeschafft würden, mehr Rechtssicherheit mit Blick auf die Netzneutralität geschaffen und der Verbraucherschutz im digitalen Binnenmarkt verbessert würde; ist der Ansicht, dass diese Verordnung ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung eines europäischen Binnenmarkts für Mobilfunkdienste sein könnte;

9. betont, dass der gesamte Internetverkehr unabhängig von dessen Absender, Empfänger, Art, Inhalt, Gerät, Dienst oder Anwendung in gleicher Weise, diskriminierungsfrei und ohne Beschränkungen oder Eingriffe behandelt werden sollte;

Bei EDRi gibt es eine erste Analyse: European Parliament fights back hard on net neutrality.

“Treated equally” goes beyond a simple ban on blocking or throttling of services. It also covers, for example, price discrimination, where some online monopolies can be accessed without additional download charges, while users have to pay to access every other service.

Hintergrund ist, dass heute auch der EU-Rat tagt, wo die Regierungen der Mitgliedsstaaten zusammensitzen und dort u.a. auch über Positionen zur Netzneutralität diskutiert wird. Vergangene Woche hatten wir berichtet, dass unter der derzeitigen italienischen Ratspräsidenschaft Pläne verfolgt werden, die strengen Netzneutralitätsregeln, die das EU-Parlament im Frohjahr abgestimmt hatte, durch nicht bindende Wunschregeln zu ersetzen. Die Folgen wären weitgehende Narrenfreiheit für Telekommunikationsunternehmen und die Schaffung eines 2-Klassen-Netzes.

Offener Brief an den Rat der Europäischen Union

Gegen diese Pläne hat das Bündnis um SavetheInternet.eu gestern einen offenen Brief an die EU-Regierungen geschrieben und abgeschickt. Bei der Digitalen Gesellschaft findet sich eine deutsche Version:

wir, die unterzeichnenden Organisationen, bitten Sie eindringlich, den jüngsten Vorschlag des italienischen Ratsvorsitzes zur Netzneutralität abzulehnen und stattdessen verbindliche Regelungen zur Sicherung der Netzneutralität zu erlassen. Ohne klare Vorschriften zur Netzneutralität werden die großen Zugangsanbieter zu Türstehern, die die Macht haben, nur denen Zugang zu ihren Kunden zu gewähren, die dafür zahlen können und alle anderen auszuschließen.

Mit dem italienischen Vorschlag vom 14. November gelingt es nicht, das Versprechen eines offenen Internets glaubhaft zu vermitteln. Er enthält weder eine klare Definition von Netzneutralität noch eine klare Absage an alle Formen der Online-Diskriminierung wie zum Beispiel Preisdiskriminierung. Die Annahme eines solchen Vorschlags würde auf die Abschaffung der Netzneutralität hinauslaufen und somit ernsthafte Konsequenzen für die Innovationskraft und Kommunikationsfreiheit in Europa sowie auf der ganzen Welt zur Folge haben.

Der weitere Text findet sich drüben. Savetheinternet.eu wurde auch neu gebaut und konzentriert sich jetzt auf die Verhandlungen im EU-Rat. Eine deutsche Version gibt es auch bald. Geht dahin, informiert Euch und werdet aktiv!

Und wo steht die EU-Kommission?

Und wo steht gerade die EU-Kommission? Das bleibt etwas unklar. Während sich EU-Digitalkommissar Günther Oettinger immer weiter in die Richtung äußert, wie wir sie von den Telekom-Lobbyisten kennen, versucht sich sein Kollege und Vize-Präsident Andrus Ansip als Verfechter der Netzneutralität zu inszenieren. Die Frage bleibt: Meint Ansip das Ernst oder spielt er dasselbe Spiel wie wir das von der ehemaligen Digitalkommissarin Neelie Kroes gewohnt sind: Sich ständig als Verfechter der Netzneutralität zu inszenieren und wenn es drauf ankommt, das Gegenteil zu machen?

Positiv ist zumindest derzeit, dass Ansip sich nicht eindeutig wie Oettinger in Richtung Telekommunikationslobby positionieren möchte. Aber tief ins Detail, welche Netzneutralität er genau meint, ist Ansip auch noch nicht gegangen. Dafür war aber Tim Berners-Lee schon zum Internet und Netzneutralität erklären da:

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3 Ergänzungen

  1. Netzneutralität ist auch der deutlich konstruktivere Ansatz für mehr Wettbewerb. Besser als irgendwelche Hirngespinnste wie das Zerschlagen von Google.

    Die Frage ist, ob sich die Verantwortlichen durchringen können, eine konstruktive Politik zu machen statt eine Destruktive.

  2. Momentan habe ich das Gefühl, dass sich alle den schwarzen Peter hin und her schieben und im Endeffekt niemand wirklich eine Entscheidung treffen will. Das Thema ist heiß und erhitzt die Gemüter. Ich hoffe, irgendwann kommt der Moment der Erleuchtung und die Politiker setzen sich für die Neutralität ein.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.