EU: FDP, CDU/CSU und Linke stimmten gestern gegen Netzneutralität

Gestern hat der federführende Industrieausschuss (ITRE) im EU-Parlament über die Telekommunikationsverordnung abgestimmt. Die Mehrheit im ITRE stimmte leider für eine Formulierung, die sogenannte Specialized Services undefiniert und im vagen lässt, dass darunter alle möglichen Ideen und Geschäftsmodelle wie das Drosselkom-Modell fallen können. Damit droht ein Zweiklassennetz und das ist nicht die Netzneutralität, die wir meinen.

Mittlerweile haben wir die Liste, wer dafür und wer dagegen gestimmt hat. Keine Überraschung ist, dass mit Christian Ehler und Angelika Niebler zwei der drei deutschen konservativen EU-Parlamentarier im ITRE für diese Linie der Telekom-Lobby gestimmt hat. Herbert Reul, der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament enthielt sich bei dieser Abstimmung. Aus Österreich stimmte Paul Rübig (ÖVP) gegen Netzneutralität.

Ebenfalls keine Überraschung ist, dass mit Jürgen Creutzmann der einzige deutsche FDP-Abgeordnete im Industrieausschuss gegen Netzneutralität stimmte.

Etwas überrascht waren wir hingegen als wir die beiden EU-Abgeordneten Vera Flasarova und Miloslav Ransdorf der linken EU-Fraktion (GUE/NGL) zwischen Liberalen und Konservativen auf der Liste der Netzneutralitätsgegner fanden. Das sind zwar keine deutschen EU-Abgeordneten, aber wir gingen bisher davon aus, dass die linke EU-Fraktion für Netzneutralität ist und ihre Mitglieder dementsprechend abstimmen.

Deutsche SPD-Abgeordnete nahmen nicht an der Abstimmung teil. Aber große Teile der Sozialdemokraten enthielten sich ebenfalls.

Wichtig ist: Diese gestrige Abstimmung war der Testlauf für die Abstimmung zur ersten Lesung im Plenum Anfang April, wo alle EU-Abgeordneten abstimmen werden. In der Regel orientieren sich die anderen Abgeordneten an das Abstimmungsverhalten ihrer Kolleginnen und Kollegen im federführenden Ausschuss. Es sei denn, es melden sich ausreichend Bürger und Unternehmen, um in diesem Fall für Netzneutralität zu werben. Auf SavetheInternet.eu finden sich alle relevanten Informationen und Kontaktmöglichkeiten.

Es gibt 99 deutsche EU-Abgeordnete, das ist rund 1/7 des EU-Parlaments. Die sollten in zwei Wochen für Netzneutralität und für eine genauere Definition von Specialized Services ohne viele Schlupflöcher stimmen.

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13 Ergänzungen

  1. Dieses sich andauernde enthalten ist feige.
    Entweder ich bin für einen Vorschlag, oder dagegen. Enthalten kann man sich nur, wenn man in die Vorgänge in sofern involviert ist, dass einem Parteinahme vorgeworfen werden könnte.
    Aber vielleicht ist genau das der Punkt…

  2. Danke für die Berichterstattung. Mir ist ein Tippfehler aufgefallen: Der FDP-Politiker heißt Creutzmann, nicht Cretzmann. ;-)

  3. Sorry, aber die Headline führt wirklich in die Irre! Nachdem dort CDUCSU steht, ging ich davon aus, dass die LINKE (also die Deutsche Partei) gegen Netztneutralität stimmte. Und das ist ja offensichtlich NICHT der Fall.

    1. kann mich Hans nur anschliessen; habe es genauso gelesen. Überlegt mal, was am Ende wieder in den Köpfen der Leute hängen bleibt .. hurra.

  4. Korrektur bezüglich Darstellung der Positionierung der Linken und der linken GUE/NGL-Fraktion

    NEIN, die Partei Die Linke, wie auch die restliche Fraktion der GUE/NGL spricht sich ganz klar für eine gesetzlich verankerte Netzneutralität aus. Die beiden Vertreter der Fraktion im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) Frau Vera Flasarova und Miloslav Ransdorf von der tschechischen KSČM votierten ausschließlich nach Maßgabe der Programmatik ihrer Mutterpartei. Somit führt die Überschrift und in gewisser Weise auch der Text, da er die eindeutige PRO-Netzneutralität-Haltung der linken EP-Fraktion in Zweifel zieht, in die Irre. In erster Lesung wird die GUE/NGL, vermutlich bis auf die 2 tschechischen Abgeordneten, für eine Neutralität der Netze aussprechen. Bei Fragen zum Thema Bürgerrechte empfehle ich Dr. Cornelia Ernst (MdEP, Die Linke) als direkte Ansprechpartnerin.
    Twitter: @ErnstCornelia
    E-Mail: cornelia.ernst @ europarl.europa.eu
    Website (Kontakt): http://www.cornelia-ernst.de/kontakt/

  5. Korrektur bezüglich Darstellung der Positionierung der Linken und der linken GUE/NGL-Fraktion

    NEIN, die Partei Die Linke, wie auch die restliche Fraktion der GUE/NGL spricht sich ganz klar für eine gesetzlich verankerte Netzneutralität aus. Die beiden Vertreter der Fraktion im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) Frau Vera Flasarova und Miloslav Ransdorf von der tschechischen KSČM votierten ausschließlich nach Maßgabe der Programmatik ihrer Mutterpartei. Somit führt die Überschrift und in gewisser Weise auch der Text, da er die eindeutige PRO-Netzneutralität-Haltung der linken EP-Fraktion in Zweifel zieht, in die Irre. In erster Lesung wird sich die GUE/NGL, vermutlich bis auf die 2 tschechischen Abgeordneten, für eine Neutralität der Netze aussprechen.

    Sehr geehrter Herr Beckedahl, ich bitte Sie meine Ausführungen zu berücksichtigen und wenn möglich ihren Text dahingehend zu präzisieren sowie dies zu kommunizieren.
    Vielen Dank im Voraus und freundliche Grüße!

    PS: Für Rückfragen steht Ihnen sicher die deutsche EP-Abgeordnete Dr. Cornelia Ernst (http://www.cornelia-ernst.de) zur Verfügung.
    Twitter: @ErnstCornelia
    E-Mail: cornelia.ernst @ europarl.europa.eu

    1. @politlinkx: Ich hab den Artikel nochmal durchgelesen und werde ihn nicht dahingehend präzisieren. Ich habe geschrieben, dass es keine deutschen Vertreter der linken waren, aber es waren schon die einzigen Vertreter der linken GUE-Fraktion. Eine Überschrift verkürzt in der Regel einen Text und da passt es trotzdem immer noch, weil es einfach die einzigen beiden linken Fraktionsmitglieder waren.

      BTW: Wir waren echt überrascht, das in der Votinglist zu sehen und würden uns freuen, wenn bei der 1. Lesung die GUE-Fraktion für Netzneutralität stimmen würde.

      1. Markus, den Artikel hat doch niemand kritisiert, sondern die unsaubere/verunglückte Überschrift.
        Wenn ihr ‚Linke‘ in einer Reihe mit ‚CDU/CSU/FDP‘ nennt, liegt doch die Schlussfolgerung nahe, dass ihr die Partei meint. Also kann man auch nicht sagen, der Inhalt sei einfach verkürzt.
        Es gibt genügend Leute, die nur die Schlagzeilen überfliegen und sich dann evtl denken ‚die Linke also auch‘.
        Ich denke nicht, dass das eurer/unserer Sache dienlich ist.

        Ob das korrigiert wird, ist mir egal, aber die Mainstreampresse macht solche Dinge oft absichtlich; daher hätte ich von euch mehr Feingefühl erwartet. Nur meine Meinung ..

  6. Herr Beckedahl, ich gehe davon aus, dass am Donnerstag im Plenum die bis zu 12 FDP-Abgeordneten geschlossen oder weitestgehend geschlossen gegen alles stimmen, was den Begriff „specialised services“ beinhaltet … es wäre nett, wenn Sie (neben dem unermüdlichen Engagement von Jimmy Schulz, der auch hier wieder Wertvolles geleistet hat) über dieses Abstimmungsverhalten unserer MEPs im Nachhinein ein paar anerkennende Worte verlieren würden. ;-)

    https://www.facebook.com/fdpovhackeschermarkt/posts/10152081629054022

    1. Die Ausgangslage ist, dass der einzige deutsche FDPler im Industrieausschuss für eine ungenaue Specialized Services Definition gestimmt hat. Wir lassen uns aber gerne positiv überraschen.

      1. Ja, die Ausgangslage könnte noch schöner sein … Ich habe jetzt nicht die Zeit und die Ambition mich in Amendments einzuarbeiten, es wäre vielleicht hilfreich, wenn Sie sich kurzfristig noch mal mit dem Büro von Graf Lambsdorff in Verbindung setzen, oder auch mit dem von Frau Thein (da ist man in Fragen rechtlicher Gestaltung besonders kompetent) … praktisch ist ja, dass das ein Miniplenum in Brüssel ist …

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.