Bundestag diskutiert Netzneutralität hinter verschlossenen Türen

Hinter verschlossenen Türen hat heute wieder mal der Ausschuss für digitale Agenda im Bundestag getagt. Wir können daher leider auch nur darüber berichten, was der Bundestag als Pressemitteilung rausgegeben hat. Thema war die EU-Entscheidung in erster Lesung zur neuen Telekommunikationsverordnung und hier besonders die Debatte um Netzneutralität. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries (SPD), erklärte dem Ausschuss, dass mit einer nationalen Lösung erstmal nicht zu rechnen sei und man den europäischen Prozess abwarte.

Was die Haltung der Bundesregierung zur Netzneutralität angeht, so verwies die Staatssekretärin auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD. Darin finde sich die Aussage, dass die Koalition für den diskriminierungsfreien Transport aller Datenpakete im Internet einstehe. Zudem sei festgehalten, dass das sogenannte Best-Effort-Internet, das für die Gleichbehandlung der Datenpakete stehe, weiterentwickelt werden solle und nicht von einer Vielzahl von „Managed-Services“ verdrängt werden dürfe.

Ja, das ist richtig. Vergessen wurde hier aber der entscheidende Satz im Koalitionsvertrag, dass das mit dem diskriminierungsftreien Transport aller Datenpakete dann doch nicht so ernst gemeint ist: „Zudem müssen Mobilfunkanbieter Internettelefonie gegebenenfalls gegen separates Entgelt ermöglichen.“ Und ungeklärt ist immer noch, was eine „Vielzahl von Managed Services“ denn genau sind, ob man da von einem Dutzend oder nur Tausend redet.

Die Verordnungsermächtigung im TKG zur Netzneutralität bleibe erhalten, sagte Zypries, die zugleich auf Nachfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, das Bundeswirtschaftsministerium führe nicht Buch über Verstöße gegen die Netzneutralität. Zuständig dafür sei die Bundesnetzagentur.

Das Problem an der Sache ist: Die Bundesnetzagentur führt leider auch „nicht Buch über Verstöße gegen die Netzneutralität“. Müsste man mal, könnte man mal auch von der Politik vorgeben.

Aus Sicht der Unionsfraktion ist die Entscheidung des Europäischen Parlaments zur Netzneutralität „richtig und wegweisend“. Die Netzneutralität sei ein zentraler Diskussionspunkt in der Netzpolitik, sagte ein Unions-Vertreter.

Wahrscheinlich weil die Entscheidung so „richtig und wegweisend“ war, hat die große Mehrheit der CDU/CSU-EU-Abgeordneten in den entscheidenen Abstimmungen über Änderungsanträge dagegen gestimmt, oder?

Aber es ging noch weiter:

Die Aussagen im Koalitionsvertrag seien eindeutig, befand ein SPD-Vertreter. Es gehe darum, die Netzneutralität gesetzlich zu verankern, „am liebsten auf europäischer Ebene“. Die spannende Frage sei, wie man die Managed-Dienste vom Best-Effort-Internet abgrenzen könne. Eine genaue Definition gebe es hier noch nicht.

Eindeutig sind die Aussagen im Koalitionsvertrag leider. Wir fragen uns nur, wie man darauf kommt, dass es noch keine genaue Definition gebe, „wie man die Managed-Dienste vom Best-Effort-Internet abgrenzen könne“? Genau diese Definition hat vergangene Woche das EU-Parlament vorgelegt. Mit Unterstützung sozaldemokratischer Abgeordnete. Die könnte man fragen.

Nicht ersichtlich wird aus der Pressemitteilung, welche Rolle die Bundesregierung im EU-Rat spielen wird. Es ist nicht so ganz offensichtlich, welches Ministerium denn den „Telekommunikationsminister“ stellt, der für die Bundesregierung an den Verhandlungen teilnehmen wird. Wahrscheinlich dürfte das immer noch der Wirtschaftsminister sein, wo auch die Fachabteilung zu IT-Recht und Netzneutralität verblieben ist, aber aktuell könnte in dem allgemeinen Chaos der Digitalen Agenda natürlich auch der Verkehrsminister dafür zuständig sein.

Für den 7. Mai wurde heute eine öffentliche Anhörung zum Thema angekündigt. Die schauen wir uns dann vielleicht von der re:publica aus an.

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