Bundesregierung bestätigt: BND darf Günther Oettinger überwachen

Am Freitag titelten wir „BND darf Günther Oettinger überwachen“ mit Verweis auf die im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss von Seiten der Bundesregierung und Bundesnachrichtendienst artikulierte Funktionsträger-Theorie. Dazu gibt es natürlich komplett gegensätzliche Meinungen aus Verfassungssicht. Das hält die Bundesregierung aber nicht davon ab, trotzdem auf ihrer Interpretation zu bestehen.

Ein Sprecher der Bundesregierung erklärte jetzt gegenüber der Bundespressekonferenz:

Art. 19 Abs. 3 GG sieht vor, dass Grundrechte auch für inländische juristische Personen gelten, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Grundrechte finden keine Anwendung auf ausländische juristische Personen. Kommuniziert ein Mitarbeiter einer Firma in Ausübung seiner Funktion, wird diese Kommunikation der juristischen Person zugerechnet. Diese Kommunikation ist nach Art. 19 Abs. 3 GG nicht geschützt, sofern es sich um eine ausländische juristische Person handelt; unabhängig von der Staatsangehörigkeit des kommunizierenden Mitarbeiters.

Die strategische Fernmeldeaufklärung des BND gemäß § 1 Abs. 2 BNDG erfolgt ausschließlich in Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags. Die Rechtsordnung räumt der Pressefreiheit einen besonderen Schutz ein. Dies ist auch durch den Bundesnachrichtendienst zu berücksichtigen.“

Schön, dass wir das geklärt haben.

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7 Ergänzungen

  1. Echt lustig, denn damit widerspricht die Bundesregierung zumindest zum Teil dem Bundesverfassungsgericht. Mit Beschluss vom 19. 07. 2011 (Az. 1 BvR 1916/09) hat das nämlich festgestellt, dass „Die Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellt eine aufgrund des Anwendungsvorrangs der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) vertraglich veranlasste Anwendungserweiterung des deutschen Grundrechtsschutzes dar.“
    Folglich sind auch ausländische juristische Personen aus dem EU Ausland Grundrechtsfähig!
    Wenn mich nicht alles täuscht, war das erstes Semester Jura ….
    Die komplette Entscheidung hier zum Nachlesen: https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20110719_1bvr191609.html

    1. Streng genommen widersprechen sie dem BVerfG nicht. Sie unterschlagen in dem Pressestatement nur die wichtigste Ausnahme von der Regel, dass Grundrechte für ausländische Unternehmen nicht gelten :=)

  2. Beim BND arbeiten Top-Juristen.
    Die sind also bestens in der Lage, das Recht so auszulegen, dass es dem BND in die Tüte passt.
    Eigentlich.

    Liegt in dem Fall aber vielleicht nur daran, dass man diese Top-Juristen vor eine Aufgabe gestellt hat, deren arbeitgeberkonformes Ergebnis nur verfassungswidrig sein kann?

    Top-Juristen …
    Schade, dass die sich nicht zu schade sind, für so eine Arbeit.

  3. Und die EU-Kommission ist jetzt eine „_ausländische_ juristische Person“, weil? … sie ihren Sitz in Brüssel hat? Obwohl da .de selbst Teil von ist?

  4. Grundrechte heißen ja eigentlich so, weil sie für alle Menschen gelten. Die anderen heißen Bürgerrechte.

  5. Bei der Auslegung heisst es denn konsequenterweise, dass der BND grundsätzlich auch die Mitglieder des EU-Parlaments, also auch die deutschen Abgeordneten, überwacht (?).

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.