BND-Transparenzbericht erzählt Märchen von weniger Abhören

Die WELT berichtet mit Verweis auf einen ihr vorliegenden Vorabfassung eines Berichtes an das Parlamentarische Kontrollgremium des Deutschen Bundestags, dass der Bundesnachrichtendienst im vergangenen Jahr ganz lieb war und deutlich weniger „Telekommunikationsverkehre“ abgehört hat als in den Vorjahren. 2012 waren es lediglich „851.691 sogenannte Telekommunikationsverkehre“. Zum Vergleich: 2011 sollen es 2,9 Millionen Telekommunikationsverkehre gewesen sein, 2010 gar 37 Millionen. Begründet wird das laut Bundesnachrichtendienst mit einer „weltweiten Spamwelle“ im Jahre 2010. Spam könne man jetzt besser rausfiltern.

Im Sommer diesen Jahres haben durch Edward Snowden befreite Dokumente offengelegt, dass der Bundesnachrichtendienst alleine in einem Monat 500 Millionen Vorratsdaten an die NSA übermittelt hat.

Und nun die Preisfrage: Wenn der BND der NSA in einem Monat 500 Millionen Metadaten übergeben kann, aber selbst in seinem Transparenzbericht anmerkt, in einem ganzen Jahr nur unter einer Million Telekommunikstionsverkehre abzuhören (die dreifache Menge im Jahr zuvor), stimmt was nicht genau?

Update: Da die Nachfrage in den Kommentaren kam.

Natürlich muss man diese Zahlen hinterfragen. Der BND nutzt diesen Report zur PR und gibt mit weniger abgehörten Telekommunikationsverkehre eine PR-Message raus: Keine Panik, der Trend zum Abhören geht abwärts. Solange wir aber nicht wissen, was genau abgehört wird (was der BND als innerdeutschen Verkehr a la G10 definiert oder auch nicht), ob .org Adressen jetzt Grundrechtssschutz geniessen oder in der Liste nur .de Mailadressen auftauchen, glauben wir nichts. Und fordern eine bessere Kontrolle, die ihren Namen auch verdient.

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9 Ergänzungen

  1. Hmmm…also ich weiß nicht…bei solchen Zahlen muss man ja immer erstmal hinterfragen, wofür diese überhaupt stehen. Sind da jetzt innerdeutsche Verkehre gemeint (hoffe ich im Fall des BND ja nicht), oder Verbindungen Deutschland – International oder rein internationale Verkehre. Solange sowas nicht dabei steht, bedeuten Zahlen erstmal rein gar nichts. Aber jeder macht und liest Statistiken halt so, wie er es gerade möchte.

    1. Ja, genau das ist das Problem. Aber der BND nutzt dies zur PR und gibt mit weniger abgehörten Telekommunikationsverkehre eine PR-Message raus: Keine Panik, der Trend ist abwärts.

      Solange wir aber nicht wissen, was genau abgehört wird, was der BND als innerdeutschen Verkehr a la G10 definiert (oder auch nicht), ob .org Adressen jetzt Grundrechtssschutz geniessen oder in der Liste nur .de Mailadressen auftauchen, glauben wir nicht.

      1. Einverstanden, dann sollte das aber auch in Deinem Bericht deutlich werden. Ansonsten liest der sich genauso tendenziös, wie der Spiegelartikel, der da meint, alles wäre super gut.

  2. tja herr beckedahl. die herrschaften machen sich nicht mal mehr die mühe, die volksverarschung irgendwie zu verschleiern.

  3. Eine Vermutung ist, dass „Ausland-Ausland-Kommunikation“ nicht auftaucht. Money Quote Dr. Berthold Huber, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. und Mitglied der G10-Kommission:

    „„die politisch Verantwortlichen, zuvörderst die im Bundeskanzleramt und im Bundesministerium des Innern, auch nach Ergehen der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14.7.1999 schlichtweg nicht zur Kenntnis nehmen wollten, dass auch die Speicherung und Nutzung von Telekommunikationsdaten, die der BND im Rahmen der Ausland-Ausland Überwachung gewonnen hat, den grundrechtlichen Bindungen des Artikel 10 Grundgesetz unterliegt.“

    „Das alltägliche Überwachungsgeschäft der Telekommunikation durch den BND findet derzeit teilweise außerhalb des verfassungsrechtlich zulässigen Rahmens statt.“

    Vgl. http://www.carta.info/66295/die-nsa-in-aller-munde-und-was-ist-mit-dem-bnd/

  4. Diese Art Lippenbekenntnisse sind doch wohl zu erwarten, wer diese noch ernst nimmt, dem kann man nicht mehr helfen…:-(
    Statistiken, Studien, Umfragen und ihre Bedeutung
    In der Regel kennen wir nur selten die Parameter.
    Die Umfragen sind oft beeinflusst von unterbezahlten, freiberuflichen Mitarbeitern, die genau wissen, das die Bevölkerung hier an der Nase herumgeführt wird.
    Ich kenne jede Menge derartiger Umfragen, und auch die dafür nötigen Institute, die sich das sehr gut bezahlen lassen.
    Vor Allem die Arbeitslosenzahlen, Wirtschaftsprognosen aber auch Statistiken ganz allgemeiner Art, entsprechen weder dem Volksempfinden und entbehren häufig jeder Grundlage.
    Statistiken werden von den Großkonzernen, aber auch von der Regierung selbst dazu benutzt, bestimmte Bedürfnisse und Meinungen überhaupt erst zu bilden.
    Auch die Werber bedienen sich dieser Studien, um den Bedarf nach ihren Produkten zu wecken.
    Deswegen ist bei den Ergebnissen äußerste Vorsicht geboten.
    Merke:
    „Statistiken sind immer nur so gut wie die Auftraggeber, die sie erstellen ließen“!

  5. War die neue Interpretation des BND nicht, dass alle Internetdaten international sind und somit nicht vom Gesetz geschützt sind, weil sie könnten ja übers Ausland gehen??

  6. Moment mal, war das parlamentarische „Kontroll“gremium nicht der Verein, dessen Mitgliedern bei Strafe verboten ist, über das was sie (wenn überhaupt) relevantes erfahren, zu reden?
    Und Springer darf das dann einfach so abdrucken? Natürlich dürfen sie das nach meinem Verständnis von Pressefreiheit, aber jedes andere Provinzblatt ohne derart enge Kontakte zur Kanzlerin wäre doch schon längs ausgeräumt worden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.