Aussagegenehmigung: Wir veröffentlichen die Liste an Sachen, die BND-Mitarbeiter dem Parlament nicht sagen dürfen (Update)

Zeigte sich nichtmal für Bilder: Zeuge R. U. vor dem Untersuchungsausschuss.

BND-Mitarbeiter müssen dem Untersuchungsausschuss eine lange Liste an Informationen verschweigen, zum Beispiel Angaben über laufende Vorgänge. Das geht aus der Aussagegenehmigung des Bundesnachrichtendiensts hervor, die wir veröffentlichen. Die Opposition kritisiert, dass der Öffentlichkeit so praktisch alle relevanten Informationen vorenthalten werden, die Regierungsparteien kündigen an, das Protokoll der geheimen Sitzung herabstufen zu wollen.

Letzte Woche haben zwei BND-Mitarbeiter vor dem „NSA“-Untersuchungsausschuss ausgesagt. Die Zeugen waren nur mit Initialen benannt und hatten den bekannten Anwalt Johannes Eisenberg als Rechtsbeistand dabei. „R. U.“, Leiter des BND-Standorts Bad Aibling, sprach zwar im öffentlichen Teil der Anhörung, verweigerte aber dort über 50 Mal die Aussage unter dem Hinweis, dass eine Beantwortung nicht von seiner Aussagegenehmigung gedeckt sei. Sein Mitarbeiter „J. Z.“ aus dem Sachbereich, in dem X-Keyscore genutzt wird, ist hingegen gar nicht öffentlich aufgetreten und sagte nur in nicht-öffentlicher Sitzung aus.

Jetzt haben wir die „nur für den Dienstgebrauch“ eingestufte Aussagegenehmigung des Bundesnachrichtendienstes erhalten und veröffentlichen sie am Ende dieses Postings im Volltext. Darin verbietet der BND den Zeugen jegliche Aussagen zu folgenden Themen:

  • „die Vorlage sächlicher Beweismittel zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere von Akten“
  • „Vorgänge, die bei Einsetzung des Untersuchungsausschusses“ noch nicht „abgeschlossen waren“
  • „Vorgänge, die dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung zuzuordnen sind“
  • „Angaben, welche die Persönlichkeitsrechte Dritter verletzen“ (sic!)
  • Informationen, die der „Wahrung des Wohls des Bundes oder eines Landes (Staatswohl)“ entgegenstehen
  • „Informationen, deren Gegenstand spezifisch nachrichtendienstliche Arbeitsweisen sind“
  • „Informationen, die auf die Identität nachrichtendienstlicher Verbindungen des [BND] schließen lassen“
  • „Angaben zu offenkundig schutzbedürftigen militärischen Einsatzverfahren oder militärischen Fähigkeiten“

Nur unter Ausschuss der Öffentlichkeit dürfen Angaben und Erklärungen gemacht werden,

  • „die unter Geheimhaltungsgrade fallen, weil besondere Gründe des Staatswohls entgegenstehen, insbesondere wenn Nachteile für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder ihre Beziehungen zu anderen Staaten zu besorgen sind“
  • „die Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich betreffen“
  • „die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse Privater, geschützt durch Art. 12 und 14 GG, betreffen“.

Wenn die Zeugen begründen, warum sie Informationen nicht erteilen, müssen sie die schutzbedürftigen Inhalte auch in der Antwort schützen. Falls Zweifel bestehen, ob eine Aussage gemacht werden darf oder nicht, „sind diese Angaben zu unterlassen“.

Alles in allem also eher eine Nichtaussage-Genehmigung, bei der die Nichtantworten nicht mehr überraschen. Wir haben den Vorsitzenden und die Obleute der Fraktionen des Ausschusses gefragt, ob sie diese Aussagegenehmigung im Ganzen und die Einschränkungen im Einzelnen für gerechtfertigt halten und welche Konsequenzen sie daraus ziehen. Hier die Antworten:

Der Vorsitzende Patrick Sensburg (CDU/CSU) sagte uns:

Die Einschränkung der Aussagegenehmigung ist nachvollziehbar, da die Zeugen weitgehend geheime Sachverhalte berichten sollen. Hierzu haben wir die Möglichkeit unsere Sitzungen als „geheim“ einzustufen. Die Zeugen können dann umfassend aussagen.

Die Bundesregierung muss dem Untersuchungsausschuss Zeugen zur Verfügung stellen, die auch aussagen. Wenn Sie bestimmte Sachverhalte nur in nicht-öffentlicher Sitzung mitteilen lassen will, erfährt die Öffentlichkeit leider nicht unmittelbar von der Aussage. Entscheidend ist aber, dass der Ausschuss alle Fragen beantwortet bekommt.

Wir werden in den nächsten Wochen vermutlich viele Zeugen des BND und anderer Dienste hören. Der BND und auch andere Behörden werden erkennen, dass wir unsere Fragen so oft stellen werden, bis wir sie beantwortet bekommen. Gerade der zweite Zeuge am vergangenen Donnerstag hat aber umfassend ausgesagt und viele neue Erkenntnisse gebracht. Ich werde nun versuchen, das Protokoll der geheimen Sitzung herabzustufen, so dass die Aussage in den wesentlichen Teilen auch öffentlich wird.

Roderich Kiesewetter, Obmann der CDU/CSU, sagte uns:

Ihre Anfrage schildert die Aussagegenehmigungen und die davon aufgeworfenen Fragen nicht vollständig. Auch unsere Fraktion hat mit den ersten dem Ausschuss übermittelten Aussagegenehmigungen Probleme gesehen – alle Fraktionen gemeinsam haben diese Probleme angesprochen, in diesen Punkten wurde die Aussagegenehmigung geändert.

Die von Ihnen zitierten Stellen betreffen das in allen bisherigen Untersuchungsausschüssen Übliche und für den BND als Dienstherrn rechtlich grundsätzlich auch Gebotene. Wenn öffentlich Bedienstete als Zeugen – welche Überlegung Ihre Fragen nahelegen – gar keine Aussagegenehmigung hätten, könnten Sie gar nicht aussagen.

Aus meiner Sicht haben die Befragungen der beiden Zeugen in der letzten Sitzung wichtige Aufschlüsse und Erkenntnisse und auch Ansatzpunkte für weitere Befragungen erbracht. Meine Konsequenz ist: wir werden daran weiterarbeiten. Vier Stunden Befragung eines Mitarbeiters des BND ohne herausgehobene Leitungsfunktion in öffentlicher Sitzung sind ein Erfolg für den Ausschuss, der nicht klein geredet werden sollte.

Wir haben im Untersuchungsausschuss sicher Probleme festgestellt mit ungerechtfertigten Unkenntlichmachungen in Akten. Die Aussagegenehmigungen dagegen stellen – mit der oben genannten, aber korrigierten Ausnahme – aus meiner Sicht kein Problem dar.

Christian Flisek, Obmann der SPD, sagte uns:

In der Praxis werden die Bedingungen der Aussagegenehmigungen im Zweifel eher großzügig zugunsten des Aufklärungsinteresses handhabt. Bspw. hätten die Zeugen aus dem BND eigentlich nicht zu der aktuell praktizierten Zusammenarbeit mit der NSA aussagen müssen, da dies bei strenger Lesart ein laufender Vorgang ist. Die wesentlichen Fragen der Ausschussmitglieder hierzu wurden dennoch, wenn auch größtenteils in geheimer Sitzung, beantwortet.

Das gesetzliche Leitbild des grundsätzlich verschwiegenen Beamten- und Behördenapparats steht in einem Spannungsverhältnis zur berechtigten Forderung nach mehr Transparenz des staatlichen Handelns und der öffentlichen Aufklärung mutmaßlicher Missstände durch einen Untersuchungsausschuss. Hier muss in jedem Einzelfall eine Abwägung stattfinden. Sofern Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Aussagegenehmigung bestehen, kann diese notfalls auch gerichtlich überprüft werden.

In der Vernehmung der beiden ersten Zeugen aus dem BND gab es jedoch keine Anhaltspunkte für eine unangemessene Beschränkung der Aussagegenehmigung. Vielmehr wurden alle Fragen des Untersuchungsausschusses beantwortet. Sensible und sicherheitsrelevante Fragen zur nachrichtendienstlichen Arbeitsweise konnten zwar nur in geheimer Sitzung erörtert werden, ich werde mich aber dafür einsetzen, dass das Protokoll alsbald und soweit wie rechtlich möglich herabgestuft und veröffentlicht wird.

Aus meiner Sicht war es ein Erfolg, dass wir den Dienststellenleiter aus Bad Aibling mehrere Stunden in öffentlicher Sitzung befragt haben. Dies zeigt, dass es sich lohnt hartnäckig zu bleiben und auf öffentliche Aufklärung zu drängen. Für den BND wäre es sicher angenehmer gewesen, wenn diese Befragung hinter verschlossenen Türen stattgefunden hätte.

Konstantin von Notz, Obmann von Bündnis 90/Die Grünen, sagte uns:

Zunächst ist festzuhalten: Die Aussagegenehmigungen der BND-Zeugen sind, wie viele andere Dokumente auch, NfD eingestuft, so dass ich nicht über den konkreten Inhalt informieren darf. Gleiches gilt für den nicht-öffentlichen Teil der Sitzung. Im öffentlichen Teil der Sitzung wurde aber ja bereits deutlich, wie sehr die vorliegende Aussagegenehmigung die Aufklärungsbemühungen des Parlaments erschwert hat. Sowohl der enge Zuschnitt der Aussagegenehmigung als auch ihre sehr kurzfristige Änderung im Vorfeld der Sitzung haben dazu geführt, dass der Öffentlichkeit praktisch alle relevanten Informationen zur Abhörstation in Bad Aibling und der Kooperation von deutschen und amerikanischen Diensten vorenthalten wurden.

Das Vorgehen der Bundesregierung, die Aussagegenehmigung möglichst eng zu fassen und die öffentliche Diskussion über die Vorgänge in Bad Aibling so zu erschweren, reiht sich nahtlos in das bisherige Agieren ein: Man hintertreibt die Aufklärung durch das Parlament, wo es nur geht. Das reicht von der Nicht-Ladung von Edward Snowden vor den Untersuchungsausschuss, über die Nicht- oder verspätete Zusendung von Akten, den weitreichenden Herausnahmen ganzer Akten-Teile, den umfangreichen Schwärzungen, den zahlreichen Einstufungen der übersandten Dokumente, der Versuch einer Beschneidung der Befugnisse der Datenschutzaufsichtsbehörden bis eben zu den aus unserer Sicht zu eng gefassten Aussagegenehmigungen, die das Bundesverfassungsgericht bereits bei zurückliegenden Untersuchungsausschüssen moniert hatte.

Kurz: Die Bundesregierung wird ihrer aus Artikel 44 GG abzuleitenden Verpflichtung, dem Ausschuss Amtshilfe zu leisten und bei seinen Aufklärungsbemühungen aktiv zu unterstützen, auch weiterhin nicht gerecht. Es scheint fast so, als läge sie es darauf an, dass wir ein weiteres Mal in Karlsruhe für unsere Rechte klagen. Insgesamt verfestigt sich das Bild einer Bundesregierung, die keinerlei Interesse daran hat, die bekannt gewordenen Überwachungspraktiken auf den Prüfstand zu stellen und ihre Verfassungskonformität nachzuweisen.

Martina Renner, Obfrau von Die Linke, konnte leider noch nicht antworten, ihre Aussage werden wir nachtragen, sobald wir sie haben.

Update: Jetzt ist auch die Antwort von Martina Renner da:

Für die inhaltliche Ausgestaltung einer Aussagegenehmigung – wie der von Ihnen bei Ihrer Anfrage übermittelten – gelten allgemein verfassungsrechtliche Grenzen. Anerkannt sind insoweit nach der Rechtsprechung des BVerfG u.a. der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung und innerhalb enger Grenzen auch das Staatswohl. Auch können Persönlichkeitsrechte Dritter und auch Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse (vgl. § 9 KWG) im EINZELFALL eine verfassungsrechtliche Einschränkung einer Aussagegenehmigung rechtfertigen. Dazu hat das BVerfG in seinem sogenannten BND-Urteil (BVerfGE 124, 78, 124 ff.) entschieden, dass Einschränkungen zu den Themen und Inhalten zulässiger Aussagen nicht pauschal und ohne substantiierte, auf die konkrete Fragestellung bezogene Begründung, weshalb einer der Einschränkungsgründe einschlägig sein soll, erfolgen dürfen. Die aussageerteilende Behörde, die eine solche Einschränkung vor nimmt, trifft vielmehr eine Begründungs- und Darlegungspflicht. Ohne entsprechende Begründungen und Darlegungen sind Einschränkungen einer Aussagegenehmigung unzulässig und die Berufung eines Zeugen hierauf mithin eine Aussageverweigerung.

Da die Aussagegenehmigung für den Einzelfall keine tragfähige Begründung enthielt und im Ergebnis auch für den Zeugen selbst gar nicht erkennbar war, wie weit die ihm erteilte Genehmigung reicht, stellt es sich jedenfalls auf den ersten Blick als eine Nicht-Aussagegenehmigung dar. Bezeichnenderweise versuchte die Bundesregierung anlässlich der Ausschusssitzung in der vergangenen Woche dann die Angelegenheit in ein diskursives Monitoring zu verlagern, in dem die Zeugen letztlich immer wieder verunsichert schienen, ob sie eine Frage überhaupt und auch inwieweit beantworten dürfen und sich jeweils mit ihrem Rechtsbeistand und Regierungsvertretern beraten mussten. Es ist zu begrüßen, dass der Ausschussvorsitzende und andere Obleute auf diesem Wege mitteilen, sich für die Herabstufung des Sitzungsprotokolls einsetzen zu wollen. Allerdings führte dies schon in früheren Fällen dazu, dass die Öffentlichkeit ein mit Schwärzungen verstümmeltes Protokoll zu sehen bekam. Zumindest könnte die Öffentlichkeit dann einen weiteren Eindruck davon erhalten, mit welchen Schwierigkeiten der Ausschuss angesichts geschwärzter und vorenthaltener Akten und der Verhinderung der Vernehmung von Edward Snowden zu kämpfen hat und welches Maß an öffentlicher Aufklärung seitens der Verantwortlichen überhaupt ermöglicht wird.

Bei fortgesetzter Praxis drängt sich allerdings wie auch im Falle der massenhaften Aktenschwärzungen der Rechtsweg zum BVerfG auf, was allerdings zunächst keine Änderung der Praxis der Bundesregierung und ihrer Behörden bewirken dürfte. Zumal die Praxis der Aussagegenehmigungen und der Aktenschwärzungen bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen in Karlsruhe waren.

Im Ergebnis ist hier auch ein weiterer öffentlicher Druck erforderlich, der den Verantwortlichen auch vor Augen führt, dass die Menschen nicht gewillt sind, sich mit jeder billigen Erklärung zufrieden zu geben. Zumal solche Erklärungen naturgemäß mit größter Skepsis begegnet werden muss.

Hier die Aussagegenehmigung im Wortlaut (Hervorhebungen von uns):


Sehr geehrter Herr Z

der 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hat Sie mit Beschluss vom 11.09.2014 zu einer Zeugenvernehmung am 25.09.2014 geladen.

Hiermit wird ihnen gemäß § 67 Bundesbeamtengesetz die Genehmigung erteilt, als Zeuge auszusagen. Grundlage Ihrer Vernehmung ist der Untersuchungsauftrag gemäß Einsetzungsbeschluss vom 20.03.2014 (Bundestags-Drucksache 18/843, Anl. 2) in Verbindung mit dem Beweisbeschluss Z-40 vom 11.09.2014 (Anl. 3) sowie dem Beweisantrag (Ausschussdrucksache 190) vom 01.09.2014 (Anl. 4).

Bei Ihrer Vernehmung als Zeuge treten Sie gegenüber dem Untersuchungsausschuss zum Schutz Ihrer nachrichtendienstlichen Einsatzfähigkeit ausschließlich unter einem Arbeitsnamen auf. Um weiterhin operativ tätig sein zu können, treten Sie identitätswahrend ausschließlich in nicht-öffentlicher Sitzung auf. Benannt wurden Sie im Vorfeld lediglich mit den Initialen Ihres Namens. Im Rahmen der Erfüllung des Beweisbeschlusses BND-10 hat der Bundesnachrichtendienst zudem erklärt, dass Sie die von Ihrer Zeugenladung betroffene Funktion wahrnehmen.

Für Ihre Zeugenaussage gelten im Übrigen die nachstehenden Maßgaben:

1. Von der Aussagegenehmigung ist die Vorlage sächlicher Beweismittel zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere von Akten, nicht erfasst.

2. Die Aussagegenehmigung erstreckt sich nur auf Vorgänge, die bei Einsetzung des Untersuchungsausschusses bereits abgeschlossen waren. Sie ist beschränkt auf Ihre eigenen Wahrnehmungen, die Sie während Ihrer Tätigkeit als Angehöriger der Dienststelle 3D30 in Bad Aibling gemacht haben.

Zu Themen, die vom durch den Einsetzungsbeschluss vom 20.03.2014 konkretisierten Untersuchungsgegenstand nicht umfasst sind, dürfen Sie keine Angaben machen.

3. Von der Aussagegenehmigung ausgenommen sind Angaben über Vorgänge, die dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung zuzuordnen sind, wenn nach den konkreten Umständen die Gefahr der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung das parlamentarische Informationsinteresse überwiegt. Zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung können im Einzelfall insbesondere Angaben über die Willensbildung der Bundesregierung, Erörterungen im Kabinett oder ressortübergreifende und -interne Abstimmungsprozesse zur Vorbereitung von Kabinett- und Ressortentscheidungen gehören.

4. Von der Aussagegenehmigung ausgenommen sind Angaben, welche die Persönlichkeitsrechte Dritter verletzen. Greifen Angaben in Persönlichkeitsrechte und damit Grundrechte Dritter ein, sind sie nur zulässig, wenn in einer Abwägung nach den konkreten Umständen das Informationsinteresse des Parlamentes die betroffenen Grundrechte überwiegt.

5. Angaben und Erklärungen,

  • die unter Geheimhaltungsgrade fallen, weil besondere Gründe des Staatswohls entgegenstehen, insbesondere wenn Nachteile für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder ihre Beziehungen zu anderen Staaten zu besorgen sind oder
  • die Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich betreffen oder
  • die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse Privater, geschützt durch Art. 12 und 14 GG, betreffen,

dürfen nur in nicht-öffentlicher Sitzung, erforderlichenfalls in Anwendung der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages, erfolgen. Sollten sich Ihrerseits Zweifel ergeben, ob die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, sind Sie gehalten, eine gestellte Frage zunächst nicht zu beantworten, sondern sich mit ihrem Rechtsbeistand sowie den bei der Vernehmung anwesenden Vertretern der Bundesregierung, insbesondere des Bundeskanzleramtes, abzustimmen.

6. Soweit nach Abwägung im Einzelfall die Wahrung des Wohls des Bundes oder eines Landes (Staatswohl) aufgrund ganz besonderer Umstände einer Erörterung eines Sachverhalts im Rahmen der Beweisaufnahme durch den Untersuchungsausschuss in Gänze oder in Teilen entgegensteht, dürfen zu diesem Sachverhalt keine Angaben und Erklärungen erfolgen. Hiervon umfasst sind im gegebenen Falle

  • Informationen, deren Gegenstand spezifisch nachrichtendienstliche Arbeitsweisen sind (Methodenschutz). Würden diese Arbeitsweisen bekannt, wären die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes zur operativen Informationsbeschaffung der Aufklärung durch fremde Mächte preisgegeben; gleichzeitig wäre Leib und Leben der eingesetzten Mitarbeiter gefährdet. Hierdurch wäre die Arbeitsfähigkeit des Bundesnachrichtendienstes als geheimer Auslandsnachrichtendienst insgesamt beeinträchtigt.
  • Informationen, die auf die Identität nachrichtendienstlicher Verbindungen des Bundesnachrichtendienstes schließen lassen (Quellenschutz). Würden diese Informationen bekannt, wären Leib und Leben der nachrichtendienstlichen Verbindungen („Quellen“) konkret gefährdet. Darüber hinaus würde dies eine konkrete und erhebliche Gefährdung der Arbeitsfähigkeit des Bundesnachrichtendienstes bedeuten.
  • Informationen, die einen Bezug zu einem ausländischen Nachrichtendienst enthalten und über die der Bundesnachrichtendienst nicht uneingeschränkt verfügen kann und die als Verschlusssache eingestuft oder erkennbar geheimhaltungsbedürftig sind (AND-Material), oder sonstiges Material, bezüglich dessen der Bundesnachrichtendienst nicht uneingeschränkt verfügen kann. Ein Bekanntwerden solcher Informationen würde einen Verstoß gegen die bestehenden Geheimschutzabkommen mit den betreffenden Staaten (USA, Vereinigtes Königreich, Australien) oder gegen sonstige Geheimhaltungsverpflichtungen (Kanada, Neuseeland) bedeuten. Die Nichtbeachtung völkervertraglicher Vereinbarungen würde die internationale Kooperationsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland stark beeinträchtigen und gegebenenfalls andere Staaten dazu veranlassen, ihrerseits völkervertragliche Vereinbarungen mit der Bundesrepublik Deutschland in Einzelfällen zu ignorieren und damit deutschen Interessen zu schaden. Im Rahmen der Aktenvorlage an den l. Untersuchungsausschuss ist die Bundesregierung mit den vorgenannten Staaten in ein Konsultationsverfahren eingetreten, um die Zustimmung zur Freigabe von Informationen an den Ausschuss zu erwirken. Diese Freigaben liegen gegenwärtig noch nicht vor.

Das Staatswohl kann auch durch das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger militärischer, nachrichtendienstlicher oder nachrichtendienstlich gewonnener Informationen gefährdet werden. So sind etwa Angaben zu offenkundig schutzbedürftigen militärischen Einsatzverfahren oder militärischen Fähigkeiten, die konkret die Durchführung von militärischen Operationen oder den Schutz von eingesetztem Personal gefährden würden, von der Aussagegenehmigung ausgenommen.

7. Die Verweigerung der Aussage nach Maßgabe eines oder mehrerer der vorgenannten Gründe bedarf einer substantiierten Begründung gegenüber dem Untersuchungsausschuss. Hierbei ist darauf zu achten, dass durch die Begründung nicht schutzbedürftige Inhalte preisgegeben werden.

8. Wenn und soweit bei ihrer Vernehmung Zweifel über die Zulässigkeit bestimmter Angaben nach den vorgenannten Maßgaben bestehen, sind diese Angaben zu unterlassen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass zur Klärung der Reichweite Ihrer Aussagegenehmigung zunächst eine Rücksprache mit Ihrer Dienststelle bzw. den Beauftragten der Bundesregierung sowie Ihrem Rechtsbeistand erforderlich ist.

Im Übrigen weise ich Sie auf die Bestimmungen des Untersuchungsausschussgesetzes (PUAG) hin, insbesondere §§ 23 ff. PUAG.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

(Dr. P

18 Ergänzungen

  1. Wieso dürfen diese Typen sich auf eine fehlende Aussagegenehmigung berufen? Können wir nächstes mal wenn wir vor Gericht aussagen sollen auch darauf verweisen, dass uns der Angeklagte keine Aussagegenehmigung erteilt hat und deshalb nichts aussagen? Wir wetten dagegen.

    Beugehaft für BND-Mitarbeiter, jetzt! Geheimdienste abschaffen, jetzt!

    1. Gesetze? gelten für dich und mich, nicht für „die“.

      Die Geheimdienstfuzzies umgeben sich mit einem Nebel aus Juristendeutsch, der ihnen einen Nimbus der Unangreifbarkeit verleiht, aber letztendlich ebenso ermüdend wie bedeutungslos ist.

      Wenn Staatswohl und Allgemeinwohl einander ausschließen, ist ganz mächtig etwas faul. Eventuell hilft dann nur noch eine Neuinstallation.

    2. Wenn keine Aussagegenehmigung vorhanden ist, darf der Zeuge gar nicht aussagen, da er sich ansonsten automatisch strafbar macht. Das ist genauso zu sehen, wie der Arzt, der vor Gericht aussagt. Ohne der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht darf der auch nichts zum Gesundheitszustand einer Person aussagen.

  2. Von wem stammen die Fettungen in der „Aussagegenehmigung“? Befinden die sich so im Original oder wurden die von Netzpolitik vorgenommen?

  3. Bitte kurz den SHA-256-Fingerabdruck vom neuen StartSSL Class 2 Zertifikat bestätigen. Danke!
    0D:C8:09:7C:A3:EA:BE:33:16:E9:86:D0:AA:58:AA:6C:B5:27:EC:71:9C:67:2E:89:D9:CD:C5:C1:AC:81:1D:80

  4. Laut Grundgesetz ist das Volk oberster Souverän. Diese Souveränität wird mittels demokratischer Wahlen an den Bundestag delegiert. Der Bundestag – mit seinen Ausschüssen – befindet danach über das „Staatswohl“.

    Die Abgabe des „Staatswohles“ an die Einschätzung von BND-Mitarbeitern ist nicht verfassungskonform!

    Der Bundestagsausschuß ist natürlich gehalten, offenkundig geheimhaltungsbedürftige Aussagen nicht zu veröffentlichen. Hier geht es übrigens nicht um höchstpersönliche Geheimnisse, die mit berufsständigen Schweigepflichten zu schützen sind, sondern um staatliches Handeln.

  5. „Angaben zu offenkundig schutzbedürftigen militärischen Einsatzverfahren oder militärischen Fähigkeiten”

    jetzt aber nicht Lachen.

    wenn irgendwann Hinkelsteinwerfer zur Landesverteidigung gesucht werden wird alles gut.

  6. wenn ich es recht verstehe darf nichts ausgesagt werden was den bnd oder sonst wen belastet… also wird eine untersuchung durch geführt bei der von vornherein klar ist das null aufklärung erfolgen wird. wir das volk der souverän,getreten ähm sorry vertreten von der bundesregierung, haben also keine chance etwas zu erfahren … es sei denn es wird geleakt das es nur so kracht im gebälk… und das leaken wiederum sollte laut altmeier unter strafe stehen… denn es schadet angeblich dem staatswohl… wenn ich mir ansehe wie realitäten auf den kopf gestellt werden und schmutzige kampagnen gegen mißliebige aufklärer bzw angebliche gegner voran getrieben wird dann frage ich mich ernsthaft wann dieser wahnsinn ein ende findet und welches ende es sein wird. snowden ist ausgerechnet in russland untergekommen… putin eigentlich der feind schlecht hin… wohlgemerkt: eigentlich! denn wenn ich es mir recht ansehe haben auch andere ihre methoden zu unterdrücken und gegen menschenrechte usw zu verstoßen… komischer weise muckiert sich aber keiner lange über z.b. guantanamo… oder in welcher art terroristen erstmal opposition genannt wird und gemäßigte revoluzzer… und unterstützt werden solange sie nützlich sind. es scheint niemanden zu stören wenn die privatsphäre ausgehebelt wird mit fadenscheinigen argumenten die da z.b. lautet: wer anomysiert unterwegs ist ist praktisch ein potenzieler terrorist… eigentlich warte ich nur auf den moment wo ernsthaft erwogen wird freie betriebssysteme zu verbieten weil der nutzer dazu verleitet wird sich wissen anzueignen welches ihn dazu befähigt dinge zu tun die mindestens gefährlich sein müssen und den nutzer womöglich dazu verleitet illigale dinge zu tun… wie das eben so ist mit : was dem einen nützlich ist um recht zu beugen… darf dem anderen nicht möglich sein um sich zu schützen… im moment ist es brandgefährlich zu veröffentlichen… ich wünsche mir das niemand sich dem beugt und die gerechtigkeit siegt. ich hab echt null bock mehr auf unsere ‚wahrheitsministerien‘ und all dem plumperquatsch der daraus hervor quillt… toi toi toi

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.