Auch ein deutscher Geheimdienst bezeichnet NutzerInnen von Verschlüsselungssoftware als „Extremisten“

torroristSebastian Hahn aus Erlangen wird von der NSA beobachtet, weil er sich um die Bereitstellung von Verschlüsselungsverfahren bemüht. Er sei ein Extremist, heißt es in entsprechenden Dokumenten.

„Extremismus“ ist bei den Diensten längst zum Containerbegriff geworden, mit dem sich alle unliebsamen Aktivitäten kriminalisieren lassen.

Vor wenigen Wochen hatten wir hier darauf hingewiesen, wie sich der deutsche Verfassungsschutz über das Privacy Handbuch auslässt und die dort gegebenen Handreichungen für den sicheren Besuch des Internet beargwöhnt.

Im Verfassungsschutzbericht 2013 finden sich weitere Stellen, die das Nutzen von Verschlüsselungstechniken in die Nähe von „Extremismus“ rücken.

Geschlossene Foren und Verschlüsselungsprogramme sind als Kommunikationswerkzeuge vor allem für gewaltbereite Extremisten von Bedeutung.

Um entsprechende staatliche oder gegnerische Operationen zu verhindern, treffen Extremisten Sicherheitsvorkehrungen. Hierzu gehört beispielsweise die zunehmende Verwendung von Verschlüsselungssoftware.

Die Piratenpartei Luxemburg hat nun reagiert. Im Netz wird ein T-Shirt mit der Aufschrift „Torrorist“ angeboten, dekoriert mit der bekannten Tor-Zwiebel. Das Stück kostet 20 Euro, alle Einnahmen kommen der Unterstützung des Tor-Netzwerks zugute.

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31 Ergänzungen

  1. Was gibt es denn gegen den Begriff Extremist zu sagen?
    In Beamten- und Mediendeutsch wird es gleich gesetzt mit Radikaler oder Terrorist. In Wirklichkeit bedeutet es extrem zu sein nur zum äußersten zu gehen. Und das scheint ja Notwendig zu sein um seine Grundrechte zu wahren.
    Als Extremist lasse ich mich dann gerne bezeichnen. Mich mit einem Terroristen gleich setzten zu lassen ehr weniger…

    1. Trotzdem ist es eine Frechheit, den Begriff auf _alle_ Nutzer geschlossener Foren auszudehnen. Es sei denn, die meinen damit extreme Autoschrauber, Köche, Geocacher usw usf.

      Das ganze ist schlimmste Propaganda und muss entsprechend geächtet werden. Der Typ, der sowas schreibt, lebt im Moment ein gutes Leben von meinem Steuergeld.

      In Zukunft nicht mehr! Schluss damit! Keine Macht den Diensten!

  2. @curt. ich glaube die analyse die du machst (anderer handlungsraum) und die handlungsoption (nichts.tun) die du wählst, trifft wenig den kern. die genannte kategorie ‚extremist‘ dient repressiven akteuren zur einstufung und klassifizierung von menschen. die kategorie ‚extremist‘ besitzt in dem regelwerk auf das sich augenscheinlich bezogen wird den selben wert wie die ‚kategorie‘ ‚gefährder der staatlichen ordnung‘. ‚extremist‘ beschreibt – vor allem und als erstes – die position eines anderen, bezogen auf den – eigenen – standpunkt und meint damit ‚maximal entgegengesetzt‘. davon abzuleiten, dass eine verhandlungsoption nicht angestrebt werden kann, der ‚gegner‘ also unterdrückt, oder ‚unschädllich‘, gemacht werden muss. mindestens muss aber die option eines handelns, innerhalb der zur eigenen position konträren verortung anderer, mit repressiven methoden bedroht sein, um eine vereinzelung der akteure zu fördern und damit eine gemeinschaftliche bewegung zu behindern.
    bezogen auf die im artikel genannten punkte, die insgesamt meinen ‚der versuch sich staatlicher oder anderer kontrolle zu entziehen‘, könnte man den standpunkt der redner so ableiten, als dass er/sie von dem ‚recht‘ ausgehen ein system, ein staat, solle, soll und muss stets absolute, ausschlusslose macht über den ihr zugeordneten raum besitzen, jeder widerspruch, jeder versuch sich dem zu entziehen wird als gefährdung der ordnung betrachtet und ‚extrem‘ verfolgt.
    die extremisten sind sicher nicht menschen, die ihre demokratischen rechte wahrnehmen, es sind die, die sie einzuschränken suchen. trotz allem ist die benannte sprachliche praxis eine eindeutige ansage dazu welchen politischen kinds das dahinter stehende verständnis von der ordnung in sozialen gemeinschaften ist.

  3. Die wahren Extremisten sind die fundamentalistischen Sicherheitsideologen des Staates. Radikal und fanatisch bekämpfen Teile des Staates die Menschenrechte der Bürger. Anti-Demokraten und Verfassungsfeinde haben sich unser Land zur Beute gemacht und terrorisieren mit immer neuen Grundrechtseinschränkungen unschuldige Bürger, die einfach nur selbstbestimmt und unbeobachtet leben wollen.

    1. Ja V. dem kann ich nur voll zustimmen. Ich sehe das genauso. Da hat sich eine Art Mafia-Struktur über viele Jahre unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit dem Deckmantel von angeblicher „Rechtstaatlichkeit“ aufgebaut um genau gegen wirkliche Demokraten und unschuldige Bürger vorzugehen die wirklich nur selbstbestimmt u. vor allem unbeobachtet leben wollen. Die Bürger sollten ab sofort ihre elektronische Kommunikation voll verschlüsseln u. auf das nur notwendigste herunterfahren. Gleichzeitig sollten wirklich alle ca. 80 Millionen Bürger des Landes Deutschland die Seiten vom Torprojekt und Tails besuchen. Dann gibt es hier im Lande sage und schreibe 80 Millionen „Extremisten“. Da haben die „Dienste“ echt was zu tun. Wenn die Bürger dieses Landes jetzt nicht auf die Strasse gehen dann landen wir wieder in einer Diktatur. Der Polizei- und Überwachungsstaat besteht ja bereits !!!!
      Ein guter Grund zu den Montagsmahnwachen zu gehen.

  4. @ Matthias Monroy

    Sie könnten ja mal den Autor / die Autoren des Privacy-Handbuchs interviewen. Es wäre schon interessant, welche Meinung die Macher dazu haben. Eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht ist ja schließlich keine Kleinigkeit, die man einfach teilnahmslos weglächeln kann.

  5. Ach, ein bisschen mehr Textverständnis wäre schon praktisch …
    „Extremisten nutzen Verschlüsselungssoftware“ bedeutet gerade nicht: „Wer Verschlüsselung nutzt ist Extremist“.

    Wir verlangen von der Gegenseite doch auch, dass sie unsere Aussagen nicht verdreht und völlig falsch versteht.

    1. Interessant ist in diesem Zusammenhang doch, warum gerade die Nutzung von Verschlüsselung dem Inlandsgeheimdienst so bemerkenswert erscheint. Eigentlich ist es auch das gesamte Internet, was als gefährlicher „Rekrutierungsraum“ und treibendes „Mittel der Agitation“ von den Diensten angesehen wird. Verschlüsselung zur Wahrung der Privatsphäre zeugt in dieser absurden Vorstellungswelt der Schnüffler sodann von besonderer Konspiration und/oder klandestiner Vernetzung.

      Ich denke, diese verstärkt zu beobachtende Haltung hat mit der so genannten digitalen Revolution und der Unkontrollierbarkeit (im Sinne klassischer Herrschaftsmechanismen) des Mediums zu tun. Der Geheimdienst sieht den Kontrollverlust und versucht durch Stigmatisierung (seit Jahren bekanntes Ziel des „Extremismus“-Unsinns) seine alte Agenda aufrecht zu erhalten. Einhergehend damit ist auch die Einflußnahme der Dienste auf die konservative Sicherheitspolitik (vgl. „Sicherheitsclub“ / Spiegel-Artikel) zu konstantieren.

      1. Kurioser Weise empfiehlt das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik die verschlüsselte Kommunikation. Wer es nicht glaubt kann selber nachlesen
        https://www.bsi-fuer-buerger.de/BSIFB/DE/SicherheitImNetz/Verschluesseltkommunizieren/verschluesselt_kommunizieren_node.html;jsessionid=9EBBE8537960A2C0C114329DA261C588.2_cid341
        Ja was den nun die deutschen Geheimdienste sind dagegen und das BSI empfielt diese. Sind beim BSI etwa „Extremisten“?
        Ein „klarer Fall“ für die Spionageabwehr genannt Verfassungsschutz!
        Übrigens, das Verschlüsselungstool Truecrypt wird da beim BSI auch empfohlen https://www.bsi-fuer-buerger.de/BSIFB/DE/MeinPC/Datenverschluesselung/Praxis/Software/software_node.html

      2. Noch mal: wenn es heißt „Extremisten benutzen Verschlüsselungssoftware“ heißt das rein gar nix anderes, als das sie Verschlüsselungssoftware benutzen.
        Der Umkehrschluss, der hier konstruiert wird, ist erst mal Phantasie einiger.

    2. Aha.. und so ein Doppeldenk soll nicht typisch sein?

      Mal ein Beispiel: Herionsüchtige haben mit Cannabis begonnen, also ist Cannabis eine Einstiegsdroge und führt direkt in die Herionsucht.

      Übertragen: Extremisten nutzen Verschlüsselungssoftware, also ist Verschlüsselung der Einstieg in den Extremismus und führt direkt dazu, dass Nutzer von Verschlüsselunssoftware zu Extremisten werden.

      Noch Fragen?

  6. ist doch alles null problemo. in den „qualitätsmedien“ ist die neymar-verletzung, dobrindt-pkw amut und ukraine topthema. also was solls. frau kastner wirds sicher richten. alternativlos und grundrechtsschonend. ist diesem sauland kann man sich langsam nur noch kotzend fortbewegen.

  7. Parallelgesellschaft Geheimdienst. Es darf keinen rechtsfreien Raum in der Demokratie geben. Gegen Überwachungsextremisten!

  8. Wieder ein Beispiel für meine Feststellung, dass nach einem Binnen-I im Text meist nun noch halbgares und vom Autor nicht ganz verstandenes „Cut&Paste“-Geschreibsel kommt.
    Werbung für ein Motiv-T-Shirt – ist das die Vorstellung von Qualitätsjournalismus?

  9. Bin ich eigentlich auch Extremist wenn ich an netzpolitik.org spende?
    Also mal ganz ohne Witz, ich kann mir durchaus vorstellen dass die Geheimdienste eure Finanzen genau im Auge behalten…

    1. Na und wenn schon – Hast Du Angst vor denen?
      Das sind doch nur ein Haufen Hobby-Voyeure, die aus ihrer Leidenschaft nen Beruf gemacht haben. In etwa so wie der pädophile Geistliche. Nur Schlimmer, weil es unsere Demokratie gefährdet.
      Keinen Cent mehr dem Spanner-Trupp!

      Wenn keiner Angst vor den Pappnasen hat, haben sie schon verloren. Das war ’90 so und das wird wieder so sein, wenn die Schredder heißlaufen in der Friedrichstr.

  10. mal was ganz anderes: In deinen Autorendetails steht

    in Teilzeit Mitarbeiter des MdB Andrej Hunko und dort zuständig für Spähangriffe.
    könnte auch heissen, dein Job sind die Spähangriffe…

  11. Genau. Wenn du dem Link folgst, verstehst du auch warum.

    Der FOCUS versuchte einmal, in einem Gefälligkeitsdienst für den Berliner VS mich als „Extremist“ darzustellen, der während seiner Arbeitszeit Kleine Anfrage stellt und die Antworten dann den Berliner Autonomen zuspielt (vermutlich, weil ich hin und wieder auch bei Indymedia publiziere). Diese Extremisten würden die heiklen Informationen dann „mit einem Mausklick“ ihren „Archiven“ einverleiben. Er verschwieg, dass die Drucksachen sogar bei bundestag.de online gehen.

    Interessant: Besagter „Chefreporter“ Hufelschulte hatte zur Story auch Insider-Infos des BKA-Staatsschutzes – jener Abteilung, die immer zähneknirschend unsere Anfragen beantworten muss (wirf mal eine Suchmaschine an, in was für Skandale der Hufelschulte schon verstrickt war; z.B. bzgl. BKA und BND).

  12. Ich gebe Alvar vollkommen recht. Hier wird einfach die Argumentation rumgedreht und dem Verfasser wieder in den Mund gelegt. Sorry, aber wenn das die Art und Weise ist, wie man in den Kreisen argumentiert, dann verliert das jede Seriösität und ist schlicht und einfach nicht glaubhaft.

    Selbstverständlich ist die stärkere Nutzung für Überwacher ein Problem und das ist auch gut so.

    Es gab auch mal tatsächlich Versuche, das Argument in der dargestellten Weise umgedreht anzuwenden. Andrej Holm (der Soziologe, der sich mit Gentrifizierung beschäftigte) wurde damals wegen der Nutzung von verschlüsselten Nachrichten in anonymen Mailaccounts ein konspiratives Verhalten nachgesagt. Der BGH hat das damals richtig gestellt und einen dringenden Tatverdacht ausdrücklich verneint. Nun muss man aber die Fehler, die andere machen und die zu Recht dafür kritisiert werden, nicht auch machen. Damit stellt man sich dann nur auf die gleiche Stufe und das wollt ihr doch bestimmt nicht!

    Also mal schön den Ball flach halten. Ist jetzt sowieso genau die richtige Zeit dafür!

    1. Die Ansage „Also mal schön den Ball flach halten“ könnte übrigens auch von einem SPD-Innenminister stammen und ist auch gängige SPD-Politik seit Jahrzehnten. Der Skandal ist doch nicht die Nutzung und Stigmatisierung von Verschlüsselungssoftware, sondern die absurde „Extremismustheorie“ des Geheimdienstes in ihrer Gesamtheit.

      Lest bitte zur Abwechslung mal wieder ein gutes Buch, z.B. Susanne Feustel, Jennifer Stange, Tom Strohschneider (Hrsg.): Verfassungsfeinde?, VSA-Verlag Hamburg, 2012, ISBN 978-3-89965-539-1.

  13. @Alvar @TuTuTu Ja Alvar, das sagtest du tatsächlich bereits. Und es mag zutreffen wenn du dich darauf beziehst, was sonst noch in im VS-Bericht steht: Nämlich dass auch Nazis und Islamisten Verschlüsselungssoftware nutzen oder sogar selbst programmieren. Der von mir zitierte Satz „Geschlossene Foren und Verschlüsselungsprogramme sind als Kommunikationswerkzeuge vor allem für gewaltbereite Extremisten von Bedeutung“ dreht das aber in eine ganz andere Richtung. Das ist m.E. exakt der Sprech der NSA.

    1. Der von Dir zitierte Satz dreht das überhaupt nicht in eine andere Richtung. Das passiert allenfalls in Deinem Kopf.

      Für mich besteht noch ein gewaltiger Unterschied zwischen den Aussagen: „Nutzer von Verschlüsselungssoftware werden als Extremisten angesehen“ und „Nutzer von Verschlüsselungssoftware geraten in den Fokus der Überwachung, weil sie die gleichen Kommunikationsmittel wie Extremisten nutzen“

      Letzteres ist unbestritten und gibt Anlass zur Sorge. Ersteres wird definitiv nicht behauptet und sollte daher auch von seriösen Medien so nicht verbreitet werden.

  14. „Verschlüsselungssoftware nutzen oder sogar selbst programmieren“

    Was’n Schmarren! Das tu ich auch, besonders das fiese gefährrRRRrrrliche „selbst programmieren“

    Geht doch einfach sterben du Arsch!

  15. Vor Jahren wurde gefordert seine E-Mails zu verschlüsseln.
    Wenn man es heute tut wird man kriminalisiert.
    Wenn man kriminelle E-Mails erhält, welche einen schädigen, bekommt man seitens der Ermittlungsbehörden den Hinweis man soll seine E-Mails verschlüsseln!
    Wer erkennt die Diskrepanz?

  16. Geiles Shirt. Um die Balance herzustellen, muss noch eins mit der Aufschrift „Doppelspion“. Ich bin sicher, die tatsächliche Häufigkeitsverteilung beider Parteien ist gleich.

    1. Ich währe noch weiter gegangen und hätte Horrorist mit der Zwiebel drinn geschrieben.

  17. Da braucht man keine Arien zu schreiben, ist halt typisches Schubladendenken.
    Ich geh noch einen Schritt weiter!
    Für die sind wir nur Linsen:
    Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.