Analyse der „stiftung neue verantwortung“: Braucht die Digitale Agenda das Kanzleramt?

Gibt die Vorhabendokumente nur an ausgewählte Journalisten & Lobbyisten: Bundeskanzleramt in Berlin. Bild: Tischbeinahe. Lizenz: Creative Commons BY 3.0.

Sebastian Rieger von der stiftung neue verantwortung hat eine Analyse verfasst, in der er beleuchtet, ob es sinnvoll war, die Federführung für die Digitale Agenda auf die drei Ministerien Wirtschaft, Innen und Verkehr aufzuteilen. Er kommt zu dem Schluss, dass die Konstellation primär nachteilig ist, da die Zuständigkeiten zu breit verteilt seien und damit nur ineffizient und mit hohem Koordinationsaufwand gearbeitet werden könne. Konkurrierende Parteiinteressen in den von unterschiedlichen Fraktionen geführten Ministerien erschwerten eine konstruktive Arbeit zusätzlich.

Wir hatten uns schon bei Bekanntwerden der Strategie dagegen ausgesprochen, dass Netz- und Digitalpolitik auf derartig viele kleine Ressorts verteilt und dementsprechend immer noch nicht als eigenständiger Bereich angesehen werden. Das zeigt auch der Ausschuss Digitale Agenda, der keine Federführung bekommen hat. Die Befürchtung, dass so keine sinnvollen Ergebnisse erzielt werden können, hat sich bisher bestätigt. Zuletzt erst heute bei der Vorstellung der Digitalen Agenda.

Rieger macht in seiner Analyse einen Vorschlag, wie die Situation verbessert und die verteilten Zuständigkeiten gebündelt werden könnten, als „Vormodell“ zu einem eigenen Internet-Ministerium:

Dafür würde zunächst die gemeinsame Verantwortlichkeit der drei Kernressorts aufgelöst und die Digitale Agenda zu einer Gesamtaufgabe der Bundesregierung erklärt. Das Bundeskanzleramt (BKAmt) würde mit einem zuständigen Staatsminister und einer eigenen Geschäftsstelle eine zentrale Rolle bei der Koordinierung der Digitalen Agenda einnehmen und in Ausnahmefällen steuernd eingreifen.

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2 Ergänzungen

  1. Der Vorschlag der Stiftung ist aus mehreren Gründen problematisch.

    Angesichts des dröhnenden Schweigens der Bundesregierung insbesondere zur Überwachungsproblematik ist das Kanzleramt die vermutlich ungeeignetste Stelle, um Koordinierungsaufgaben in der Digitalpolitik zu übernehmen.

    Verfassungsrechtlich würden auf diese Weise die Ressortkompetenzen der Ministerien (Art. 65 Abs. 2 GG) und die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin (Art. 65 Abs. 1 GG) miteinander vermengt. Außerdem sieht das sog. Kollegialprinzip (Art. 65 Abs. 3 GG) vor, dass die Bundesregierung als Ganzes über Streitigkeiten zwischen den Ministern entscheidet.

    So wünschenswert ein koordiniertes Vorgehen in der Digitalpolitik ist, so sehr wäre ein eigenes Internetministerium, das sich dieser Aufgabe annimmt, eine politisch und verfassungsrechtlich bessere Lösung.

  2. Das ist alles Symbolpolitik. Mich interessiert der Effekt, nicht wer das macht.

    Wichtig ist, dass es operationale Maßnahmen und Aktionen gibt, wer wo wann die Federführung hat, ist nicht so wichtig. Digitales durchzieht sowieso alle Ressorts.

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