Transatlantische Arbeitsgruppe zu PRISM kriegt Maulkorb

Die vor kurzem von der Europäischen Kommission versprochene transatlantische Arbeitsgruppe zur Untersuchung von PRISM bleibt an der kurzen Leine der EU-US-Geheimdienstkoalition. Das Vereinigte Königreich und Schweden machten deutlich: Angelegenheiten der nationalen Sicherheit sowie Geheimdienstarbeit liegen nicht in der Zuständigkeit der EU.

Die Gruppe wird sich „in erster Linie mit Angelegenheiten des Datenschutzes befassen“, sagt ein Vertreter der litauischen Ratspräsidentschaft gegenüber dem Guardian im Anschluss an diplomatische Verhandlungen über das Gesprächsmandat. Bei den morgen in Washington stattfindenden Vorgesprächen zur Arbeitsgruppe wollen sich die Vertreter*innen der EU-Kommission und der USA zunächst auf die Zusammensetzung der gemaulkorbten Arbeitsgruppe einigen, schreibt der EU-Observer.

Es ist also schon jetzt klar, dass diese noch nicht konstituierte Arbeitsgruppe nicht über PRISM und den Rest (den wohl größten Überwachungsskandal der Geschichte) reden wird.

Und: EU-Kommissarin Cecilia Malmstrom will sich in Washington auch noch versichern lassen, dass die USA beim Abgreifen von Fluggastdaten (US-PNR) und Finanzdaten alles richtig machen.

Zeitgleich beginnen die Verhandlungen über das transatlantische Acta 2.0 namens TAFTA.

An dieser Stelle drei brandheiße Politikempfehlungen an die Verantwortlichen in Europa:

Vorschlag 1: Tut was für die CO2-Bilanz und spart euch den Flug nach DC.

Vorschlag 2: Wenn ihr so gerne (EU-)Recht lest, legt euch mal die Grundrechtecharta auf den Nachttisch. Fortgeschrittene Advokaten können es auch gleich mit dem Völkerrecht probieren:

Artikel 17

(1) Niemand darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.

(2) Jedermann hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.

Vorschlag 3: Wendet das mal politisch an, was ihr da gelesen habt. Beim Überwachen seid ihr schließlich auch kreativ in der Rechtsauslegung.

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11 Ergänzungen

  1. Ich kann mich da irgendwie nicht festlegen, ob ich es gutheiße, dass die Regierung uns Infos zu Projekten wie PRISM oder vielleicht auch einer bestehenden Zusammenarbeit mit der NSA vorenthält. Auf der einen Seite sollten heutzutage alle Bürger informiert werden können, auf der anderen Seite dürfen vertrauliche Informationen auch nicht in die falschen Hände gelangen. Ich bin mir sicher, dass die Regierung uns einiges verschweigt, aber nicht grundlos.

    1. Was machen Sie bei gesammelten / vertraulichen Daten, die in falsche Händen fallen können (z.B. Religionszugehörigkeit in NL, die dort zu sehr effizienten Judenvernichtung geführt hat)?
      Gibt es überhaupt Kriminalität und Terror, wenn nicht bei jedem „größeren“ Terroranschlag der letzten 2-3 Jahrzehten V-Leute und verdeckte Ermittler ihre Hände im Spiel hätten?

    2. „… und kriegt einen Stempel, dem geht jeder auf den Leim, nämlich das Wort ‚GEHEIM’…“ (Der Furz)

  2. Können wir die Briten bitte mal aus der EU rauswerfen ? Die sind da nur als Schoßhund der Amerikaner drin um die anderen möglichst handlungsunfähig zu halten. Haben sie schon immer so gemacht. Den Kontinent bloß nicht zu einig sein lassen.

  3. Ich bin kein Pessimist aber wenn das durch kommt:

    „Communications Assistance for Law Enforcement Act 2“
    Kurz: Backdoors von Werk ab in allen technischen Dingen.

    Da bleibt mir nur zu sagen „Brave New World“, also richten wir uns einfach darauf ein…

  4. Wahrscheinlich sind die Teilnehmer gar nicht mehr in der Lage, Vorschlag 1 in Erwägung zu ziehen, da sie sich selber nicht mehr über den Weg trauen.
    Demnach wird das Spionage- und Vorhersagenetz viel tiefer in Persönlichkeitsrechte eingreifen, als wir es bisher in unseren schlimmsten Albträumen vorzustellen wagen. Vielleicht sind die einzigen Orte sicherer Kommunikation virklich nur noch der Wald oder das offene Meer im selbstgebauten Boot.

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