Senator Obama war für Kontrolle des Überwachungsstaates

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Quelle: New Yorker (Marc PoKempner)

Kara Brandeisky, Journalistin bei ProPublica, hat exzellent zusammengestellt, wie sich die Meinung – oder zumindest die Handlungen – des US Präsidenten Barack Obama im Laufe der Jahre zum Thema Überwachungsstaat geändert haben. So hatte Obama zwischen 2005 und 2008, teils in Kooperation mit Senator Russ Feingold, einige Gesetzesänderungen beantragt, die in der Telekommunikationsüberwachung und der Arbeit der Geheimdienste für mehr Transparenz und Kontrollmöglichkeiten sorgen sollten.

  • 2007 hatten Obama und Feingold gefordert, dass die Regierung „eindeutige und begründbare Fakten“ vorlegen muss, dass der Verdächtige einer „ausländischen Macht angehört“. Der Antrag war ähnlich zum „Amash Antrag“, der letzten Monat abgelehnt wurde. Obamas und Feingolds wurde unter der damaligen Bush-Regierung vom Komitee abgelehnt.
  • 2008 unterstützte Obama einen anderen Änderungsantrag Feingolds, der vorsah, dass Analysten je Einzelfall einen richterlichen Beschluss benötigen, um „beiläufig“ gesammelte Daten von US Amerikanern auswerten zu dürfen. Im selben Jahr hatte Obama dann jedoch den FISA-Änderungsantrag (Foreign Intelligence Surveillance Act) unterstützt, der es der Regierung ermöglicht ohne richterlichen Beschluss massenhafte Datenüberwachung bei Ausländern durchzuführen. Der Änderungsantrag ist die rechtliche Grundlage für die Überwachungs-Programme Prism und XKeyscore.
  • Feingolds Antrag von 2008 – der von Obama, wie erwähnt, unterstützt wurde – beinhaltete außerdem, dass Defense Department und Justice Department dem Komitee jährlich eine Liste hätten vorlegen müssen, die zeigt, wie viele Amerikaner von der Telekommunikationsüberwachung betroffen gewesen waren. Eine solche Auflistung wurde letztes Jahr wieder gefordert und der Inspector General des Geheimdienst-Komitees erklärt, dass diese Auskunft die Sicherheit der US Bürger gefährde.
  • 2007 unterstützte Obama mindestens zweimal, dass sog. „gag orders“ (Verordnung, dass Unternehmen den Kunden/Öffentlichkeit nicht darüber informieren dürfen, dass es eine Datenüberwachung durch die Regierung gab) nur noch in ganz bestimmten Fällen verhängt werden dürfen. Verizon durfte z.B. seine Kunden nicht darüber informieren, dass es Daten an die Geheimdienste weitergibt.
  • 2005 und 2007 hatte Obama Änderungsanträge unterstützt, die es Angeklagten ermöglicht hätten, Beweise, die durch Überwachung im Zuge des Patriot Acts entstanden sind, anzuzweifeln. Beide Anträge sind im Komitee damals gescheitert. Da Angeklagte zur Zeit nicht wissen, ob und wie die Beweise entstanden sind, können sie diese auch nicht anzweifeln. Zur Zeit muss die Staatsanwaltschaft nicht aufdecken, wie sie an die Beweise gekommen ist (ob im Zuge von Prism oder durch andere Maßnahmen). Gleiches gilt für das DEA, die Ermittlungsverläufe „rekreieren“, falls diese durch SOD-Informationen initiiert wurden.
  • Obama unterstützte weiterhin einen Änderungsantrag von 2005, der einen halb-jährlichen, öffentlichen Bericht über die Überwachungsmaßnahmen und ihren Umfang forderte.
  • Im selben Jahr unterstützte Barack Obama einen Änderungsantrag, der den umstrittenen FISA Court dazu verpflichtet hätte, „wichtige“ Entscheidungen (Neu-Intepretationen von Gesetzestexten, etc.) der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Wären diese Anträge akzeptiert worden, oder hätte Barack Obama sie wieder während seinen Legislaturperioden aufgegriffen, hätte man zumindest ein Mindestmaß an Kontrollmechanismen und Transparenz. Das Scheitern dieser Anträge zeigt vor allem, dass nicht früh genug eingegriffen wurde und so dieses Monstrum eines unmenschlichen Überwachungsapparates überhaupt entstehen konnte. Mit jedem blockierten Antrag wurden mehr Freiheiten gewährt und es kam zum immer größeren Ungleichgewicht zwischen Freiheit und vermeintlicher „Sicherheit“. Die USA machen nichtmals mehr Halt vor der Überwachung der eigenen Bürger, falls der Kommunikationspartner im Ausland ist.

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9 Ergänzungen

  1. Daraus lässt sich immerhin die Erkenntnis ableiten, dass das Problem der Überwachung nur auf Druck der Bevölkerung und nicht durch einen Einzelnen gelöst werden wird. Eine breite Bewegung muss die Überwachung abschaffen.

    1. Die wirst Du bei der paranoiden, konservativen, von terroristischen Anschlägen bedrohten Landbevölkerung im Süden und mittleren Westen der Vereinigten Staaten leider nicht finden :(

  2. Heise hat heute auch was schönes zum ‚Übersachungsstaat‘. Denn der ist quasi lt. EU damit legitimiert, weil ihn die Behörden doch so sehr wollen…
    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bruessel-legitimiert-Vorratsdatenspeicherung-mit-starker-Nachfrage-1932668.html

    Da bleibt einem die Spucke weg. Die demontiern uns unter dem Hintern weg unsere rechtsstaatlichen, sozial ausgerichteten Demokratien und bauen sie zu plutokratischen Überwachungsapparaten um.

    1. Man kann auch die Empirie sprechen lassen: nirgendwo ist die Aufklärungsrate so hoch wie in Deutschland.
      „Unter anderem Frankreich, Polen und Großbritannien behaupteten, dass die Informationen für Ermittlungen fast aller krimineller Delikte benötigt würden.“. In Frankreich und England scheints ja wirklich sehr viele Terroristen und Kinderschänder zu geben.

  3. Der Barak. Die Polit-Marionette der Neo-Liberalen.

    Ich finde witzig, wie so mancher Politiker doch in der Opposition fordern kann, was er will. Lässt ihn gut dastehen, wenn er doch weiß, jener oder der andere Antrag wird sowieso nicht durchkommen, aber für eine vermeintlich gute Reputation sorgen. Die alte Trickkiste…

    Damit arbeiten die Grünen (also diese Partei, die von den sog. Realos korrumpiert und übriggelassen wurde) schon seit Jahren … und auch die SPD hat es nie anders getrieben… Gegen Krieg waren sie, gegen soziale Zerrüttung, gegen Überwachung usw. usw.

    Sie erwirkten genau das Gegenteil von dem, was sie proklamierten… Frau Ditfurth ist nicht umsonst, wie viele andere, aus dem Zirkus ausgestiegen. Der poltische Betrug, nein das Verbrechen, an den Demokratien, ist unsagbar und müsste endlich mal Haftungen nach sich ziehen.

    Aber wem gehört denn dieser Staat? Uns Bürgern doch schon lange nicht mehr… Wir sind nur noch die Legitimations-Komparsen für die Verbrecher, die jahrelang Opposition schauspielern, um uns dann nur noch mehr zu verraten und zu verkaufen.

  4. Wenn ich für einen Augenblick als Arbeitshypothese annehmen, dass Obama guten Willens war, dann frage ich mich, welche Mechanismen in den USA wirken, dass Obama gedreht wurde:

    – das Versprechen, Guantanamo zu schließen wurde gebrochen. Noch immer ist der Folterknast im rechtsfreien Raum in Betrieb.

    – von dem in Afghanistan ehebrechenden General Petraeus wurde er belatschert, den Opium-Krieg dort dadurch zu beenden, dass er Truppen aufrüstete und vier Jahre später immer noch da ist.

    – in Pakistan werden Menschen ohne Gerichtsprozess oder UN-Mandat oder Kriegserklärung auf offener Straße zu hunderten von US-Drohnen exekutiert (Wahrscheinlich unter deutscher Mithilfe, aber unser Verteidigungsminister weiß ja nicht, was seine Untergebenen in seinem Namen tun).

    – die USA haben den Bürgern der Welt den Krieg erklärt und wollen jeden Bürger auf der ganzen Welt inkl. USA selbst ausspionieren. Telefon, Internet, alles was elektronisch zugänglich ist. Ohne Gesetz.

    – Jetzt wird auch noch der kalte Krieg aufgewärmt und die Abrüstung von Massenvernichtungswaffen ist Obama weniger wert als das harte Vorgehen gegen Whistle-Blower, die Verbrechen der US-Regierung aufdecken (vielleicht hätte Ex-KGB-Mann Putin Obama versichern sollen, dass ihm in St. Petersburg weder Folter noch Todesstrafe drohen. Offenbar ist den Amerikanern neuerdings solche Garantien wichtig).

    Für mich sieht das so aus, als wenn ein Film abläuft, in dem den US-Bürgern Demokratie und Rechtsstaat geraubt wird. Von einem klandestinen Netzwerk, dass öffentliche Verantwortung scheut, dass nicht leistet, was es verspricht, das den Staat finanziell leer saugt und das Demokratie und Rechtsstaat öffentlich verhöhnt und herabsetzt und heimliches Getue über die amerikanische Verfassung setzt.
    Rom hat die Demokratie an Caesar verloren, Frankreich an Napoleon. Die USA an Bush/Obama?

    Ich frage mich, wie wir unseren amerikanischen Freunden helfen können, zu Law and Order zurück zu finden statt Folter, Exekutionen, Totalspionage?

  5. Liebe Friedensnobellpreisträger,

    jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, sich von dem Ihnen verliehenen Preis zu distanzieren, der seit der Verleihung an Barak Obama nicht das Papier Wert ist, auf den die Urkunde gedruckt wurde.

    Mit freundlichen Grüßen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.