Petition: Hollyweb, W3C und Lobbyisten für „Digital Rights Management“ im HTML5-Standard

hollywebDer fast fertige HTML5-Standard für Webseiten soll technische Möglichkeiten zur Inhalte-Kontrolle erhalten. Mit dem gefährlichen „Digital Rights Management“ (DRM) ist aber schon die Musikindustrie gescheitert. Netzpolitische Organisationen rufen dazu auf, eine Petition dagegen zu unterzeichnen – macht mit!

Das HTML-Protokoll ist für das Internet zentral wie die Luft zum Atmen. Es beschreibt, wie Inhalte im Webbrowser dargestellt werden. Kein Wunder, dass die Neutralität, Unabhängigkeit und Offenheit dieses Protokolls nahezu allen Usern ausgesprochen wichtig sind. Genau diese Grundsätze sind jetzt in Gefahr, weil die Medienindustrie ihre Lobbyisten auf das World Wide Web Consortium (W3C) angesetzt hat, um eine standardisierte Schnittstelle für DRM-Mechanismen direkt in das HTML-Protokoll zu integrieren.

Bisher gibt es keine solche Schnittstelle im Protokoll, was zu Auswüchsen wie dem Flash-Plugin geführt hatte. Unter dem Vorwand, einen Ersatz für Flash zu schaffen, sollen nun Schnittstellen für proprietäre Erweiterungen in HTML in den Standard integriert werden. Damit entstehen mindestens zwei schwerwiegende Einschränkungen für User: Sie können nicht mehr jederzeit alle Inhalte empfangen, und die Implementierung der proprietären Erweiterungen ist nicht mehr vollständig in freien Webbrowsern wie Firefox möglich. Gerade diese Freiheiten sind Hollywood ein Dorn im Auge, so dass es mit Sicherheit keine Vorteile für Anwender gibt, mit denen sich diese Erweiterungen begründen lassen. Es soll die Einführung und Verbreitung von DRM-Technologie erleichtert werden, weil auf diese Weise jeder standardkonforme Browser als DRM-Schnittstelle dienen kann. Mehr nicht.

Die gründlichste Erklärung zu diesem komplexen Thema hat bis jetzt die Electronic Frontier Foundation geliefert. Ihr Artikel ruft zur Mitzeichnung einer Petition gegen die geplante „Encrypted Media Extension“ auf:

Tell the World Wide Web Consortium (W3C) and its member organizations not to embrace a proposal that undermines the very purpose of the HTML standard upon which the Web is built – freedom.

Mitte März wandte sich Autor und Netzaktivist Cory Doctorow in einem Guardian-Blogeintrag mit dem Titel „What I wish Tim Berners-Lee understood about DRM“ direkt an den HTML-Pionier Tim Berners-Lee. Darin äußert Doctorow seine Besorgnis darüber, dass im Rahmen des W3C über eine Erweiterung des HTML5-Standards um eine standardisierte Schnittstelle für Kopierschutztechnologien (Digital Rights/Restrictions Management, DRM) diskutiert wird:

Adding DRM to the HTML standard will have far-reaching effects that are incompatible with the W3C’s most important policies, and with Berners-Lee’s deeply held principles.

Das W3C hat bis jetzt großartige Arbeit beim Erstellen und Verwalten Offener Standards geleistet. Dieses fundamentale Prinzip ist unabdingbar für die Rolle, die das Internet inzwischen als öffentlicher und politischer Raum gewonnen hat. Man opfert kein Prinzip den Verwertungsinteressen der Industrie. Wir fordern unsere Leser auf, sich zu informieren und die Petition zu unterstützen.

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6 Ergänzungen

  1. HTML ist nicht wirklich ein Protokoll, oder? Sollte man nicht HTML-Standard schreiben? Das Protokoll zur Uebertragung von HTML ist HTTP.

  2. HTML ist kein Protokoll, sondern eine Auszeichnugssprache. HTTP wäre ein Protokoll ;)

  3. Also ich finde DRM in HTML5 richtig gut. Da hätte man dann endlich ein sicheres Verschlüsselungssystem das DPI unmöglich macht und somit auch zur Umgehung von Zensur genutzt werden könnte. Oder für ungefiltertes P2P über den Browser.

    D.h Nehmt einfluss so das das DRM so implementiert wird das man es „zweckentfremden“ kann.

  4. Ja, DRM is kacke. Aber ihr erwähnt mit keinem Wort, wofür EME eigentlich gedacht ist – der Verschlüsselung von Streams. Es ist sicher richtig, dass dadurch die Gefahr für ein DRM durch die Hintertür besteht. Aber dass man EME auch etwas Positives abgewinnen kann, seht ihr überhaupt nicht.

  5. @Wayne
    Dem kann man auch nichts Positives abgewinnen, da so eine Technik nur dazu dient, den Datenstrom vor dem Zugriff des Users zu schützen. Allein das bezeugt schon die tiefe Wertschätzung des Kunden und eine Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe.
    So ein in HTML5 integrierter DRM-Mechanismus setzt aber außerdem voraus, dass man als Browser eine Closed-Source-Software betreibt (dem Charakter nach eher eine „Adware“ und/oder „Spyware“).
    Hingegen ist freie Software nun mal per Definition inkompatibel mit DRM. Und man kommt auch schnell zum mutmaßlichen Sinn und Zweck solcher Vorstöße – nämlich das marktbeherrschende Aushängeschild für freie Software, Firefox, vom Markt zu drängen.
    Obendrein haben wir es bzgl. der Usability mit einer perfiden Ursache-Wirkungs-Umkehr zu tun. War es bisher bei DRM-Video unvermeidlich, umständliche und tendentiell schlecht funktionierende Plugins einzusetzen (man erinnere sich an gescheiterte Alleingänge einzelner Firmen, z.B. mit Windows-Media-Video), soll nun der DRM-Murks auf breiter Front in den offiziellen Webstandard hineingedrängt werden. Damit ergibt sich für den unkundigen User das Bild, das nicht wie zuvor DRM den vordergründigen Usability-Rückschritt darstellt, sondern die freie Software, die DRM-Streams gar nicht erst abspielen kann.

    Zusammenfassung:
    Die ansonsten als positiv zu bewertende Konformität zu Webstandards würde durch den DRM-Pflichtanteil dem Sinn nach auf den Kopf gestellt und nachhaltig pervertiert.

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