Netzpolitik-Interview: Andreas Baum über eine unheimliche Offlinedurchsuchung

Der Berliner Piraten-Abgeordnete Andreas Baum wurde am vergangenen Wochenende in Berlin kontrolliert und dabei wurde sein Handy offlinedurchsucht. Er machte daraufhin eine Praxis der Polizei sichtbar, die eines Rechtsstaates unwürdig ist. In einem Blogbeitrag schildert er das Geschehen: Wie mein Smartphone von der Polizei durchsucht wurde. Wir haben ihm daraufhin einige Fragen gestellt.

netzpolitik.org: Du bist am Freitag in eine Polizeikontrolle gekommen. Warum wurdest Du kontrolliert?

imageAndreas Baum: Das wurde nicht näher begründet. Ich wurde mit dem Hinweis, dass dies eine „Polizeikontrolle“ sei angehalten.

netzpolitik.org: War es für Dich nicht ungewöhnlich, dass bei einer Polizeikontrolle Dein Handy durchsucht werden soll?

Andreas Baum: Ich war erstaunt über den Ablauf. Zunächst hätte ich erwartet dass die Fahrzeugpapiere verlangt würden, das war nicht der Fall. Stattdessen wurden meine Hosentaschen durchsucht und entleert. Als sie auf mein Handy stießen, schien dies von starkem Interesse zu sein.

netzpolitik.org: Was haben Dir die Polizisten als Begründung gesagt?

Andreas Baum: Sie meinten, dass sie überprüfen wollen, ob das Handy gestohlen sei. Ich bot an, die IMEI Nummer anzuzeigen, das reichte dem Polizisten jedoch nicht. Als er merkte, dass ich zögerte, ihn mit meinem Handy zum Auto gehen zu lassen, sagte er, „Ich werde schon nicht in ihren privaten Nachrichten herumgucken, daran habe ich gar kein Interesse, oder haben Sie etwas zu verbergen?“. Daraufhin vertraute ich dem Polizisten, und widersprach nicht.

netzpolitik.org: Ist das legal?

Andreas Baum: Dass sich ein Polizist unter einem Vorwand Zugriff auf persönliche Daten beschafft und diese einsieht, ist meiner Kenntnis nach nicht legal, und darf keine übliche Ermittlungsmethode sein.

netzpolitik.org: Gehst Du jetzt rechtlich dagegen vor?

Andreas Baum: Ja.

netzpolitik.org: Hast Du in den letzten Tagen von mehr Fällen gehört?

Andreas Baum: Ja, ich habe in persönlichen Gesprächen von Vorfällen erfahren, die einige Fragen aufwerfen.

netzpolitik.org: Würdest Du das nochmal so machen oder Dich zukünftig anders verhalten?

Andreas Baum: Ich würde mich in Zukunft anders verhalten und jegliche Durchsuchung oder Angaben über die Personalien hinaus verweigern.

netzpolitik.org: Welchen Tipp kannst Du unseren Lesern geben, wenn sie in eine vergleichbare Situation kommen?

Andreas Baum: Jeglicher Durchsuchung widersprechen, Handys nicht aus der Hand geben, auch wenn im freundlichen Gespräch der Eindruck erweckt wird, es wäre sinnvoll dies zuzulassen.

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18 Ergänzungen

  1. Über „Anfangsverdacht“ geht in D si gut wie alles.

    Und wer mag schon einem geschulten Polizisten im Agro-Modus wiedersprechen. Der fängt sonst erst recht an zu suchen.

    Am einfachtesten ist es leider, gar nichts zu sagen, bis auf das was man muss. Dies schliesst die PIN aus. Wobei es (wie hier schon mehrfach geposteted) Hardware gibt, um Handys auch ohne Einwilligung komplett auszulesen.

    Eine Anzeige sollte man aus pädergoischen Gründen verusuchen, dass spricht sich dann rum — der ‚richtige‘ Anfangsverdacht dann aber vermutlich auch … (Radarwarner, for example)

    (Fixt mal euer „§“$%“$“§ Kommentarsystem … grummel)

  2. steht in jedem Demo Ratgeber

    Maulhaltung ist die einzige Haltung.
    und Handy garnicht mitnehmen.

    Als Pirat bist du quasi auf deiner Dauer-Demo

    Oder wie jeder Politiker antwortet wenn er von der Polizei befragt wird:“Dies ist mir nicht erinnerlich“ und alles verneint.

      1. LOL +1 für Hans Meyer
        Handy nicht mitnehmen ist realitätsfern, die meisten Menschen wollen doch etwas teilhaben an der Kommunikation. ;)
        Aber ich hebe auch ein wenig die Augenbraue ob das nicht politische Gründe hatte …

      2. quote=“Hans Mayer“-„Und warum fühlt es sich dann so an als wäre das eigene Leben unter Dauerüberwachung?“

        ja, ganz ernst ist der Ratschlag nicht. Jeder hat das bedürfnis (und Recht) auf Kommunikation.
        Aber es geht schon in diese Richtung. Ein Handy bei sich zu tragen ist dann schon fast fahrlässig sollte es zu einer Kontrolle kommen.
        Es bräuchte TAILS fürs Handy.
        Und als öffentliche Person und Pirat ist man anscheinend schon „Person of Interrest“.

        Da muss man als Internetaktivist schon als Demonstrant sich wahrnehmen. Piratenmitglied ist dann der DauerDemonstrant.
        Und wenns mal soweit ist gelten auch die Demo-Regeln aus dem Meatspace die ganze Dauer über.

        Imei steht auf der Rückseite unter dem Akku. und keine 30min im Auto. Wenn er diese wissen wollte, hätte er diese abgeschrieben oder das handy zerlegt.

        ioerror zum Beispiel verwendet keine durchsuchten elektronischen Gegenstände mehr wenn sie mal in Händen der Staatsmacht waren.
        Und elektronische Geräte hat er nicht mehr bei Sich wenn er einen Grenzübertritt macht.

  3. Und IMMER ein Durchsuchungsprotokoll verlangen, welches einem rechtlich zusteht. darin MUSS nämlich ein grund der durchsuchung angegeben werde und man hat dan was schwarz auf weiß, wogegen man vorgehen kann. auch die erwähnung, dieses protokoll zu verlangen kann im einzelfall schon eine (unrechtmäßige) durchsuchung beenden.

    und „polizeikontrolle“ gibt es nicht. sollte man mal machen, die polizei mehr kontrollieren ; )

  4. Wenn er sich bückt und die Backen spreizt braucht er sich nicht wundern wenn er dann auch gef…. wird.
    Und sowas sitzt in einem Abgeordnetenhaus, bringt ihn da seine Mutti hin nachdem sie ihn aus dem Kindergarten abgeholt hat?

    1. Wow, Victim Blaming von Feinsten….

      Und wenn du den Artikel auf seiner Homepage gelesen hast, ging es ihm auch gerade darum, so behandelt zu werden wie ein normaler Bürger.

      1. Den Artikel habe ich gelesen. Und ob er so behandelt werden wollte wie ein „normaler“ Bürger ist nicht von Interesse.
        Was ihn disqualifiziert ist seine Unfähigkeit auch nur zu versuchen die eigene Position zu verteidigen. Wie kann der auf die Idee kommen als Abgeordneter auch noch den „normalen“ Bürger vertreten zu wollen.

  5. Wer ein Android Handy hat, kann sich die ROM MIUI drauf ziehen.

    Dort gibt es die Möglichkeit, sein ganzes Handy zu verschlüsseln. Allerdings muss das Passwort sehr lang gewählt werden, damit es nicht via brute-force geknackt werden könnte.

    Also eine Möglichkeit wäre, die Passwort Abfrage nach jedem Neustart anzufordern. Somit wenn es hart auf hart kommt, einfach Akku aus dem Handy nehmen :)

    Auch krass ist, es gibt Länder (UK und ggf. US soweit ich weiß), wo man Passwörter vor Gericht abgeben muss bei Verdacht, wenn man nicht verurteilt werden möchte. In DE zum Glück nicht.

      1. Zeit geben? Wofür? Das ist doch schon seit dem 01.07.2013 Realität. Und schlimmer noch: Du musst es ihnen gar nicht verraten, die dürfen die Provider, Hersteller, etc. um die Passworte, PINs, etc. bitten und die müssen liefern.

  6. Liber „Name“,

    lebst du noch oder bist du schon Troll.

    Gott sei Dank gibt es Abgeordnete die noch ihre Funktion erfuellen, den Buerger und seine Meinungen und Interessen vertreten.

    Es ist fur die meissten unter uns keine normale Situation von Polizei befragt zu werden. Andreas Baum faehr mit seinem Motorrag in den Bundestag das haettest du, Lieber Name aus seinem Text lesen koennen. Ich hoffe du bekommst genug Liebe von dem Abgeordneten der dich „vertreten“ soll.

    Umarmung lieber Name

    Und mein herzlichster Dank an Andrea Baum.

    Ralf

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.