Neoliberales Teilen? Grüne EU-Abgeordnete gegen Sharing und Fair Use

Mit einem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau eröffnet die Grüne EU-Abgeordnete und Vizepräsidentin des Kulturausschusses Helga Trüpel die Urheberrechtsdebatte im neuen Jahr. Leider fallen hierbei Auftakt und vorläufiger Tiefpunkt in eins.

Als hätte es das Jahr 2012 und seine bisweilen differenzierten, nachdenklichen, empirischen und versöhnlichen Beiträge zum Thema nicht gegeben, eröffnet Trüpel die nächste Runde eines ihrer Meinung nach tobenden „Kulturkamp[s] zwischen Verfechtern des Status quo und denjenigen, die mit der Macht des Faktischen der digitalen Realität argumentierten.“ Schon diese Situationsbeschreibung ist eine Karikatur. Denn die einen fordern keineswegs, wie hier und im restlichen Text insinuiert, die bloße Beibehaltung des Urheberrechts; vielmehr ging und geht es um dessen mit Überwachungstechnologien flankierte Verschärfung, um mit allen Mitteln einen „status quo“ von Geschäftsmodellen aufrechtzuerhalten. Die anderen wiederum stellen nur in den allerseltensten Fällen das Urheberrecht als solches in Frage, sondern machen – wie selbst die fast schon zu braven Piraten – vor allem vorsichtige Reformvorschläge.

Der Fokus von Trüpels Beitrags liegt aber ohnehin woanders. Sie verspricht sich neue Kompromisse von der „Klärung des zentralen Begriffs des ‚Sharings'“:

„Sharing is caring“ (Teilen ist Fürsorge), das auf den ersten Blick so sozial anmutende Motto der Netzgemeinde muss klar in Frage gestellt werden. Denn ohne eine Rückbindung an soziale Verantwortung, Beteiligung und Transparenz wird der Leitspruch des kostenlosen Weiterverbreitens im Netz zur neoliberalen Leerformel.

Trüpel kritisiert „Commons-Aktivisten“, die der analogen Logik der Knappheit eine Logik der Fülle verlustfreier Digitalkopien entgegengehalten, als „Verfechter eines digitalen Schlaraffenlandes“, das Künstler und Medienschaffende existenziell bedrohe. Im Wesentlichen besteht Trüpels „Klärung“ des Begriffs „Sharing“ also darin, ihn zu einer zu einer „neoliberalen Leerformel“ zu erklären.

Aber nicht nur (File-)Sharing ist Trüpel ein Dorn im Auge. In ihrem Beitrag wendet sie sich auch gegen jede Reform urheberrechtlicher Schrankenregelungen und kritisiert explizit die Idee einer Fair-Use-Regelung nach US-Vorbild, weil diese „das im Urheberrecht verankerte Selbstbestimmungsrecht der Urheber“ missachte. Dieses Selbstbestimmungsrecht galt und gilt aber keineswegs uneingeschränkt. Schon immer kannte das Urheberrecht Ausnahmen – Schranken – um kreative Entfaltungsmöglichkeiten (z.B. von nachfolgenden Künstlern) und öffentliche Interessen (z.B. in Wissenschaft und Lehre) zu fördern. Fair Use würde hier vor allem Probleme mit Urheberrechtsverletzungen im Bagatellbereich (z.B. Hintergrundmusik in Handy-Videos) entschärfen und für mehr Flexibilität sorgen; neue Nutzungsweisen wären erlaubt, solange sie herkömmliche Verwertungsketten nicht untergraben.

Statt einer Fair-Use-Klausel schlägt Trüpel Sampling-Portale vor,

wo Urheber ihre Werke unter bestimmten Bedingungen selbst zum Remixen freigeben könnten; oder die Einführung eines europäischen Werkregisters mit entsprechenden Lizenzen, um Rechteinhaber korrekt auszuweisen und den Nutzern eine transformative Werknutzung zu erleichtern.

Gegen beides, Sampling-Portale und ein europäisches Werkregister, ist nichts einzuwenden. Das Problem alltäglicher Urheberrechtsverletzungen wie jüngst rund um Vorschaubilder beim Teilen von Links in Facebook bliebe auf diese Weise aber völlig ungelöst. Paradoxerweise würde hier eine ungenauere Regelung wie Fair Use für ein Mehr an Rechtssicherheit sorgen (vgl. zu diesem Thema auch eine aktuelle Studie des US-Rechtswissenschaftlers Matthew Sag mit dem Titel „Predicting Fair Use“).

Deshalb bringt es nichts bzw. die Debatte keinen Schritt weiter, „vereinfachte Lizenzierungen“ und „Schrankenausweitungen des Urheberrechts“ gegeneinander auszuspielen, wie es Trüpel im Schlussabsatz ihres Gastbeitrags tut. Im Gegenteil, es geht nicht um ein entweder/oder sondern vielmehr um ein sowohl-als-auch: es braucht vereinfachte Lizenzierungen und Schrankenausweitungen im Urheberrecht.

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39 Ergänzungen

  1. Hallo und Danke für den Beitrag. Ich finde die Kritik angemessen und ausgewogen. Toll, dass ihr nicht den Fehler macht, auf einen billigen Rant mit einem billigen Rant zu antworten!

    Eine Frage bleibt mir: Wie steht Leonard Dobusch zu „Sharing is Caring“? Auch wenn Helga Trüpel sich offensichtlich vergaloppiert, ich finde den Ansatz, den Begriff auch mal zu hinterfragen und den Unterschied zwischen Commons in der Agrarwirtschaft (wo sie ja herkommen) und der Medien-/Kulturbranche klarzustellen.

    1. Ich stimme zu, dass es total spannend wäre, sich einmal eingehender mit Sharing als der vielleicht wichtigsten digitalen Kulturtechnik auseinanderzusetzen (Ich habe diesbezüglich sogar schon einmal einen leider nicht erfolgreichen Forschungsantrag verfasst ;-).

      Was mich an Trüpels Beitrag besonders stört, ist die Ausdehnung von FIlesharing-Kritik auf Sharing ganz allgemein. Digitales Teilen ist aber viel, viel mehr als Filesharing (abgesehen davon, dass auch dessen monetäre Folgen alles andere als eindeutig sind). Digitales Teilen ist Wikipedia, ist Twittern, ist Facebook, ist Bloggen, ist Creative Commons.

      Was die Frage der Commons betrifft, so ist gestern in der Berliner Gazette ein Beitrag von mir zum Thema erschienen.

      1. Ich bin in der Vergangenheit ein paar mal auf Diskussionsveranstaltungen mit Frau Trüpel gewesen, in denen es um Urheberrechte ging.

        Trüpel hat sich da ähnlich geäußert. Ich bin nicht sicher ob sie das Prinzip von Commons und Open-Source überhaupt versteht (oder ob sie denkt, es gäbe da eine z.B. Firma „Linux“), allerdings ist mir klar geworden, dass sie Menschen, die ihre eigenen Ideen frei verbreiten wollen als Bedrohung für die „etablierten“ Vertriebswege sieht.

        Ich vermute, dass liegt daran, dass sie -wie viele in ihrer Generation- die Auffassung vertritt, dass die kreative Leistung eines Menschen, der sich entscheidet sein Werk frei zugänglich zu machen, per Definition keine beachtenswerte Leistung darstellt. Kunst ist etwas eben erst, wenn das Feuilleton es dazu erklärt.

        Ich habe Frau Trüpel bei einer Diskussionsrunde mal gefragt, ob sie Verbreitung von freier Software verbieten möchte. Um die Antwort hat sie sich gedrückt.

  2. “Biographie – Nach dem Abitur in Moers absolvierte Trüpel ein Studium der Germanistik, Religionspädagogik und der Psychologie an der Universität Bremen.”

    Meine Vorhersage für 2013: wir werden noch viel Spass mit der Christlich Grünen Union haben.

  3. Ich sehe ein Problem mit dem Werksregister, dass es am Ende (fast) leer sein wird.
    Nicht nur, weil bei den Kuenstlern derzeit die Panikmache umgeht, alles zu verlieren, sondern auch einfach schlicht nur, weil man zu faul ist, ueberhaupt etwas einzutragen.

  4. Wie du schon schreibst: das ist der „vorläufiger Tiefpunkt“. Das Jahr ist noch lang, da kann noch viel kommen.

    Ich dachte eigentlich, die Grünen fänden Teilen supi. Gilt das jetzt nur für Kartoffeln, aber nicht für wissenschaftliche Texte? Ich verstehe diese Partei nicht….

  5. Schade. Jetzt werden 200 Jahre negative Erfahrungen mit dem Urheberrecht missachtet und religiös wild herumspekuliert, was alles sein könnte. Im Effekt wird damit der Modernisierungsprozess behindert.

    Was mich irritiert, ist dieser Fundamentalismus, wie er auch in der Datenschutzdebatte bei den Grünen im EU-Parlament gepflegt wird. Dem Einzelnen wird das alles überragende Recht erkämpft, etwas veröffentlichen zu dürfen, und die Öffentlichkeit hat keinerlei Recht, sondern nur Pflichten. Kostenloses ändern der Veröffentlichung, wenn sich die Tagesmeinungen ändern („Recht auf Vergessen“), usw.
    Es wurde hier über das Buch „No Copyright“ von Jost Smiers und Marieke von Schijndel diskutiert:
    https://netzpolitik.org/2012/buch-%E2%80%9Ekein-copyright-von-jost-smiers-und-marieke-van-schijndel/
    Darin wird gezeigt, dass das Copyright neoliberale Ausbeutung (auch der Künstler) sei. Nun wird frisch fromm fröhlich frei das Gegenteil ohne näheren Beweis behauptet. Die Zahlen der Künstlersozialkasse sprechen eine ganz andere Sprache als Frau Trüpel: 12.000 €/Jahr für Musiker, 15.000 €/Jahr für sonstige Künstler versichertes Einkommen. Hartz4 ist mehr. Und solch ein versagendes Urheberrecht soll tradiert werden?

    Ich halte die Einwürfe von Frau Trüpel für weltfremd. In den USA ist Fair Use seit langem Standard. In UK wird gerade wieder das Recht auf Privatkopie eingeführt. In Youtube findet man seit einiger Zeit viele ausländische Spielfilme. Für Deutschland sieht man dagegen häufig die nationalistische GEMA-Sperre in weltfremder Isolation der Deutschen.

    Die Bürger interessiert solche Politik nicht mehr. Sie nehmen es hin, dass mit 600.000 Abmahnungen im Jahr auch Kinder durch solche Politikerinnen kriminalisiert werden, ohne dass die Bürger gegen solche Brutalität auf die Straße gehen. Aber sie nutzen millionenfach Portale wie kinox.to und andere. Und auch Kim Dotcom, wenn er wieder sendet. Die Bürger fühlen sich nur noch verarscht, wenn von Ihren Steuern ARD+ZDF finanziert werden und sie dann nicht das Recht bekommen, auf die von Ihnen finanzierten Werke zuzugreifen.

    ARTE wendet Steuermittel auf, damit Steuerzahler nicht an ihre Werke rankommen, wenn sie sie für ein paar Stunden im Internet haben. Die ARD sperrt in der Mediathek wegen Jugendschutz vor 22 Uhr. Wie weltfremd will man sich noch geben, wenn der gleiche Kram im Netz durch Selbsthilfe der Bürger eingestellt wird?

    Die Kluft zwischen Lobbyisten der Verwerterindustrie wie Frau Trüpel und den Bürgern wird immer tiefer. Es ist kein Reformwille erkennbar. Man schiebt das Soziale trotz gegenteiliger, 200-jähriger Empirie vor. Man man macht theoretische Politik gegen den Bürger, ohne dem Künstler sozial zu helfen. Das ist nicht tragfähig. Es treibt uns in die Isolation. Schade.

    P:S: Es wurde Moers gesagt. Adolfinum? Weiss jemand, ob das die Tochter ist von Franz Trüpel vom Krupp-Gymnasium , Rheinhausen, ist?

  6. Auch wenn es schön wäre, in der Debatte bereits weiter zu sein, noch haben wir einen „Kulturkampf“ vom Feinsten. Content und Technik stehen sich unversöhnlich gegenüber. Entscheidungen werden nicht miteinander, sondern gegeneinander durchgesetzt. Das lässt sich auch beim LSR wunderbar beobachten.

    Und auf welcher Seite stehen die Nutzer? Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass ein großes Interesse daran besteht, urheberrechtlich geschützten Content kostenlos zu nutzen.

    Vor diesem Hintergrund liest sich der Beitrag von Helga Trüpel doch ganz einfach. Sie macht sich für die Interessen der Urheber – oder auch gerne Künstler – stark. Interessant wird es, wenn man diesen Denkanstoß aufgreift, um über Maßnahmen (bessere Strafverfolgung, Förderung legaler Angebote, usw.) zu diskutieren. Das wird aber erst möglich sein, wenn alle Beteiligten den Empörungsmodus verlassen haben.

    1. Und wer glaubt ernsthaft, dass die Verwerter durch bessere Strafverfolgung auch nur einen Cent mehr verdienen?

  7. Trüpel [schlägt] Sampling-Portale vor, wo Urheber ihre Werke unter bestimmten Bedingungen selbst zum Remixen freigeben könnten

    Schön gesagt, aber in Teilen praxisfern.

    Musizierende Künstler, die von ihren Werken leben können wollen, bleibt praktisch oft kein anderer Weg, als sich auch Vergütungen über die GEMA auszahlen zu lassen. Die lässt den Künstlern aber eben NICHT die Freiheit, einzelne Stücke nach Gutdünken „zum Remixen freizugeben“: bei der GEMA wird entweder alles von Künstler geschaffenes verwertet oder gar nichts – flexible Verträge gibt es nicht.

    Kein GEMA-vertretener Künstler kann Trüpels Vorschlag legal umsetzen!

    Es klemmt also an allen Ecken – vom Urheberrecht bis zur Verwertung. Hier süffisant mit gutgemeintenm, aber unbedacht dahergeplapperten Handlungsempfehlungen an die Krativen zu kommen, die wirken, als kämen sie direkt aus den Büros der Kontentindustrie-Lobbyisten, reicht nicht. So einfach und in Ordnung ist das alles nämlich nicht.

  8. „das Künstler und Medienschaffende existenziell bedrohe.“

    Mit welchen sie sich wohl zusammengesetzt hat?
    Ich vermute mit den vielen vielen unabhängigen die inzwischen ihre Kohle auf Youtube etc. verdienen.

    Ganz sicher nicht mit den sogenannten „Vertretern“… :)

  9. „sharing is carring“ z.B Wissen wird mehr wenn man es teilt! Es gibt eben unterschiedliche Commonpoolresources mit unterschiedlichen Eigenschaften. Ich empfehle dazu den Blog http://commonsblog.wordpress.com/ es gibt halt noch mehr als nur Creative Commons.

    Aber zurück zur Fr. Trüpel, jeder weis, dass die „Kopierbarkeit“ zu den Eigenschaften digitaler Medien/Werke/etc. gehört, deswegen sind sie digital. Niemand zwingt einen Künstler sein Werk in digitaler Form rauszubringen. Ich finde die Debatte immer dan total verlogen, wenn sich besonders jene Musiker übers kopieren beschweren die mit ihren Protools Ein-„Schnappi“-Songs nach dem anderen erzeugen, via Copy&Paste in irgendeiner Software rumfuhrwerken, dan aber von allen anderen verlagen ihr dürft keine digitale Technik verwenden.

    1. „Niemand zwingt einen Künstler, sein Werk in digitaler Form rauszubringen.“

      Was sollte ein Musiker Ihrer Meinung nach tun, um sich Gehör zu verschaffen und von seiner Tätigkeit zu leben? Ausschließlich Vinyl und Kassetten anbieten und live vor einer Hand voll Leuten auftreten?

      Was wird aus der Kreativität, die den Broterwerb nicht sicherstellt? Ein Hobby für den Feierabend, das kaum mehr hergibt, als das erwähnte Fummeln nach Baukastenprinzip oder das Klampfen am Lagerfeuer? Oder die nette Freizeitgestaltung für wenige Privilegierte, die es sich leisten können, den ganzen Tag ohne Existenzdruck einem intensiven Hobby nachzugehen?

      Natürlich ist es schon lange so, dass kaum jemand von Musik leben kann und dass nur wenige etwas von der Verwertung haben und dies nicht automatisch deshalb, weil sie „besser“ sind als andere. Wenn kreativer Reichtum erhalten bleiben soll, müssen fairere Bedingungen für Urheber geschaffen werden. Ansonsten sorgen Konsumenten und Verwertungsgesellschaften ohnne es zu wollen für den Kahlschlag.

  10. Lieber Leonhard Dobusch,

    ich möchte nur kurz auf deinen Blogeintrag eingehen:

    Ich bin Kulturpolitikerin und setze mich deswegen natürlich für die Interessen der KünstlerInnen und UrheberInnen ein. Ich bin als Grüne für den Mindestlohn, warum sollte ich bei den Urhebern nicht an einer wirklich fairen Bezahlung interessiert sein und ihre Bezahlinteressen auch gegen Google vertreten? Natürlich bin ich dafür, dass Urheber mit CC arbeiten können, wenn sie das denn möchten. Das geht ja auch mit dem bestehenden Urheberrecht. Ich setze mich auch dafür ein, dass dieses Modell bei der Gema berücksichtigt wird. Außerdem bin ich dafür, dass europaweite Verwertungsgesellschaften entstehen, die auch im Wettbewerb miteinander agieren können, um damit dem Schöpfer unterschiedliche Möglichkeiten der Umsetzung seines Urheberrechts anzubieten und somit Zwangslizenzierungen oder Auseinandersetzungen über Creative Commons Lizenzen überfällig zu machen, da sich jeder Schöpfer die Verwertungsgesellschaft aussuchen kann, die ein seinen Wünschen entsprechendes Lizenzierungsverfahren anbietet.
    Außerdem bin ich für eine Reform des Urhebervertrgasrechts, um KüstlerInnen gegen Verwerterinteressen zu stärken, wie es im grünen BDK Beschluss gefordert wird.

    Wir haben bei den Grünen noch einige offene Fragen zu diesem Thema, das ist kein Geheimnis. Ich erwarte mit Spannung das Gutachten zu der Kulturflatrate und hoffe, dass dieses Gutachten einige offene Fragen klären kann. Der BDK Beschluss verlangt übrigens, dass genau definiert wird, was privates filesharing ist und dass es z.B. keine Werbung auf den Portalen geben darf.

    Die Verschiebung der politischen Koordinaten geht inzwischen soweit, dass selbst die Dienstleistungsgesellschaft ver.di, deren ureigenstes Interesse die soziale Besserstellung von Beschäftigten in Kultur-, Kunst- und Medienberufen ist, sich etwa auf hier (bei netzpolitik. org) vorwerfen lassen muss, sie würde mit dem Beschluss des Positionspapieres „Urheber first“ (http://l.hh.de/7vgHBv) gänzlich „Verwerterpositionen“ vertreten.
    UrheberInnen besser zu stellen in ihrer Verhandlungsmacht und auch fair zu bezahlen, ist für mich immer noch richtige linke Politik.

    Gruss
    Helga Trüpel

    1. Liebe Helga Trüpel,

      in fast allen Punkten, die Sie in Ihrem Kommentar hier auf netzpolitik.org ansprechen, sind wir uns einig. Nur stand davon kaum etwas in Ihrem Gastbeitrag in der FR. In dem ging es um das Konzept „Sharing“ und die Ablehnung von Fair Use.

      Diesbezüglich haben Sie die Neoliberalismus-Keule ausgepackt und nicht nur Filesharing, sondern Sharing ganz allgemein damit attackiert. Wie oben erwähnt fallen aber auch Wikipedia, Twittern, Facebook, Bloggen, und Creative Commons unter Sharing.

      Die Fundamentalopposition was Fair Use betrifft halte ich nicht nur für inhaltlich sondern auch für taktisch falsch: gerade wenn einem Akzeptanz des Urheberrechts ein Anliegen ist, dann sollte man ein Interesse daran haben, Bagatellverletzungen und Remixkunst zu erlauben.

      Mit freundlichen Grüßen,
      Leonhard Dobusch

      1. @Leonhard,
        ist die Kritik nicht etwas sehr von einen Reflex bestimmt, anstatt der Auseindersetzung mit dem tatsächlich geschriebenen ? , zumal ja in den allermeisten Punkten Konsens herrscht ? Ich hab nochmal genau nachgelesen. HT kritisiert bei “ sharing is caring “ die inhaltlose Verwendung einer amerikanischen Floskel, die irgendwie zunächst gut klingt, aber kein Mensch weiß, was da nun eigentlich konkret gemeint sein soll. Diese Definition fordert Sie ein, um eben NICHT auch einer neoliberalen Auslegung nur einer Floskel Tor und Tür zu öffnen. Deine genanten Beispiele von Sharing haben mit neoliberal nichts zu tun, eine Abgrenzung gegenüber anderen Interessen ergibt doch Sinn, oder nicht ? . Dazu Bedarf es einer Definition. Eine Fair Use Diskussion ergibt weitergehend eher wenig Sinn, wie leben in unserem gewachsenen Rechtssystem. HT erwähnt hier bereits die Initiativen, welche Änderungen hin zu einer rechtssicheren Situation , und eine Erweiterung der Selbstbestimmung der Urheber über Ihr Werk, konkret und in unserem Rechtssystem umsetzbar, voranbringen. Diese decken sich in weiten teilen mit der Berliner Erklärung zum Urheberrecht der Berliner Grünen, welches ein Konsenspapier von Netz, Kultur, Medien, Wissenschaft. Lehre und Demokratie Landesarbeitsgemeinschaften ist. Ich meine, die Diskussion ist längst über Reflexe hinausgewachsen. Für mich war der Netzpolitische Kongreß vergangenes Jahr, ein Meilenstein einer Konsensfindung zur Gestaltung der Digitalen Zukunft.. Lasst uns da anknüpfen, und uns nicht an Reflexen abarbeiten.

      2. @Angelo:
        Ich finde nicht, dass meine Replik ein bloßer Reflex war. Die Ausdehnung von Filesharing-Kritik auf Sharing im Allgemeinen in Verbindung mit dem Killerwort „neoliberal“ wirft eher neue Gräben auf.

        Und vor allem, wenn es um Fair-Use geht, dachte ich auch, wir wären weiter. Selbst FDP-Leutheusser-Schnarrenberger hat sich in der FAZ für Änderungen auf EU-Ebene in Richtung Fair Use ausgesprochen. Und es geht dabei nicht darum, einfach 1-zu-1 das US-Modell zu übernehmen.

        Am Tisch liegt vielmehr der Vorschlag, zu den bestehenden Schranken eine allgemeine Fair-Use-Schranke hinzuzufügen, deren Inhalt in etwa dem Drei-Stufen-Test entspricht. Ob es dann dafür eine Pauschalvergütung geben sollte und in welcher Höhe, das wäre zu diskutieren. Stattdessen sperrt sich Helga Trüpel prinzipiell gegen diesen Weg.

        Und was eine „Erweiterung der Selbstbestmmung der Urheber“ zur Lösung der bestehenden Probleme beitragen soll, ist mir auch ein Rätsel.

    2. Als ob die EU den Verwertern nicht schon mal eben die Ausdehnung von 50 Jahren auf 70 Jahre geschenkt hätte.
      http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/barnier/headlines/news/2011/09/20110912_en.htm
      Für mich ist das ein gebrochener Sozialvertrag, ein Skandal. So geht das, immer längere Schutzfristen und wenn es dann um Zitierrechte, Fair use oder die Rechte von Blinden geht, dann werden die kleinkariertesten Regeln entwickelt und neue Abgaben zur „Kompensation“ erfunden. So geht das einfach nicht.

      Im übrigen, was gehen deutsche Künstler die Verwertungsinteressen der verbliebenen 4-5 Tonträgerweltkonzerne an, die uns kolonialisieren? Diese wirtschaftlichen Strukturen sorgen doch eher dafür, dass deutsche Künstler überhaupt keinen Marktzugang erhalten. Wer was für Künstler tun will, der soll Regionalquoten im föderalen Rundfunk Deutschlands durchsetzen, damit nicht alle die gleiche TOP30 Liste hoch und runter spielen, und die föderale Aufstellung jedenfalls bewirkt, dass man als Musiker aus Hessen besseren Zugang zu hessischen Rundfunksender hat, idealerweise als der Schallplattenkonzern aus Übersee.

    3. die Dienstleistungsgesellschaft ver.di, deren ureigenstes Interesse die soziale Besserstellung von Beschäftigten in Kultur-, Kunst- und Medienberufen ist, sich etwa auf hier (bei netzpolitik. org) vorwerfen lassen muss, sie würde mit dem Beschluss des Positionspapieres „Urheber first“ (http://l.hh.de/7vgHBv) gänzlich „Verwerterpositionen“ vertreten.

      Was eventuell etwas damit zu tun habe könnte, dass sie für das unlogische, unökonimische und völlig ungerechtfertigte Leistungsschutzrecht eintritt?

    4. „(…)“außerdem bin ich dafür, dass europaweite Verwertungsgesellschaften entstehen, die auch im Wettbewerb miteinander agieren können.“

      Wie soll denn der „Wettbewerb“ zwischen Verwertungsgesellschaften (europaweiten!) ausgelöst werden? Sollen Verwertungsgesellschaften wie kommerzielle Unternehmen agieren können? Sollen neue Mitglieder durch besondere Konditionen gewonnen werden? Und auf was für Mitglieder würden sich die im „Wettbewerb“ erfolgreichen (umsatzstarken) Verwertungsgesellschaften konzentrieren? Auf Unmengen von mehr oder weniger Hobbyisten, die wenig Umsatz und viel Ärger bringen? Oder auf die wenigen Superstars?

      Und was wäre das Ergebnis eines „Wettbewerbs“: Eine europaweite, kommerziell agierende Verwertungsgesellschaft, die allen anderen, im „Wettbewerb“ nicht so erfolgreichen Konkurrenten übernommen hätte (oder jedenfalls deren erfolgreichsten Mitglieder). Eine Gleichbehandlung aller Mitglieder (abgesehen von der politisch/kulturell gewollten Bevorteilung sogenannte E-Musiker bei der GEMA), wie sie heute üblich ist (ein Song von Lennon/McCartney kostet die Nutzer genau soviel wie einer von Johnny Häusler oder Eric Hysteric) gäbe es dann mit Sicherheit nicht mehr.

      Achtung Ironie: Welche riesigen Vorteile der Wettbewerb zwischen den Labels für die Interpreten hat, dass hat die Geschichte der Musikindustrie in den letzten 100 Jahren immer wieder eindrucksvoll gezeigt.

      „Wettbewerb“ zwischen Verwertungsgesellschaften: Eine Idee, (mindestens) genauso schlecht wie die von der „Kulturflatrate“!

      1. Die Idee des Wettbewerbs zwischen Verwertungsgesellschaften muss sicher noch konkretisiert werden, trifft an sich aber einen guten Punkt. Durch das Quasi-Monopol der GEMA z.B. können Alternativen wie Creative Commons keine Verbreitung finden. Gibt es aber eine Auswahl, können die Urheber_innen entscheiden, wo sie hingehen wollen. Die GEMA wäre also gezwungen, sich durch den Wettbewerb den Interessen der Urheber_innen anzunehmen. Grundbedingung ist allerdings, dass Verwertungsgesellschaften Mitgliedsanträge nicht ablehnen dürfen.

  11. Heide Rühle ist auch nicht viel besser… Mal schauen, bestimmt gibt es nach der Wahl Schwarz-Grün in Niedersachsen, der McAllister hat doch schon die FDP abgeschrieben.

    Im übrigen hat die Dame ja nicht Unrecht, vieles ist einfach idiotisch geframed, was da bei ihr aufschlägt. Das eine Fair Use/Dealing Klausel was anderes ist als voluntaristische Übereinkünfte, scheint ihr zu entgehen. Im übrigen ist ja nicht enzusehen, warum sich viele Staaten wie die USA Australien, Kanada usw. solche bequemen Privilegien für Konsumenten rausnehmen, während bei uns das nicht gelten soll.

  12. Lieber Leonhard,

    dafür, dass du so viele Gemeinsamkeiten mit Helga Trüpels Position erkennst (dein Post im Kommentarbereich), hast du ihren Text dann aber überraschend eindeutig zuerst mal zum Tiefpunkt erklärt. Das passt leider wenig zusammen, und ist eigentlich auch wenig konstruktiv, um die Debatte im Jahr 2013 zu „eröffnen“.

    Auch lösen sich viele Widersprüche auf, wenn man realisiert, dass Deine Defition von „Sharing“ wohl kaum ihre Definition sein dürfte:

    „Diesbezüglich haben Sie die Neoliberalismus-Keule ausgepackt und nicht nur Filesharing, sondern Sharing ganz allgemein damit attackiert. Wie oben erwähnt fallen aber auch Wikipedia, Twittern, Facebook, Bloggen, und Creative Commons unter Sharing.“

    Ich glaube es ist ziemlich unstreitig, dass deine Definition von Sharing hier von der Defition Trüpels doch um einiges abweicht. Mir war auch eine Defintion die „Wikipedia, Bloggen und twitter“ mit Sharing gleichsetzt bis dato eher unbekannt. Es ist nicht konstruktiv, solche Defitnionen retroaktiv zu setzen, und dann Leuten, die diese Definition nicht teilen mit deiner „Tiefpunkt-Keule“ ins Abseits zu stellen. So schafft man keinen Diskurs, sondern höchstens Polemik. die war hier eigentlich unangebracht.

    Last not least zum Thema Fair Use: Dass wir eine Art „offenes Zitatrecht“ zum Verweisen auf Inhalte brauchen kann man wohl aktzeptieren, und das zeigt auch die neu aufgekommene Facebook-Problematik mit den Vorschaubildern. Aber je nachdem wo man die Schranke für das Fair Use setzt, kann so eine Schranke auch gerne mal die Form einer Enteignung annehmen. Und das gilt es zu verhindern. Ich glaube es ist klar, dass trüpel über eine Schranke auf dermassen kritischer Höhe spricht.

    Ich glaube man muss sich fragen, wie stringent eine Fair Use Schranke ausgestaltet sein kann bzw. sollte, vor dem Hintergrund, dass derzeit das urheberrecht im zivil-öffentlichen Bereich an sich kaum Respekt erfährt, auch – und vor allem da – wo es eindeut5ig geschützt und respektiert sein sollte. Mit einer wachsweichen Regelung, die – wie die Privatkopie – die linie zwischen „legal“ und „illegal“ weiter verwischt ist niemandem geholfen. Was ist hier praktikabel, was ist hier zumutbar, und vor allem, was ist für den Konsumenten verständlich? Darüber hätte man konstruktiv streiten können, anstatt neue „Tiefpunkte“ auszurufen.

    Die idee von radikal verienfachten Lizenzen iost sinnvoll, und sie stellt auch den aktuellen stand der europäischen Diksussion dar.

    Ich glaube wir haben 2012 genug kontraproduktive Resolutionen und Statements gehört. 2013 könnte das Jahr der konstruktiven Annäherung sein. Dazu gehört aber auch, dass man unnötige auf Polemik verzichtet.

    Gruß,

    SH

    1. Lieber Stefan,

      Zu dem Tiefpunkt stehe ich und zwar alleine schon wegen der unsäglichen Neoliberlismus-Keule, die uns zumindest im Jahr 2012 erspart geblieben ist.

      Wenn ihre Definition von Sharing so eng ist, warum verwendet sie dann nicht Filesharing? Ich sehe das anders: Ziel von Trüpels Beitrag war bewusst, Sharing als Konzept ganz allgemein anzugreifen.

      Und wenn es Trüpel nur um eine Schranke auf kritischer Höhe geht, warum schreibt sie dann nicht, bei Fair Use müssen die Grenzen kritisch diskutiert werden? Das tut sie nicht, sondern sie lehnt es pauschal ab. Das ist, wie oben geschrieben, mEn sowohl inhaltlich als auch strategisch falsch.

      Schließlich: was meine Übereinstimmung betrifft, so bezog sich die auf ihren Kommentar hier auf der Seite, nicht auf ihren Gastbeitrag. Und das ist ja der Punkt: in ihrem Kommentar hat sie lauter Punkte aufgelistet, die in ihrem Gastbeitrag nicht vorkommen.

      Fazit: Ich habe mich sehr bemüht, auf Polemik zu verzichten und differenziert zu bleiben. Für die Bezeichnung Tiefpunkt gibt es einen klaren Grund.

      Liebe Grüße,
      Leonhard

      1. Lieber Leonhard,

        aber man kann doch ganz klar aus Trüpels Text herauslesen, dass sie die von Dir mitgedachten Modelle wie CC NICHT meint, wenn sie von einer Einschränkung der Entscheidung der Urheber spricht. CC basiert ja auf einer Entscheidung der urheber, es geht darum eine Nutzungsart mitzudenken, die NICHT den Willen der Urheber/Rechteinhaber entspricht. Ansonsten machten einige Teile ihres Textes keinen Sinn…., insbesonder eauch der neoliberale vorwurf. da geht es sicherlich nicht um Facebook-Vorschaubildchen.

        Und in dem Kontext muss auch m.E. die fair Use-Beschränkung gesehen werden, +übe rdie sie spricht. MAn kann gerne auch nachhaken ünber welches Level sie spricht, ohne den Text gleich als „Tiefpunkt“ zu verdammen.

        Ich glaube damit befeuert ihr nur die Kaderlogik, die diese Debatte eh schon recht lange bestimmt.

        „Schließlich: was meine Übereinstimmung betrifft, so bezog sich die auf ihren Kommentar hier auf der Seite, nicht auf ihren Gastbeitrag. Und das ist ja der Punkt: in ihrem Kommentar hat sie lauter Punkte aufgelistet, die in ihrem Gastbeitrag nicht vorkommen.“

        Das kommt zwar nicht explizit vor, was für einen Pressebeitrag sicherlich nicht unüblich ist, weil es da häufig um enge Zeichenbudgets geht, aber das was du reinliest in den Text steht da auch nicht drin, sondern ist m.E. Deine eigene Interpretation. Und auf der fusst dann deine Bewertung. Könnte man auch revidieren, wenn man herausgefunden hat, dass es mehr Konsenspunkte gibt, als man gedacht hat.

        Leider hast du zum Punkt einen simplen, stringenten Fair Use, eingebettet in einer weitergehende Nutzungslogik in meinem Kommentar oben nichts mehr gesagt.

        Gruß,

        Stefan

      2. Lieber Stefan,

        was die Einschätzung von Trüpels Text betrifft, sind wir anderer Meinung: die Neoliberalismus-Keule und die pauschale Ablehnung von „Sharing ist Caring“ habe ich nicht reininterpretiert, das ist der Kern ihres Textes. Und beides halte ich für fatal.

        Was Fair Use betrifft, so habe ich oben schon als Antwort auf einen Kommentar geschrieben, dass zu den bestehenden Schranken eine allgemeine Fair-Use-Schranke hinzugefügt werden sollte, deren Inhalt in etwa dem Drei-Stufen-Test entspricht. Ob es dann dafür eine Pauschalvergütung geben sollte und in welcher Höhe, das wäre zu diskutieren.

        Liebe Grüße,
        Leonhard

    2. vor dem Hintergrund, dass derzeit das urheberrecht im zivil-öffentlichen Bereich an sich kaum Respekt erfährt, auch – und vor allem da – wo es eindeut5ig geschützt und respektiert sein sollte.

      Und woran könnte es evtl. liegen, dass das Urheberrecht (derzeit?) kaum an Respekt erfährt?

  13. „Durch das Quasi-Monopol der GEMA z.B. können Alternativen wie Creative Commons keine Verbreitung finden.“

    Ein „Quasi-Monopol der GEMA“ gibt es nicht. Niemand wird gezwungen bei dem Verein einzutreten. Unmengen von musikalischen Werken werden unter CC-Lizenzen veröffentlicht.

    Und warum sollen CC-Lizenzen überhaupt kostenpflichtig werden (mit dem Inkasso über die GEMA)? Denkt denn niemand an die Nutzer, denen mehr als zehn Jahre lang das Märchen von der „freien“ (kostenlosen) Kultur erzählt wurde? Und jetzt sollen sie plötzlich zahlen! Das Urheberrecht ist sowieso schon viel zu kompliziert, wenn jetzt auch noch die Nutzung von CC-Lizenzen kostenpflichtig wird, wer soll da noch durchblicken?

    Dass Komponisten, die CC-Lizenzen nutzen, über die GEMA Lizenzgebühren einziehen wollen, zeigt, dass die angeblich so tollen, neuen Geschäftsmodelle der „digitalen Avantgarde“ nicht funktionieren.
    Und wer soll eigentlich die Lizenzgebühren für die Interpreten und Produzenten (Besitzer der Rechte an den Aufnahmen) einziehen?

    Außerdem haben die Verfasser der CC-Lizenzen noch immer nicht ihre Hausaufgaben gemacht: Was ist „nicht-kommerziell“? Welches „Werk“ wird im Musikbereich lizenziert: die Komposition, die Aufnahme, beides oder nur eins von beiden? Wer ist der Lizenzgeber: Der/die Komponisten, der/die Interpreten, alle zusammen oder nur einzelne?

    „Die GEMA wäre also gezwungen, sich durch den Wettbewerb den Interessen der Urheber_innen anzunehmen. Grundbedingung ist allerdings, dass Verwertungsgesellschaften Mitgliedsanträge nicht ablehnen dürfen.“

    Was für ein toller „Wettbewerb“, wenn dieser gleich wieder durch „Grundbedingungen“ eingeschränkt wird. Allerdings müssten dann noch eine ganze Reihe dazu kommen, um die Gleichbehandlung aller Mitglieder zu sichern. Und wie sieht es gegenüber den Nutzern, den Lizenznehmern, aus: Sollen diese in Zukunft auch noch das Recht auf gleiche Behandlungen haben, oder sollen die GEMA und die anderen Verwertungsgesellschaft frei entscheiden können, ob und an wenn sie Lizenzen vergeben? Und zu welchen Preisen?

    Schon heute ist es für Verwertungsgesellschaften unerheblich, wie viele Mitglieder sie haben. Wichtig sind nur die erfolgreichen. Und wenn es „Wettbewerb“ zwischen Verwertungsgesellschaften gibt, dann würde dieser um die Hit-Komponisten beziehungsweise um Rechtekataloge geführt, nicht um die restlichen 80 Prozent der Mitglieder. Dann wäre (aus Sicht von Bohlen & Co endlich) Schluss mit der Subventionierung von „E-Musik“ und ähnlichen Späßen.

    Die größten Chancen im Wettbewerb hätten nicht die Verwertungsgesellschaften, die sich um neue Komponisten (Kulturförderung etc.) bemühen, sondern die, die ihre Arbeit im Interesse der Spitzenverdiener optimieren.

    Also nochmal meine Frage an Frau Trüpel: In welchen Bereichen sollen Verwertungsgesellschaften gegeneinander konkurrieren? Wie werden dabei die Interessen der Mitglieder, der Lizenznehmer und der Allgemeinheit geschützt?

    1. Ein „Quasi-Monopol der GEMA“ gibt es nicht. Niemand wird gezwungen bei dem Verein einzutreten.

      Und es gibt auch keine GEMA-Vermutung?

      1. Wer will, dass auch alternative Verwertungsgesellschaften, von mir auch CC, irgend eine Chance gegenüber der GEMA Verwertung haben, sollte ganz dringend FÜR die Beibehaltung der GEMA Vermutung sein, Eine Minderung der GEMA Vermutung eliminiert den tatsächlich möglichen Einsatz von CC. Ein bißchen Nachdenken über faktische Umsetzung ist nicht schädlich, man sollte nicht immer alles erklärt bekommen wollen. Schnelles schießen auf vermeintlich leichte Ziele, führen ab und an zu ungewollten Effekte. Siehe nettes Bsp, so ab Sekunde 40′ http://www.youtube.com/watch?v=T7z7eHCR5pA

  14. „Erstrebenswert wäre ein Beteiligungsverfahren mit dem Ziel, die Künstlern und Urheber selbst entscheiden zu lassen, ob sie mit der Idee einer Pauschalabgabe für den nicht-kommerziellen Tausch einverstanden sind oder nicht.“
    Das markiert nun wirklich keinen Tiefpunkt. Danke an Helga Trüpel für den Beitrag und insbesondere für diesen Satz. In dieser – und den meisten anderen Debatten zu dem Thema – wird meistens ÜBER die Künstler und ihre Werke verhandelt, aber leider zu wenig MIT ihnen. Das Recht auf Selbstbestimmung, auf die eigene Festlegung dessen, was ich wie vermarkten will oder auch nicht, wird dabei mißachtet. Und JA, auch in dieser Beziehung hat das Urheberrecht sehr viel gebracht: es gibt den Kreativen den rechtlichen Rahmen für diese Selbstbestimmung.
    Damit als Ausgangspunkt kann man über Sharing und Fair Use reden – aber eben nicht ohne Einverständnis der Betroffenen und das sind nun mal die Kreativen.

  15. @Leonhard Dobusch
    das Argument mit dem Neoliberalismus meint doch, dass von einem unregulierten Netz auf lange Sicht vor allem die Starken profitieren, d.h. Google, Facebook etc. Wenn ich richtig sehe, wird im Beitrag von HT ja auch von YouTube als Sharing-Monopolist gesprochen. Die Grüne Position diesbzgl. habe ich immer so verstanden, dass man – genauso, wie man Finanzmärkte oder den Strommarkt regulieren muss, auch für das Netz kluge Regulierungen braucht, um nicht in einem „survival of the fittest“ zu münden und die schwächsten Glieder der Verwertungskette, nämlich die Autoren, Künstler, Kreativen etc. zu schützen…

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