Mission Creep: Die NSA und ihre Freunde wollen nur spielen

winning_hearts_and_mindsWährend Der Postillon heute meldet , dass die NSA Milliarden Menschen beim Duschen und Baden beobachtet, zeigen Enthüllungen von Edward Snowden via Guardian, New York Times und propublica, dass der Geheimdienst ebenso wie CIA und GCHQ Online-Spiele wie World of Warcraft und Second Life ins Visier genommen hat.

Ersteres ist nach derzeitigem Kenntnisstand noch Satire, letzteres hätte man vor ein paar Monaten noch dafür halten können.

Der Guardian schreibt mit Bezug auf ein Exploiting Terrorist Use of Games & Virtual Environments betiteltes NSA-Dokument:

The agencies, the documents show, have built mass-collection capabilities against the Xbox Live console network, which has more than 48 million players. Real-life agents have been deployed into virtual realms, from those Orc hordes in World of Warcraft to the human avatars of Second Life. There were attempts, too, to recruit potential informants from the games‘ tech-friendly users.

Abgesehen von der Kommunikation zwischen Terroristen, für deren tatsächliches Vorkommen in den Online-Spielen es anscheinend keine Anhaltspunkte gibt, wird in einer von ProPublica veröffentlichten ausführlichen Studie von NSA-Vertragspartner SAIC auch die Rolle von Spielen für Propaganda, Rekrutierung, Training und Fundraising erörtert. Verwiesen wird dabei auf Spiele wie Special Force 2 und Under Siege, die jeweils einen „pro-arabischen“ Standpunkt einnähmen. Kapitel 5 des Reports, „Winning Hearts and Minds Virtually“ überschrieben, führt Gegenmaßnahmen auf: Zum einen müsse man Propaganda innerhalb der Spielwelt als aktiver Spieler begegnen. Des Weiteren könne man das Zielpublikum der pro-arabischen Spiele in Kooperation mit der Spieleindustrie durch eigene neue Spiele umwerben. Ausserdem könne man die Aktivitäten in den Spielen sowie in Blogs, Chats u.ä. überwachen.

Bei letzterem wird auch angeführt, dass Terroristen sich durch virtuelle Güter, die sie bei eBay oder Second Life monetarisieren, finanzieren könnten. Das wäre natürlich nix, finanzieren darf man sich als Terrorist eigentlich nur über das SWIFT-Netz.

Die Überwachung sah dann laut Guardian beispielsweise so aus: Die NSA extrahiert WoW-Metadaten, um Verknüpfungen zwischen Spielern und islamistischen Terroristen zu finden; GCHQ zapft die Kommunikationsdaten der Xbox Live ab, und Agenten von FBI, CIA und Defense HUMINT Service stehen sich bei Second Life gegenseitig auf den Füssen:

Meanwhile, the FBI, CIA, and the Defense Humint Service were all running human intelligence operations – undercover agents – within Second Life. In fact, so crowded were the virtual worlds with staff from the different agencies, that there was a need to try to „deconflict“ their efforts – or, in other words, to make sure each agency wasn’t just duplicating what the others were doing.

Was dabei rauskam, konnte man dann laut ProPublica so zusammenfassen:

One NSA document said that the World of Warcraft monitoring “continues to uncover potential Sigint value by identifying accounts, characters and guilds related to Islamic extremist groups, nuclear proliferation and arms dealing.” In other words, targets of interest appeared to be playing the fantasy game, though the document does not indicate that they were doing so for any nefarious purposes.

Nebenbei erwähnt, einige Hersteller von Computerspielen haben in den letzten Jahren wenig dafür getan, im Zusammenhang mit Überwachungsmaßnahmen als vertrauenserweckend zu erscheinen. Blizzard, der Hersteller von World of Warcraft und Big-Brother-Award-Gewinner 2012, hat beispielsweise durch das massive juristische Vorgehen gegen die freie Software bnetd und die Real-ID-Pläne aus dem Jahr 2010 nicht gerade versucht, seine Angebote geheimdienstfeindlicher zu gestalten.

Nachträgliche Korrektur: In der ersten veröffentlichten Fassung dieses Artikels war die Herkunft der Dokumente (NSA, SAIC) nicht eindeutig zugeordnet. Dies wurde nachgetragen.

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7 Ergänzungen

  1. Das ist jetzt die Stelle wo ich gemütlich zurücklehne und sage „Solln sie doch machen, ich habe da nichts zu verbergen.“! Oder bin ich jetzt verdächtig weil ich nicht mitgespielt habe???

  2. Das nenne ich mal krankhafte Paranoia. Ich spiele auch WoW aber nutze den Chat so gut wie nie.
    Da müssten die ja eher die ganzen Teamspeak-Server abschnorcheln.

    In den Kommentaren des Guardian hat es einer schön ausgedrückt:
    „Is there not a single aspect of our digital and online life that is not surveyed by the NSA or GCHQ?“

    Klare Antwort: NEIN!

  3. so kommen vermutlich die „mehr als 50 potenziellen Terroranschläge“ zusammen, die angeblich verhindert werden konnten. Orks und Gnome konnten rechtzeitig gestoppt werden

    1. ja, die ganzen Anschläge in Counterstrike sind auch ganz schlecht für die Gesellschaft. Ob die auch spezielle maps gebaut haben für realistische szenarien?

  4. Das ist ein tolles Beispiel dafür wohin uns die Zukunft führt. Die sind doch alle nicht mehr ganz sauber. Es kommt noch soweit das wir zuhause beim Toilettengang knöpfe drücken müssen, um fest zu stellen ob das Klopapier das benutzt wird Terroristische Grundgedanken wiederspiegelt. Na warten wir es mal ab wie die nächsten 30 Jahre aussehen.

    Gruß an alle
    http://www.nextgroup-worldwide.com

  5. Lesen die auch auf FICS mit?
    Analysieren die meine Schachpartieren um daraus ein Persönlichkeitsprofil zu erstellen?

  6. Grade diesen Aspekt, kann man doch wunderbar breittreten um „die jugend“ wieder anzusprechen!

    Wie leicht man in den kreis der verdächtigen rutschen kann, wenn die nur was von dem „Kriegsspieljargon“ welches in solchen games gebraucht wird, falsch verstehen!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.