Mehr Transparenz für die transatlantische Expertengruppe zum Überwachungsskandal?

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Viviane Reding (CC by LisbonCouncil)

Im Juni verkündete die EU-Kommission, dass die EU und die USA eine transatlantische Expertengruppe einrichten werden, um den NSA-Überwachungsskandal aufzuklären. Dies wurde am 14. Juni in Dublin in einem Treffen mit US-Justizminister Eric Holder beschlossen. Wie wir bereits berichteten, wurde über die Zusammensetzung der Gruppe nichts bekannt.

Das wollten wir genauer wissen und haben bei der EU-Kommission direkt nachgefragt. Über das Portal AskTheEU.org stellten wir einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten, um weitere Informationen über die gemeinsame Expertengruppe und deren Mitglieder zu erhalten. Die EU-Kommission scheint sich jedoch mit unserem Antrag schwer zu tun und stellt uns zunächst nur einen Teil der angefragten Dokumente zur Verfügung, die wir an dieser Stelle veröffentlichen.

Als erste kurze Antwort bekamen wir zunächst die Ansage, dass die Kommission nicht innerhalb der rechtlichen Frist antworten kann. Ein wenig später erhielten wir einen Brief vom 10. Juni 2013 (pdf), in dem Viviane Reding, Vize-Präsidentin und EU-Justizkommissarin, US-Justizminister Holder sieben konkrete Fragen zu den amerikanischen Überwachungsprogrammen stellt. Sie möchte von den USA wissen, ob die Programme nur US-Bürger betreffen oder ob sie Auswirkungen auf Nichtamerikaner, inklusive EU-Bürger_innen, haben; ob die Sammlung und Verarbeitung der Daten nur auf bestimmte Fälle limitiert ist; ob regelmäßig oder nur von Fall zu Fall massenhaft auf Daten zugegriffen wird; wie sich der Anwendungsbereich der Überwachungsprogramme definiert; wie EU-Bürger_innen und Unternehmen in der EU dem Zugriff widersprechen können und wie sich ihr Zugang zum US-Rechtssystem von den Rechten für US-Bürger unterscheidet. Sie schließt den Brief mit der Bitte, am 14. Juni während des Treffens in Dublin Antworten auf diese Fragen zu bekommen.

Diese Forderung wurde von den USA anscheinend ignoriert. Denn zusätzlich erhielten wir zwei Briefe vom 19. Juni 2013 an Eric Holder (pdf) und Janet Napolitano vom US-Department of Homeland Security (pdf), in denen die Kommissarinnen bedauern, immer noch auf eine Antwort zu warten. Ihrem Brief können wir entnehmen, dass die EU-Kommission, Datenschutz- und Sicherheitsexperten aus den Mitgliedstaaten an der gemeinsamen Expertengruppe teilnehmen sollen – Namen werden keine genannt. (Mittlerweile wissen wir mehr zu den Mitgliedern: Die Ratspräsidentschaft, die Kommission, der EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung, Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes, ein einziges (!) Mitglied der Artikel-29-Datenschutzgruppe sowie Vertreter aus zehn Mitgliedstaaten nehmen teil.) Die EU-Kommissarinnen betonen im Brief weiterhin, dass sie im Oktober dem EU-Parlament und dem Rat die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vorlegen möchten und daher gerne eine Antwort hätten.

Diese (natürlich interessanteren) Antworten der US-Behörden, die dann erst zwei Wochen später kamen, hält die EU-Kommission leider noch unter Verschluss – es wird gerade mit den USA Rücksprache gehalten, ob diese Dokumente an uns herausgegeben werden dürfen. Sobald wir etwas hören, gibt es hier natürlich ein Update. Wir warten auf die Email von US-Botschafter Kennard an Vize-Präsidentin Reding mit einem Brief des US-Justizministers Holder an Viviane Reding und Cecilia Malmström vom 1. Juli 2013 (doc. Ref. ARES(2013)2557726) . Weiterhin wird diskutiert, ob uns ein Antwortschreiben von Justizminister Holder vom 3. Juli 2013 (doc. Ref. ARES(2013)2575877) übermittelt werden darf.

Wir sind mehr als gespannt, ob wir die Dokumente bekommen werden und vor allem wie die Antworten der US-Behörden auf die Fragen der EU-Kommissarin Reding aussehen – weitere Intransparenz wäre jedenfalls weder den USA noch der EU-Kommission dienlich. Präsident Obama versprach erst kürzlich mehr Transparenz, um das Vertrauen der Bürger_innen wieder herzustellen – dies muss auch für die Untersuchungen rund um den Überwachungsskandal gelten.

Im September beginnen ebenfalls Sitzungen im EU-Parlament, in welchen die Aktivitäten der US-Dienste beleuchtet werden sollen. Sollten wir bis dahin keine weiteren Dokumente von der EU-Kommission erhalten, können wir nur hoffen, dass das Parlament hier mehr Erfolg haben wird.

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3 Ergänzungen

  1. „um den NSA-Überwachungsskandal aufzuklären.“ Was ist für die der Skandal, dass mit der Totalüberwachung unbescholtener Bürger, oder dass das an die Öffentlichkeit geraten konnte?

    „in dem Viviane Reding, Vize-Präsidentin und EU-Justizkommissarin, US-Justizminister Holder sieben konkrete Fragen zu den amerikanischen Überwachungsprogrammen stellt.“ Eine Verwaltungsangestellte stellt einem Minister einer demokratisch gewählten Regierung Fragen. „uiihuiui“

    „Sie möchte von den USA wissen, ob die Programme nur US-Bürger betreffen oder ob sie Auswirkungen auf Nichtamerikaner, inklusive EU-Bürger_innen, haben; ob die Sammlung und Verarbeitung der Daten nur auf bestimmte Fälle limitiert ist; ob regelmäßig oder nur von Fall zu Fall massenhaft auf Daten zugegriffen wird; wie sich der Anwendungsbereich der Überwachungsprogramme definiert; wie EU-Bürger_innen und Unternehmen in der EU dem Zugriff widersprechen können und wie sich ihr Zugang zum US-Rechtssystem von den Rechten für US-Bürger unterscheidet.“ Wenn hier einer die Bürger Europas überwacht, dann wir per Vorratsdatenspeicherung, kapiert … unglaublich.

    1. Du meintst die Vorratsdatenspeicherung, die vor ein paar Jahren vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde weil grundegesetzwidrig?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.