Update: Kennzeichenerkennung im Parkhaus

Die Technik der Kennzeichenerfassung wird vermehrt in Parkhäusern eingesetzt. Dabei werden Datenschutzbeauftragte übergangen, wer nicht erfasst werden will muss sich nach Alternativen umsehen.

Im Wiesbadener Kurier wurde heute über die Kennzeichenerfassung in einem Parkhaus der Contipark-Kette berichtet. In dem Wiesbadener Kurhaus-Parkhaus heißt es auf einem Hinweisschild :

Zur Erfassung der Dauer Ihres Parkvorgangs wird Ihr Kennzeichen automatisch registriert. Die Löschung erfolgt innerhalb von 24 Stunden nach Ausfahrt

Die Registrierung erfolgt über ein Kamerasystem bei der Ein- und Ausfahrt, das Kennzeichen wird zudem auf den Parkschein gedruckt. Das System wurde nach Angaben des Betreibers zu Service-Zwecken installiert. So sollen etwa Dauerparker erkannt werden und wer seinen Parkschein verliert, muss künftig nicht mehr die ganze Tagespauschale bezahlen. Schaut man sich ein wenig um, stellt man schnell fest, das Wiesbaden kein Einzelfall ist. Mittlerweile nutzen sehr viele Parkhäuser ein entsprechendes System. Die Kette setzt das System auch im Hamburger Europa-Passage Parkhaus ein, Parkhäuser anderer Betreiber, etwa in Wien oder Düsseldorf sind ebenfalls mit einer Kennzeichenerkennung ausgestattet.

Dabei wird stets auf den Service für die Verbraucher hingewiesen. Doch die Technik kann auch für andere Zwecke sehr gut genutzt werden, etwa für Marketing-Zwecke. Der Hersteller Scheidt&Bachmann etwa wirbt damit, dass die Kennzeichenerfassung auch als „wirksames Steuerungsinstrument für zielgerichtetes Geo-Marketing“ eingesetzt werden kann.

Problematisch bei der Kennzeichenerfassung in Parkhäusern ist vor allem, dass man sich dieser nicht entziehen kann, es sei denn, man parkt einfach woanders. Wenn die Technik jedoch flächendeckend eingeführt ist, bleiben kaum mehr Alternativen. Zudem wurde zumindest in Wiesbaden der städtische Datenschützer zuvor nicht informiert. Ob die Daten daher tatsächlich nach 24 Stunden gelöscht werden, was mit den Parkscheinen, auf die die Nummern gedruckt wurden, passiert und wofür die Daten möglicherweise noch verwendet werden kann also derzeitig gar nicht überprüft werden.

Update: Der Wiesbadener Kurier berichtet nun, dass sich die Datenschutzbehörden mit dem Fall in Wiesbaden befassen, jedoch noch damit beschäftigt sind, die Zuständigkeiten zu klären.

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15 Ergänzungen

  1. AFAIK wurde die Schrift auf den aktuellen deutschen KFZ Kennzeichen explizit für die Computerlesbarkeit optimiert. Daher unterscheiden sich auch 0 und O deutlich. Es ist also kein Wunder wenn nun etwas gemacht wird, das defakto schon immer vorgesehen war.

    1. AFAIK wurde die Schrift auf den aktuellen deutschen KFZ Kennzeichen explizit für die Lesbarkeit durch das menschliche Auge optimiert. Daher unterscheiden sich auch 0 und O deutlich.

  2. Für Parkhausbesucher ist das eindeutig ein komfortabler Vorteil.
    Ich habe dieses System mal auf einem französischen Campingplatz kennen gelernt. Man kann ein und ausfahren wie man will, ohne aussteigen zu müssen, um an den Automaten dran zu kommen.
    Im Prinzip könnte man damit sogar einen Diebstahlschutz bewerkstelligen, wenn man sich, genau andersherum gesehen, persönlich mit seinem Parkschein abmelden muss, damit man ausfahren kann, ansonsten gäbe es Alarm und die Schranke bleibt zu.

    Was damit aber meiner Meinung nach absolut nicht geht, ist die Datensammlung. die 24 Stunden kann ich verstehen aber nicht die Frage, ob danach wirklich gelöscht wird. Das muss automatisch sicher gelöscht werden.
    Und was am allerwenigsten geht: Dass die Daten für Marketing oder andere Zwecke weitervendet werden.
    Das muss unter Strafe gestellt werden!

    … aber was will man erwarten, wir sind das Land, in dem sich die Datenschützer um eine IP-Adresse im TCP/IP Netz streiten. Woher soll da noch der Blick für echte Datenverstöße reichen?

    1. Man kann ein und ausfahren wie man will, ohne aussteigen zu müssen, um an den Automaten dran zu kommen.
      Im blöden Fall, daß man tatsächlich so unglücklich an die Schranke herangefahren ist, daß man den Automaten nicht erreichen kann, und partout nicht aussteigen will (oder kann), ist immer noch ein klein wenig Rangieren drin.
      Diese Mini-Unannehmlichkeit ist gegenüber der Bewegungs-/Aufenthaltserfassung locker zu tolerieren.

      Diebstahlschutz bewerkstelligen, wenn man sich, genau andersherum gesehen, persönlich mit seinem Parkschein abmelden muss
      Genau, noch etwas invasiver.
      Nicht nur das Fahrzeug eindeutig identifizieren, sondern auch den Fahrer. Ganz tolle Idee.
      Sich ein Auto teilen ist dann blöderweise nicht mehr so problemlos möglich, denn Parkschein weitergeben ist nicht mehr drin.

      Wie wäre es mit dem klassischen Diebstahlschutz direkt am Fahrzeug, statt die Umgebung aufzurüsten?

      1. Außerdem tut ein bisschen Bewegung dem Rücken gut. Ich darf das sagen, denn ich musste heute wieder 2 Tische für rückenkranke Mitarbeiterinnen bestellen.

  3. Da lob ich mir mein Fahrrad: Die Parkplatzsuche ist einfach, ich muss nichts fürs Parken zahlen, und Kennzeichen hab ich auch keines :-)

    Ein Grund mehr, dort wo es geht, das Auto öfter mal stehen zu lassen und seine Wege per Fahrrad zu erledigen.

  4. Das System wurde nach Angaben des Betreibers zu Service-Zwecken installiert.

    Ein Klassiker der Tatsachenverdrehung, wenn es um Überwachungsinstrumente geht – sie dienten den Überwachten.

    So wie auf politischer/polizeilicher Ebene gerne behauptet wird, nur die Vollüberwachung könne einen zu Unrecht Angeklagten entlasten, also seine Unschuld beweisen, wird auf wirtschaftlicher Seite erklärt, die Überwachung diene doch dem Kunden, sie sei ein Service zu seinem Vorteil.

    Payback und dergleichen ist dabei noch arg offensichtlich, etwas subtiler sind vermeintliche Hilfestellungen wie diese:
    wer seinen Parkschein verliert, muss künftig nicht mehr die ganze Tagespauschale bezahlen

    Warum sollte der Parkhausbetreiber so hilfsbereit sein?
    Der Parkende ist nun einmal selbst für sein Ticket verantwortlich und wieso sollte der Betreiber sich die Bonus-Gebühren entgehen lassen?

    Auch der netteste Geschäftsmann wird keine Investition wie das Kamera- und zugehörige Computersystem zur Kennzeichenerfassung installieren, nur weil er den schusseligen Kunden einen Gefallen tun möchte.

    Das Wenigste, das man erwarten könnte, wenn man schon überall kontrolliert und überwacht wird, ist doch, daß man nicht auch noch mit PR-Hülsen belogen wird.

    1. Das Spiel funktioniert auch gerne anders herum, habe es selbst schon praktiziert.
      Du stehst mit deinem Auto mehrere Tage im Parkhaus, behauptest dann einfach deinen Parkschein verloren zu haben und zahlst dann „nur“ die Tagespauschale für einen statt mehrere Tage ;-)
      Das funktioniert mit dem System dann leider auch nicht mehr.

  5. Richtig sinnvoll wird das System erst, wenn man die Wagen, die sich quer über zwei Parkplätze stellen, erfasst, und sie bei der Ausfahrt dann auch doppelt bezahlen lässt.

  6. Ich habe in Kuerze, das Vergnuegen, einen Dauerparkplatz mit so einem Einfahrtssystem nutzen zu muessen. Falls die Daten wirklich gespeichert werden, waere das schon sehr ungut. Da Wohnung und Parkgarage derselben Gesellschaft gehoeren, wuesste dann praktisch mein Vermieter, wann ich die Mietwohnung verlasse…

  7. Jetzt wird Goethe zitiert, also Faust hoch!

    Los Leute! Arsch hoch!

    Anstatt Eure wertvolle Zeit hier auf netzpolitik.org mit Jammern und Rumheulen zu verplempern, könntet Ihr endlich mal aktiv werden!

    Meldet jede Kennzeichen-Überwachungskamera in Parkhäusern dem zuständigen Datenschutzbeauftragten. Es ist die Datenschutzaufsichtsbehörde desjenigen Bundeslandes zuständig, wo die Parkhaus-Betreiberfirma ihren Hauptsitz hat.

    Ihr könnt der Datenschutzaufsicht kostenfrei eine Beschwerde senden: per Brief, E-Mail oder Fax. (Wer anonym bleiben will, nutzt halt die einschlägigen Sicherungsmittel bei der Kontaktaufnahme.)

    Rumjammern, dass eh alles sinnlos und zu spät ist, könnt Ihr, wenn Ihr tot seid. Im Grab werdet Ihr noch genügend Zeit für Fatalismus und Resignation haben.

    Los gehts! Kämpfen! Ausreden werden nicht mehr akzeptiert!

    Wir wurden nicht in diese Welt geboren, um uns unterjochen und versklaven zu lassen.

    PS: @netzpolitik.org: Ihr könntet auch mal mehr Engagement zeigen und selbst solche Beschwerden an Datenschutzbehörden richten. Mehr Handeln! Weniger Reden!

  8. Also so ein Kennzeichenerfassungs- und damit verbunden ein Trackingsystem (siehe Produktbroschüre Scheidt & Bachmann) geht aus Datenschutzgründen überhaupt nicht.

    Soweit ich das auf die Schnelle überblicke, ist es nicht beabsichtigt die Daten innerhalb von 24 Stunden zu löschen.
    In einer Broschüre des Systemherstellers Scheidt & Bachmann wird damit geworben, dass jederzeit auf die zurückliegen Daten in einem Journal zugegriffen werden kann. bei Bedarf mit kompletter Video-Sequenz der Ein-/Ausfahrt.
    Siehe Broschüre, Speziell Seite 18.

    Daneben ist man natürlich gern bereit Ermittlungsbehörden auf Nachfrage Auskunft über Ein-Ausfahrvorgänge zu geben. So haben die bösen PKW-Diebe keine Chance. Auch mit ‚Grauen Listen‘ für ‚Auffällige Personen‘ wird geworben. Schaut Euch das mal an:

    Broschüre: Die nächste Generation – entervo.com 2
    Download
    http://www.scheidt-bachmann.de/uploads/media/entervo.com_2_Prospekt_-_Systeme_fuer_Parkhausanlage.pdf

    @netzpolitik.org:
    An diesem Thema müsst ihr bitte unbedingt vertieft dran bleiben. Hier tun sich datenschutzrechtliche Abgründe auf…

    Danke, Sebastian

  9. Kennzeichenscanning und Contipark sind zwei Begriffe in einem Satz, bei denen ich hellwach werde. Das bisherige Geschäftsmodell von Contipark bestand bisher insbesondere darin, Bezahl-Parkflächen ohne Schranken, nur mit Parkautomat anzubieten, und denjenigen, die keinen Parkschein lösten,überzogene Vertragsstrafen aufzudrücken (Google findet abertausende solcher Fälle, einfach nach Contipark suchen) – üblicherweise haben die dann nur das Kennzeichen und sind bei der Justiz mit der Masche auch oft abgeblitzt.

    Ich könnte mir vorstellen, wenn das Kennzeichenscanning in diesem Parkhaus ein Kennzeichen findet, bei dem noch ein solches Verfahren offen ist, das dieses Fahrzeug dann das Parkhaus nicht mehr so ohne weiteres verlassen kann…

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.