Ilse Aigner vs. Facebook: Datenschutz-Kritik der Verbraucherschutz-Ministerin war mehr Show als Druck

Bundesministerin Aigner mit Marne Levine, Vice President Global Policy Facebook, Quelle: BMELV
Bundesministerin Aigner mit Marne Levine, Vice President Global Policy Facebook, Quelle: BMELV
Bundesministerin Aigner mit Marne Levine, Vice President Global Policy Facebook, Quelle: BMELV

Im direkten Kontakt mit Facebook war Verbraucherschutz-Ministerin Ilse Aigner weniger kritisch als gegenüber der Öffentlichkeit. Das geht aus E-Mails des Ministeriums an das soziale Netzwerk hervor, die wir an dieser Stelle veröffentlichen. Aus Protest gegen Datenschutz-Verstöße hatte Aigner Facebook medienwirksam verlassen – im direktem Gespräch gab es aber weniger politischen Druck als höfliche Fragen.

Im Juni 2010 ist die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner (CSU) sehr medienwirksam aus Facebook ausgestiegen:

Als Verbraucherschutzministerin kann und will ich es nicht akzeptieren, dass ein Unternehmen wie Facebook gegen das Datenschutzrecht verstößt und die Privatsphäre seiner Mitglieder ignoriert. Damit ist das Thema für mich noch nicht erledigt: Ich trete aus, aber ich bleibe dran! Ich bleibe im Gespräch mit der Spitze von Facebook, und ich werde so lange nicht ruhen, bis sich der Datenschutz entscheidend verbessert hat.

Marvin Oppong hat für heise online mal angefragt, wie den diese Kommunikation mit Facebook aussah:

Interne Dokumente ihres Ministeriums, die heise online vorliegen, zeigen jedoch, dass die Ministerin in den Medien weitaus kritischer gegenüber Facebook auftrat, als ihr Haus den US-Riesen hinter den Kulissen in die Pflicht nahm.

Die Dokumente des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) umfassen 74 Seiten Schreiben und E-Mails des Aigner-Ministeriums an Facebook sowie E-Mails, die Beamte des Ministeriums untereinander in Sachen Facebook austauschten. Die Dokumente stammen aus der Zeit zwischen Juni 2011 und Juni 2012 und damit aus der Hochphase der Auseinandersetzung zwischen der Ministerin Aigner und Facebook.

Da heise leider die Original-Dokumente nicht mitliefert, haben wir die auchmal angefragt und auch erhalten:

Die Anlage enthält alle Schreiben und E-Mails, die das BMELV an Facebook gesendet hat. Teil dieser Unterlagen ist auch ein Fragenkatalog des BMELV an Facebook vom 29.11.2011. Die Antwort von Facebook, die ich Ihnen in einem getrennten Dokument übermittele, hatten wir dem Autor des Heise-Artikels ebenfalls zur Verfügung gestellt, insofern ist die Aussage im Heise-Artikel, das BMELV „hält die Antwort Facebooks jedoch unter Verschluss“, nicht korrekt.

Aus den Ihnen zur Verfügung gestellten Dokumenten ergeben sich alle wesentlichen Informationen über die Auseinandersetzung zwischen Facebook und dem BMELV.

Und hier sind die Dokumente: Schriftverkehr an Facebook und Facebook Antwort an BMELV, als PDF. Der Schriftverkehr besteht aus ausgedruckten E-Mails, die wieder eingescannt wurden.

Die Fragen des Ministeriums an Facebook betreffen einzelne Aspekte des Datenschutzes, sind aber nicht gerade bissig. Einmal hat man sogar eine gemeinsame Pressemitteilung abgestimmt. Wenn das tatsächlich schon alles war, was das Ministerium zur Verbesserung des Datenschutzes unternommen hat, wird das den großen Worten der Ankündigung nicht gerecht. Da haben das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein und die Initiative Europe vs. Facebook mehr und nachhaltiger politischen Druck aufgebaut als das zuständige Bundesministerium.

22 Ergänzungen

    1. Früher dachte ich auch immer, das Wort „internetausdrucker“ wäre pure Polemik. Mittlerweile kenn ich aber sogar persönlich jemanden, die aktenordnerweise Internetausdrucke macht…

  1. „Der Schriftverkehr besteht aus ausgedruckten E-Mails, die wieder eingescannt wurden.“

    Betreff: AW: AW: AW: AW:

    (T_T) (T_T) (T_T)

  2. Äh… die Grafiken im PDF sind auch noch gevierteilt, also jede vermeintlich komplette Seite besteht aus vier Einzelteilen. Was soll das denn?
    Jedes „Mosaik“ ist 292×413 Pixel groß, die ganze „Seite“ damit 584×826 – können wir im Notfall drüber reden, weil es ja laut Dateiname auch für „72dpi“ gedacht ist.
    Warum es trotzdem so nervtötend unscharf ist, ist mir unklar.

    Ist ja auch eigentlich egal, es geht um den Inhalt, aber das wirkt alles schon formal so unbeholfen.
    Warum nicht Mails als Mails, also message/rfc822?
    Dann könnte man wenigstens die Konversation vernünftig als Threads verfolgen.

    Ach, und natürlich will man Kontrolle über die Verwendung des PDF:
    Encrypted: yes (print:yes copy:no change:no addNotes:no)

  3. Natürlich war das ne Show – die Ilse kann nichts anderes! Die ist doch die Meisterin der Selbstinzenierung in diesem Kabinet, dicht gefolgt vom Ramsauer! Aber solange es so viele Wähler gibt, die sich blenden lassen, macht sie wohl was richtig…..nur für den „Verbraucherschutz“ kommt nichts, aber auch garnichts raus dabei!

  4. Bitte?! Den Titel der Meisterin der Selbstinszenierung hat Ursula in dieser Legislaturperiode schon sehr früh und ohne echte Konkurrenz abgeräumt!

  5. Die Fragen des Ministeriums an Facebook betreffen einzelne Aspekte des Datenschutzes, sind aber nicht gerade bissig

    Äh….??? Nur, damit ich es auch richtig verstehe: Es geht um das Thema Datenschutz und das BMELV „kümmert“ sich darum. Frau Aigner hat das ja nicht etwa als Privatperson veranlasst, sondern wir reden hier von Korrespondenz, die ganz offiziell von Volksvertretern quasi im Sinne der Bürger veranlasst wurde. Richtig?
    Wenn Ja, dann bin ich etwas verwirrt. Ich dachte, die Zeiten wären vorbei in denen sich beispielsweise eine Familienministerin um Netzsperren „kümmert“ oder ein Fischereiausschuss um ACTA…
    Selbst wenn es sicherlich Schnittstellen gibt, aber wenn es um das Thema Datenschutz geht, wäre es dann nicht selbstverständlich wenn man z.B. den Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) ein bißchen involvieren würde? Peter Schaar vielleicht mal bzw. zumindest ins CC setzen, oder so!? Synergien nutzen? Ernsthaftig nach außen demonstrieren? Kompetenz beweisen?
    Nicht, daß ich mir persönlich davon etwas (inhaltlich) versprechen würde, es wäre m.E. zumindest schon mal eine Art Signal.
    Darüber hinaus fummeln die Datenbeauftragten aktuell EU-weit an Reformen zum Thema Datenschutz. Siehe z.B. auf der Seite vom BfDI (Zitat: „Wie soll das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Zeitalter der allgegenwärtigen Datenverarbeitung ausgestaltet sein? Das heutige Datenschutzrecht gibt hierauf nur noch unbefriedigende Antworten und bedarf der Modernisierung. So hat die Europäische Kommission am 25. Januar 2012 ihr Reformpaket für den EU-Datenschutz vorgestellt. Die Vorschläge der Europäischen Kommission werden auch auf das deutsche Datenschutzrecht große Auswirkungen haben“ Zitat Ende)

    Kurzum: Ich bin offen gesagt etwas verwirrt. Normalerweise würde ich spontan auf das kölsche Grundgesetz, Artikel 9 zurückgreifen: „Wat soll dä Quatsch“?
    Ich lasse es aber an dieser Stelle und würde mich freuen wenn mich jemand aufklären würde? Wissen die nicht mehr, welches Resort für was zuständig ist? Was hat die Aigner mit dem Thema Datenschutz primär zu tun?
    Ich hoffe jemand kann helfen… Vielen Dank vorab und liebe Grüße aus Kölle, Baxter

  6. Bekommt man das Passwort für das PDF auch oder habe ich das überlesen?
    Besten Dank für eure Arbeit!!

    Mfg

  7. Manchmal könnte man echt glauben, der Verbraucherschutz in Deutschland wäre ohne das gleichlautende Ministerium weiter gediehen.

    Aigner schützt nicht die Verbraucher. Sie schützt die Industrie vor den berechtigten Interessen der Verbraucher.

  8. – Betreff: AW: AW: AW: AW:
    – ausgedruckt, mit Tippen Mailadressen entfernt und wieder schlecht eingescant
    – ….m(

    Himmel hilf! Einmal mit Profis bitte. Nur einmal!!!

  9. Facebook ist ein US-amerikanischer Konzern.
    Wieso soll dort eigentlich deutscher Datenschutz gelten?

    Ich habe den Eindruck, alle bei Netzpolitik wollen analog zum IranNet ein DeutschlandNet.

    Es kann bei uns noch viel gesperrt werden, FSK 16 bei YouTube!

  10. So, das Ministerium stellt also kritische Fachfragen und Facebook beantwortet diese, indem sie beschreiben, wie sie dieses und jenes Gesetz auszulegen pflegen. Wer hat in dieser Konversation die Hosen an?
    Wenn wir schon über „AW: AW:“ lästern, eine Terminabsprache funktioniert auch heute unter Profis immer noch besser mit einem Telefonat als mit E-Mail-Ping-Pong!

  11. Die Frau hat keine Funktion und hat nie etwas für den VBS erreicht. Hoffe sie ist bald zusammen mit der CSU und FDP Geschichte. Man kann ja immer noch träumen.

  12. Hat jemand was anderes vermutet? Ilse ist nicht Gott und Wirtschaftsinteressen gehen vor. Trotzdem. Sie war stets bemüht auch wenn ihr Einfluss nur soweit reicht nur den eigenen FB-Account stillzulegen und gelegentlich ne Brezel für lau auf ner Agrarmesse zu futtern.

  13. die Verbraucheschutz_ministerin soll sich von Lobiisten_Stuhl auf Verbraucher_Stuhl hinsetzen und dann würde die sache ganz anders aussehen!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.