IG Metall erklärt die Rechtslage ihres Geh-Wählen-Spots. Falsch.

Der Geh-Wählen-Spot der IG Metall sorgt derzeit im Internet für Furore. Gleichzeitig wirft er natürlich auch urheberrechtliche Fragen auf (siehe auch „Remix im Wahlkampf: ein Best of„), weil derartige Remixes im europäischen Urheberrecht nicht möglich sind, ohne die Rechte für alle verwendeten Filmausschnitte zu klären. In den USA hingegen wäre ein solches Video höchstwahrscheinlich durch die Fair-Use-Klausel des US-Copyrights gedeckt.

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Jetzt hat sich auf der YouTube-Seite die IG-Metall quasi offiziell zur Rechtefrage geäußert:

Wir haben natürlich keine Sonderrechte. Es handelt sich um freies YouTube-Material. Und die YouTube-Nutzungsbedingungen erlauben jedem Nutzer die kostenlose Nutzung, Reproduktion und Herstellung derivater Werke inklusive Vorführung auf YouTube. Mehr dazu findest du hier in den YT-Terms

Grüße aus der Online-Redaktion

Das Problem mit dieser Erklärung ist nur, dass sie falsch ist. Denn nur weil Filme auf YouTube „frei“ zugänglich sind, bedeutet es noch lange nicht, dass die Rechteinhaber dieser Nutzung noch einer Weiternutzung in irgendeiner Form zugestimmt haben. Entscheidend dafür ist nämlich, dass die Rechteinhaber das Material selbst unter besagten YouTube-Nutzungsbedingungen hochgeladen oder diesem Hochladen explizit zugestimmt haben. Dass das bei allen verwendeten Clips der Fall ist, wage ich zu bezweifeln. So werden in dem Remix Ausschnitte aus Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verwendet, die sicher nicht mit offizieller Zustimmung auf YouTube hochgeladen worden sind.

Hinzu kommen die Persönlichkeitsrechte einiger der gefilmten Personen – wie der Prozess rund um den Fall des Technoviking gezeigt hat, können auch diese rechtliche Probleme aufwerfen.

Fazit: Legal ist der geniale Remix-Spot der IG Metal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Dafür bräuchte es schon ein Recht auf Remix.

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17 Ergänzungen

  1. Es ist übrigens auch problematisch, YouTube-Videos in öffentlichen Profilen und Blogs einzubetten. Zwar gibt es die Embed-Funktion schon seit Jahren – aber es gibt wohl ein paar Abmahnanwälte, die darin eine „Wiederveröffentlichung“ sehen und dann gern mal darauf hinweisen (und zwar recht teuer), dass sowas nicht erlaubt ist.

    Wenn man es nur verlinkt, ist das wohl aber noch zulässig, denn dabei wird der Inhalt ja nicht auf einer anderen Seite als der des Urhebers dargestellt…

    1. Die Frage, wie Embedding einzuordnen ist, liegt gerade beim EuGH (siehe http://irights.info/streit-um-youtube-embeds-wandert-zum-europaischen-gerichtshof) und man kann allen Anwälten, die deswegen abmahnen, auch genau das vor die Nase halten. Ein Vorlagebeschluss des BGH ist quasi Brief und Siegel, dass die Rechtswidrigkeit von [Embedding ohne Erlaubnis] nicht feststeht. Wer vorsichtig sein will, kann ggf. eine Unterlassungserklärung abgeben, aber bitte bloß keine Abmahngebühren zahlen, sonst macht dieses Unmodell noch Schule …

  2. Dafür bräuchte es schon ein Recht auf Remix.

    ….oder zb eine fair-use-policy, wie schon zu Anfang des Berichts erläutert.

    1. Die verlinkte Initiative hat als erste Forderung jene nach Einführung einer allgemeinen Bagatellschranke auf europäischer Ebene, die quasi die Funktion von Fair Use erfüllen würde.

      1. vielleicht wär es ganzt gut noch mal irgendwo aufzuführen,
        was mit Bagatellschranke genau gemeint ist.
        Fair use beinhaltet nämlich insbesondere:

        4. the effect of the use upon the potential market for or value of the copyrighted work und das beinhaltet zumindest meiner Meinung nach
        auch die Möglichkeit zum Veto und wollt ihr ja so wie ich das verstanden habe nicht einführen?

      2. Geht der schrankenkatalog eigentlich weiter?
        so wie zb.:

        bagatellschranke
        remixschranke
        rearrangmentschranke
        coverschranke ?

      3. eine wichtige frage bei den ganzen schranken ist natürlich neben
        der entlohnung auch, was bei verstössen passieren soll.
        Wie ist denn das im Moment so bei Verstössen?
        ich weiss zB gar nicht was bei – so wie ich denn Zeitungsartikel verstanden habe – nicht ganz genehmigten Coverauftritten: http://www.theguardian.com/world/2013/sep/25/die-toten-hosen-angela-merkel
        so als strafen auferlegt werden können. Können da auch noch Abmahnungen kommen?

  3. Kann bitte jemand den Spot irgendwo mirrorn für den Fall, dass da der falsche IGM-Funktionär kalte Füße kriegt und das Ding rausnehmen lässt? Das wäre nämlich jammerschade …

  4. Alles ist gut!

    Nachdem ich den Film heute vorgeführt bekam, hat mir der örtliche Gewerkschaftssekretär auf Nachfrage erklärt, dass die IG Metall die Zustimmung aller Urheber zur Verwendung besitzt („…ganz sicher…“).

    Also bitte: keep calm and carry on

    ;-)

  5. Vielleicht sollte man sich auch einfach mal informieren. Es gab Rechte für dieses Video, die allerdings nur bis zum Wahlsonntag galten. Danach wurde verabredungsgemäß das Video vom Netz genommen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.