EADS und Northrop Grumman, die Hersteller der Spionagedrohne „Euro Hawk“, wollen „Reißleine“ rückgängig machen

Die beiden Hersteller der Spionagedrohne „Euro Hawk“ halten weiter an dem Gesamtprojekt fest. In einem gemeinsamen Statement, das Northrop Grumman heute veröffentlichte, erklären sich die Firmen „völlig verplichtet“, das Programm bis zum Ende zu führen. Etwaige Probleme mit dem Steuerungssystem werden brüsk zurückgewiesen:

The full Euro Hawk system, including the mission control system and the sensor, has performed flawlessly and safely throughout the entire flight test program.

Eigentlich sollten insgesamt fünf „Euro Hawk“ beschafft werden, angekommen ist bis jetzt nur ein Prototyp, der als „Full Scale Demonstrator“ samt Spionagetechnik erprobt wird. Medien hatten berichtet, der Verteidigungsminister ziehe die „Reißleine“ weil die „Euro Hawk“ über kein funktionierendes Ausweichsystem verfügen würde. Dies verneinen die Hersteller:

Media reports that indicate there are challenges with the aircraft’s flight control system, as well as excessive costs associated with completing airworthiness certification, are inaccurate.

Mit „Lufttüchtigkeit“ ist das Prinzip „Sense and Avoid“ gemeint, das für den Betrieb im allgemeinen zivilen Luftraum und entsprechende Genehmigungen erforderlich ist. Bislang fliegt die Drohne aber in eigens freigehaltenen Lufträumen, ohnehin gilt das Ausweichprinzip nicht in gleichem Rahmen im militärischen Luftraum.

Inzwischen heißt es aus dem Verteidigungsministerium, dass die fehelnde Zulassung der Luftfahrtbehörden daran scheitere, dass die US-Regierung und Northrop Grumman wichtige Dokumente zurückhalten würden und sogar Prüfern der Bundeswehr den Zutritt zu wichtigen Abläufen verweigern. Angeboten wird laut der FAZ, für 160 Millionen Euro alle Unterlagen zu besorgen, damit die „Euro Hawk“ sich zukünftig den Luftraum mit zivilen FLugzeugen teilen kann.

Die Rüstungsgiganten treten in der heutigen Erklärung als „Euro Hawk GmbH“ auf; ein Joint Venture um den Auftrag der Bundeswehr umzusetzen. Das Konsortium hat schon Zahlungen in ungeklärter Höhe erhalten, verschiedene Schätzungen gehen von mehreren Hundert Millionen aus. Northrop Grumman lieferte den riesigen Flugroboter, EADS rüstete das Gerät mit Technik zur Signalerfassung jeder drahtlosen Kommunikation aus.

Am Ende des Staements wird betont, dass das Projekt bis zuende geführt werden soll. Versprochen wird eine Roadmap, um sogar die „Reißleine“ rückgängig zu machen und die Beschaffung von fünf Drohnen wie vorgesehen einzutüten:

EuroHawk GmbH will continue to work with the customer to address any concerns they may have with the system; and the team will provide an affordable and achievable plan to complete flight testing of the initial asset and the eventual production and fielding of the full system of four additional aircraft.

Noch nichts war zu hören von dem anderen Joint Venture, das mehrere Hersteller angesichts der Beschaffung weiterer, ähnlicher Drohnen für die NATO gegründet hatten. Für das NATO-Programm „Alliance Ground Surveillance“ (AGS) sollen mehrere „Global Hawk“ gekauft werden, denen die „Euro Hawk“ nachgebaut ist. Im Joint Venture „Alliance Ground Surveillance Industries GmbH“ hat sich EADS mit mit europäischen Rüstungskonzernen zusammengetan, um die „Erstellung und Abgabe von Angeboten im Hinblick auf Angebotsaufforderungen für das AGS-Programm“ zu erleichtern. EADS bezeichnet sich dort als “Schlüsselpartner”.

Jedoch haben sich bereits mehrere Länder aus den Planungen zurückgezogen. Inzwischen gerät auch Deutschland unter Druck, das Verteidigungsministerium will das AGS-Programm aber wie versprochen einhalten und Drohnen hierfür bereitstellen. Eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hierzu hätte eigentlich bis letzten Freitag beantwortet werden müssen. Das zuständige Verteidigungsministerium verweigert allerdings jede Antwort – ohne Angabe von Gründen. Noch diese Woche muss auch eine weitere Anfrage zu Kampfdrohnen der Bundeswehr beantwortet werden.

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2 Ergänzungen

  1. Wundert mich überhaupt nicht, dass sich die Aussagen des Liferanten und des Auftraggebers nicht in Deckung bringen lassen. Die Zulassungsprobleme sind wohl teilweise real, aber vermutlich nicht der eigentliche Grund für die Reißleine.
    Positiv ist nur, dass *überhaupt* die Reißleine gezogen wurde und nicht wie bei #S21 und #BER immer weiter Geld in einen endloßen Schlund geworfen wird.
    Hauptproblem erscheint mir die absolute Handlungsunfähigkeit unsrer Ministerien und Behörden. Sie wurden ausgeblutet und Fachkräfte sind da Mangelware. Wir haben unseren Staat kaputt gespart. Er funktioniert nur noch mit „externer Unterstützung“. Diese jedoch verfolgt ganz andere Ziele und ist aufgrund fundamentalen Interessenskonflikten ungeeignet.

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