Durchsuchung der EU-Kommission: Hat die Telekom ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht, um „Sender Pays“ durchzusetzen? (Updates)

Die EU-Kommission hat mehrere Internet-Anbieter in Europa durchsucht, darunter auch die Deutsche Telekom. Den Anbietern wird vorgeworfen, Geld von einem amerikanischen Konkurrenten verlangt zu haben, weil der viele Daten gesendet hat. Wenn die Ermittlungen beweisen, dass die Unternehmen damit ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht haben, könnte das „Sender Pays“ Modell gestorben sein.

Die Europäische Kommission hat heute bestätigt, dass sie „unangemeldete Kontrollen“ bei Internet-Providern durchgeführt hat. Die Deutsche Telekom bestätigte mittlerweile, dass auch sie durchsucht wurde – in Zusammenarbeit der Kommission mit dem Bundeskartellamt. Weitere Betroffene sind die Anbieter Orange aus Frankreich und Telefónica aus Spanien.

Die Pressemitteilung der Kommission spricht von „Bedenken, dass die Unternehmen das EU-Wettbewerbsrecht verletzt haben könnten, dass den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verbietet“. Hier wird auf Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verwiesen.

Zum Inhalt sagt die Kommission nur vague:

Internet players interconnect with each other through a combination of wholesale services to cover all possible Internet destinations. Internet connectivity allows market players (e.g. content providers) to connect to the Internet so as to be able to provide their services or products at the retail level. This service is crucial for the functioning of the Internet and for end users‘ ability to reach Internet content with the necessary quality of service, irrespective of the location of the provider.

Laut der französischen Tageszeitung Le Figaro (NSA Translate) geht es um Peering-Abkommen (unsere Übersetzung):

Die Geschichte geht auf Mai 2011 zurück, als Cogent, ein amerikanischer Breitband-Anbieter, der in mehreren Ländern operiert, gegen [den französischen Provider] Orange Beschwerde einreichte. Cogent wirft Orange vor, Peering-Abkommen nicht zu respektieren, die im Internet vorherrschen und Betreibern ermöglichen, Daten-Traffic auszutauschen, ohne diesen in Rechnung zu stellen. Peering geht davon aus, dass man ungefähr so viele Daten empfängt wie man sendet. Cogent aber hat angefangen, 13 mal so viel an Orange zu senden, wie es empfangen hat. Der Grund: Ein großer Kunde von Cogent war Megaupload, der Sharehoster, der im Zuge von Ermittlungen des FBI abgeschaltet wurde. Angesichts dieses Ungleichgewichts hat Orange von Cogent finanzielle Gegenleistungen verlangt, um zusätzliche Peering-Kapazitäten bereitzustellen.

Cogent Communications ist einer der wenigen Tier 1 Provider, die für Internet-Traffic nur kostenlos peeren und nicht bezahlen. Kein Wunder also, dass sie das nicht mit sich machen lassen wollten. Also hat sich Cogent an die EU-Kommission gewendet. Gegen die Deutsche Telekom und Telefónica hat Cogent die selbe Beschwerde eingereicht.

Seit Jahren versuchen Internet-Anbieter, nicht nur aus Endkunden, sondern auch aus datenintensiven Netzübergängen Profit zu schlagen. Vor drei Jahren sagte Telekom-Chef René Obermann:

„Wir können nicht alles umsonst anbieten“, argumentiert der Telekom-Chef, „zahlen müssen diejenigen, die die Netze stark beanspruchen“. Wer besonders datenintensive Premiuminhalte anbietet, soll demnach eine Gebühr entrichten. Je mehr Bandbreite ein bestimmter Web-Dienst benötigt und je öfter er genutzt wird, so die Logik, desto mehr soll der jeweilige Anbieter bezahlen.

Hoffentlich geht die Kommission weit genug und verbietet dieses „Sender Pays“ Modell gleich komplett. Der Netzneutralität zu liebe.

Update: Die Telekom hat unsere konkrete Frage „Hat die Telekom versucht, von Cogent Geld für einen erhöhten Traffic zu verlangen?“ bisher nicht beantwortet. Ein Sprecher bestätigte aber, dass es um Traffic in Backbone-Netzen geht:

Untersucht wird, ob es bei der Zusammenschaltung der großen Internet-Backbone-Netze zu Verstößen gegen EU-Recht gekommen ist (möglicher Mißbrauch marktbeherrschender Stellung). Es geht also um die Frage, wie der Datenverkehr aus Drittländern in den EU-Netzen transportiert wird.

Update 2: Benedikt Fuest und Florian Eder haben auf welt.de weitere Details:

Cogent hatte sich laut einem internen Schriftsatz, der der „Welt“ vorliegt, bereits 2009 bei der Bundesnetzagentur über das Peering-Verhalten der Telekom beschwert: Die Telekom weigere sich, ausreichende Kapazitäten an ihren Peering-Knotenpunkten parat zu halten. Die Anbindung der Cogent-Kunden ins Netz der Telekom sei zu langsam: Cogent benötige mindestens 100 Gigabit pro Sekunde, die Telekom halte weniger als die Hälfte dessen parat.

Der deutsche Konzern hält dagegen, dass Cogent bis zu zwölf Mal mehr Daten ins Netz der Telekom sende als diese ins Netz von Cogent. Cogent solle deswegen für den Ausbau und das große Datenvolumen zahlen.

Update 3: Jetzt bestätigt Philipp Blank, Sprecher der Telekom, gegenüber netzpolitik.org:

Geld von anderen Carriern zu verlangen, ist gerechtfertigt. Wir müssen zusätzliche Kapazitäten aufbauen, um den zunehmenden Datenstrom zu bewältigen und dafür kann nicht nur der Endkunde aufkommen.

Gleichzeitig droht uns die Telekom:

Wenn Sie zudem nicht die Behauptung entfernen, dass wir ein Kartell gebildet hätten, werden wir presserechtlich dagegen vorgehen, weil wir das als Rufschädigung werten.

Kann uns mal wer eine juristische Einschätzung dazu geben? Nach unserer Auffassung haben wir gar keine „Behauptung aufgestellt“. In der Überschrift wird das nur als Frage aufgeworfen. Wie ist das juristisch zu bewerten?

Update 4: Fünf Juristen, zehn Meinungen. Da wir unsere knappen Ressourcen lieber in den Kampf für echte Netzneutralität stecken als in juristische Auseinandersetzungen, haben wir in der Überschrift „Hat die Deutsche Telekom ein Kartell gebildet?“ zu „Hat die Telekom ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht?“ geändert. Davon weichen wir aber nicht ab.

65 Ergänzungen

  1. Was ich mich immer aktuell bei solchen Meldungen frage:
    Wieviel Traffik verbrauchen eigentlich PRISM und Konsorten und wer bezahlt das?

      1. Blöd ist nur immer, wenn das NSA-U-Boot mal wieder ein Tiefseekabel bearbeitet und die Nachrichtenagenturen dann lustige Meldungen verbreiten müssen von Unfällen mit Fischkuttern oder ähnlichem.

      2. >keinen merklichen

        Natürlich nicht, denn die Daten von Prism werden zwar mehrfach gespeichert, aber um die Kopien zu erstellen laufen Männer mit frischgebrannten DVDs von Nation zu Nation ;)

    1. Glasfaser skalieren ziemlich gut, Level3, Colt, c&w haben sicher günstige Deals für die NSA und GHdingens gemacht.

    2. Wir bezahlen das. Genau wie wir dafür bezahlen, dass uns der Staat überwacht. Kann mich nicht daran erinnert, dass mich ein „Volksvertreter“ dafür um Erlaubnis gefragt hat.

    3. Der Traffik ist Kostenlos… andernfalls würde ja die Telekom für die NSA die Bandbreite drosseln ;)

      Würde es im Netz weniger Pornos, Werbung und Geheimdienst müll geben würde sich der Traffic halbieren ;)

      1. Dann bleiben ja nur noch die Katzenbilder übrig, die die andere Hälfte des Traffics ausmachen …

  2. Bitte verändert die Überschrift nicht. Falls die Drosselkom versucht euch zu verklagen, spende ich sehr gerne für die Verteidigung! Ich hoffe sogar, dass die sie es tun! Das wäre ein PR-Waterloo- ein klassicher Streysand-Effekt. Ich mache mir schon mal Popcorn :-)

    Wie sehr will sich die Drosselkom denn noch selbst abschiessen? Deren PR-Abteilung sollte man jeglich eigene Handlung untersagen…

  3. Ich bin zwar kein Jurist, aber ich würde die Überschrift ohnehin irgendwie anständig formulieren. Das klingt im Moment ein wenig wie die typische Masche, Behauptungen als Fragen zu formulieren, um sie nicht belegen zu müssen. Eine Überschrift wie „EU-Komission durchsucht Deutsche Telekom: Verdacht auf Missbrauch der Marktmacht“ würde es viel treffender Ausdrücken und auch keine versteckten Behauptungen aufstellen.

    Ich sehe gerade zudem, dass der Spiegel (ganz unten) anmerkt, den Kartellvorwurft entfernt zu haben: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/eu-kommission-verdacht-auf-marktmachtmissbrauch-bei-telekom-firmen-a-910591.html

    1. Sehs auch grade “ EU-Verdacht auf Missbrauch von Marktmacht: Razzia bei der Telekom“ .. Gut möglich das die Telekom auch hier ihren unmut los gelassen hat!

      Mich würde nicht wundern wenn die Telekom überführt wird, ich hoffe es, jedoch würde ich die Überschrift so wählen das Sie auch tatsächlich eine frage ergibt, ich sehe es auch als feststellung bis das fragezeichen kommt!

  4. Viel wichtiger als eine „rechtliche Wertung der Überschrift“ wäre es, dieses Verhalten schön breit zu streuen. Und wenn dann irgendwas rechtliches kommt noch mehr zu streuen.

    Den Streisand Effekt kann man auch zum eigenen Vorteil nutzen.

  5. Ich mag die Telekom, sie ist ein perfekter Sympathieträger und macht das auch mit ihrem absolut tadellosen Umgang mit unseren Presseorganen deutlich.
    Die Drosselung finde ich auch einfach toll, hilft sie doch, dass wir uns im Netz wieder auf das Wesentliche konzentrieren und endlich diverser Schund (Katzenvideos) verschwindet.

    Der nächste Schritt sollte sein, dass die Telekom vorfiltert was wir zu sehen bekommen, um die Qualität des Internets noch weiter zu verbessern.

    Ihr Alexander „von gestern“ Schwarz

    1. Nunja, würde die Telekom alles an Werbung und Pornos vor filtern, wäre das internet bedeutend effizienter!

      Das wird aber nicht passieren, so bleibt es wie es iss, und die Drosselkom unbeliebt!

  6. Das erklärt doch endlich wieso youtube, mediatheken etc. bei Telekom-Anschlüssen so arschlangsam sind. Die Telekom hat zu klangsame Anbidnung an die Peeringstellen.

    1. Was mich wundert, ist, dass sich die Telekom über die Asymmetrie wundert… dabei ist doch klar, das Video wird einmal hochgeladen, danach wird es aber hunderte Male abgerufen. Demenstprechend ist es logisch, dass mehr Daten aus den USA hierher fließen als umgekehrt (ausgenommen die NSA). Die Daten, die da nun in großen Mengen kommen, sind aber auch noch von den Nutzern der Telekom angefordert worden, und die haben doch für ihren Anschluss und die Dienstleistung schon bezahlt – und zwar sowohl für das Versenden alsauch für das Empfangen von Daten. Die Asymmetrie sieht man ja auch beim DSL: Die Bandbreite beim Upload ist deutlich knapper als die beim Download. Auch da ist also schon klar, dass die Kunden eigentlich mehr down- als uploaden. Müssen die Kunden jetzt genauso viel uploaden, wie sie downloaden, damit die Telekom glücklich ist? Irgendwie hat die Telekom das Internet nicht richtig verstanden und denkt immer noch in Telefonie-Mustern: Der Anrufer zahlt… hier jetzt der Absender der Daten – der die aber nur auf Anforderung durch den Telekom-Kunden sendet. Kann man da mal die Internetausdrucker auf der Managementebene in Rente schicken?

      1. Wie funktioniert das peering bei der Post mit Paketen und Briefen aus dem Ausland? Wer muss es in Deutschland zustellen Deutsche Post , PIN oder wie die alle heissen?

      2. Natürlich hat die Telekom das richtig verstanden. Die wollen einfach nur double-dipping, weil sie es können.

  7. Keine juristische Einschätzung, aber bei mir ist auch die Überschrift definitiv nur als „Wir berichten über Untersuchungen der Kommission bzgl. einer Vermutung“ angekommen, nicht als Behauptung einer Kartellbildung.

    Übrigens: Ein bekannter deutscher Hoster hat gerade die Trafficpreise gesenkt, jetzt 1,99 EUR pro Terabyte. Denn, Sie müssen wissen, die Internetleitungen platzen bald, und der Netzausbau ist unbezahlbar!

  8. Es geht doch hier nicht um ein Kartell, wo geheime Absprachen getroffen werden, sondern darum, dass die Drosselkom ihre Marktmacht ausnutzt, um auf zweiseitigen Märkten extra zu verdienen. Das können Drosselcom, Telefonica und Orange in ihren Ländern jeweils ganz alleine. Insofern ist die Überschrift nicht ganz treffend gewählt. Aber IANAL.

  9. Zum besseren Verständnis sollte man eventl. noch darauf hinweisen, dass am Cogent-Backbone z.B. Youtube hängt. Wenn die Telekom Cogent nur 50Gbit Peering-Banbreite zur Verfügung stellt und Cogent sagt, sie bräuchten eigentlich das Doppelte, dann ruckeln für Telekomkunden im Worst Case halt z.B. Youtube-Videos.

  10. … und wie immer bei netzpolitik.org: Recherche mangelhaft!

    Kurzer Hinweis, wenn man schon einen Wikipedia Artikel referenziert (tier-1-provider), ist es der ganzen Geschichte hilfreich, wenn das sog. Opfer auch tatsächlich in der Tier-1 Tabelle auftaucht, und nicht unter ‚Andere Grosse Netzwerke‘.

    Es ist übrigens noch weniger hilfreich für die Geschichte wenn der sog. Täter in der Tabelle unter Tier-1 auftaucht.

  11. Vielleicht sollte cogent mal Geld von der Telekom verlangen, schließlich sind das _deren_ Kunden die solche Unmengen Daten herunterladen und damit das Netz von Cogent belasten.

    1. Das lustige ist doch:

      Cogent liefert aus den USA frei Haus bis zur Tür der Telekom in Deutschland, tragen dafür selbst die TRansferkosten auf der langen Strippe und die Telekomiker wollen die Daten-Päckchen dann einfach nicht annehmen… Die arme Telekom verdient einfach nicht genug an uns zahlungunwilligen DSL Usern! :)

  12. Ich bin Laie, kann mir aber nicht vorstellen das die Telekom hier ein rechtliche Handhabe hat. Alles nur Drohgebärdern, die höchstwahrscheinlich schon als Textbausteine vorliegen.

    Man könnte euch höchstens unterstellen eine Suggestivfrage zu unterbreiten, aber selbst das ist eigentlich nonsense.

    Weiter so !

  13. Hmmm… Kann mich an die massiven Probleme beim Start des MMORPG „Guild Wars 2“ erinnern. Überhaupt gab es für Telekom-Kunden immer wieder Verbindungsprobleme und Lags bei Online-Games. Droht da die Doppeldrossel? Zum einem vom Anbieter, zum anderen zum Endkunden? Und dazwischen das Drosselschräubchen des Providers, das dieser mal fest und mal locker einstellen kann, um mal mehr mal weniger Geld zu erwirtschaften, ohne Werte zu schöpfen.

    1. Wenn ich das richtig erinnere, hat sich die Telekom am Anfang der DSL-Ära schon mal für die Feischaltung der FastPath-Option bezahlen lassen. Hat bei Online-Gamern für viel Unmut gesorgt. weil die Latenzen im frühen DSL-Netz ziemlich hoch waren. Selbst Terminal-Verbindungen via SSH waren etwas hakelig. Verkauft wurde das ernsthaft als „Tuning für den DSL-Anschluss“.

      Das ist aber schon seit einer Weile nicht mehr so.

  14. kleine Fachsimpelei:

    Auch eine Behauptung als Frage ist fraglich…

    Der Knackpunkt ist der Begriff „Kartell“

    So heißt es bei Tagesschau.de:
    „Die EU-Kommission hat in mehreren Staaten die Büros von Telekommunikationsfirmen durchsuchen lassen. Dabei gehe es um den Verdacht, dass Anbieter von Internetzugängen gegen EU-Recht verstoßen hätten, indem sie ihre starke Marktpositio missbraucht hätten, teilte die Behörde mit.“
    http://www.tagesschau.de/wirtschaft/razzien-telekomfirmen100.html

    https://de.wikipedia.org/wiki/Marktbeherrschende_Stellung

    Definitionen von Kartellen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftskartell#Kartelltypen

    Dass die Telekom an einem Kartell beteiligt sei, könnte man als Behauptung auslegen. Die Absprache ist nicht belegt.

    Es ist aber keine Behauptung dass die EU Kommission aufgrund von „Kartellrecht“ ermittelt. (Nehme ich an)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kartellrecht

    Also könnte die Überschrift lauten:

    „Durchsuchung der EU-Kommission bei Deutscher Telekom wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kartellrecht.“

    Das stimmt 100%. Guck auf meinen Titel ! Guck doch ! ;) jk

  15. presserechtlich vorgehen? so wie das regelmäßig gegen BLÖD passiert? Kann da überhaupt was schlimmes dabei passieren? Also schlimmer als ein „dududu“ vom Presserat?

  16. Die Drohung wurde offenbar ohne Rücksprache mit der Rechtsabteilung ausgesprochen. Die Antwort auf die Frage ist einfach:
    BILD-Zeitung.
    Die titelt die übelsten Verleumdungen allesamt immer als Frage und steht damit auf sicherem Untergrund. Das Fragezeichen ist gewissermaßen das juristisch undurchdringliche Schutzschild.

  17. Nur um sicher zu gehen (ich habe den Eindruck, der Zusammenhang ist noch nicht ganz klar).
    „Sender Pays“ bezieht sich hier offensichtlich nur auf andere ISP.
    Aber was ist mit Sender Pays von z.B. Youtube?
    Ich möchte darauf hinaus, dass ein wesentlicher Bestandteil des Drosselkom Modells darauf abzielt, von Content Providern zusätzlich abzukassieren.
    Hat ein allfälliges Kartellverfahren später einen Einfluss auf die Drossel?

    Meiner Meinung nach sind die Fälle gleich zu behandeln.
    Wenn die Telecom von einem ISP Geld verlangt wegen hohem Traffic, dann ist das doch das Gleiche wie Geld von Youtube zu verlangen wegen hohem Traffic.

  18. Zur juristischen Frage:

    1. Natürlich kann in einer Fragestellung auch mittelbar eine Fast-Behauptung enthalten sein, nämlich dann, wenn es sich ersichtlich um eine rhetorische Fragestellung handelt. Davon kann man hier möglicherweise ausgehen, d.h., ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass ein Gericht das zB annehmen würde. Deutlich wird das vielleicht an einem plastischeren Beispiel, wenn also zB eine Boulevardzeitung heute die „Frage“ aufwerfen würde, ob Bettina W. dem horizontalen Gewerbe nachgegangen ist. Das wäre wohl mit Sicherheit nicht mehr als schlichte Fragestellung zu werten, sondern als in eine Frage gekleidete schlagezeilenartige Behauptung.

    2. Auch eine scheinbare Fragestellung wäre ja kein Problem, wenn einem der Nachweis für die darin enthaltene Behauptung vorliegt oder gelingen würde. Im vorliegenden Fall wäre das bzgl. der Behauptung des individuellen Versuches der Telekom, „Sender Pays“ durchzusetzen, nach eigenen Aussagen der Telekom wohl kein Problem. Problematisch erscheint mir aber die in der Fragestellung möglicherweise enthaltene Behauptung einer Kartellbildung. Dem Artikel kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass Euch insoweit der Nachweis für ein sog. kollusives Verhalten der Telekom zusammen mit anderen Anbietern vorliegt (also gemeinsame rechtswidrige Anstrengungen zur Bildung eines Kartells). Außerdem müsste grundsätzlich geklärt werden, ob für einen Fall wie den vorliegenden nach den gesetzlichen Vorschriften überhaupt eine (rechtswidrige) Kartellbildung denkbar wäre. Es geht ja nach der Auffassung der Telekom nicht unbedingt um rechtswidrige Preisabsprachen oder zwingend um eine willkürliche Verknappung von Ressourcen, sondern (nach deren Auffassung) um die Durchsetzung von angeblichen Rechtsansprüchen. Selbst wenn sich die Anbieter wegen bestehender Ansprüche absprechen sollten, würde das noch nicht zwingend eine rechtswidrige Kartellbildung zur Folge haben. —

    Weitere Einzelheiten bei Bedarf gerne via Email.

  19. Warum ist eigentlich in der Zeit von Analogtelefonie noch niemand auf diese Idee gekommen, einfach Anrufer und Angerufenen gleichzeitig zu belangen für jede Minute als Telekommunikationsanbieter? Oder keine Leitungen nach Afrika zu legen, weil da ständig die Checks platzen?

  20. Auch eine Frage kann eine (möglicherweise unwahre) Tatsachenbehauptung enthalten – wie man das grammatikalisch formuliert ist juristisch wurscht, solange es zwischen den Zeilen steht reicht es aus um ein Vorgehen gegen unwahre Tatsachenbehauptungen zu rechtfertigen.

    Da es hier nach bisherigen Erkenntnissen nicht um ein Kartell (mag noch rauskommen, aber bisher eben nicht) geht, sondern um Machtmissbrauch, u.U. auch Absprachen o.ä. wäre ich in der Tat zumindest mit der Verwendung des Wortes „Kartell“ sehr vorsichtig.

  21. Soweit bekannt, geht es bei den Vorwürfen der Kommission um Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und nicht um die Bildung eines Kartells. Das ist nicht dasselbe.
    Die Überschrift ist also irreführend und spekulativ und sollte vielleicht deshalb geändert werden, selbst wenn sie nicht justiziabel ist (was ich nicht beurteilen kann)

  22. Also, ich gehe davon aus, dass es als Frage keine Behauptung ist und somit stehen bleiben kann. Zudem ist klar, dass auf europäischer Ebene aus kartellrechtlichen Gründen ermittelt wird… da ist eine solche Frage legitim und auch naheliegend. Wer ein wenig weiterdenkt, muss diese Frage stellen, und dieses Weiterdenken darf natürlich nicht unterdrückt und wegzensiert werden, auch nicht durch das Presserecht – das ja eigentlich auch kritisches Nachfragen schützen soll.

    Spiegel online hat übrigens gekuscht und den Seitentitel „EU-Kommission durchsucht wegen Kartellverdacht Telekom-Firmen“ bereits geändert: „EU-Kommission: Verdacht auf Marktmachtmissbrauch bei Telekom-Firmen“. Das war vermutlich gegen 18:30… also knapp sechs Stunden nach Veröffentlichung.

    Aber der Begriff Kartell ist ja auch nicht eindeutig, wie ein Blick in die Wikipedia zeigt: Kartell. Da steht dann ganz grob erstmal: „Kartell ist ein mehrdeutiger Begriff, der in der Regel einen Zusammenschluss oder eine Vereinbarung zwischen Konkurrenten bezeichnet“.

    Es geht also beim Begriff „Kartell“ in der Alltagssprache nicht automatisch um einen strafrechtlichen Vorwurf, sondern eher allgemein um eine Absprache zwischen Konkurrenten, um sich Vorteile zu verschaffen. Solche Absprachen können ja durchaus auch legal oder gar legitim sein.

    Rufschädigend ist vor allem der Versuch, alles zu unterdrücken und zu zensieren, was das Handeln der Telekom kritisch hinterfragt und begleitet. Und für netzpolitik.org könnte es rufschädigend sein, sich selbst auf Zuruf zu zensieren… daher hoffe ich darauf, dass ihr eure Überschriften und Texte nur dann ändert, wenn es juristisch eindeutig geboten ist.

    1. Das gilt aber nur für den „Qualitätsjournalismus“, der sich dadurch auszeichnet, dass er *auch* Papier bedruckt ;)

  23. Als Jurist in anderen Umständen (Informatikstudium), kann mir das Verhalten der Telekom dahingehend erklären, dass wahrscheinlich dort ein Jurist den Text geprüft hat. Sein Ergebis erklärt sich aus den oft anzutreffenden Missverständnissen bei der Verwendung juristischer Fachtermini, die sich daraus ergeben, dass im Deutschen die Bedeutung eines Begriffes im juristischen Kontext immer an mehr oder weniger klar abgrenzbare Kriterien gebunden ist, die die umgangsprachliche Verwendung nicht in diesem Umfang erfordert. Während also der Jurist der Telekom bei einem „Kartell“ einen klar definierten kartell- und wettbewerbsrechtlichen Sachverhalt vor Augen hat, versteht der „Normalbürger“ den Begriff eher etwas weiter im Sinne einer irgendwie gearteten Ausnutzung seiner Marktposition zu seinem wirtschaftlichen Vorteil, die einer breiten Bevölkerungsschicht als unerwünscht oder verwerflich erscheint. Obgleich beide Kartellbegriffe nicht unähnlich sind, sind sie jedoch keinesfalls identisch! Es ist nicht auszuschließen, dass ein Sachverhalt der umgangssprachlich ‚ganz klar‘ ein Kartell ist, u.U. juristisch nicht einmal einen Anfangsverdacht rechtfertigt. Ein paar klarstellende Worte zum Kontext der Begriffsverwendung können helfen Haftungsrisiken zu minimieren. Mithin halte ich das hier auch für sinnvoll, um Zensurversuchen, wie etwa einstweiligen Verfügungen (insbes. des einschlägig bekannten LG Hamburg), von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Für die redaktionelle Arbeit empfehle ich die Verwendung eines Rechtslexikons, um bei derlei ‚juristischen false friends‘ gleich mit einen entsprechenden Einzeiler etwaigen Missverständnissen durch die Schwarzröcke(Juristen) vorzubeugen. Dann kann auch die gewählte Überschrift keine größeren Probleme verursachen. Weitere Fragen gern per E-Mail.

    Liebe Grüße
    phlK

  24. Es ist unerheblich, welche Bedeutung dem Wort „Kartell“ vermeintlich in der Alltagssprache oder in der „Juristensprache“ zukommt (ich denke nicht, dass Sprachwissenschaftler der wikipedia zustimmen würden). Falls die Frage nämlich in einer der Bedeutungen bedenklich sein sollte, müsste das veröffentlichende Medium (hier: netzpolitik.org) sich vorhalten lassen, solche Unterschiede kennen und beachten zu müssen.

    Bedenklich ist – das haben andere Kommentatoren schon gebracht – der Stil, eine Vermutung in der Überschrift zu äußern, welche durch nichts im Text darunter gestützt ist. Dadurch wird bei dem Leser ein ungerechtfertigter Verdacht geweckt, welcher geeignet ist, rufschädigend zu wirken, was sich aus der „juristischen“ Bedeutung eines Kartells ohne weiteres ergibt.

    Deshalb könnte dies als Fall der Verdachtsberichterstattung ausgelegt werden; zu deren Voraussetzungen siehe Urteil des VI. Zivilsenats vom 11.12.2012 – VI ZR 314/10 -, vor allem Randziffer 26 ( http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=d7baf455ab41cacdc98898cf4766601e&nr=62909&pos=0&anz=1 ). Es wäre ratsam, die Überschrift redaktionell anzupassen.

    Rechtsanwalt Grehsin

  25. Steht in der Überschrift ein Fragezeichen? Ich denke schon, soweit ich dieses Erkennen kann.

    So what?

  26. “Wir können nicht alles umsonst anbieten”

    Ich finde es ja drollig wenn selbst bei diesem Thema wieder unterschwellig irgendeine „umsonst Mentalität“ angeprangert wird.

    Was genau bietet die Telekom denn momentan umsonst an?

    Wenn es hoch kommt ein Beratungsgespräch, ja das ist noch umsonst. Im schlimmsten Fall is man an dessen Ende um einen überteuerte und kastrierten Internetzugang reicher (Yay 50 mbit und YouTube muss für 480 puffern dank grottigem Telekom peering) samt dazugehöriger grottiger Hardware.

    Was gibt es denn sonst so „umsonst“ von der Telekom? Es wird ja regelrecht der Eindruck erweckt der Laden wäre ehrenamtlich und man müsste jetzt mal endlich für „irgendwas“ Geld verlangen.

    Dabei ist die Telekom nichts anderes als ein hinterhältiger Wegelagerer..

  27. Die YouTube-Videos ruckeln bei mir, weil ich nur 1500 KBit/s habe. Hier im Dorf (8 km Luftlinie von Telekom Hauptsitz) gibt es nur so viel und ich träume nur von schnellem Internet, weil nicht investiert wird. (der gründer von netzpolitik.org ist hier wohl deswegen weggezogen ;-) ) Zahle aber genauso viel wie der Vielsauger, der noch einen Vertrag ohne Drossel hat.
    Da bedanke ich mich aber schön, das ist jetzt schon ungerecht. Und ich habe keine Lust noch mehr zu zahlen, weil irgendwelche Leute ihre Filme jetzt über das Internet ausleihen oder Musik nur noch im Internet hören, Verlage im Internet Fernsehen machen, und Firmen ihre Infrastruktur auslagern. Ganz egal mal, ob die meisten Datentransfers legal sind oder nicht (ganz viele sicher nicht).
    Sender pays ist meiner Meinung nach ok. Wer daran verdient, soll _auch_ dafür bezahlen.
    Und Marktmacht ist eine zweiseitige Sache. Bei allen berechtigten Vorbehalten gegen die Telekom und gegen Kartelle: cogent ist nicht ohne Marktmacht und nutzt diese offenbar hemmungslos aus. Aber sind ja USA und die dürfen bekanntlich alles und auch in Europa, wie wir gesehen haben.
    Der Sender (megaupload wurde ja genannt) verdient mit dem Senden Heiden-Geld und verstopft mit den Megadaten die Leitungen. Wer soll denn Eurer Meinung nach das bezahlen ?
    Diejenigen, die viel nutzen? Offenbar nicht, Aufschrei gegen die Drosselkom…
    Die sender offenbar auch nicht, also bleiben die…
    die DSL-Nutzer alle zusammen über höhere Tarife, egal, ob sie saugen oder nicht ?
    Insofern finde ich die Drossel prinzipiell gut, problematisch kann die Höhe der Grenze sein und ob und für wieviel man mehr Volumen bekommt.

    1. Wer soll denn Eurer Meinung nach das bezahlen ?

      Megaupload zahlt(e) an seinen Provider für den Traffic, der Kunde an seinen Provider für den Traffic. Jede weitere Zahlung ist reine Abzocke.

    2. Nur so, damit Du einen Orientierungspunkt hast: Ein Terabyte beim Hoster kostet zwei Euro.

      Nein, es ist nichts grundsaetzlich falsch daran, dass zahlt, wer Kosten verursacht, aber das ist hier nicht wirklich das Thema, denn weder wuerde sich irgendjemand aufregen, wenn die Telekom sich bei Drosselung und Preisen fuer Zusatzvolumen an Marktpreisen orientieren wuerde, noch waere es wahrscheinlich ueberhaupt ein Thema fuer die Telekom, weil es vollkommen laecherlich waere, so ein PR-Desaster zu veranstalten, wenn es tatsaechlich nur um die paar zig Kunden im Land ginge, die tatsaechlich soviel Traffic verursachen, dass das ernsthaft Kosten verursacht.

      Die Preisgerechtigkeit, die Du Dir hier wuenscht, wuerde, wenn sie anhand von Marktpreisen fuer Traffic geschaffen wuerde, den Preis Deines Anschlusses um so zehn Cent im Monat senken.

  28. Ja, auch eine Frage kann problematisch sein.
    Bis jetzt gibt es doch nicht mal Indizien für ein Kartell: Alle drei wurden gleichzeitig untersucht, dass liegt aber daran, dass die Vorwürfe identisch sind. Und alle drei wollten Gebühr vom Vielsender, aber Konzerne versuchen halt Kohle zu machen.
    Macht mal ne sachlichere Überschrift.

  29. Haha !!
    Getroffen und versenkt.
    Getroffene Hunde bellen! Wenn die Argumente der Pressestelle ausgehen, dann kommt die juristische Keule.
    Gut, dass die nicht meine Gedanken lesen können…sonst würden die ihre nächste Keule rausholen.

    1. Witzig ist zumindest, dass die anscheinend glauben, sie hätten noch einen Ruf, den sie verlieren könnten. Aber wer mit so ironiefreier Werbung was vom schnellsten/besten Netz faselt, leidet eh unter Realitätsverlust.

  30. Ich würde die auf SZ / BILD-Level zurück-ärgern…
    Und zwar mit der Überschrift:

    „Mutmaßliche Kartellbildung durch Telekom-munikationsprovider!“ …
    Mann könnte es auch zusammen schreiben und das Telekom darin Schweinchenrosa färben.PS: ICH habe das Copyright auf der Überschrift… und genemige es netzpolitik exklusiv diese ggf. zu nutzen (natürlich kostenlos). Und hiermit untersage ich es besonders der Bild-„Zeitung“ diese zu verwenden.
    .
    PPS: Ich frage mich nur wieviel die Zahlen sollten damit der Knoten auf die 100 Gbit „ausgebaut“ werden konnte/könnte??? Und ob das dann Monatlich oder nur einmal fällig gewesen wäre… fragen über fragen.
    Schönes WE noch ;)

  31. Cogent sollte ab jetzt bis auf weiteres Requests von Telekom-IPs auf große Datenmengen immer mit einem Text/Bild/Audio/Video beantworten, in dem darauf hingewiesen wird, daß man leider aufgrund der notleidenden Telekom dieangefordertendaten nicht ausliefern kann. Macht Youtube ja bezügl. der Gema auch so ;-), und die Telekom wäre ganz schnell viele zahlende Kunden los :-P .

    Der Deal beim Peering lautet doch eigentlich „ausgelichener Traffic in beide Richtungen“ und andernfalls stellt der eine (Cogent) den Content zur Verfügung, für den der andere aufgrund des Ausbaus seines Netzes von seinen (End)Kunden kassieren kann. Cogent wird ja offensichtlich von der Telekom bezügl. Menge und Qualität deren Contents für seine amerikanischen Kunden erheblich benachteiligt. Wieviele Kunden der Telekom würden denn vermutlich ihren Internetanschluß komplett kündigen, wenn sie nur auf den Content der Telecom zugreifen könnten? ;-)

    Wenn man bezügl. der FrauBettina W. die Frage nach dem horizontalen Gewerbe im Artikel auch zu beantworten versuchen würde, sollte das eigentlich keine rechtlichen Probleme geben.
    Zu klären wäre, woher das Gerücht kam, welche Indizien es evtl. dafür gäbe, und ob nicht bei einem so sehr auf die Öffentlichkeit angewiesenen Gewerbe es aller Warscheinlichkeit nach Zeugen geben müsste und ob welche (Zeugen) gesichtet wurden.

  32. Hey die Telekom schickt mir auch mehr Traffic als ich ihnen.
    RX-Bytes:1452689076 (1.4 GB) TX-Bytes:125381776 (125.3 MB)
    Auch knapp das 12-fache. Ich will jetzt auch Geld von denen.

    Aber mal Spaß beiseite. Die Telekom ist doch Service Provider für ihre Kunden und wird dafür von diesen bezahlt. Folglich müssten die dafür verantwortlich sein, den vom Kunde angeforderten Traffic auszuliefern. Und der so hohe Traffic, der da von Cogent kommt, ist von den Telekomkunden angefordert. Also, falls man da überhaupt logisch argumentieren wöllte, müsste doch wenn dann die Telekom an Cogent zahlen und nicht umgekehrt, oder seh ich da was komplett falsch?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.