Die EU will „reisende Gewalttäter“ bei Großveranstaltungen mit einer polizeilichen EU-Datei überwachen

Seit Jahren forciert die EU die Harmonisierung der polizeilichen Zusammenarbeit bei internationalen Großveranstaltungen (Fussballspiele oder Gipfelproteste), um diese sicherer zu machen. Eine entsprechende Initiative startete das Bundesinnenministerium nach dem G8-Gipfel 2007. Dafür sollen vor allem „reisende Gewalttäter“, die bei derartigen Events nicht gern gesehen sind, besser überwacht werden. Hierfür braucht es nach Ansicht einiger Mitgliedstaaten, insbesondere Deutschlands, verbesserte Kapazitäten und mehr Zusammenarbeit.

Deutschland hatte sich dabei für Ein- bzw. Ausreisesperren stark gemacht und wollte hierfür das Schengener Informationssystem SIS II nutzen. Auf deutsche Veranlassung wurde das das Thema sogar im Stockholmer Programm erwähnt (Punkt 4.3.1.). Allerdings konnte sich die Bundesregierung mit diesen Bestrebungen bisher nicht durchsetzen.

Nun könnten die Wünsche Realität werden. Eine von der EU in Auftrag gegebene Studie (.pdf) schlägt eine Lösung ganz im Sinne der BRD vor: Es soll eine EU-weite „Troublemaker“-Datei aufgebaut werden. Allerdings gibt es dabei noch eine Haken: Die Verhältnismäßigkeit. Denn einige Mitgliedstaaten haben gar kein Problem mit vermeintlichen „gewaltbereiten Störern“. Häufig ist auch der rechtliche Rahmen, in dem so eine Datei angelegt werden kann, nicht gegeben. Wenn überhaupt Strukturen errichtet werden sollten, könnten hierfür vorhandene Einrichtungen genutzt werden.

Warum die EU jetzt neue Kapazitäten aufbauen soll, bleibt mehr als fraglich. Besonders pikant ist erneut die Rolle Deutschlands. Da die Begeisterung der anderen Mitgliedstaaten für das Projekt also überschaubar bleibt, findet es die deutsche Delegation erforderlich, „nochmals initiativ zu werden“, wie es aus informierten Kreisen heißt.

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6 Ergänzungen

  1. In eine solche Troublemaker-Datenbank sollte man ersteinmal alle nervigen Journalisten und Blogger aufnehmen. Denn wenn ein Journalist über die ehrenhafte Arbeit eines Polizeibeamten falsch berichtet, dann ist das ehrverletzend für den Beamten und psychische Gewalt. Sowas muss unterbunden werden!

  2. Wir wissen doch alle, wer mit als Erstes in dieser Datenbank landet, so es sie dann mal gibt: Demonstranten bei grossen Gipfeln, vor allem wenn sie gut organisiert sind und entsprechende Erfahrung haben, so dass sie sich von den vollgepanzerten Polizisten und Wasserwerfern nicht einschüchtern lassen. Da braucht es nur die üblichen Agent Provocateurs um ein wenig Randale zu Inszenieren, schon kann man das Konstrukt „schwarzer Block“ benutzen um alle Anwesenden einzukesseln und in die Datenbank aufzunehmen.
    Ein grosses Gipfeltreffen im eigenen Land ohne Proteste ist sicherlich der grosse Traum von jedem Regierungschef.

  3. Dürfte wohl absolut legal sein, da man der Polizei doch nicht verbieten kann die Namen der eigenen Leute in eine Datei zu schreiben.

    1. Das gäbe ein Geschrei der Polizeigewerkschaft, von wegen Datenschutz, Persönlichkeitsrechten und so ;D

  4. wenn die EU als „reisende gewalttäter“ die politiker meint, die sich an den bürger- und grundrechten vergreifen, kann die datei gar nicht gross genug sein. herr cameron von der insel gleich ganz oben drauf.

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