Bundeswirtschaftsministerium wird nicht Drosselkom-Pläne stoppen

Da hat der Spiegel gestern wohl die geplante Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums zur „Sicherung“ der Netzneutralität falsch eingeschätzt und viele Medien haben die Message unkritisch übernommen, dass Wirtschaftsminister Philip Rösler die Netzneutralität gesetzlich absichern würde. Ich war skeptisch, weil es bei dem Thema um einzelne Worte und ihre genaue Definition geht, um besser sagen zu können, wer und was wie geregelt werden soll.

Das ZDF hat in seiner Mediathek einen Auszug aus der heutigen Bundespressekonferenz. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministerium erklärt darin, was mit der Verordnung geplant ist. Und das klingt gleich ganz anders als es im Spiegel steht. Und Erinnerungen an Neelie Kroes werden wach. Die rennt momentan auch herum und erzählt allen, dass die EU die Netzneutralität gesetzlich festschreiben wolle. Damit meint sie aber wie Philipp Rösler nur das sogenannte Best-Effort-Internet („das freie und offene Internet“…). Unternehmen wie die Deutsche Telekom sollen selbstverständlich noch parallele Internets betreiben dürfen, im Jargon auch Managed-Services genannt und da kann man sich natürlich auch auf die Überholspur einkaufen.

Nichts anderes plant die Deutsche Telekom mit ihren Drosselkom-Plänen. Die Verordnung scheint lediglich vorzugeben, dass die Deutsche Telekom eigene Dienste genauso behandeln muss wie die der Konkurrenz. Das führt wahrscheinlich dazu, dass die Dienste der Deutsche Telekom dieselben Gebühren für die Überholspur zahlen muss – ratet mal an wen.

Mit anderen Worten: Das Bundeswirtschaftsministerium scheint die Drosselkom-Pläne der Deutschen Telekom sogar legalisieren im Sinne von legitimieren zu wollen.

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17 Ergänzungen

  1. wer 34% der Telekom besitzt, wie die aktuelle Bundesregierung, wird darauf bedacht sein, „seinem“ Unternehmen nicht zu schaden. Gerad die FDP ist eh besonders unternehmerfreundlich (korrupt wäre ein zu hartes Wort, aber nahe dran).

    Man kann nur hoffen, dass die Bundesnetzagentur oder Bundeskartellamt sich gegen die Pläne stellt und eine echte Netzneutralität einfordert. Aber ich hab wenig Hoffnung, da es sich wiederum um Ämter handeln, die Geld vom Staat erhalten. Und da ist die Unabhängigkeit wieder mal nicht gewährleistet. Leider..

  2. Die FDP darf nicht mehr über die 5% kommen. Die Ermächtigung zur Bestands- und Verkehrsdatenauskunft betrifft alle, auch die Kinder und Enkel von Apotheker und Hoteliers ;)

  3. Ich kann der Aussage des Artikels nicht folgen. Die Pressemitteilung klingt für mich anders.

    Aus der Pressemitteilung: „[…] sieht der Entwurf vor, dass die Netzbetreiber eigene Inhalte und Anwendungen von bestimmten Drittanbietern >>>grundsätzlich nicht bevorzugt übermitteln dürfen<<>>soweit dadurch das Best Effort Prinzip nicht beeinträchtigt wird<<<."

    Also ich lese da raus, dass ein "paralleles Internet mit Überholspur" definitiv ausgeschlossen ist. Denn das wäre
    erstens: eine bevorzugte Übermittlung, und
    zweitens: eine Beeinträchtigung des Best Effort Prinzips (weil beides untrennbar ist. Ersteres verursacht Letzteres).

    Oder verstehe ich gerade den Begriff "Best Effort" falsch?

      1. Nach meine Verständnis, wenn das Best Effort Prinzip für das gesamte Internet festgeschrieben wird und gleichzeitig eine Bevorzugung gegen Entgelt verboten wird, dann GIBT es nur das Best Effort Internet.

  4. „wenn das Best Effort Prinzip für das gesamte Internet festgeschrieben wird “ Internet ungleich Netz ;) Lass disch nischt veraschen … *sing*

    1. Verständnisfrage: Welcher Dienst ist denn im Netz, aber nutzt zur Übermittlung der Daten nicht das Internet? T-Entertain eventuell, aber Spotify? Youbtube? Ist es technisch möglich für Telekom einen Zugang zu Spotify einzurichten, der nicht im normalen Internet stattfindet? (ernst gemeinte Frage)

      1. Das Netz ist die (unsere) „hardware“, also Kabel, Speicher, Elektronik plus die Software, die die Daten verteilt, ganz neutral, vom Einspeiser, über die Knoten bis zum Ende der letzten Meile.

        Internet ist nicht definiert. Ist facebook Internet? Ist youtube Internet? Ist amazon Internet?

        Es geht um Netz!neutralität!

      2. Wenn Internet nicht definiert ist, dann ist auch nicht abgrenzbar, ob ein Dienst nun zum normalen (best effort) Internet gehört oder nicht. Oder anders: jegliche Behauptung ein Dienst sei jetzt nicht mehr „normales“ Internet wäre eine rein virtuelle Deklaration. So als würde man einen BMW zum Mercedes erklären indem man ihm einen Stern anklebt.

        Wer würde denn einer solchen Argumentation tatsächlich folgen?

    2. Die Alternative wäre ja, dass man die Errichtung eigener Netze gesetzlich verbieten oder stark einschränken müsste.

    3. Natürlich kann jemand ein eigenes Netz aufbauen. So wie wir früher unsere mailboxen hatten. Und es heute noch viele Firmen-, Telekommunikations- und Datennetze gibt, die nicht auf TCP/IP aufgebaut sind. Aber diese Netze sind Dienste, die nicht als Internetzugänge verkauft werden dürfen.

  5. Das best-effort-Prinzip ohne Ausnahme festzuschreiben ist ein riesiger Fortschritt, genauso, wie das Verbot eines Routerzwangs. Dass nichts gegen die Drosselung getan wird, war von Anfang an klar. Das Problem war die selektive Drosselung. Und dieses ist durch die Verordnung gelöst. Die Schlacht ist aber noch nicht geschlagen, denn die Telekom könnte versuchen auf dem Klage oder Verhandliungsweg oder durch Tricks versuchen, doch noch managed-services zu bevorzugen.

    1. Das genauso festzuschreiben wie geplant ist genauso kompatibel zu den Drosselkom-Plänen der Deutschen Telekom. Warum soll man das gut finden (wenn man kein FDP-Mitglied ist, was alles im Wahlkampf gut finden muss, was die Parzeispitze gerade vorgibt?)

      1. Markus, unabhängig davon, welcher Anteil jetzt FDP (ein grüner Wirtschaftsminitster würde genau das Gleiche vorlegen), weil Politik so funktioniert: Der eine will A, der andere B und nachher gibt’s 50%A 30%B und 20% ungelöst.

        Und noch viel öfter gibt’s 50%A, kein B, noch mehr ungelöst und das wird als Kompromiß verkauft; das es eben kein 100% A ist.

      2. Ich gehöre zu den ersten 2000 Unterzeichnern der Petition für die gesetzlich festgelegte Netzneutralität. Ich bin Sturm gelaufen gegen das LSR und kritisiere die Bundesregierung öffentlich und im persönlichen Gespräch für manche Unzulänglichkeit. Aber zu verkennen, dass hier ein Minister mit den Möglichkeiten des TKG die Netzneutralität sichern möchte, ist Ignoranz, Herr Beckedahl. Sie sind (und das zieht sich durch viele Ihrer Beiträge) voreingenommen und würden einen Fortschritt nicht mal erkennen, wenn er sie umrennt.
        Philipp Rösler hat mit diesem Verordnungsentwurf klar festgelegt, dass das Internetangebot der Telekom dem best-effort-Prinzip unterstellt sein muss. Das betrifft auch die managed-services der Telekom. Wenn ein Kunde zusätzlich zum Internet auch andere Dienste der Telekom kauft, kann uns das egal sein. Es hat immer Dienste außerhalb des TCP/IP Protokolls gegeben. Und wenn die Verordnung nicht ausreicht, kann die Bundesregierung einfach nachlegen.
        Meine Sorge ist, dass eine andere Bundesregierung nicht so viel Wert auf Netzneutralität legt, wie diese. Deswegen wäre ein Gesetz besser, als diese TKG-Verordnungen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.