Bundesregierung lässt sich von Booz beraten – kommt die NSA direkt in unsere kritische Infrastrukturen?

Der SPIEGEL berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass das US-Beratungsunternehmen Booz jetzt unsere Bundesregierung berät:

Für einen Auftragswert zwischen 16,5 Millionen und 19,5 Millionen Euro solle die Firma die Regierung bei „strategischen IT-Grundsatzentscheidungen und deren Umsetzung in die Praxis unterstützen“. Der Vertrag umfasse Leistungen zu „Datenschutz“ und „Gewährleistung von Sicherheit“.

Die Bundesregierung habe im August einen Rahmenvertrag abgeschlossen. Booz ist eine Abspaltung von Booz Allen Hamilton. Das Unternehmen ist wiederum gerade durch Edward Snowdens letztem Job der Öffentlichkeit etwas bekannter geworden. Da holt man sich wohl die NSA praktischerweise direkt in die kritischen Infrastrukturen und bezahlt auch noch dafür. (Wenn sie da nicht eh schon drin ist)

Update: Danke für den Kommentar. Booz Allen Hamilton hat schon 2002 bei der eGovernment-Strategie mitgearbeitet. Keine weiteren Fragen, die Debatte soll ja beendet sein.

Die Secartis AG, eine Tochter des internationalen Technologiekonzerns Giesecke & Devrient (G&D), wird in den kommenden drei Jahren für die eGovernment-Initiative BundOnline 2005 der Bundesregierung gemeinsam mit der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton Konzepte und Lösungen erarbeiten, um Behördengänge per Mausklick sicher zu gestalten.

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18 Ergänzungen

  1. wie praktisch.. NSA frei Haus

    Aber wer weiß, wie lang solche Verträge vorab schon geschlossen worden sind, das kann vor der Zeit von Snowden passiert sein. Wenn man die Ausschreibungen usw. noch berücksichtigt.

    Aber ich denke, Deutschland tut sich damit keinen Gefallen und sollte an die Auflösung des Vertrags nachdenken..

    Und Datenschutz von solch einer Firma.. Erinnert mich an „da wird der Bock zum Gärtner gemacht“

  2. Man könnte annehmen, dass eine Firma wie Booz Allen Hamilton Kompetenz und Expertise in erheblicher Höhe besitzt, um andere Strukturen darin zu beraten, wie sie ihre Daten vor unberechtigtem Zugriff schützen könn(t)en – oder mindestens Hinweise daraufhin zu erarbeiten, welche Systeme und Strukturen verletzlich gegen unberechtigte Entnahmen sind. Ob dies im Einzelnen eine Vertrauensverletzung gegenüber dem Kunden, der eine Auswertung unberechtigter Entnahmen in Auftrag gegeben hat, darstellen kann, wäre anhand der geschlossenen Verträge zu prüfen.
    Ansonsten handelt es sich bei Unternehmensberatern und – optimierern in der Regel um Strukturen, die eine hohe Expertise in der Analyse und Auswertung manigfaltiger, vielfach relationaler Daten aufweisen sollten.
    Im Weiteren müsste vielleicht bewertet sein, ob Unternehmen, die eher eine hohe Reputation in der Verletzung von Persönlichkeitsrechten sich erarbeitet haben, für die Beratung in Vorhaben, bei denen eine Verwaltung einer Gesellschaft hohen Wert auf den Schutz von Persönlichkeitsrechten legen muss, tatsächlich geeignet ist.

    Holt man etwas weiter aus, muss man vielleicht aber auch fragen, ob Ministerien, die der Verwaltung vorstehen, die sich wiederholt dafür ausgesprochen haben und durch ihr Handeln belegt haben, dass sie es mit dem Schutz von Personen und persönlichen Rechten nicht nur nicht sehr genau nehmen, sondern auch im hohen Maß Rechtsverstöße legitimieren suchen und eine formale grundgesetzwidrige Totalüberwachung propagieren, muss man sich also fragen, ob diese Ministerien tatsächlich geeignet sind eine führende Aufgabe in diesem Bereich wahrzunehmen.

  3. ich sagte ja schon bei einem post von herrn meister. wir werden von vorne bis hinten verarscht, jetzt auch noch mit steuergeldern. und nix passiert. der deutsche michel ist sehr leidensfähig oder was ich eher vermute, er kapiert NULL was eigentlich um ihn vorgeht.
    achja, heute kam die meldung über den datenskandal der apotheker-abechnungsstelle. mal sehen wann die stiege hansapils endlich in die ecke gestellt wird und was unternommen wird….
    http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/patienten-apotheken-verkaufen-vertrauliche-daten-a-917118.html

    1. ich vergass zu erwähnen….

      das alles ist grundrechtsschonend, alternativlos, apotheken dürfen kein rechtsfreier raum sein, abrechnungsstellen sind neugotisch dekadent und werden am hindukusch verteidigt und am ende haben wir alle mehr netto vom brutto….basta! (ach, halt, das war ja ein anderer)

  4. Was soll die Veröffentlichung der Provokation eines angeblichen „Horst Mahler“ (Kommentar Nr. 3)? Vermutlich ist dann auch die obige Story eine Ente.

    Netzpolitik.org muss aufpassen, sich in der NSA-Debatte nicht zu verlaufen.

      1. Sie haben recht: Es sind zwei parallele Argumente:

        .@SPIEGELONLINE bestätigt Zitat, wonach Reg. mit #Booz zusammenarbeiten "solle". Folglich macht sich der SPIEGEL die Beh. nicht zu eigen.— reg4tel (@Regierungs4tel) August 18, 2013

        Beiden gemein ist lediglich, dass man sich nach der Sorgfalt der Publikation fragt.

  5. Die verhöhnen uns doch noch… ganz gezielt. Das sind Machtdemonstrationen. Ganz gezielt: Wir hauen euch mit eurem Geld und mit eurem Staat in die Pfanne… Nix anderes passiert da grade.

  6. @Regierungs4tel
    Es ist schon ziemlich paranoid, die Nachrichten des BMI über seine Rahmenvertragspartner als Ente zu bezeichnen:
    http://www.cio.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2013/mitMS/neuer_rahmenvertrag.html
    Auch ist es paranoid von Pseudonymen auf Inhalte zu schließen. Das ist so geisteskrank wie der BND, der Staatsangehörigkeit neuerdings an der Vorwahl +49 erkennt oder an einer Mailadresse mit .de-Endung.
    Mit solchen Latrinenparolen macht man sich vollends unglaubwürdig und gemein mit den kriminellen Geheimdienstlern.

    Zu Booz: die waren schon Anfang des letzten Jahrzehnts für Schröder/Schily/Zypreis, alle SPD, im BMI tätig. Die haben damals wie heute E-Government gemacht. Damals haben die BundOnline2005 zugeschnitten. Das hatte keine Berührungspunkte mit den Sicherheitsarchitekturen in BKA, BfV, MAD, BND, Bundespolizei (damals Grenzschutz), BVA+AA für Asyl, Schengen usw.

    Das einzige, was Fakt ist, ist die Tatsache, dass die Nichtbehandlung des NATO-Geheimdienstskandals in Deutschland E-Business, E-Government und Cloud-Computing ersterben lässt. Insofern ließe sich fragen, ob eine Auftragsvergabe an Booz, Accenture GmbH, Cassini Consulting GmbH und Potsdam eGovernment Competence Center überhaupt noch sinnvoll ist oder schon Steuerverschwendung.

  7. »…Die Bundesregierung habe im August einen Rahmenvertrag abgeschlossen…«

    Und jede Wette, dass der mal wieder total geheim ist, weil eine Veröffentlichung von Details Sicherheit, Ansehen und Funktionsfähigkeit der Bundesregierung gefährden würde.

  8. Leider unseriöser Blogpost, weil falsche Grundlage: das Unternehmen „Booz Allen Hamilton“ ist in zwei vollständig separate Unternehmen aufgegangen: „Booz Allen Hamilton“ ist ein nur in den USA tätiges Beratungsunternehmen für Regierungs- und regierungsnahe Institutionen, inkl. der NSA, entstanden als 2008 die Carlyle Group die US-Regierungssparte von „Booz Allen Hamilton“ herausgekauft hat. Die verbleibenden Bereiche, inkl. aller Auslandsaktivitäten, inkl. aller DE-Aktivitäten, firmieren nun unter „Booz & Company“ und sind ein eigenes, als Partnerschaft organisiertes Unternehmen.

    In der ZEIT stand neulich etwas Interessantes über die Privatisierung des US-Überwachungsapparates, und sicher ist „Booz Allen Hamilton“ Teil dieser Dystopie. Umgekehrt hat aber „Booz & Company“ Deutschland so viel und so wenig mit der NSA zu tun wie jede andere Beratungsfirma mit Ausnahme von BAH, und Edward Snowden war Mitarbeiter von „Booz Allen Hamilton“ und eben nicht von „Booz & Company“. Bleibt lieber beim BND, dem dürfte egal sein, ob nun „Booz & Company“ oder McKinsey die Bundesregierung berät.

    See you at FSA13.

  9. @verwundert
    Ja, gab es. Gibt es immer. Die Runde vorher ging an die Bietergemeinschaft McKinsey & Company, Inc. mit Capgemini sd&m AG:
    http://www.bit.bund.de/nn_2169218/BIT/DE/Meldungen/VBPO/2009/20090115__Vertragsunterzeichnung__VOF.html

    Für die 2013er Runde wurde vom Beschaffungsamt des Inneren im Frühjahr 2012 mehrere Ausschreibungen angekündigt:
    1. Verfahren: Qualitätssicherung (4 Themenschwerpunkte)
    Summe geschätzter Bedarf in Personentagen: 17.000
    2. Verfahren: IT-Strategie- und Top-Managementberatung
    Summe geschätzter Bedarf in Personentagen: 9.000
    3. Verfahren: IT-Projektmanagementberatung
    Summe geschätzter Bedarf in Personentagen: 19.000
    4. Verfahren: IT-Netz-Infrastruktur (3 Themenschwerpunkte)
    Summe geschätzter Bedarf in Personentagen: 25.000

    Die Ausschreibungen des Bundes findest Du immer unter http://www.evergabe-online.de

    Über Details der Durchführung informiert Dich auch gerne das Bundesverwaltungsamt :-) Ansprechpartner wie schon oben erwähnt:
    http://www.cio.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2013/mitMS/neuer_rahmenvertrag.html

  10. Die Beamtenauswahl überlässt die EU der amerikanischen Firma Prometric. Viel Freude bei der Recherche. Als Laureat kommt man da auch leicht an einen Job im Auswärtigen Amt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.