Bundeskriminalamt führte in Kroatien und Türkei Schulungen zur „Ortung von Mobiltelefonen“ durch

Das Bundeskriminalamt hat Behörden in Kroatien und der Türkei in der „Ortung von Mobiltelefonen“ ausgebildet. Dies geht aus der Antwort auf eine Schriftliche Frage hervor, die vom Bundesinnenministerium am Freitag beantwortet wurde. Unklar bleibt, welche Polizeieinheiten in den Genuss der Maßnahmen kamen. Die Technik dürfte beispielsweise in der Türkei auch gegen kurdische AktivistInnen oder andere oppositionelle Gruppen eingesetzt werden.

Es wird ebenfalls nicht spezifiert, um welche Technologie es sich bei den Schulungen handelte. Möglich ist die Funkzellenabfrage zur Identifizierung der InhaberInnen von Mobiltelefonen oder der Einsatz von IMSI-Catchern, um deren Aufenthaltsort in Echtzeit einzugrenzen. Mit IMSI-Catchern können Gespräche mitgehört werden; deutsche Behörden praktizieren dies aber angeblich nicht. Das BKA und die Bundespolizei nutzen auch das massenhafte Versenden sogenannter „Stiller SMS“, um die Telefone zu einem unsichtbaren Kommunikationsvorgang zu zwingen. Dadurch werden Daten in der genutzten Funkzelle hinterlassen, die dann über den Provider abgefragt werden können. Die Polizei ist damit in der Lage, ein Bewegungsprofil der Betroffenen zu erstellen.

Hintergrund der Frage des MdB Andrej Hunko war ein Bericht des Spiegel, wonach das BKA Überwachungstechnik nach Kirgisien lieferte und entsprechende Schulungen zu ihrer Anwendung abhielt. Laut dem BKA habe es sich dabei um „Ortung von Mobiltelefonen, den Einsatz der stillen SMS, die Funkzellenauswertung und auch die Online-Durchsuchung“ gehandelt. Drei derartige Maßnahmen hätten zwischen 2008 und 2012 stattgefunden, Adressaten waren demnach das Staatskomitee für Nationale Sicherheit und das Innenministerium. Die Behörden sind für Misshandlungen und Folter von Oppositionellen bekannt.

Die Ausbildung in Kirgisien wird in der jetzigen Antwort nicht bestätigt. Der Spiegel berief sich in seinem Bericht aber auf eine Quelle aus dem BKA.

Die Aussagekraft der Antwort kann auch aus anderen Gründen bezweifelt werden. Denn es ist bekannt, dass das BKA im Ausland Veranstaltungen zur Nutzung von Trojanern organisierte. Das Amt tingelte hierfür durch Nachbarländer, aber auch in die USA, nach Kanada und Israel. Mehrmals waren die Trojaner-Hersteller Gamma International und DigiTask selbst mitgereist, anfangs firmierte eine eigens hierfür eingerichtete Arbeitsgruppe sogar als „DigiTask User Group“. Das Bundesinnenministerium bezeichnete die Trojaner-Tupperparties aber nicht als „Ausbildung“, sondern als „Austausch“.

Kürzlich wurde auch öffentlich, dass Sicherheitsbehörden in Marokko vom Bundeskriminalamt die IBM-Anwendung Analyst’s Notebook überlassen wurde. Die Analysesoftware kann zur Auswerung polizeilicher Datenbanken genutzt werden. Bei der Schenkung handelte sich vermutlich um Lizenzen, denn die Software ist frei verfügbar.

Das BKA ist auch Mitglied der informellen Arbeitsgruppe „International Specialist Law Enforcement“ (ISLE). Ziel des 2009 von der Europäischen Kommission gestarteten Vorhabens ist die Vermittlung von Kenntnissen zum heimlichen, verdeckten Eindringen in Räume, Fahrzeuge und elektronische Geräte.

Die jetzt vorliegende Antwort dürfte also nur die Spitze des Eisbergs zur Ausbildung an Überwachungstechnologie darstellen. Überdies tauchen dort nur Maßnahmen der Bundesregierung auf. Denn Schulungen oder ein wie auch immer gearteter „Austausch“, durchgeführt etwa von Landeskriminalämtern, werden gegenüber Bundestagsabgeordneten nicht beauskunftet.

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2 Ergänzungen

  1. „Die Technik dürfte beispielsweise in der Türkei auch gegen kurdische AktivistInnen oder andere oppositionelle Gruppen eingesetzt werden.“

    Vielleicht eher gegen die PKK-Terrororganisation?

  2. Und jetzt die interessante Frage: Wie kann man politisch agieren, damit das BKA diese Praxis einstellt?

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