Britische Grenzbeamte dürfen Handys von Einreisenden durchsuchen

Wie Edward Snowden in einem Interview mit dem SPIEGEL erklärte, betreibt der britische Geheimdienst mit seinem Spionageprogramm Tempora den „erste[n] ‚ich speichere alles‘-Ansatz“ bei der Überwachung des Internetverkehrs. Der Datenhunger der britischen Behörden scheint damit aber noch nicht gestillt, wie ein Bericht des Telegraph zeigt. Demnach haben britische Grenzbeamten das Recht, einem jeden Einreisenden an Flughäfen, Bahnhöfen oder Häfen sein Handy zu entnehmen und dieses zu durchsuchen.

Die Beamten haben laut dem Bericht Zugriff auf die Verbindungsdaten von Anrufen, SMS und E-Mails, sowie auf das Adressbuch und sogar Fotos. Inhalte von Kommunikationen dürfen angeblich nicht durchsucht werden. Um die Durchsuchung durchzuführen sei keine richterliche Genehmigung notwendig. Die Beamten brauchen scheinbar nicht ein mal einen Grund für die Durchsuchung eines Handys vorweisen zu können:

The blanket power is so broad they do not even have to show reasonable suspicion for seizing the device and can retain the information for “as long as is necessary”.


Die rechtliche Grundlage für diese anlaslose Durchsuchung liegt im laut Telegraph Terrorism Act 2000. Der Telegraph spricht von 60.000 Einreisenden, bei denen jährlich die Handys durch Grenzbeamten durchsucht würden. Bei wie vielen Einreisenden tatsächlich auch Daten abgegriffen werden ist nicht bekannt.

Auch wenn der britische Jurist David Anderson, welcher als Gutachter für die Anti-Terror-Gesetze eingesetzt wird, die Regelung als wichtig im Kampf gegen Terrorismus wertet, spricht er sich für eine Überarbeitung des Gesetzes aus:

Information downloaded from mobile phones seized at ports has been very useful in disrupting terrorists and bringing them to justice. But ordinary travellers need to know that their private information will not be taken without good reason, or retained by the police for any longer than is necessary.

Dr. Gus Hossein von Privacy International fand dagegen klarere Worte:

We are extremely concerned by these intrusive tactics that have been highlighted by the independent terrorism reviewer. […] Seizing and downloading your phone data is the modern equivalent of searching your home and office, searching through family albums and business records alike, and identifying all your friends and family, then keeping this information for years. […] Under law, seizing a mobile phone should be only when the phone is essential to an investigation, and then even certain rules should apply. Without these rules, everyone should be worried.

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16 Ergänzungen

  1. Was passiert, wenn das Handy passwortgeschützt ist? Muss man das Passwort rausrücken, bzw. darf man sonst nicht einreisen, wenn man es nicht rausrückt?

      1. stimmt das Gesetz hatte ich ganz vergessen. Einfach nur krank!
        In Isreal muss man bei der Einreise ja sogar email Passwörter rausrücken. Obwohl sie da ja auch einfach die Amis fragen könnten, die helfen bestimmt…

  2. Meinungsfreiheit? Zensur? Erinnern wir uns an die ganzen Anschuldigungen der deutschen Medien und Politiker an die türk. Regierung wegen Strafverfolgung von Twitter usern. Aber wie es nun mal so ist, manchmal sieht man die Bäume vor lauter Wald nicht mehr ;)

    „Wenn Gustl Mollath heute vor den Bayerischen Landtag tritt, liegen die Nerven der Regierung offenbar blank. Einen Tag vor der Anhörung im Untersuchungsausschuss bekam die Ärztin Ursula Gresser unerwartet Besuch von der Polizei. Der Anlass: ein unliebsamer Tweet über Justizministerin Merk.“

    http://gutjahr.biz/2013/06/mollath-polizei/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=mollath-polizei

  3. Die Briten werden einem immer unsympathischer als ohnehin schon, jede Woche ein klein wenig mehr. Einreise nach GB scheint fast genauso ein PITA zu werden wie in die US of A.

    Aber die starten ja bald ihre Charmeoffensive ähem meine natürlich professionelles Burrying: Kate bekommt ein Kind – och ist das süüüüüüüüüüüüüüüüüß!!!!!!!! Wie soll es denn heißen? Hat es schon einen Namen?

  4. Es ist so lächerlich.

    Welcher Gangster wäre denn schon so blöd, irgendeine Kommunikation über elektronische Medien abzuwickeln? Wo doch jeder weiß, das jede SMS, jedes Telefongespräch, jeder Websiteaufruf, jede E-Mail für immer gespeichert wird?

    Als Gangster macht man das u.A. per Brieftaube, per Brief (nicht direkt, sondern abgeschickt von unauffälligen Bekannten) per Bote oder, die wichtigste Kommunikationsform, persönlich.

    Die einzigen, die blöd genug wären, bei Verbrechen ein Handy bei sich zu tragen, wären völlig hirnlose Kleindealer oder ungebildete Frömmler. Jeder weiß, dass man sämtliche Standorte des Handys jederzeit ermitteln und alle Wege des Besitzers detailliert nachvollziehen kann.

    Deshalb lassen einigermaßen helle Verbrecher ihr Handy, Navi usw. bei einer beabsichtigten Straftat zu Hause. Oder sie benutzen ein geklautes. Sonst könnte man ja genau ermitteln, wo sie sich wann aufgehalten haben.

    Jene Gangster, die zu ungebildet sind und nichts von alledem wissen, werden dennoch wenigstens schlau genug sein, vor Einreise alle E-Mails zu löschen. So etwas spricht sich selbst in den verblödetsten Kreisen rasch herum.

    Was also wollen die Behörden mit der Handykontrolle erreichen? Anständige Touristen und Handelsreisende verprellen?

  5. Was ist denn? Das ist doch in Deutschland genauso.
    Nicht nur direkt bei der Einreise, sondern auch bei Zufallskontrollen im Grenzzollbereich (30 km (?) parallel zur Genze) duerfen die Zollbeamten auch ohne Anlass Handys und Laptops durchsuchen.

  6. Plausible Deniability. Eine App, die das Handy komplett totlegt, so dass man sagen kann, es sei runtergefallen und kaputt. Nur mit einem geheimen Wischmuster lässt sich das Telefon wiederbeleben.

    1. Na super, einmal »Plausible Deniability« gegoogelt, jetzt leuchtet neben meinem Namen bei der Einreise bestimmt ein rotes Lämpchen auf ;)

  7. Ich hätte da ’ne Idee: Machen wir doch ein Gesetz, das uns das gleiche Recht bei UK-Diplomaten einräumt. Woher sollen wir wissen, dass David Cameron kein Terrorist ist?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.