WDR über Karl Valentin und den Fluch des Internets

Bereits vor zwei Jahren hat Thomas Stadler auf seinem Blog berichtet, dass die Erbin Karl Valentins Webseiten abmahnt, die Karl-Valentin-Sprüche wiedergeben. Anlässlich seines 130. Geburtstags hat nun Insa Moog für den WDR eine längere Reportage zu diesem Thema veröffentlicht. Realsatire sind die dort berichteten Klagen der Abmahnanwälte der Valentin-Erbin über den „Fluch des Internets“:

„Mittlerweile registrieren wir bis zu drei Rechtsverstöße pro Woche“, erklärt Gunter Fette. Seit 1970 ist der Anwalt der Verwalter des urheberrechtlichen Nachlasses von Karl Valentin. Gemeinsam mit seinem Kanzlei-Kollegen Peter Reinke vertritt Fette die Valentin-Enkelin Anneliese Kühn. In den vergangenen sechs bis acht Jahren habe die ungenehmigte Verwendung von Valentin-Sinnsprüchen, Texten oder Aufnahmen stark zugenommen, sagen die Anwälte. „Das ist der Fluch des Internets. Das Publikum meint offenbar, was man im Internet findet, könne man auch benutzen.“ Der Anwalt erkennt darin ein schwindendes Rechtsbewusstsein. „Das merken wir auch an den Reaktionen, die wir dann bekommen.“

In Abwandlung eines Valentin-Spruchs über das Wetter, ließe sich gerade angesichts der aktuellen Debatte resümieren: Alle reden vom Urheberrecht, aber keiner unternimmt was dagegen.

 

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17 Ergänzungen

  1. Wer will auch was gegen das Urheberrecht unternehmen? Ich persönlich hätte aber gerne dass es (wieder?) das tut was es soll: Kreativität und Kultur fördern statt sie zu vernichten.

    1. In Valentins Aphorismus geht es ja auch darum, dass alle vom Wetter reden, er sich aber wohl nur wünschen würde, dass etwas gegen das schlechte Wetter getan wird.

      In diesem (und damit auch in Deinem) Sinne ist auch diese Paraphrase zu lesen..

  2. Karl Valentin ist noch keine 70 Jahre verstorben. Solange darf die Zitrone noch gequetscht werden. Welchen künstlerischen oder kulturellen Beitrag für die Gesellschaft erbringen eigentlich Erben (außer ihre Verwandschaft). Vermutlich klagt Frau Kühn dann gegen die „gnadenlose und undemokratische“ Zwangsenteignung durch den Staat, wie Frau Kollo neulich im Focus:

    http://www.focus.de/kultur/medien/kultur-und-leben-medien-ungeschuetzte-kultur-ist-verlorene-kultur_aid_747981.html

    1. „Welchen künstlerischen oder kulturellen Beitrag für die Gesellschaft erbringen eigentlich Erben“

      Kuentlerisch hochwertige Abmahnungen.

    2. Der Artikel dieser Frau Kollo ist wirklich erheiternd. Jetzt weiß ich endlich, weshalb es keine Bücher mehr von Goethe, Schiller, Heine, Hegel, Kant,… zu kaufen gibt – da fehlen die Inhaber des hl. Geistigen Eigentums, die sich um die Werke kümmern. Daß die Erben von Häusern ungerecht bevorzugt werden gegenüber den Erben von hl. Geistigem Eigentum, weil nämlich so ein Haus einfach von sich aus für unbeschränkte Zeit dasteht, ohne daß jemals das Dach repariert oder die Fassade neu angestrichen werden müßte, und Grundsteuer für Inhaber hl Geistigem Eigentums mutmaßlich in der Kategore „Watt‘ n das“ fällt, war schon länger bekannt. Umso wichtiger ist es, endlich mal zu sagen, daß der Wert eines Gebäudes steigt, wenn es unter Denkmalschutz gestellt wird. Gibt es doch tatsächlich die widersinnige Ansicht, durch Denkmalschutzauflagen, die die Verfügungsmöglichkeiten des Eigentümers einschränken und ihm allerlei Verpflichtungen auferlegn, würde der Wert der Immobilie sinken.

      Der Rest der Ausführungen der Dame läßt sich zwanglos dahingehend interpretieren, daß jegliche Subventionen direkter oder indirekter Art für Werke, die dem urheberrecht unterliegen, eingestellt werden sollte. Das hat die Dame vermutlich nicht bedacht, und wenn man sie damit konfrontieren würde, daß genau das in der Logik ihrer Ideologie vom steuergenerierenden hl. Geistigen Eigentum liegt, wäre der Aufschrei noch größer.

  3. Mögen die Erben Valentins und deren Anwälte einst im Nimbus des Vergessens verloren gehen und möge Karl Valentins Werken dies nie widerfahren.

    Ich möchte auch 150 Jahre an jeder Codezeile verdienen.

    IF( GIER > VERSTAND) {
    call gievMoney();
    }

  4. Wo kämen wir denn auch hin, wenn man Ideen und Werke Anderer aufgreift und weiterentwickelt / modifiziert? DAS ist u.A. der modus operandi von Rap und der Grundgedanke des Internets: Austausch von Gedanken, Ideen, Meinungen, Erfahrungen etc.

  5. Der Fluch des Internets, dass Karl Valentin noch immer nicht in Vergessenheit geraten ist. Dagegen muss man natürlich vorgehen.

  6. Ich glaube diese Anwälte und Erbschleicher haben nur großes Glück das Karl Valentin tot ist und sich gegen solch Machenschaften nicht mehr mit seinen eigenen Worten wehren kann.

  7. Valentin ist für mich sowieso ein rotes Tuch. Gestorben 1948.

    Vor 70 Jahren wurde am Fliessband gestorben. Wie gerecht für das Urheberecht. Wer vor 70 Jahren einen gewaltsamen Tod fand, der ist gemeinfrei. Wer wie Irving Berlin 1989 mit 101 Jahren starb (*11.Mai 1888 +22.09.1989), der wird zu unseren Lebzeiten nicht mehr gemeinfrei.

  8. Und wenn schon nicht über das Internet, so würden Jugendliche nach Ansicht Fettes ohnehin früher oder später auf Karl Valentin stoßen: „Die junge Generation kennt ihn aus den Schulbüchern, er gilt als ‚cool‘. So hat auch die Internetgeneration Zugang zu Valentin.“

    Also ich muss ganz ehrlich zugeben, Ich habe bisher 16 Jahre schulische/Universitäre Ausbildung (10 Jahre Realschule, 3 Jahre BGY und jetzt 6. Semester Uni) Und hatte vorher noch kein Wort von diesem Karl Valentin gehört. Kann man mich jetzt Kulturbanause nennen oder geht es einem Großteil der Leute Anfang 20 so?.
    Von Leuten wie John Naisbitt hab ich schon was gehört, da hatte mich mal nen Zitat bezüglich der Menge an Informationen die eine Mensch in unserer heutigen Zeit wissen muss begeistert, so das ich mich mit dem beschäftigt habe.
    Ist mir echt unglaublich, wie Nachfahren mit hilfe von erben das andenken ihrer Vorfahren Verunstalten.

    PS: Von meinen Eltern konnten auch nur ein Teil Valentin auf Anhieb einordnen. Bücher ham wir keins im Haus, zwar ne Schallplatte, aber welcher Jugendliche hört sowas noch?

  9. “Der Fluch des Internets.“
    Eine erstaunlich negative Einstellung bei einem Anwalt, der mit ebendiesem Internet ein dauerhaftes Einkommen von 2500,- Euro pro Woche erzielt. Dafür müßte ein toter Schriftsteller eine Menge Bücher verkaufen!
    „Das Publikum meint offenbar, was man im Internet findet, könne man auch benutzen.” Herr Fette wohl auch – Montags morgens ein bisschen googlen, nach dem Kaffee ein paar Briefe raushauen, und dann gemütlich darauf warten, dass das Geld eintrudelt. Schöner Job, wenn man ihn kriegen kann (und ohne Internet gar nicht möglich …)

  10. Irgendwo hatte ich auch gelesen, das der Preis für eine Lizensierung eines Valentin-Spruchs(!) bei ca. 250€ pro Jahr(!) liegt. Ein Spruch besteht in der Regel aus ein, zwei Sätzen. Wenn ich das umrechne, müsste ich mir eine goldene Nase mit jedem Artikel verdienen, den ich schreibe. Ach so, ich bin ja kein fast in Vergessenheit geratener toter Künstler. Schade.

  11. Hat so ein knackig-kurzer Satz überhaupt die nötige Schöpfungshöhe, um urheberrechtlichen Schutz zu genießen?

  12. „hoffentlich wird es nicht so schlimm wie es schon ist.“ hat karl valentin dereinst gesagt. es ist schlimmer geworden. (für diesen satz habe ich bezahlt. habe ihn als wandspruch bei der karl valentin verwertungsgesellschaft gekauft.)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.