SOPA/PIPA-Proteste: Strohfeuer oder Politikwechsel?

Wie es aussieht haben die Proteste gegen die Gesetzesvorhaben SOPA und PIPA ja ein bißchen Wirkung gezeigt. Sowohl der Stop Online Piracy Act wie auch der Protect IP Act werden in absehbarer Zeit nicht zur Abstimmung kommen. Der Jubel ist derzeit entsprechend groß – andererseits lässt Frances Moore, CEO von IFPI, verlauten:

We’re disappointed that SOPA has been delayed, but we’re hearing already from the US congress that they hope to come forward in the coming weeks with a compromise


Zunächst aber reihen sich SOPA und PIPA ein in die Liste der Zombie-Gesetze, die tot zu sein scheinen aber mit einem etwas anderen Aussehen plötzlich wieder auferstehen können. Wer sich darüber informieren will, warum das Aussetzen von SOPA und PIPA kein Grund zu übermäßiger Freude ist, sollte sich beispielsweise mit COICA beschäftigen, dem Combating Online Infringement and Counterfeits Act, einem Gesetzesentwurf aus dem Jahr 2010. Eingereicht mit Unterstützung von u.a. der MPAA, rief er Proteste durch wesentliche Teile der Netzgemeinde hervor. Der verantwortliche Senator Patrick Leahy (D) legte das Vorhaben schließlich auf Eis, nachdem Ron Wyden sich deutlich gegen das Vorhaben positioniert hatte. Die letzten beiden Sätze treffen genauso auch auf PIPA zu, Leahys ausgebaute und umformulierte Variante von COICA aus dem Jahr 2011.

Ein wesentlicher Unterschied könnte allerdings sein, dass es vorerst nicht mehr so schnell möglich sein wird, ähnliche Gesetzesvorhaben voranzutreiben ohne größere Aufmerksamkeit zu erregen. Im Zuge der SOPA-Proteste fiel beispielsweise auf, dass SOPA-Initiator Lamar Smith auch den Protecting Children from Internet Pornographers Act of 2011 eingereicht hat, ein Gesetzesvorhaben, das bereits vor einem halben Jahr auf Kritik stieß, weil es ISPs dazu verpflichtet, Verbindungsdaten aller Kunden mindestens ein Jahr lang zu speichern. Die Informationen können anschließend von Untersuchungsbehörden aus allen erdenklichen Gründen eingesehen werden – was natürlich auch für die Content-Industrie Vorteile hat.

Dank der SOPA-Proteste erhielt endlich auch ACTA ein wenig mehr Aufmerksamkeit. E.D. Kain beispielsweise schreibt auf Forbes:

If you thought SOPA would break the internet, ACTA is much worse. And it could become law across the global economy without so much as a murmur of opposition.

Auch die Art, wie in Washington Politik gemacht wird, stößt auf zunehmende Kritik. Michael Hais und Morley Winograd sehen durch den Protest die Demokratie gestärkt:

[…] the fact that many in Congress suddenly abandoned their support of SOPA or PIPA in the face of this consumer revolt also sent a clear warning to those pushing the bills, using traditional methods of high-priced lobbying and closed-door decision making, that their way of doing business is equally in jeopardy.

Aussagen von MPAA-Chef Chris Dodd, der den direkten Zusammenhang zwischen dem Geldfluss an Politiker und der Unterstützung der Gesetzesvorhaben durch diese bestätigte, hatten denn auch eine Petition mit derzeit knapp 27.000 Unterzeichnern zur Folge, in der das Weiße Haus aufgefordert wird, gegen Dodd wegen Bestechung zu ermitteln.

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12 Ergänzungen

  1. In den USA ist Wahlkampf. Das Gejaule von Europa geht den Leuten dort ziemlich am Hintern vorbei. Es wird intern gelöst. Ohne Euch überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, wahrzunehmen, ernstzunehmen.

    Die meisten Amis wissen nicht mal genau, wo sich Europa auf dem Globus befindet, geschweige denn Deutschland.

    Der Burgerking nebenan ist wichtiger.

    1. Außer den Klischee Amerikanern (sind die so wie Bayern in Lederhosen und CSU Parteibuch — nur eher in South Carolina?) gibt es auch noch Amerikaner, die die SOPA, ACTA und PIPA Webseiten sowie das GNU Projekt ins Leben gerufen haben …

      Das Problem ist doch eher das die Medienindustrie und die Politik ein fester Komplex aus Interessen sind die sich prima ergänzen und auch gegenseitig (aus)nutzen.

      Zumal man auch bei den braven Protestbürgern zwischen „umsonst ist geil“ und „Freiheit im Netz“ unterscheiden muss. Umsonst ist geil geht halt nicht immer — eine andere Medienökologie ist aber durchaus denkbar.

      1. Im Amiland waren ein paar Tausend Leute auf der Straße. Ein Fliegenschiss. In dieser Bananenrepublik werden zukünftig Republikaner herrschen, welche die Wahl gewinnen. Das Scheißland hat sowieso niemals was gelernt, die Gründe aufzuzeichnen dauert aber zu lange.

        Ich fasse mich kurz: Sie werden weiterhin Angriffskriege starten, die Armen werden weiter im Gulli leben, Folterknäste bleiben modern, Todesstrafe (Bananen….) weiterhin, SOPA und Konsorten werden durchgesetzt, Ihr werdet doof gucken und fertig.

        Warum? Weil die Exporte Deutschlands zu 23% in die USA gehen, weil wir der drittgrößte Waffenlieferer in der Welt sind, weil wir gerne dem Bündnispartner ausgeliefert sind, auf Teufel komm raus. Weil die beschissenen US-Mörder bald den Iran überfallen werden, damit WIR unser Öl bekommen, weil man mit den Bastarden eine Sache machen muß, weil Deutschland ein ziemlich kleines verfucktes Fleckchen ist, das keine Sau interessiert!

        Alles klar?

    2. Mit solchen unqualifizierten Kommentaren beleidigst du auch wiederum alle aus den deutschsprachriegen Raum, die bist für uns so eine Schande wie die von dir beschriebene Amerikaner eine scande für die sind USA.
      SOPA und PIPA hätten Auswirkungen auf die meisten englischsprachigen Seiten gehabt, deren Hauptverwaltungen amerikanisch sind, also hätte das uns betroffen wenn google, youtube, facebook usw. illegalisiert wird.

      Von den meisten zu reden wenn es ein verschwinden kleinen Prozentsatz geht , das macht man nicht. ich schäme mich für dich.

  2. A consumer revolt – es ist also eine „Konsumenten“-Revolte??? Ich glaube, da hat uns jemand komplett missverstanden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.