Rüstungsindustrie dominiert EU-Forschung

Die EU-Kommission hat den fünften Evaluierungsbericht (.pdf) zum aktuellen Rahmenforschungsprogramm (FP7) veröffentlicht, der einige sehr interessante Zahlen enthält.

Im Durchschnitt liegt die Erfolgsrate bei den Projekten bei 20%. Vergleichsweise schlecht schneidet dabei der Sicherheitsbereich ab, bei dem nur 16% aller Projekte erfolgreich sind.

Interessant sind die Zahlen zur Beteiligung einzelner Akteure beim FP7.

Im Uni-Ranking gewinnt die Universität Cambrige klar und belegt Platz 1 mit insgesamt 446 Forschungsprojekten. Die Fraunhofer-Gesellschaft belegt mit 688 Projektteilnahmen Platz 2 unter den Forschungsorganisationen.

Aufschlussreicher ist jedoch der Blick auf die Firmen, die an dem FP7 teilnehmen. Die Industrie ist im Schnitt an 28% aller Projekte beteiligt. Auffällig ist, dass die Beteiligung im Sicherheitsforschungsbereich mit 43% überdurchschnittlich hoch ist.

Bei den Unternehmen belegt der Rüstungskonzern Thales mit insgesamt 104 Projekten vor Siemens (85 Projekte) den ersten Platz. Unter den Top 5 findet sich noch ein weiterer Rüstungsgigant: EADS Deutschland. Das Unternehmen belegt mit 74 Projektteilnahmen Platz 4. Es wird somit deutlich, dass die Rüstungs- und Sicherheitsindustrie ein großer Profiteur des FP7 ist.

Gerade in diesem Sicherheitsbereich tauchen in dem Forschungsprogramm immer wieder heftig umstrittene Projekte wie Indect auf. Die EU hat für derartige Projekte einen „Schutzmechanismus“ installiert. Die Zahlen sprechen für sich: Fast 350-mal wurden im Jahr 2011 Projekte auf ihren ethischen Folgen hin überprüft, allerdings wurde nicht ein einziges Projekt auf Grundlage dieses Screenings, wie auch schon die Jahre zuvor, gestoppt.

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14 Ergänzungen

  1. Naja, unter EADS laufen aber nicht nur Cassidian und der militärische Teil von Eurocopter, sondern auch Airbus, Astrium und der Rest von Eurocopter, die zivil ausgerichtet sind.

    1. Dennoch würde ich EADS als Rüstungskonzern bezeichnen. Die zivile Sparte von EADS würde ich eher als dual-use und nicht als zivilen Teil bezeichnen.

      1. @Alexander: Ich bin kein grosser Verteidiger der Rüstungsindustrie, aber ich finde allein deine Überschrift sagt: Rüstungsindustrie dominiert EU-Forschung. Und deine Belege dafür sind (eher) weithergeholt. Du summierst Thales auf der Liste der Projekte, aber nicht Siemens (es sind mehere Siemens Firmenteile auf der Liste). btw: Die Liste der Projektteilnahmen sagt ausserdem auch nichts aus, was nun tatsächlich gefödert wurde und mit welcher Geldmenge. Und der Gesamtreport sagt auch nichts darüber aus, was die jeweiligen Firmen selber (ohne EU-Anteil) jeweils forschen und was die entsprechenden Projekte tatsächlich machen.

        Was man aus anderen Quellen aber folgern kann: Die (sog.) Rüstungsindustrie wird von Allen anderen als gleichwertiger Partner angesehen und das Geschäft als (naja) nur ein Geschäft ohne weitere ethische Implikationen.

      2. Für den Sicherheitsforschungsbereich stehen 1.400 Mio. Euro zur Verfügung von insg. ca. 50 Mrd. Also der FP7-Sec Bereich ist eher klein. Dazu kommt die überdurchschnittliche Beteiligung im FP7-Sec Bereich von Unternehmen. Wenn dann Firmen wie Thales an besonders vielen Projekten beteiligt ist, hat das sehr wohl eine Aussagekraft. Es ist im Grunde auch egal, was diese Unternehmen dann genau erforschen – es bleibt bei einer Subventionierung von Rüstungskonzernen. Das kann man dann gut oder schlecht finden.
        Das ganze passt auch in den kürzlich veröffentlichten Aktionsplan der EU-KOMM: http://is.gd/D4qeGH (.pdf)

  2. Es ist mitt­ler­wei­le klar ge­wor­den, wie sich die Re­gie­ren­den welt­weit auf kom­men­de Auf­stän­de vor­be­rei­ten: weit­räu­mi­ge Vi­deo-​ und Funk­zel­len­über­wa­chung, ver­dachts­un­ab­hän­gi­ge Per­so­nen­kon­trol­len, ras­sis­ti­sche Son­der­ge­set­ze, in­ter­na­tio­nal agie­ren­de ver­deck­te Er­mitt­ler, Ein­satz von Droh­nen und Mas­sen­fest­nah­men bei Fuß­ball­spie­len und Pro­tes­ten gegen Na­zi-​Auf­mär­sche, Gip­fel­tref­fen und Cas­tor-​Trans­por­te. Dabei ist Re­pres­si­on nicht nur in Knast, Haus­durch­su­chun­gen und prü­geln­den oder schie­ßen­den Po­li­zis­t_in­nen zu sehen, son­dern sie spie­gelt sich auch in einem Netz aus Da­ten­ban­ken, For­schungs­pro­jek­ten, Mi­li­tär und Ge­heim­diens­ten wider.

  3. Die EU tut gut daran, Anreizpreise zu vergeben statt Projekte zu fördern und Mikromanagement von Projekten zu betreiben. Anreizpreise bedeuten, eine Spezifikation über ein Forschungsziel wird vorgegeben und der erste, der sie erfüllt, erhält die Mittel. Man gibt zum Beispiel Solarzellen mit einem bestimmten bisher unerreichten Wirkungsgrad vor.

    Zur Zeit wird der FP7-Nachfolger Horizon2020 diskutiert. Da ist vieles im argen.
    http://ec.europa.eu/research/horizon2020/index_en.cfm?pg=h2020

    INDECT ist ein Roter Hering. Das soll interessierte Kreise der Öffentlichkeit ablenken, darum blinkt es so wild.

    1. Interessant gerade bei H2020: es gibt Diskussionen im Rat das Budget drastisch zu kürzen. KOMM Vorschlag: 80 Mrd. und beim Rat munkelt man von 40. Aktuell im FP7: ca. 50 Mrd.
      EP will 100 Mrd. – kann also auch in diesem Bereich eine sehr spannende Debatte werden.

  4. [rant] Ja nech war schon mist für den militärisch industriellen komplex als der kalte krieg weg war … die leute hatten auf einmal weniger angst und wollten keine waffensysteme mehr gewollt haben. bzw ließ sich mit der angst nicht mehr die politik erpressen. aber da war ja noch die eu und das neue verteidigungsbedürfniss. also neue ängste schüren und flugs hat man ein neues lukratives geschäftsmodel. praktisch an der eu waren auch die vielen neuen kreativen forschungstöpfe um sich subventionieren zu lassen um die produkte zu konkurrenzfähigen preisen in dikaturen testen lassen zu können. Aber nur mit der ungezügelten angst ließ sich der volksesel halt nicht lenken. für brauchts halt lobbyprofis und das war ja mit der eu wieder zentral zu schaffen. Anschaffen mussten dann natürlich auch wieder die regierungen. griechen und andere mussten sich das leisten können. etc etc [/rant]

    imho ist die wurzel allen alten und aktuellen politschen übels die korruption. Solange wir die nicht effektiv unterdrücken können gehts den bach runter. das ist der zentrale hebel für fast alle daraus folgenden fehlentwicklungen. vorher brauchste garnix anderes anfassen wird eh korrumpiert.

  5. Nur der Ordnung halber: das FP7 heißt auf deutsch „Forschungsrahmenprogramm“ (von „framework programme“).

  6. Der Stimmzettel ist vorbereitet, das Datum der Vorwahlen und ein Faksimile der Unterschrift des Offiziers, verursacht der Stimmzettel gedruckt werden hat. Unmittelbar über dem Zentrum solcher Indossament

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.