Raubkopierer sind Verbrecher im ZDF: Schleichwerbung bei SOKO Stuttgart?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland bekleckert sich als Mitglied der „Deutschen Content Allianz“ nicht gerade mit Ruhm wenn es um eine zeitgemäße Reform des Urheberrechts geht und die ARD bewegte sich auch in diesem Themenfeld bereits hart an der Grenze zur Schleichwerbung.

In der jüngsten Folge der ZDF-Krimireihe SOKO Stuttgart mit dem Titel „Um Haaresbreite“ findet sich jetzt eine Szene, bei der einschlägiger Wandschmuck gut sichtbar platziert wird:

soko-stuttgart-um-haaresbreite

Der Slogan „Raubkopierer sind Verbrecher“ wurde 2003 im Rahmen einer Kampagne der Filmindustrie popularisiert. Die URL zur Kampagne www.hartabergerecht.de führt inzwischen aber auf die aktuelle Kampagnenseite www.respectcopyrights.de. Der Slogan ist gleich doppelt irreführend: Einerseits gibt es keinen Tatbestand der „Raubkopie“ – Raub setzt die Anwendung von Gewalt oder gefährliche Drohung voraus, was beim Kopieren im Internet eher selten der Fall ist. Alles, was es sonst noch zu diesem Begriff zu sagen gibt, hat Stefan Niggemeier bereits für den Spiegel aufgeschrieben. Andererseits, und das wird schön unter www.raubkopierer-sind-verbrecher.de ausgeführt, sind die übergroße Mehrheit jener Menschen, die illegal im Internet Dateien anbieten oder herunterladen in der Regel keine Verbrecher. Die in den Kinospots der Kampagne angedrohten 5 Jahre Freiheitsentzug für Raubkopierer gelten jedenfalls nur für gewerbsmäßigen Vertrieb illegaler Kopien.

Bleibt die Frage, warum ein Poster mit genau diesem Propaganda-Slogan im Jahr 2012 die Wände von ZDF-Krimiserienwänden ziert?

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19 Ergänzungen

  1. weil jene leute unbelehrbare betonköpfe sind, und deren denke nur durch einen generationenwechsel aus der welt geschafft werden kann.

    (ich sage bewusst nicht: „deren ableben“, wer weiss was ich sonst bald auf meinen pc habe oder welcher bka /bnd schatten bei mir vor der türe steht oder meine post liest)

    1. Wissen wir denn schon wer „jene Leute“ sind? Vielleicht hat man das Poster schlicht ans Set geschickt bekommen mit ein paar netten Worten unter Film-Kollegen und es dann ohne weiteres Nachdenken aufgehängt. Danke für den Artikel.

      PS: Müsste die Kampagne nicht eigentlich Raubkopiererinnen sind Verbrecherinnen heißen? Vielleicht kann Frau(Herr?) Jonjic das in einem neueren Artikel anprangern. Nichts für ungut und schönes 2013!

    1. Da war schon jemand schneller :)
      Der Dialog ist aus der ARD-Serie „Heiter bis tödlich“:

      Polizist:
      „Hat noch nie GEZ-Gebühren bezahlt.“
      Polizistin:
      „Was?“
      Polizist:
      „Ja wer GEZ-Gebühren hinterzieht, der dealt auch mit Drogen.“

      m(

      1. Ja, ich kenne diesen Beitrag. Einfach zu lustig. Das blöde daran ist lediglich, dass die meisten Menschen solche Vergleiche glauben. Schlimm sowas.

  2. Man sollte man nicht immer gleich das Böse unterstellen. Vielleicht hat da jemand in der Requisite ein bisschen Humor? Mal nachgefragt bevor ihr die Pferde scheu macht?

    1. Mein erster Gedanke war auch „da wollte wohl jemand lustig sein.“
      – nur dass ich darüber gar nicht lachen kann, war das doch eine der miesesten und menschenverachtendsten Propaganda-Kampagnen der Contentverwerter-Lobby. Ich denke, es erinnert sich jeder an den ach so lustig gemeinten, aber unerträglichen „Junge Raubkopierer werden im Knast in den Ar*** gefi***“-Spot.
      Diese Kampagne war nicht lustig, sondern abgrundtief ins asoziale Propaganda-Klo gegriffen.

      1. Da bin ich ganz bei dir, dass die Kampagne ein Griff ins Klo war.

        Nur wird in dem Artikel die Vermutung aufgestellt, dass das Plakat in der Soko Folge mit dem Ziel der Propaganda aufgehängt wurde. Und das glaub ich einfach nicht. Am Set arbeiten junge unterbezahlte Requisiteure welche ganz sicher andere Sorgen haben als für diese Kampagne Propaganda zu machen.

        Ich glaube das es ein, nicht gelungener, Scherz war. Und deshlab noch mal die Frage an den Autor, mal irgenwo nachgefragt?

  3. Netter Artikel :)

    Ein kleiner vertipper hat sich eingeschlichen.

    „nicht gerade mir Ruhm wenn es um“
    „nicht gerade mit Ruhm wenn es um“

  4. Nuja, was will man von deutschen Krimis erwarten, die nicht mal in der Lage sind auch nur eine Folge zu bringen, in der die Ermittler nicht gegen irgendein Gesetz verstoßen.

    Da nimmt man es mit dem Recht und den Postern halt nicht so genau …

    1. Was ist denn daran so schlimm?
      ist doch schön, wenn die ÖR die Realität abbilden – anders als die Privaten wo die wichtigsten Cops (CSI, Cobra 11, etc.) immer ehrlich und im Sinne von Moral, Anstand und Recht handeln.

      Da ist es doch erfrischend und ganz im Sinne des ÖR-Auftrages wenn wenigstens die Polizisten bei ARD/ZDF sich der Realität konform verhalten.

      Und nein, das ist kein Sarkasmus und auch keine Ironie.
      Das meine ich ernst. Quellen-dazu-schnell-zu-finden-ernst.

      1. Naja … um die „Realität“ ab zu bilden, müssten sie einige Serien schon nochmal anpassen … ich werf mal nur „Rosenheimcops“ in den Raum …

  5. Erstens: Weil sie gerne Wandschmuck haben wollten.
    Zweitens: Weil das ZDF kein Geld für Fantasiedrucke hat (Die Gebühren kommen schließlich den prominenten Moderatoren und der neuen GEZ zu gute)
    Drittens: Weil die ÖR den Slogan wirklich glauben.
    Viertens: Weil die ÖR wirklich glauben, dass die Menschen mit den Gebühren alleine das „Copyright“ nicht abgegolten haben – sie also ein Statement setzen müssen.

    Das fällt mir jetzt so spontan als Gründe ein.
    Und ich wette um ein hübsches Sümmchen, dass auch ungefähr so die Antwort ausfallen wird (wenn eine vom ZDF kommt). Nur eben mit anderen Worten.

  6. Selbst wenn man zu fünf Jahren verurteilt wird, bleibt es tatbestandlich trotzdem ein Vergehen, weil bei der Unterscheidung von Verbrechen und Vergehen auf die Mindeststrafe (von einem Jahr oder mehr) abgestellt wird, vgl. § 12 StGB. Bedeutet gleichzeitig, dass ein Raubkopierer niemals ein Verbrecher sein kann.

    Der Slogan ist also – rein aus Jurasprech-Sicht – niemals zutreffend.

  7. Das erinnert mich an eine Tatort-Folge, bei welche auf einem Monitor deutlich ein Linux-User-Forum (incl. Adresse) zu sehen ist, und die Story behauptet, dass wäre ein Forum für Kinderpornographie!
    Ich finde es immer noch sehr schade das der Forenbetreiber nicht dagegen geklagt hat.

  8. Ein Werbeplakat, welches eine bestimmte Personengruppe kriminalisieren sollte, in einer Polizeiwache aufzuhängen, kann schon als augenzwinkernd verstanden werden (-;

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.