US-Militär: Tödliche Multitasking-Fehler

Im Februar 2010 fielen 23 afghanische Zivilisten einer amerikanischen Hubschrauber-Attacke zum Opfer. Erste Untersuchungen ergaben, dass ein Soldat, der eine Aufklärungsdrohne gesteuert hatte, seine Vorgesetzten nicht darüber informiert hatte, dass sich in dem von ihm überwachten Gebiet einige Dorfbewohner zu einem Treffen aufmachten.

Jetzt stellt sich heraus, wie es zu dem ‚tragischen Fehler‘ kommen konnte: Das im sicheren Nevada sitzende Drohnen-Team hatte einfach zu viel um die Ohren: Während das Video-Bild der Drohne beobachtet werden musste, prasselten Dutzende Instant-Messages auf sie ein und Funkkontakt zu Strategen und Truppen musste aufrechterhalten werden. Im Eifer des Gefechts ging wohl die Information unter, dass sich Kinder in der Gruppe befanden.

Weil das Team unter dem enormen Druck stand, die in der Nähe befindlichen Truppen zu schützen, wurde fälschlicherweise der Convoy als Bedrohung definiert, und konsequent vernichtet.

Als tragische „Informationsüberflutung“ wird das jetzt bezeichnet. Die Opfer hätten vermieden werden können, „wenn wir uns alle ein bisschen beruhigt und mal in Ruhe nachgedacht hätten“, so ein anonymer Offizier, der nicht weiter auf die Hubschrauberbesatzung, die die 23 Menschen getötet hat, eingeht.

In der Tat gibt es einige Zahlen, die darauf hindeuten, dass das US-Militär sich mehr Informationen pro Sekunde holt, als es sinnvoll verarbeiten kann:

Across the military, the data flow has surged; since the attacks of 9/11, the amount of intelligence gathered by remotely piloted drones and other surveillance technologies has risen 1,600 percent. On the ground, troops increasingly use hand-held devices to communicate, get directions and set bombing coordinates. And the screens in jets can be so packed with data that some pilots call them “drool buckets” because, they say, they can get lost staring into them.

Nun sind Neurowissenschaftler bemüht worden, um die Grenzen und Potenziale der Soldatenhirne zu erkennen und zu optimieren. Ob das nun friedliche Dorfbewohner, die sich zu einer Versammlung treffen wollen, Grund zum Ausatmen geben wird, bleibt jedoch zweifelhaft:

Das wäre, als würden wir Autos verbieten, nur weil 40.000 Menschen jedes Jahr auf der Straße sterben. Die Vorteile der Technologie sind einfach zu großartig.

lässt sich Michael Barnes, Forschender Psychologe am Army Research Lab in Aberdeen, Md., zitieren. Schließlich reden wir ja auch Waffentechnologie, da sind false-positives immer lieber gesehen als false-negatives.

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21 Ergänzungen

  1. Unrecht hat Mr. Barnes ja nicht.

    Die Menschen in dem Dorf starben aufgrund eines menschlichen Fehlers. Nicht aufgrund von Spaß an der Gewalt.

    Die meisten Autounfälle passieren aufgrund von Überheblichkeit, zu viel Sopaß am Alkohol und MachoGehabe. Zu einem Teil auch aufgrund von Unaufmerksamkeit durch Telefonieren oder Suchen der Zigarette am Boden des Autos, etc. pp.

    Keiner würde auf die Idee kommen Auto und Autofahren deshalb zu verbieten.
    Und zwar aus Mr. Barnes‘ genanntem Grund.

    Der Nutzen überwiegt das Risiko, und zwar deutlich.

    Das hat nichts mit Waffentechnologie zu tun.
    Beim Autofahren wird auch gesagt „Ja, es werden immer welche durch Fehler oder Leichtsinn sterben.“

    Mr. Barnes hat nur einen Vergleich gezogen. Und ich finde er passt.

  2. das geld was in militär investiert wird, wäre in der bildung der dritten welt länder besser aufgehoben, dabei würde sich eventuell auch das kleine problem mit den terroristen lösen, den welcher normale mensch sprengt sich schon selbst in die luft nur um sein kontra zu geben?

  3. Ich möchte hier keine Blogs über US-Mörder haben. Und vor allem nicht darüber diskutieren, ob sie müde sind, weil sie hier und da mal versehentlich das abschlachten, was sie munter auch so getan hätten.

  4. @Sponti
    Hast du nicht ein paar Artikel weiter vorgeworfen, dass dieser Blog bestimmte Themen nicht behandelt? Und nun möchtest du, dass bestimmte Themen ausschließen?

    Ich erkenne jetzt zwar keinen direkten Zusammenhang mit netzpolitik, höchstens vielleicht dass man mehr Informationen sammelt und wenig darauf achtet wie diese verarbeitet werden.

  5. Ich befasse mich seit dem Irakkrieg mit den Verbrechen der Soldaten dort. Und ich möchte hier nichts lesen, was auch nur einen US-Mörder, Folterer und Vergewaltiger gutheißen könnte.

    Vor allem möchte ich von den drogenbedröhnten, besoffenen, alles verachtenen Typen jetzt nicht noch hören, sie seien müde.

    Wer Frauen und Kinder abschlachtet, Menschen foltert, Tiere vor der Kamera anzündet, mit Kinderköpfen Fußball spielt, der ist nicht müde, sondern Dreck.

    Ist das angekommen???

    1. Vielleicht führt ihr eure Diskussion woanders, oder Sponti liest vor Weiterführung den Artikel noch einmal in Ruhe und denkt ne Runde nach bevor er mir unterstellt, „US-Mörder, Folterer und Vergewaltiger gutzuheißen“.

  6. Ja, das ist deutlich verständlicher. Du möchtest keine Meinungen/Untersuchungen/Ansichten hören, die deinen persönlichen Empfindungen widersprechen :)

  7. @ahnungslos: Mir fallen da spontan ein paar Attentäter ein, die an deutschen Unis und FHs studiert haben, insofern verstehe ich das mit der Bildung nicht so ganz.

  8. Allgemein empfehle ich, mal auf die US-Seiten von Ex-Soldaten zu gehen, die auch ganz ohne Leaks auspacken.

    Und Filme/Fotos gibt es ohne Ende.

    Menschen und Tiere foltern mit Vergnügen, Verbrechen ohne Ende. Plünderungen ohne Ende. Alles US-Soldaten. Sie berichten, sie haben die Bilder und Filme. Der Dreck wird sich früher oder später immer selber äußern. Das war schon immer so. Ob sie sich brüsten wollen, ob sie Reue zeigen. Es sind verschiedene Gründe.

    Ich will gar nichts über die verdammten Mörder hören und lesen. Diese versoffenen achtzehnjährigen Pisser, die mal Krieg spielen dürfen mit echten Menschen. Die Unterschicht der USA zeigt sich dort im Vollbild des Abschaumes.

    Sponti

  9. Jene Nebenprodukte des Vaters aller Dinge kämen immerhin auch der Zivilgesellschaft zugute, so sie doch dann den Herausforderungen der erweiterten Realität gewachsen sein könnte.

    Wenn mich demnächst auf dem Weg durch die Stadt mein Retinaprojektor nicht nur mit (un)nützlichen lokalen Informationen, sondern auch animierter Werbung an jeder Ecke zuballert, ich von meinen Freunden in Übersee in Form von Avataren begleitet werde, die auf wundersame Weise niemals mit den echten Menschen auf der Straße kollidieren und nebenbei links oben Twittergewitter und rechts oben /b runterrattert,
    also bitte,
    dann möchte ich ja wohl auch gerne von den wundersamen „military-grade“-Errungenschaften der nicht-drogeninduzierten Hirnleistungsoptimierung profitieren können.

    ;)

    gespannt gespannt.

    plörre

  10. @KinNeko: Tja, man könnte fast meinen, die Weltstaaten hätten kein Interesse an weniger Terroristen. Sehr merkwürdig… war das Gerede von „Demokratie einführen“ etwa nur ein Vorwand für ökonomische Interessen? Nicht doch…

    /kill ironie
    /kill sarkasmus

    sudo -k

  11. @DAMerrik #1

    „Die Menschen in dem Dorf starben aufgrund eines menschlichen Fehlers. Nicht aufgrund von Spaß an der Gewalt.“

    Falsch, falsch, falsch!
    Die Menschen starben an den Folgen eines Ihnen von den USA aufgezwungenen Krieges, für den es keinerlei Rechtfertigung gibt!
    Dies mit der zivilen Nutzung von Fahrzeugen zu vergleichen, halte ich schon für ein wenig zynisch.

    Du sicherlich nicht, oder?

  12. sollen sie ihren Soldaten wie in „Ghost in the Shell“ Festplatten und Programme im Hirn installieren, um mehr Daten verarbeiten zu können.

  13. da kann man schon wieder gar nicht genug essen wie man …

    Einfach mal umgekehrt vorstellen. Deine Familie wird umgebracht von Leuten die sagen,“hey schaut mal, dit is Demokratie*). Dit muessta ooch tun. Sonst jibts Haue.“ Und dann soll man auch noch verstaendis haben. War ja nur ein Uebermuedungsfehler.

    Und Deutschland macht auch noch mit…

    * Bush vs Gore

  14. Hierbei handelt es sich vermutlich wirklich um nichts mehr als einen Tragischen Fehler, der auch bei konventioneller Kriegsführung des öfteren auftritt. Dass Drohnen aber auch bei perfekter Funktionalität und fehlerfrei ein großes Problem darstellen sollte man nicht außer Acht lassen…
    Mehr dazu in meinem Blog:
    http://a-stockinger.blogspot.com/2012/01/gute-drohnen-bose-drohnen.html

    Über Besucher und Kommentare würde ich mich wirklich sehr freuen!
    lg
    Alex

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