Reißt euch endlich zusammen!

Daniel Bröckerhoff hat für das ZDF-Hyperland-Blog einen Artikel über den Umgang mit der Politik geschrieben: Reißt Euch endlich zusammen!

Was ist stattdessen zu tun? Ein Appell an die Netzpeople:

# Verschwendet eure Zeit nicht mit Pöbeln!
# Bündelt eure Energien! Organisiert euch, teilt auf, wer welche Positionspapiere auseinander frickelt, wer wo bei einem Kongress auftaucht!
# Lasst Gags nicht zum Lebenssinn werden!
# Seid nachhaltig! Bleibt an den Themen länger dran als nur drei Tage!
# Erklärt ihnen „Das Internet“. Wieder und wieder. Macht euch nicht zum Kasper, sondern zum Lehrer.

Ich finde die unredigierte Version in seinem Blog lesenswerter, aber die durchaus interessante Diskussion findet im Hyperland-Blog statt.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

22 Ergänzungen

  1. Ach, schwierig.
    Auf der einen Seite: ja, er hat Recht, man sollte nich auf jeden Blödsinn eingehen. Das gilt im übrigen auch für die Medien. Man muss aus so einem Zitat keinen Artikel basteln.
    Auf der anderen Seite: so ein Blödsinn ist oft auch nur mit (Galgen-)Humor zu ertragen.

    Trotzdem: gute Analyse.

  2. Bröckerhoff irrt.

    Rituelles Ranten ist so alt wie die Politik selbst. Shitstorms stammen in direkter Linie von Hofnarren, Karneval und Politsatire ab. Wer rituelles Ranten im Internet nicht haben will fordert ein unpolitisches Netz.

    Hashtag-Shitstorms sind nicht mehr oder weniger Zeitverschwendung als Twitter selbst. Zeitverschwendung wäre es hingengen, wenn tausende gleichzeitig und redundant versuchten, den Internetausdruckern per Fax oder Telefon das Netz zu erklären.

    Seiner Unzufriedenheit mit Politik Ausdruck zu verleihen steht nicht im Gegensatz zu aktiver politischer Arbeit. Niemand steht vor der Entscheidung ENTWEDER ein Kauder-Witzbildchen zu zusammenzushoppen ODER sich in Berlin in ein netzpolitisches Gremium zu setzen. Gleichzeitig behindern sich beide Formen des Engagements aber auch nicht.

    Es sind stinknormale Bürger die sich gelegentlich Luft machen, das ist im Internet nunmal so. Wer das abstellen möchte weil es nicht erwachsen genug wirkt, dem muss ich „selbstreferentielles Gehabe in der Gedankenblase einer pseudo-elitären Truppe“ vorwerfen, um dieses Zitat mal mit Kusshand zurückzureichen.

    1. Es geht nicht darum den Spaß abzuschaffen. Es geht darum, das rituelle Ranten in Frage zu stellen, denn in den meisten Fällen ist es damit getan. Vielen reicht es, ihren Gehirnschmalz auf die nächte Mem-Zote zu verwenden, anstatt die Energie auch mal anders zu kanalisieren. Schimpfen, lachen und meckern ist immer einfacher als tatsächlich mal sich zu engagieren. Es spricht nichts dagegen, seinem Ärger Luft zu machen. Aber es darf nicht dabei bleiben. Doch das tut es in den meisten Fällen leider.

      1. Nein.

        Für 99,9% der Bevölkerung besteht Politik darin, eine Meinung zu haben und diese zu diskutieren oder kundzutun. Ohne Meinungen kann es keine Demokratie geben.

        Wenn sich Menschen in der stofflichen Welt organisieren um ihrer Meinung politisch Nachdruck zu verleihen, verabreden sie sich an einem Ort zu einer gewissen Zeit und laufen mit Pappschildern auf und ab auf die sie Rants geschrieben haben. Man nennt das eine Demonstration, einen organisierten Protest. Eine Twitterwelle funktioniert genauso, der Protest ist aber demokratischer weil er keiner Organisation bedarf und jeder mitmachen kann. Online Shitstorms mögen inflationär häufig auftreten, sie erfüllen aber den selben Zweck wie Demos: Mitstreiter lernen sich kennen, die Presse hört und sieht es.

        Diese Formen des „sich aufregens“ sind nicht nur legitim sondern existentiell wichtig für eine Demokratie in der Standpunkte kritisiert, debattiert und vorallem ausgelacht werden müssen.

        Und nochmal: Der Protest schließt konstruktives Engagement ja nicht aus. Im Gegenteil: der Protest von vielen Bürgern gibt den engagierten Aktivisten ja eben die Legitimation die sie verdienen und Beweist dass sie für Viele sprechen!

  3. Und jetzt bitte das gleiche nochmal, bloß umgekehrt. Da die Politik direkt für ihr Handeln verantwortlich ist, ist sie auch in der Pflicht, sich endlich mal um einen nachhaltigen Diskurs zu bemühen. Die „Netzgemeinde“ soll sich zusammenreißen? Die hat sich schon lange genug zusammengerissen. Wieviele Jahre soll man eigtl. noch versuchen, den Politheinis „Das Internet“ erklären?? Man wird als Lehrer immer gnadenlos scheitern, wenn man vor lernunwilligen Schülern steht.

    1. 1975 haben ein paar Jusos in Schleswig-Holstein vorgeschlagen, dass man ne Zeitlang keine Atomkraftwerke bauen sollte, bis man weiß wohin mit dem Müll. 10 Jahre später war das Beschlusslage der SPD. In der Zwischenzeit haben sich die GRÜNEN gegründet. 1998 gab es erstmals auf Bundesebene eine Mehrheit für eine Regierung, die den Atomausstieg beschließen konnte. Noch einmal 12 Jahre später ist auch der konservative Teil von Deutschland soweit.

      „Politik bedeutet ein starkes, langsames Durchbohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.“ Max Weber

      Ich finde, in Sachen Netzpolitik ist das dagegen ganz schön schnell gegangen. Die schlimmsten Sachen sind bisher nicht nur immer verhindert worden. Sie sind zum Teil nicht einmal mehr Thema am Rande. Den Rest schaffen wir auch noch. Die größere Herausforderung wird es, die Macht der Internetkonzerne so zu regulieren, dass noch etwas vom Internet wie wir es wollen übrig bleibt. Und dazu brauchen wir die Politik.

  4. Durchhalten und weitermachen. Gute Ideen gewinnen nicht kraft Überzeugung, sondern weil ihre Gegner aussterben.

  5. Wenn ihr wollt das ich mich einbringe, dann gebt mir endlich eine Aufgabe!

    Bin gespannt über eure Reaktionen auf diesen Satz.

      1. Die Seite ist echt ganz nett und sicher wichtig. Aber gibt es evtl auch Anlaufstellen in der „Netzgemeinde“, bei denen „interne“ Aufgaben verteilt werden? Auf meine Partei einwirken ist da schon was anderes imho als sich innerhalb der „Netzgemeinde“ an sinnvollen Projekten zu beteiligen.

        Oder wird es die DigiGes, nur die ist noch nicht so weit?

      2. Eine virtuelle Ehrenamtsmesse gibt es glaube ich nicht. Was willst Du denn machen? Du kannst Open Source Projekte unterstützen, bei Wikipedia mitschreiben, bei Vroniplug suchen helfen usw. Schau Dich doch mal um.

  6. Recht hat er.

    (Disclaimer: ich habe gleich den empfohlenen unredigierten Kommentar gelesen).

    Und nochmal: Recht hat er — das enthemmte Rumtrampeln auf einem einzigen Zitat (aka shitstorm) bringt überhaupt gar nichts von dem, was man eigentlich erreichen will (was ja hoffentlich das Reflektieren der eigenen, aus unserer Sicht falschen, Ansichten, ist), sondern eher das gegenteilige „sag ich doch, alle bekloppt. Wusste ich’s doch“.

    Was mir *sehr* gut gefallen hat in dieser Hinsicht, ist die Art der Argumentation, die Du auch im Fall Breivik verwendet hast, und die auch schon früher im Zusammenhang mit Netzsperren verwendet wurde: Analogien mit „bekannten“ Situationen.

    Eine Tat verschwindet nicht, wenn man den Tatort mit Tüchern verhängt. Niemandem (vernünftigen) würde es einfallen, jedem Stammtisch überwachen zu wollen.

    Und so weiter… Ich denke wirlklich, dass diese — man muss es sagen wie es ist — hirnrissigen Meinungen einiger (leider) verantwortlicher Politiker schlicht aus Unwissenheit rühren. Und sie werden sich diesbezüglich auch nicht mehr weiterbilden, dafür sind sie einfach zu alt. Aus meiner eigenen Erfahrung (ja, mit meinen Großeltern, für die das Internet auch Teufelszeug ist) wirken solche Analogien tatsächlich Wunder. Nicht unbedingt, weil sie ihnen das Medium näherbringen, aber weil sie den Trugschluss mittels etwas Vertrautem aufzeigen.

    Also bitte: mehr Analogien zum „guten alten Weltbild“, weniger Rumgebashe.

    (Ganz davon abgesehen ist es *natürlich* traurig, dass wir immer noch von einer größtenteils „internet-unbeleckten“ Gemeinschaft regiert werden. Das lässt sich aber realistischerweise wohl nur durch Abwarten aussitzen).

  7. Ganz ehrlich: so ignorant und beratungsresistent, wie sich einige Politiker (und auch Journalisten) geben, sehe ich keinen Weg, ruhig und besonnen Argumente darzubringen. Ich habe das Gefühl, dafür belächelt zu werden, nicht zu spotten!

    Abgesehen davon: der Spiegel legt gerade wieder mit KiPo los: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,778457,00.html – es ist WIEDER von einem Milliardenmarkt die Rede, WIEDER von hunderttausenden Seitenaufrufen täglich in Deutschland, WIEDER vom armen BKA, das ohne Vorratsdatenspeicherung hilflos ist. Alles bereits hundertfach widerlegter Bullshit, und trotzdem werden sich bald wieder die bekannten Nasen aus den bekannten Parteien einklinken.

    Wie soll man anders auf sowas reagieren als mit Spott?

  8. Und wenn man im Netz oder in Gesprächen mit Freunden/Bekannten/Kollegen contra gibt und sagt: dass VDS nichts bringt, das auch ein Stoppschild niemanden davon abhält auf KiPo Seiten zu kommen wird man auf eine Stufe mit diesen Perversen gestellt das finde ich das schlimmste, da vergeht einem die Lust am Diskutieren.

    Wie oft wurde unseren Politikern schon erklärt und verdeutlicht das VDN nichts bringt? Und trotzdem, wenn Ihnen nichts mehr einfällt, oder gerade Sommerpause ist, bringen Sie es wieder. Es ist manchmal, so habe ich das Gefühl, aussichtslos, als würde man gegen eine Wand reden. Da kann ich es verstehen dass einigen einfach nur noch der Galgenhumor übrigbleibt….

    mit viel Wut im Bauch geschrieben

    Ps: wer Rechtschreib- und Grammatikfehler findet darf Sie behalten

  9. Den Appell könnte man genauso gut an die deutschen Bürger richten: Hört auf eure Zeit mit leichter Unterhaltung zu verschwenden, nehmt Politik Ernst, engagiert euch in einer Partei oder Organisation, beteiligt euch, anstatt immer nur am Stammtisch über die Politiker zu klagen. Weniger Party, weniger eigenes Süppchen, weniger Larmoyanz, mehr ernste, inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Geschehen in eurem Staat.

    Diese Forderung dürfte in etwa genauso populär sein, wie der Aufruf an den Internetnutzer statt Spass am künstlerischen Politiker-Bashing und Zeitverschwendung mit hitzigen Diskussionen sich endlich mal zum professionellen (unbezahlten) Lobbyisten in der „Sache des Internets“ (TM) zu machen.

  10. Wichtig meiner Ansicht nach ist ein Bruch des Diskurses und eine Diskussion an der richtigen Stelle. Bruch des Diskurses heisst, anders reden als es erwartet wird. Sonst wird man eingewickelt.

    Diskussion an der richtigen Stelle heisst, der deutsche Parlamentarismus ist teilweise eine Art Zirkus in dem das Verwaltungshandeln popularisiert wird. Es nützt nichts gegen die strunzdummen Rechtfertigsreden von Politikern aus der Tüte zu agitieren, die doch nur EU-Richtlinien umsetzen und gar nichts durchsetzen können.

    Setzt Euch doch mal lieber mit so etwas auseinander:
    http://blogs.ec.europa.eu/digital-agenda/the-digital-agenda-for-europe-building-an-open-and-global-marketplace/

    http://blogs.ec.europa.eu/neelie-kroes/working-with-businesses-to-deliver-the-internet-revolution/

    http://blogs.ec.europa.eu/neelie-kroes/researching-romanias-digital-revolution/

    usw.

  11. Ich kann mir nicht helfen, aber bei einigen der genannten Punkte ist und war netzpolitik.org doch auch immer gerne mit dabei. Kreative Politikerplakate sammeln, ein paar kleine Rants hier und da.

    Zugegeben, ranten macht ja spaß, aber wichtig für mich ist immer, das Internet in meinen Blogs auch für non Insider zu erklären… und da hat Bröckerland recht, wenn er das elitäre Getue einiger Netizens mal anprangert.

    Wer frei von aller Sünde ist, werfe den ersten Stein ;)

    1. @Dennis:

      Ich kann mir nicht helfen, aber bei einigen der genannten Punkte ist und war netzpolitik.org doch auch immer gerne mit dabei. Kreative Politikerplakate sammeln, ein paar kleine Rants hier und da.

      Wo ist das Problem? Wir rufen auch regelmäßig dazu auf, sich politisch einzumischen. Und sind oft auch angenervt von Shitstorms, die verbal weit unter die Gürtellinie gehen.

  12. Der Rant ist imho noch die direkteste und geradeste Form der politischen Meinungsäusserung. Ich bin überzeugt, dass ranten gerade deswegen (auch auf netzpolitik) so erfolgreich ist, weil viele BürgerInnen schon längst keinen Sinn in einer traditionellen Willensäusserung in politischen Parteien, Gremien oder Kongressen sehen. Egal welche politische Partei man sich vornimmt, das System bügelt alle – das System „hinterfragende“ oder gar „gefährdende“ Meinung gnadenlos weg. Und auch die oben zitierten Grünen üben sich fleissig in dieser Praxis (siehe Fundis vs. Realos, pro und contra Afghanistan etc.pp.)
    Mit einem Rant, einer Twitterwelle oder ähnlichem, verschafft sich eine offensichtlich herrschende Meinung wenigstens Gehör. Und wäre es dann nicht eigentlich genau die Aufgabe der „Volksvertreter“, diese Meinung ernst zu nehmen und in den politischen Diskurs einzubringen? Eigentlich schon, aber egal ob geranted, getweetet, in Demos oder auf Parteitagen und Kongressen vorgetragen, die Meinung der Wählerschaft interessiert die politische Lobby einen feuchten Kehrricht.
    Poilitikern das Netz erklären? Glaubt Ihr wirklich, dass die das nicht längst begriffen haben? Das ist Politik! Das Netz ist gefährlich für den politischen Meinungsflaschenhals, deshalb wird das Netz auch in den Medien und durch die Politiker tumb als die Wurzel allen Übels verkauft. Glaubt Ihr ernsthaft, Zensursula will wirklich Kinderpornographie bekämpfen? In erster Linie schon, in zweiter Linie wollen die Politiker die Kontrolle zurück.
    Und so lange sie die noch nicht haben, soll ihnen jeder Rant, jede Karrikatur, jede Twitterwelle wenigstens ordentlich den Tag verhageln.

  13. Memes und Bilder sind wichtig, um Leute zu erreichen, die bisher noch nicht an der Diskussion teilgenommen haben.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.