Niederländisches Parlament stimmt für Netzneutralität

(Update: Wurde am 8. Mai 2012 im Senat verabschiedet. Artikel ist hier.)

Vor einigen Wochen berichteten wir schon von den Plänen, und gestern hat das niederländische Parlament mit großer Mehrheit für neue Netzfreiheits-Gesetze gestimmt. Darin werden die Themen Netzneutralität, Überwachung und 3-strikes in überraschend positiver Weise behandelt. Man könnte fast sagen: Ich bin euphorisch.

Für Netzneutralität wird festgelegt, dass nicht den Traffic ihrer Nutzer beeinflussen dürfen – ausgenommen: Netzwerkmanagement im Interesse der Nutzer [englische Übersetzung]. Ein ziemlich kompromisslose und klare Definition von Netzneutralität, der wohl jeder beipflichten wird, außer vielleicht der Provider KPN, der für alle möglichen Dienste und Protokolle gerne Zusatzgebühren hätte (wie jeder andere Provider übrigens auch, daher müssen wir uns ja jetzt auf legislativem Wege dagegen schützen).

Dann gibt es noch einen Anti-Abhör/Überwachungs-Gesetzentwurf, in dem deep packet inspection weitestgehend verboten wird. Diese Technik darf nur unter strengen Vorraussetzungen zum Einsatz kommen, oder wenn die Nutzer explizit zugestimmt haben – was wohl kaum jemand tun wird. Für gerichtlich legitimierte Abhörmaßnahmen bleibt DPI legal.

In einem dritten Gesetzentwurf werden die Bedingungen für das Trennen eines Internet-Anschlusses limitiert. Das soll nur noch im Betrugsfall oder bei Nichtbezahlen der Rechnung möglich sein – damit wird 3-strikes-Regelungen wohl erstmal ein dicker Riegel vorgeschoben.

Bevor diese in Kraft treten, muss auch noch die Eerste Kamer (Senat) zustimmen, aber die Zeichen stehen nicht schlecht. Wenn diese Gesetze in Kraft treten werden die Niederlande zum international leuchtenden Beispiel der Netzpolitik. Man kann ihnen nur die Daumen drücken, denn von diesem Beispiel dürfen wir uns auch in Deutschland positive Effekte erhoffen.

Wenn dort erstmal wird, dass und wie es geht, wird die Argumentation von Gegnern der Netzneutralität, Befürwortern von Überwachungstechniken und 3-strikes noch viel löchriger, als sie es heute schon ist.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

7 Ergänzungen

  1. Dem Riegel ist beim vorschieben das „e“ abhanden gekommen. :) Huch, hier ist grad eine Korinthe runtergefallen. Ich muss weg.

    1. Und Vorschieben schreibt man auch immer noch groß. Nur, bevor es jemand anderem auffällt. :P

  2. ich seh schon die ‚“frankfurter verfassungsfeinde“ die haare raufen. die europäische idee der totalüberwachung scheint nicht zu funzen. naja….bald tritt die schnarre zurück und dann müssen es vosskuhle und anhang richten. genug vorlagen, dass es so nicht sein kann zeigt dresden mehr als deutlich. auch der enorm breite raum, der das dresden-desaster bei dem „frankfurter verfassungsfeinde“-treffen eingenommen hat, war bezeichnend.

  3. „…nur noch im Betrugsfall
    (…) möglich…“

    Hm, ich wurde wetten, da werden die AGB derart geaendert, dass man dies und das nicht mehr tun darf – und wenn man es doch tut, erschleicht man sich eine zusaetzliche Leistung. Und schwupps, isses ein Betrug

    Bin aber kein Jurist ;-)

  4. Zunächst einmal gratuliere ich der deutschen Netzpolitk-Szene für diesen grandiosen Sieg in …

    .. na ja, in Deutschland jedenfalls nicht.

    Wenn man mal den vorgeschlagenen Text liest, das geht eher in die Richtung: wenn der Kund mal‘ n’n Anschluß hat, soll genau das erfüllt werden. Ich vermag noch nicht zu erkennen, das man verbietet, Anschlüsse zu verkaufen, die Internet bieten (per Definition: Zugriff auf alle möglichen IP Adressen), der aber dennoch bei Streaming eine obere Transferrate einführt. Für eben alle Streaming Dienste, unabhängig woher die kommen.
    ?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.