Nachgeliefert: Eckpunkte zur Aufhebung des ZugErschwG

Als die Bundesregierung vor gut drei Wochen ankündigte, dass man das Zugangserschwerungsgesetz aufheben wolle und im Kampf gegen die Verbreitung von Kinderpornographie im Netz konsequent auf „Löschen statt Sperren“ setzen werde, war die Erleichterung im Netz durchaus spürbar.

Auch wenn eigentlich allen Beteiligten seit Monaten klar ist, dass Internet-Sperren ein untauglicher Ansatz sind, drohte ihre Einführung weiterhin – zumindest solange, bis das Zugangserschwerungsgesetz nicht aus der Welt ist. Vor zwei Wochen tickerte dpa dann, das Kabinett habe sich auf „Eckpunkte“ zur Aufhebung geeinigt. Heise Online schrieb damals:

Die Bundesregierung will die umstrittenen Internet-Sperren gegen Kinderpornos kippen. Das Kabinett brachte am Mittwoch in Berlin laut dpa Eckpunkte für ein Gesetz auf den Weg, mit dem das bisherige Zungangserschwerungsgesetz aufgehoben werden soll.

Inzwischen liegt uns auch das genannte Eckpunktepapier (PDF) vor:

Eckpunkte

für ein Gesetz zur Umsetzung des Grundsatzes „Löschen statt Sperren“

In das Gesetz werden ausschließlich folgende Regelungen aufgenommen:

  1. Aufhebung des Artikel 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen. Stattdessen werden kinderpornographische Inhalte auf der Grundlage des geltenden Rechts gelöscht.
  2. Artikel 2 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen regelt eine Erhebungsbefugnis von Daten zugunsten des Telekommunikationsanbieters nach § 96 TKG, soweit dies für die in § 2 oder § 4 ZugErschwG genannten Zwecke erforderlich ist. Diese auf das Sperren nach dem ZugErschwG bezogene Erhebungsbefugnis ist als Folgeänderung aus dem TKG zu streichen.
  3. Artikel 3 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen regelt eine Evaluierungspflicht der Bundesregierung und die Pflicht, über die Ergebnisse der Evaluierung gegenüber dem Bundestag Bericht zu erstatten. Mit dem Verzicht auf das Sperren entfällt auch der Evaluierungsgegenstand. Die Evaluierungs- und Berichterstattungspflicht wird deshalb ebenfalls aufgehoben.

Ja, das ist tatsächlich das komplette Papier. Hoffen wir, dass es zeitnah umgesetzt wird.

Mit „Aufhebung des Artikel 1“ im ersten Punkt ist tatsächlich das komplette „Zugangserschwerungsgesetzes“ gemeint. Deutlich wird dies, wenn man sich das übergreifende „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetze“ (EGZugErschwG) im Detail ansieht.

Beim EGZugErschwG handelt es sich  es um ein Einführungsgesetz, wie Andi in den Kommentaren vollkommen richtig erklärt. Es enthält in Artikel 1 das eigentliche „Zugangserschwerungsgesetz“, in Artikel 2 eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes und in Artikel 3 die Evaluierung.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

6 Ergänzungen

  1. In dem Glücksspielstaatsvertrag sind Sperren vorgesehen. Die Sache ist doch noch nicht vom Tisch, oder?

  2. Es ist sogar noch deutlich komplizierter ,)

    Bereits der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag von 2003 sieht – via § 59 Abs. 2 bis 4 des Rundfunkstaatsvertrages – Netzsperren auf Zugangsebene grundsätzlich vor.

    Der aktuelle Entwurf des GlüStV, der derzeit diskutiert wird und ab dem 01.01.2012 geltendes Landesrecht werden soll, sieht zudem einen Rückgriff auf die Registrare vor (Domain-Hijacking) vor.

    Nach Ansicht vieler Juristen sind Netzsperren zur Gefahrenabwehr ohnehin generell auf ordnungsrechtlicher Ebene denkbar (vgl. Büssow 2002).

    Im Gegensatz zum Zugangserschwerungsgesetz mit seiner zentralen Blackliste, ist der Aufwand für ordnungsrechtliche Einzelfallentscheidungen (“Sperrverfügungen”) aber deutlich höher. Ob (ein Missbrauch von) Sperrverfügungen letztendlich zu einer „Zensur-Infrastruktur“ führen wird, wie sie das Zugangserschwerungsgesetz etabliert hätte, wird sich daher erst zeigen müssen.

    Und ja, auf der technischen Seite dürfte es tatsächlich kaum Unterschiede geben: Jemand aktualisiert eine /etc/hosts o.ä, und verteilt sie auf ein Rudel Nameserver (bis jemand DPI & BGP fordert …). D.h. die ISPs führen die Listen mehr oder weniger selber.

  3. Das EGZugErschwG heißt mit vollem Namen „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ (das „EG“ am Anfang der Abkürzung bedeutet „Einführungsgesetz“), und davon ist auch in den Eckpunkten die Rede. Artikel 1 dieses Gesetzes beinhaltet das eigentliche Gesetz, welches aber leicht anders „Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen“ heißt, mit der Kurzbezeichnung „(Zugangserschwerungsgesetz – ZugErschwG)“.

    Das Ding war also quasi wie eine russische Puppe geliefert worden. Und diese russische Puppe soll nun wieder komplett eingesammelt werden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.