Censilia hätte jetzt gerne die Flugpassagierdaten

Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Inneres, hat sich nun der vor einiger Zeit auf Eis gelegten Vorratsdatenspeicherung von Flugpassagierdaten angenommen, und sie freiheits-, grundrechts- und privatsphärenschonender formuliert.

Und zwar findet sie es völlig ausreichend, wenn man die Daten für nur 5 Jahre speichert. Natürlich soll auch nur zur Abwehr oder Verfolgung ganz besonders schwerer Straftaten der Rückschluss auf Personen möglich sein: Und zwar bei allen Straftaten, die unter die Bestimmungen des EU-Haftbefehls fallen. Dazu gehören wirklich nur schwere Straftaten wie Dokumentenfälschung, Marken- und Produktpiraterie, Computerkriminalität oder Schmuggel von radioaktivem Material.

Und Terrorismus, klar.

Doch fürchtet euch nicht: Natürlich sollen die Daten nach 30 Tagen anonymisiert werden, wobei mir persönlich unklar ist, was man dann noch 5 Jahre lang damit anfangen will – aber ich bin ja auch kein Fachmann.

Insgesamt kann man an der Pressemitteilung sehr genau ablesen, dass man aus den Debatten um Vorratsdatenspeicherung in der Kommunikation gelernt, und seine Hausaufgaben gemacht hat – zumindest was die Formulierungen angeht. Stilblüten:

[1.] Die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen die Daten einen Monat nach dem jeweiligen Flug anonymisieren und dürfen sie insgesamt höchstens fünf Jahre lang speichern (kurze Speicherfrist). […]

[2.] Sensible Daten, […] dürfen in keinem Fall von den Fluggesellschaften an die Mitgliedstaaten übermittelt oder in irgendeiner Weise von den Mitgliedstaaten verwendet werden. […]

[3.] Die Mitgliedstaaten werden keinen Zugriff auf die Datenbanken der Fluggesellschaften haben. Die Daten müssen von den betreffenden Fluggesellschaften erhoben und an die Mitgliedstaaten übermittelt werden („Push-Methode“).

Vorerst will man sich nur für internationale Flüge aus und in die EU konzentrieren. Die Datenerfassung auch auf alle Flüge innerhalb der EU auszuweiten wird zwar angestrebt, ist momentan noch zu teuer.

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14 Ergänzungen

  1. Gibt es eigentlich überhaupt irgendwelche Aussagen, was man mit diesen Daten anfangen will, nachdem der Flug schon stattgefunden hat (jetzt ausser allgemeinem Geschwurbel über allgemeine Verbrechensbekämpfung)?
    Insbesondere: Was zeichnet den Flugreiseverkehr hier gegenüber anderen Transportmethoden aus?

    Letztendlich geht es doch hier wahrscheinlich wieder nur darum, ein möglichst genaues Bewegungsprofil für Rasterfahndungen zu erstellen.

    1. Es wird immer wieder die höchst konkrete Aussage genannt, dass die Erfahrungen aus anderen Ländern bestätigten, dass diese Daten benötigt würden.

  2. @AndreaM
    Ich stimme dir zu, insbesondere die Frage nach anderen Transportmethoden. Laut Heise geht es dabei besonders auch um „Drogenschmuggel und Menschenhandel sowie Terrorattacken“ (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Neuer-Vorstoss-zur-Auswertung-von-Flugpassagierdaten-auf-EU-Ebene-1182425.html).
    Grade Menschenhandel wird doch wahrscheinlich eher in PKW/LKW durchgeführt? Und Drogenschmuggel, da wird viel im Magen transportiert, insbesondere nach Amsterdam, aber die richtig grossen Mengen kommen wohl eher per Schiff/LKW/PKW, oder?
    Heisst das jetzt, dass die eine ähnliche Regelung bald auch für LKW, PKW % Schiff(f)ahrt vorschreiben wollen?
    Oder geht es um Terrorismus und die bekannte unsinnige Angst davor? Oder hat die USA schon wieder ihre Hände im Spiel, die wollen die Daten bestimmt auch haben?
    Naja, vielleicht hab ich auch nur schlecht geschlafen…

  3. Die Daten sollen nicht anonymisiert werden.

    Sie meint der Zugriff auf den Teil der Daten, der den jeweiligen Passagier identifiziert, soll nur auf spezielle Anfragen hin gewährt werden.

    „Anonymisiert“ klingt schöner, ist aber nicht wahr.

  4. Der Kommentar von Gola/Schomerus zum BDSG ist da ziemlich eindeutig: „Die Daten sind […] jedoch nur dann anonym, wenn der Personenbezug nicht mehr herstellbar, d.h. eine Reanonymisierung […] unmöglich ist.“

    Was hier angestrebt ist, entspricht vom Prinzip her eher einer Pseudonymisierung, wobei die Referenzdatei mit der Zuordnungsvorschrift nur bei der erhebenden und nicht direkt bei der speichernden Stelle existieren soll.

  5. Inzwischen ist ihnen offenkundig jeder vernünftige Ausgleich egal. Ist es machbar wird es gemacht — ganz einfach.

    Ich hätte gut Lust nach Brüssel zu fahren und die Dame in angemessen demokratischer Manier ihres Amtes zu entheben.

  6. Man sollte auch noch hinzufügen, dass diese Verpflichtungen natürlich bei den Veranstaltern Kosten verursachen, die den Kunden umgelegt werden dürften, wobei manchem grossen Touristikveranstalter, der gleichzeitig Flugveranstalter ist, die Speicherverpflichtung ganz gelegen kommen dürfte, da man die Daten zu Marketingzwecken sowieso gerne langfristig speichern würde, dies aber nach der letzten Datenschutznovelle und der höheren Sensibilität der Verbraucher schwieriger geworden ist.

  7. @Tilmann: Selbst wenn es um Terrorismus geht, was fange ich eigentlich mit der Information an, dass X vor 3 Jahren nach Y geflogen ist?
    Und eigentlich habe ich ja erstmal noch nicht mal das. Sondern ich weiss erstmal nur, dass irgendjemand vor 3 Jahren von Z nach Y geflogen ist (zusammen mit einer Reihe anderer Leute im selben Flugzeug).
    Nach was suche ich eigentlich darin und wann suche ich darin und was bringt mir das?

    Da ist auch die Frage, wie dann eigentlich die Pseudonymisierung (hier Anonymisierung genannt) stattfindet. Hat Person X immer das selbe Pseudonym?

  8. Kein Wunder, daß immer mehr Leute den Wunsch verspüren, die EU oder Teile davon (und wenn es nur irgendwelche EU-Kommissare sind) in die Luft zu sprengen. Die EU fördert also den Terrorismus.

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