Cablegate: Norwegische Zeitung findet deutsche Überwachungssatelliten

Die norwegische Zeitung Aftenposten hat irgendwie die gesamten 250.000 US-Depeschen aus dem Wikileaks-Bestand erhalten und forstet diese ebenfalls durch. Heute berichtet die Zeitung (Schlechte Google-Übersetzung), dass man ein Kabel der US-Botschaft aus Deutschland gefunden habe, was über ein US-Deutsches Geheimprojekt berichtet. Das HIROS-Projekt soll offiziell eine halb-kommerzielle US-Deutsche Industriezusammenarbeit sein. Allerdings scheint das nur die Tarnung für eine Kooperation zwischen BND und der Deutsches Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) sein.

Aus der Google-Übersetzung:

„Um mögliche politische Gegenreaktion durch die Entwicklung von Hiro als Intelligenz Satellit zu minimieren, wird das Programm durch eine zivile Behörde, möglicherweise das Ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) verwaltet. „

Mit dem Satellitensystem soll es möglich sein, bis zu 3x am Tag fast jede Stelle auf dem Globus bis auf 50 cm (pro Pixel?) heran zu fotografieren. Die Bilder sollen dabei innerhalb von wenigen Minuten ausgewertet werden können und Infrarotaufnahmen bei Nacht sind wohl auch möglich. Hier gibt es noch eine englischsprachige Präsentation vom DLR als PDF zu lesen. Laut Aftenposten soll das System zwischen 2010-2013 funktionieren. Gleichzeitig soll es wohl deswegen Verstimmungen mit EU-Partnern geben, vor allem mit Frankreich, die gerne selbst die beste Überwachungstechnik besitzen wollen.

Unklar ist, ob der Spiegel freiwillig oder unfreiwillig diese Depesche übersehen hat. Das Originalkabel ist wohl noch nicht online zu finden.

Laut der Nachrichtenagentur AFP dementiert übrigens der DLR:

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln bestritt Arbeiten an einem Spionagesatelliten. Im DLR werde zwar seit etwa zwei Jahren unter dem Projektnamen HiROS über den Projektvorschlag für einen hochauflösenden, optischen Satelliten diskutiert, erklärte ein Sprecher. HiROS sei aber kein Spionagesatellit und ebenso kein geheimes Projekt. Die angedachte Anwendung umfasse die Bereitstellung von Daten für staatliche Nutzungsbereiche wie zum Beispiel im Krisenmanagement bei Naturkatastrophen. Derzeit könnten keine Aussagen über die Realisierung des Projektes gemacht werden.

Update: Danke an Thomas Wiegold für die Ergänzung in den Kommentaren und den Hinweis auf die Original-Depesche:

Das liest sich im Original ein bisschen anders: Die DLR hätte gerne US-Unterstützung für das Zusammengehen mit zwei US-Konzernen, vor allem aus finanziellen Gründen. Die USA gehen lt. der Depesche in der Tat davon aus, dass der BND Hauptinteressent des Satelliten ist.

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31 Ergänzungen

  1. Man hat also ein Kabel der US-Botschaft aus Deutschland gefunden, so so. Vielleicht sollte man für Cable einfach mal eine andere Übersetzungsmöglichkeit auswählen. Depesche zum Beispiel. Dann ergibt der Text auch wieder einen Sinn.

  2. „bis auf 50 cm heran“ meint 50cm pro pixel, das ist schon recht ordentlich (und wohl auch die Grenze, bis zu der Satellitenbilder in den USA veröffentlicht werden dürfen …) …

    http://www.googlewatchblog.de/2008/10/erstes-bild-des-geoeye-satellit/

    … für Geheimdiensteverhältnisse aber nicht sonderlich spektakulär.

    Zum Vergleich: Google Maps arbeitet in Großstädten mitunter mit einer Auflösung von 15cm pro Pixel. Das sind dann aber keine Satellitenbilder, sondern welche, die aus Flugzeugen aufgenommen werden.

  3. Bei aller Liebe für Spionagegeschichten: Dass die pdf-Präsentation aus dem Jahr 2009 stammt und offen im Netz zugänglich ist, macht mich bei so einem „Geheimprojekt“ dann doch ein bisschen stutzig…

  4. Und wenn es online zu finden ist, wird man aller Wahrscheinlichkeit nach nicht dorthin durch den norwegischen Artikel verwiesen, wie es sich heutzutage gehört, sondern muss sich jene Cables mühselig selbst heraussuchen. Cable-Artikel mit diesem Mangel find‘ ich grundsätzlich ziemlich dürftig; wer über Cables berichtet, muss zur Gewährleistung der Überprüfbarkeit auf die konkreten Primärquellen verweisen.

  5. Wenn kein deutscher Bundesminister drin beleidigt wird, dann gehört das doch nicht mehr in den Kompetenz- und Zuständigkeitsbereich des Spiegel.

    Vielleicht ändert sich das, wenn der Satellit Pool-Fotos des Verteidigungs-Guttis samt Gattin schießt. ;)

  6. Ah, das steht praktischerweise sogar im von mir verlinkten Blogbeitrag:

    Die US-Regierung hat bereits in den 1970ern Satelliten mit einer Auflösung von 15 Zentimetern entwickelt. Heutzutage sollen Spionagesatelliten sogar fünf Zentimeter pro Pixel darstellen können.

  7. „bis auf 50 cm heran“ klingt unrealistisch (um nicht zu sagen: ist eine sinnlose Angabe). Wahrscheinlich geht es eher um die maximale Auflösung, d.h. ein 50cm großes Objekt erscheint als ein Pixel. Das ist nicht wesentlich mehr, als heutzutage kommerziell und wissenschaftlich verfügbar ist.

  8. eine bessere Übersetzung könnte übrigens wie folgt lauten:
    „Um mögliche politische Rückschläge bei der Entwicklung von HIROS als Informations-Satellit zu minimieren, wird das Programm durch eine zivile Behörde, möglicherweise das Ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), gesteuert…“
    im folgenden Absatz steht übrigens etwas von einer 70% kommerziellen Verwendung, angeblich um der französischen Dominanz in diesem Bereich Einhalt zu gebieten…

  9. Übrigens Markus, wenn Du maschinelle Übersetzung wie Google Translate verwendest, ist die Qualität bei der Übersetzung nach Englisch meist wesentlich besser als in andere Sprachen.

  10. Ich hätt‘ da noch einen Hinweis, was wirklich spannend ist an dieser Depesche:

    BUT WAIT, THERES MORE — REAL TIME 3D DATA PROCESSING ——————————————— ———

    8. (C) Eckardt said that DLR is making considerable progress in processing optical satellite data into three-dimensional (3D) models, with a goal of doing this in real time (RT) within the next 3-5 years. He described DLR,s rapid technical progress in reducing processing time, from about an hour six-months ago to 30 minutes today. According to Eckardt, the next steps will be to create RT-3D models using radar, infrared and multi-spectral data sources. Once this is mastered, DLR will seek to fuse all imagery data together into one master 3D model.

  11. Naja, dann wäre es doch nett von den Damen und Herren die Daten an OpenStreetMap zu geben, dass es mal endlich nutzbare Satellitendaten gibt. Wir können doch nicht unser Geld verballern nur damit ein paar gelangweilte Beamte damit ihren Spass haben, das sollte jedem Bürger zu Nutze sein.

  12. Hallo,
    Der Spiegel berichtet über den BND nur, wenn er die Infos selbst vom BND bekommt.
    Im übrigen ist davon auszugehen, dass der Spiegel abgesegnete ‚Cables‘ veröffentlicht hat. Dazu war natürlich notwendig, dass die ‚höheren‘ diese sämtlicher vorher zu lesen bekamen.
    Wenn ich an Wikileaks Stelle wäre, bekäme der Spiegel keine Exklusivrechte eingeräumt. Bei Spiegel an der Spitze einige Leute einfach nicht für diese notwendige Distanz zu den Diensten und zu den politischen Entsceidungsträgern.

  13. 6. @mithos

    \Vielleicht ändert sich das, wenn der Satellit Pool-Fotos des Verteidigungs-Guttis samt Gattin schießt. ;)\

    denke ich nicht, die freifrau von auf und davon würde sofort nach dem blöd-zeitungsreporter rufen und sich in positur setzen, natürlich mit \innocence in danger\-log auf der wiese.

  14. Korrektur letzter Satz:

    Beim Spiegel stehen einige Leute an der Spitze einfach nicht für die notwendige Distanz zu den Diensten und zu den entsprechenden Entscheidungsträgern.

  15. Fefe hat dazu ja ein PDF verlinkt. Das ist ja strange. Sind die so vollpanne, dass die über ein geheimes Projekt was ins Netz stellen, was man auf der ersten Trefferlistenseite beim GOoglen findet? (http://www.ifp.uni-stuttgart.de/phowo/presentations/150Eckhardt.pdf http://www.intergeo.de/archiv/2009/Strunz.pdf und http://spie.org/Documents/ConferencesExhibitions/ERS-ESD09%20Final-web.pdf). Und wie geheim ist das, wenn bereits 2009 darüber berichtet wurde? http://www.spacenews.com/civil/germany-eyes-teaming-industry-for-satellite-system.html Und wieso rückt Aftenposten die Cables von Februar 2010 nicht raus, auf die im Text von http://www.aftenposten.no/nyheter/uriks/wikileaks/article3969990.ece verwiesen wird? In der rechten Related Box sind aber nur Cable von 5.2.09 bis zum 30.9.09 verlinkt. Oder gibt es mehr als diese 8 Cable?

  16. @ ulf: dokumente wie das verlinkte pdf findest du zuhauf im www, schau nur auf den seiten einschlägiger konferenzen.
    hiros ist kein top secret-projekt, sondern dual use wie es zb die EU mit GMES betreibt, die ebenso radar-satelliten ins all schiessen die mit SAR-technik arbeiten und für sicherheitsbelange genutzt werden, was dann als rettung der arktis verkauft wird.
    die besagten 50cm auflösung sind „standard“, soweit bislang bekannt. die satelliten werden probehalber längst bei gipfelprotesten eingesetzt, see zb http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32815/1.html

  17. „US-Deutsche“, wie sich das schon wieder liest… kennt denn heut keiner mehr die wunderbare Band Deutsch-Amerikanische Freundschaft?

  18. Jetzt mal ehrlich: Vorratsdatenspeicherung, ELENA, Bundeswehr im Innern, Zugangserschwerungsgesetz, Nacktscanner – ob diese Dinge alle kommen oder nicht: Wen juckt noch so ein doofer Satellit? Die lückenlose Überwachung ist doch immer schon ein (sehr feuchter) Traum gewisser Menschen gewesen. Die stellen es sogar so geschickt an, dass ihre Namen auf Wahlzettel stehen und kreuze dahinter bekommen.

    Mich überrascht das Ding überhaupt nicht, auch wenn ich es so nicht für möglich gehalten habe.

    Ich merke gerade, was ich mittlerweile schon für ein Weltbild habe. Traurig. Sehr traurig.

  19. #27 Ja, kenne ich. Wie sich das verbinden soll, das weiß ich aber nicht. – Westerwelle holt sich von einem „besten Freund“ Botschafter P. Murphy Tipps im Nicht-Zurücktreten und tanzt den Wikileani. Das sollte für 2% reichen! Die anderen 3% gibt es mit einer Israel-Debatte, das wird man ja wohl noch sagen dürfen, er hat „Fallschirm“ gesagt, Blondchen- oder Schwulenbonus. Man glaubt es nicht, Westerwelle ist das Idol der Klemmschwestern. „Ich bin mehr rechts, für die FDP, und dem Westerwelle, eh dem kann ja als Redner wohl keiner das Wasser reichen“, habe ich schon gehört in einem einschlägigen Lokal, das ist wie ein Code bei denen. Da bist du als „Hete“ etwas verwirrt. Was war die Verbindung zu DAF, ach ja, stockschwul.

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