Belgien diskutiert Netzsperren und 3-Strikes

Anfang letzten Jahres kam der Senator Philippe Monfils auf die Idee, dass auch in Belgien radikaler gegen Internet-Piraterie vorgegangen werden müsse. Er legte daraufhin, stark vom französischen Modell Hadopi inspiriert, einen Gesetzesentwurf für ein Three Strikes-Modell vor. Zusätzlich wollte er die Internetanbieter zu Internet-Sperren von illegalen Webinhalten zu verpflichten. Da der Senator dann aber in Rente ging und Belgien erst einmal andere Sorgen hatte, fiel der Vorschlag ins Wasser.

Nun aber ist er wieder da – und das trotz fehlender Regierung. Den neuen Gesetzesentwurf (pdf) haben fünf Mitglieder der liberalen Partei MR ausgearbeitet und dabei den Text des Senators Monfils weitestgehend übernommen (Vergleich der Entwürfe FR): Sobald jemand beim Download von illegalen Inhalten erwischt wird, sollen die Provider wie in Frankreich Auskunft über Identität, Anschrift, E-Mail-Adresse und Telefonnummer des Anschlussinhabers geben. Innerhalb von 15 Tagen wird eine erste Verwarnung per E-Mail verschickt (Art. 17). Im Wiederholungsfall innerhalb von sechs Monaten gibt es eine zweite Verwarnung per Einschreiben und ein Bußgeld. Wer ein drittes Mal innerhalb von zwei Jahren gegen das Urheberrecht verstößt (Art. 18), muss mit 100 bis 1000 Euro Bußgeld und einer Sperre des Internetanschlusses rechnen. Über das Kappen des Anschlusses und die Dauer soll ein Richter entscheiden. Alle Kosten, die mit einer eventuellen Kündigung verbunden sind, trägt der Anschlussinhaber. Internetprovider, die sich nicht an die Sperre halten, sollen 200 bis 2000 Euro Strafe zahlen.

Der Entwurf sieht zudem vor (Art. 25), ähnlich der französischen Kontrollbehörde Hadopi, einen sogenannten “Rat für den Schutz des Urheberrechts im Internet („Conseil de la protection des droits d’auteur sur Internet”) einzurichten. Außerdem sollen die belgischen Internetnutzer über das legale Angebot im Netz informiert werden.

Die belgische Net Users‘ Rights Association (NURPA) macht jetzt mobil und kündigte bereits eine „abgestufte Erwiderung“ auf das Vorhaben an. Als erste Maßnahme brachte die Bürgerrechtsorganisation die Infobroschüre „HADOPI: Non merci“ (pdf) heraus, die nun an alle Abgeordneten der Kammer und des Senats geschickt wird. Im Moment arbeiten NURPA wie auch die belgischen Piraten an detaillierten Analysen und Zusammenfassungen (u.a. auch in englischer Version), die wir dann später hier bloggen oder verlinken werden. Außerdem plant NURPA weitere Aktionen, Dialoge, Arbeitstreffen und Konferenzen zu dem Thema.

(Crossposting von vasistas?)

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6 Ergänzungen

  1. Erst wählen, dann Regierung, dann Gestzte machen. Da geht es ja zu wie bei Belgien hinterm Sofa.

  2. Seit wann braucht man für Gesetze eine Regierung?

    Eine Mehrheit im Parlament braucht man dafür!
    Wäre „ja noch schöner“ wenn Regierungen Gesetze erlassen könnten.

    Wo kommen wir denn da hin!? ;)

  3. Was ich daran immer nicht verstehe: Das Ganze gab es doch schon mal in Frankreich, ich meine nicht gegenwärtig, sondern vor etwa zwei Jahren. Das ist damals UMGEHEND vom obersten Gericht gekippt worden. Das wäre doch jetzt wieder die Lösung.

    1. @anonym: Ein Gesetz ist umgehend vom obersten Gericht gekippt worden, aber dann wieder erneut, diesmal verfassungskonform (bis jetzt) eingebracht und abgestimmt worden.

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